Norvegia
Råtnoenjaevrie

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    • Giorno 64

      Børgefjell querfeldein

      2 agosto 2023, Norvegia ⋅ 🌧 11 °C

      Die Nacht war mal wieder wie die meisten der letzten Zeltnächte. Schlaftechnisch viel Luft nach oben, aber keine Besuche von Wölfen oder Bären. In Summe also ok! Tatsächlich hab ich mich beim nächtlichen Pinkeln deutlich mehr umgesehen als normalerweise. Die Nacht war recht windig. Auch am Morgen rüttelt der Wind ordentlich am Zelt. Noch vor sieben Uhr mache ich mein Frühstück. Beim ersten Kaffee fängt es an zu regnen, hört zum Glück aber wenige Minuten später wieder auf. Heute bin ich echt früh dran. Um halb neun bin ich abmarschbereit und auch die Sonne zeigt sich jetzt immer wieder. Was ist das hier für eine wunderschöne Kulisse, wenn die Sonne scheint!

      Etwas weiter oberhalb meines Zeltplatzes lade ich noch den Footprint vom Vortrag hoch und mache ein paar Fotos mit meinem kleinen Stativ. Dann mache ich mich auf den Weg. Selten bin ich pfadlos so gut vorangekommen wie hier. Der Untergrund ist ein Traum, es gibt fast keinen Sumpf und die Orientierung in diesem Tal ist einfach. In der Ferne sehe ich einige Rentiere, die sich aber schnell aus dem Staub machen, lange, bevor ich in ihre Nähe komme. Ich folge dem Tal weiter aufwärts. Am Ende des Tals sind dunkle, felsige Berge, deren Gipfel in eine Wolke gefüllt sind. Auch einige Schneefelder sieht man hier. Nicht ganz 1.400m ist einer der Berge hoch. Das sind echt andere Verhältnisse hier als bei uns in den Alpen.

      Ich gehe weiter. Es ist ohne Frage richtig schön hier. Aber irgendwie habe ich mich auch dran gewöhnt. Es gab zwar einige emotionale Momente in den letzten Tagen. Aber ich habe das Gefühl, dass ich mittlerweile viel ausgeglichener bin. Bis zu meinem Tiefpunkt, wo ich kurz vor dem Abbruch stand, und die Tage danach war vieles intensiver. Mehr Höhen, mehr Tiefen. Und beides deutlich ausgeprägter als in letzter Zeit. Ich denke darüber nach, woran das liegt und ob ich das gut oder schlecht finde. Entscheiden kann ich mich nicht. Beides hat seine Vorteile. Dennoch ist es seltsam, etwas euphorielos durch diese tolle Landschaft zu laufen. Wobei euphorielos nicht unzufrieden bedeutet. Vielleicht ist es auch mal gut, eine gewisse Eintönigkeit oder Langeweile zu durchleben. Und das lieber in schöner Umgebung in Bewegung als zu Hause auf der Couch. Im Zelt hänge ich schon viel am Handy. Beim Wandern höre ich nur selten Musik und Podcasts wirklich nur, wenn es richtig anstrengend wird. Das hatte ich erst drei oder vier mal. Heute gehe ich einfach nur vor mich hin.

      Ich überlege, was mich am Anfang so beschäftigt hat und muss an meine Mutter denken. Mit einem Schlag ist Schluss mit Emotionslosigkeit. Mir schließen die Tränen in die Augen. Das ist immer noch ein Thema, mit welchem ich bislang nicht so richtig einen Umgang gefunden habe. Die Woche im Ruhrgebiet, bevor ich mich auf den Weg nach Norwegen gemacht habe, wollte ich sie noch einmal im Heim besuchen. Kurz davor habe ich mich beinahe vor dem Besuch gedrückt. Sie würde es ja eh nicht wissen oder mitbekommen. Aber ich war mir auch sicher, dass ich es bereue, wenn ich sie nicht besuche. Es ist meine eigene Mutter und ich habe Angst, sie zu besuchen. Weil ich nicht weiß, wie ich mit ihr umgehen soll. Es findet nur wenig Interaktion bei einem Besuch statt. Manchmal bringe ich sie zum Lachen. Dann wird ihr Wesen von früher sichtbar. Aber die viele Zeit dazwischen schaut sie ins Leere und es fällt mir schwer, das auszuhalten. Sie ist noch da und ist es gleichzeitig auch nicht mehr. Ich glaube, das, womit ich nicht klar komme ist, dass ich mich nie von meiner Mutter, wie sie einmal war, verabschieden konnte. So viel hätte ich gerne noch mit ihr geteilt. Dass ich es geschafft habe, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, selbstbestimmt lebe, an den Bergen, wo ich mich zu Hause fühle. Wie gerne hätte ich ihr von meinen Plänen von Norge på langs berichtet. Oder jetzt von hier aus mal mit ihr telefoniert. Sie war immer sehr naturverbunden und ich bin sicher, dass sie hier am meisten mitgefiebert hätte. Aber sie hätte sich auch die meisten Sorgen gemacht. Sie fehlt mir. Das wird mir hier wieder einmal bewusst. Ich muss eine kurze Pause machen und mich daran erinnern, mehrmals tief durchzuatmen.

      Passend zur Stimmung ziehen von Osten her dunkle Wolken herein und die Sonne verschwindet. Je höher ich komme, desto grauer wird die Umgebung, die jetzt vorwiegend von Felsen und Steinen geprägt ist. Hier ist der höchste Punkt des Tages erreicht. Auf der anderen Seite geht es über ein breites Schneefeld wieder bergab. Der Wind hat hier oben deutlich zugelegt aber ich freue mich, dass es nicht regnet. In den Regenradar kann ich nicht schauen, da ich schon lange keinen Empfang mehr habe. Ich gehe weiter herunter und überrasche eine größere Gruppe Rentiere, die sich direkt aus dem Staub macht. Nach 15 Kilometern mache ich eine Pause. Ich bin sehr gut in der Zeit, vor allem dafür, dass ich die ganze Zeit querfeldein gehe. Das es immer noch nicht regnet, mache ich eine richtige Mittagspause. Ich koche mir ein Trekkinggericht und einen Kaffee. Angelehnt an einen Stein, strecke ich die Beine aus und entlaste die Füße. Das tut richtig gut. Die Bergschuhe sind an einigen Stellen richtig praktisch, vor allem an den felsigen Passagen. Aber ich merke auch, dass der linke Fuß nicht so weich gelagert ist wie in den Laufschuhen. Hier werde ich in den kommenden Tagen etwas hin und her wechseln müssen. Ich freue mich aber, dass ich immernoch trockene Füße habe!

      Kurz nachdem ich weitergehe, fängt es an leicht zu regnen. Ich hoffe wieder, dass der Wind die Hose schneller trocknet und der Regen bald wieder aufhört. Diesmal hab ich mich aber verzockt. Die Hose wird nasser und nasser und der Regen hört einfach nicht auf. Ich komme an einen Fluss und suche erfolglos nach einer Stelle, wo ich ohne zu furten queren kann. Es regnet und ich habe absolut keine Lust, jetzt den Rucksack abzusetzen, die Schuhe auszuziehen und dann mit den Laufschuhen durch das kalte Wasser zu furten. Aber es hilft alles nichts. Da muss ich jetzt durch. Auch einige Mücken sind nun aktiv, was die ganze Situation noch ungemütlicher macht. Schnell bin ich auf der anderen Seite, nur das Schuhe wechseln zieht sich wieder. Ab hier ziehe ich doch meine Regenhose an. Mittlerweile haben sowohl der Regen als auch die Mücken einen Zahn zugelegt. Es scheint sich jetzt richtig einzuregnen.

      Von nun an geht es auf und ab, teils durch Sumpf über viele kleine Bäche. Eine große Rentierherde ist parallel zu mir in die gleiche Richtung unterwegs. Es sind sicher 70 Tiere oder mehr rund 200m entfernt zu meiner rechten. Erst als ich eine größere Steigung angehe, biegen die Tiere rechts ab. Dann bin ich mitten in der Wolke. Das Navigieren wird schwieriger. Zum einen spinnt Komoot und zeigt mir die Karte nicht mehr an, obwohl diese offline gespeichert ist, zum anderen zeigt der Pfeil auf meiner Garminkarte keine Richtung mehr an. Das Hauptproblem ist jedoch, dass ich das nasse Display fast nicht bedienen kann.

      Wie es aussieht, habe ich hier die Tageskilometer geschafft. Seit drei Stunden regnet es jetzt durchgehend. Als ich eine halbwegs ebene Fläche finde, entscheide ich mich, hier mein Lager aufzuschlagen. Dummerweise ist mein Zelt ganz unten. So wird einiges nass, als ich das Zelt herauskrame. Erst jetzt stelle ich fest, wie kalt und unbeweglich meine Finger sind. Ich baue das Zelt so schnell wie möglich auf und verstaute dann alles im Vorzelt. Es ist gar nicht so leicht, in dem kleinen Vorzelt Regenjacke und Regenhose auszuziehen, ohne alles komplett nass zu machen. Das nasse Zeug lasse ich gleich im Vorzelt liegen. Das wird keinen Spaß machen, das nasse Zeug morgen wieder anzuziehen. Dann lege ich mich in den Schlafsack. Mir ist arschkalt und es dauert lange, bis mir merklich wärmer wird.

      Erst um 20.00 Uhr, nach sechs Stunden teils kräftigem Regen, gibt es eine Regenpause, die ich nutze, um mich am Bach zu Waschen. Danach mache ich was zu essen und schreibe dann mein Tagebuch. Der Absatz mit meiner Mutter nimmt mich auch jetzt wieder richtig mit. Es ist zum ersten Mal, dass ich mich hier draußen richtig alleine fühle. Es dauert eine Zeit, dann habe ich mich wieder gefangen. Und ich kann jetzt schon anteasern, die folgende Nacht wird gar nicht mal so schlecht gewesen sein. :-)
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    Potresti conoscere questo luogo anche con i seguenti nomi:

    Råtnoenjaevrie, Ratnoenjaevrie, Råtnan

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