Norwegen
Hattfjelldal

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Reisende an diesem Ort
    • Tag 74

      Abwettern Krutvasshytta

      10. August in Norwegen ⋅ ☁️ 11 °C

      Was macht man wenn der Wetterfrosch sagt es soll schütten und stürmen? Richtig, man bleibt in der warmen und gemütlichen Hütte in der man gerade ist 😅

      Ja, die Entscheidung habe ich gestern Abend schon gefällt und da hab ich dann heute Morgen auch nicht mehr weiter drüber nachgedacht. Ich hab Zeit und muss nicht hetzen also genieße ich heute die Ruhe. Bis dann um 13 Uhr ein Schweizer durch die Tür in die Hütte kommt.

      Martin, endlich trifft man sich! Wir sind schon länger in Kontakt und zusammen haben wir jetzt an diesem Punkt Norge på langs komplett gelaufen, er den Norden, ich den Süden. Könnte man ja einfach aufhören, hm?! Niemals! 😄

      Über den Tag und den Abend hinweg folgen viele wundervolle Gespräche und ich bin so froh das ich mich für den Ruhetag entschieden habe, sonst hätten wir uns vermutlich nur schnell bei miserablem Wetter im Fjell die Hände geschüttelt. So sitzen wir bei Bier und Schokolade im Warmen. Könnte nicht besser sein!

      Hier nun alles aufzuführen über was wir gesprochen haben würde den Rahmen sprengen und auch nicht dem Sinn dieses Blogs entsprechen. Deshalb behalte ich diesen Tag einfach in besonderer Erinnerung und schweige. Danke Martin, es war einfach schön!
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    • Tag 72

      Hattfjelldal -> Tverrelvnes

      8. August in Norwegen ⋅ ☁️ 16 °C

      Heute halte ich mich dran! Es muss ne entspannte Strecke unter 20km werden! Also machen wir…. Hmmm…. 19,9km? Klingt gut!

      Gestern habe ich mir für heute noch einen Schlafplatz in Tverrelvsnes klar gemacht. Das ist ein Hof zu Beginn der Nordlandsruta, einem weiteren Weitwanderweg mit mehreren Etappen hier in Norwegen. Der ehemalige Bauernhof wird geführt von einem älteren Ehepaar, welche müden Wanderern gerne einen Platz zum Schlafen bieten 😊 An der Stelle Danke an Martin Kettler (den treffe ich übrigens in den nächsten Tagen auf seinem Norge på langs in die andere Richtung 😄), der mich zufällig noch mal drauf aufmerksam gemacht hat, dass man dort unterkommen kann! 🙏🏼

      Der Weg war wieder recht viel Straße und zeitlich war’s auch eher ein Wettrennen gegen das Wetter, denn gegen 16Uhr ist für den Rest des Tages Dauerregen mit Sturm angekündigt und das muss nicht unbedingt sein! Die letzte Nacht muss ich wohl besonders erholsam geschlafen haben, denn heute geht das Laufen so gut wie schon lange nicht mehr! Die schmerzenden Füße der letzten Tage haben heute Redeverbot und halten sich sogar auch dran 💪🏽 So is brav! Zwischenzeitlich zeigt das Wetter immer mal wieder was es heute noch so vor hat, aber im Großen und Ganzen bleibt es ein schöner Lauftag. Zum Mittag gibt’s dann noch meinen selfmade Burger to go. Die Burgerdichte ist hier nunmal sehr hoch, dafür kann ich nichts 🤷🏻‍♂️

      Schon um 15.00 Uhr komme ich in Tverrelvsnes an und werde direkt von Elisabeth begrüßt, welche sich sichtlich freut, dass Sie mit mir Norwegisch reden kann 😊 Sie hat keinen starken Dialekt und somit kann ich Sie gut verstehen und es reicht für erheblich mehr als nur Hallo und Co. Sie zeigt mir auch gleich die Hütte in der ich heute schlafen werde (Spoiler: die gehört auch mal wieder ganz alleine mir 🫢) und lädt mich auch gleich noch zum Abendessen um 18.00Uhr im Haupthaus ein. Was ein herzliches Willkommen 🥰

      Wir sitzen lange zusammen und ich schaffe es den ganzen Abend auf Norwegisch zu sprechen! Bis auf ein paar Nachfragen was das ein oder andere Wort auf Norwegisch heißt, aber das gehört doch dazu und so lernt man andere Sprachen. Was das angeht bin ich unheimlich stolz auf mich selbst. Ich nutze mittlerweile jede Gelegenheit um Norwegisch zu sprechen und aus dem anfänglichen Gestottere ist wirklich was brauchbares geworden. Hätte nie gedacht, dass ich mich in der Sprache so wiederfinde und es mir so einfach fällt. Das fühlt sich toll an und die Menschen hier sind immer so überrascht, dass jemand ihre Sprache sprechen möchte, insbesondere diejenigen die kein oder nur schlecht englisch können! Meist werd ich schnell gefragt ob ich denn in Norwegen wohne? Ne, ich hab nur ne Menge Zeit zum Lernen und keine Angst was zu sabbeln was vielleicht nicht 100% richtig ist 😅

      Die beiden erzählen mir von der Zeit früher als sie noch Kühe auf dem Hof hatten und wie sich alles dann zur Herberge für Wanderer entwickelt hat. Die großen Wanderwege werden immer populärer und damit kommen auch immer mehr Menschen mit verschiedenster Nationalität vorbei. Das freut die beiden sichtlich und ich finde das einfach sehr schön wie die beiden damit noch am Leben teilnehmen und anderen eine große Freude und Erleichterung bereiten 🥰 Ein wirklich herzlicher Ort hier in Mitten von nirgendwo!

      Ab Morgen bin ich dann also auf der Nordlandsruta unterwegs, auf geht’s! Aber erst mal den Abend in meiner Hütte genießen 🫢😊
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    • Tag 71

      Susendalen -> Hattfjelldal

      7. August in Norwegen ⋅ ☁️ 17 °C

      Endspurt zur nächsten „Stadt“! Hattfjelldal steht auf dem Programm und das ist heute mit 28km erreichbar 😊

      Zum Weg dahin gibt es nichts zu berichten, waren einfach Kilometer zum ablaufen und etwas die Gedanken schweifen lassen. Allerdings merke ich die 34km des Vortags noch deutlich in meinen Beinen und Füßen und die sind gerade eher der Meinung „hab kein Bock mehr!“. Somit wird der doch etwas langweilige Weg zur ziemlichen Schinderei und ich muss mir selbst hoch und heilig versprechen, dass ich die nächsten Tage deutlich lockerer angehen werde 😅

      Kurz vor der Stadt noch was Neues! Ich bin es ja gewohnt dass die Tiere hier mir entweder im Pulk folgen oder vor mir her rennen, aber bisher waren das immer nur Schafe und meine Freunde die Muuuuh-Meister. Jetzt kann ich mich auch Pferdeflüsterer nennen! 😌 Das Pferdchen hätte ich tatsächlich echt gerne mitgenommen!

      In Hattfelldal gibt’s im Hotel dann erst mal ne schöne Dusche und was leckeres zu essen (diesmal Pizza, man lebt ja abwechslungsreich 🤫). Alles in allem aber ein wirklich sehr ereignisloser Tag 🤷🏻‍♂️
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    • Tag 70

      Børgefjell -> Susendalen

      6. August in Norwegen ⋅ 🌙 15 °C

      Auch hier holt mich die Sonne wieder frühzeitig aus dem Zelt. Man merkt jetzt auch deutlich dass der Sommer in Norwegen 🇳🇴 eingezogen ist, denn auch die Nächte sind nicht mehr wirklich kalt. Der Schlafsack bleibt dann meistens die halbe Nacht offen, da es sonst viel zu warm wäre. Liegt aber auch daran, dass mein Schlafsack für die später, im hohen Norden, kommenden Nächte und damit für Minus Grade ausgelegt ist. Da ich nicht alle paar Monate wechseln will muss man sich eben damit arrangieren dass es die meiste Zeit einfach zu warm ist. Aber besser zu warm als nachts frieren 😅

      Der Tag beginnt wieder bei bestem Wetter und diesmal mit ordentlichem Wind dazu. Das kühlt etwas und hält die Mücken fern, wunderbar! Heute steht der nördliche Teil des Børgefjells und wahrscheinlich auch schon der Abstieg ins Susendal an, so groß ist dieses Fjell nämlich garnicht und die Route die ich gehe ist größtenteils auch eher flach, also geht da einiges ohne sich vollkommen zu verausgaben 😊 Es gibt wieder schönste Ausblicke und das Laufen fällt wirklich leicht auf dem grünen Boden der meist aus kleinem Gestrüpp besteht. Kurz überlege ich ob ich noch eine weitere Nacht in dem Fjell zelten soll, entscheide mich dann aber dafür, schon den Abstieg zu wagen da mir heute das Laufen einfach Spaß macht und es auch noch nicht so spät ist. Ich suche mir schnell auf der Karte einen möglichen Platz fürs Zelt im kommenden Tal heraus und dann geht es auch schon Stück für Stück durch erst lichte und später dichtere Wälder ins Tal. Schon faszinierend wie sich hier die Vegetation alle paar Minuten und Höhenmeter verändert und man innerhalb von 30 Minuten vom Baumlosen Fjell in die Wälder hinab kommt. Anschliessend zum Børgefjell kann ich nur sagen… wunderschön! Eine so schöne Gegend, die ich absolut empfehlen kann 🥰

      Unten angekommen geht es auf dem Weg den ich mir gesucht habe und es wären noch etwa 6km im Tal zu einem Platz am Fluss gewesen, aber dann die „tolle“ Überraschung… die haben einfach mal ne für mich alternativlose Brücke abgerissen! Steht noch n Bagger nebenan aber die Brücke fehlt! Und davor nicht mal n Schild aufgestellt oder die Straße gesperrt! Und der Fluss lässt sich nicht furten (hab’s versucht, stand bis zum Hintern im Gletscherwasser…). Ich bin deutlichst angefressen und meine Laune im Keller… es ist schon 20.30Uhr und der Umweg den ich jetzt gehen muss addiert einfach mal 5km auf meine Strecke drauf und ich muss den großen Fluss durchs Tal später furten… was n ******. Naja gut, bringt alles nix, also wird das heute eben eine lange Geschichte. Ich mach mir nur leichte Gedanken drüber dass ich so schnell wie möglich von der Straße runter will, da es Mitleid doch schon wieder gegen 22Uhr dunkler wird und ich es hasse im dunklen auf befahrenen Straßen gehen zu müssen. Die Geschichte endet mit dem Furten des großen Flusses in der Dämmerung und einem Zeltplatz der nicht zufälliger und notgedrungener sein könnte 😅 Wobei die Lage am Fluss auch eigentlich schon wieder hübsch ist! Das Bild ist übrigens vom Tag drauf, an dem Abend hier war mir alles zu doof für Bilder 🤷🏻‍♂️ Nach knapp 34km war’s das dann auch für den Tag… Chaos zum Schluss, aber auch damit muss man klar kommen können und im Nachhinein lach ich drüber 😄
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    • Tag 69

      Børgefjell (mittendrin)

      5. August in Norwegen ⋅ ⛅ 16 °C

      Die Nacht war kurz denn die frühe Sonne treibt mich schon um 7Uhr aus dem Sauna Zelt. Bei gefühlten 35 grad ist wirklich nicht mehr an schlafen zu denken 😶‍🌫️ Macht aber nix, da draußen auf mich eine Einladung zum Frühstück mit Eiern Brot und frisch gebratenem Speck wartet! 🤤

      Ja die zwei Jungs (ich hab leider die Namen vergessen) machen der Gastfreundlichkeit der Norweger wirklich alle Ehre! Meine Alternative wäre wie immer Müsli mit Nüssen gewesen… da sag ich definitiv nicht nein zur herzhaften Alternative!

      Danach geht es aber endlich ins heiß ersehnte Børgefjell hinein! Und das bei allerbestem Wetter, was hab ich doch für ein Glück 😊 Zunächst noch etwas sumpfig und mit Büschen verwachsen geht der Pfad stetig nach oben, bis zu einer Flussquerung, welche dann auch das Ende der Wege in diesen Fjell darstellt. Ab hier geht es wieder frei Schnauze weiter und das gehört mittlerweile auch echt zu den besten Sachen an dieser Reise! Den groben Weg habe ich mir gestern Abend schon zusammengestellt, aber im Gegensatz zur letzten Fjell (Blåfjella) ist das navigieren hier noch viel einfacher und auch das Laufen ist ab dem Überschreiten der Baumgrenze auch super entspannt! Ein sehr Wanderfreundliches Fjell also 🥰

      Und nach und nach zeigt sich dann auch die wahre Schönheit dieser Gegend! Hohe Berge umgeben endlos lange Täler und es läuft sich einfach traumhaft auf dem fast immergrünen Untergrund. Ab und zu komme ich auch an Seen mit Stränden vorbei, die man auch Mittelmeer finden könnte! Einfach traumhaft diese Abwechslungsreiche Landschaft 🥰

      Nach 22 km findet sich dann auch wieder ein perfekter Zeltplatz am See mit Ausblick auf die höchsten Berge des Fjells!
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    • Tag 176

      25. Juli

      25. Juli in Norwegen ⋅ ☁️ 13 °C

      So ein schöner Morgen. Ich kann bis um halb zehn schlafen, dann packe ich meine paar Sachen zusammen, um zehn ruft mich Jan schon, weil das Frühstück fertig ist. Rina hat wirklich was tolles gezaubert, mit selbst gebackenem Brot und eigener Marmelade und noch ganz vielen anderen leckeren Sachen. Nachdem ich mich gelabt und noch geduscht habe, marschiere ich gegen halb zwölf los. Dankenswerterweise haben Sie mich eingeladen zu all dem und Rina verabschiedet sich mit dem Worten: „That’s our contribution to your way.“ Nicht nur, dass dieser Morgen schon so prächtig begonnen hat, es scheint die Sonne und es wird vorerst mein letzter Tag auf der Straße werden. Heute Abend will ich am Fuße des Fjälls sein und wieder den E1 erreichen. An der Straße entlang geht es gut 10 km bis nach Hattfjeldal, ein Ort, an dem es einen Supermarkt, sogar einen Burgerladen gibt und was ich schon in der Karte lange vorher gesehen habe: Ein Airfield. Als ich noch einige Kilometer entfernt bin, habe ich einen guten Blick auf den Ort, der seinen Namen dem dahinterliegenden 1128 m.ü.M. hohen Berg Hatten verdankt, der einem Hut ähnelt. Die große Landebahn, die einigermaßen mit Gras zugewuchert und noch aus der Zeit des zweiten Weltkriegs ist, haben seinerzeit die deutschen Besatzer von Zwangsarbeitern bauen lassen. Heute wird nur noch ein Teil davon für ein paar wenige Sportflugzeug genutzt. Gegen halb vier bin ich mit meinem Einkauf fertig, es ist Futter für die nächsten circa vier Tage, in der Zwischenzeit hat es draußen begonnen zu regnen. Aus dem Ort raus folge ich noch zwei Kilometer der Hauptstraße und verpasse es tatsächlich, rechtzeitig nach rechts abzubiegen. So muss ich über einen kleinen Umweg zurückgehen, um dann auf einen Forstweg zu kommen, der sich über knapp zwei Stunden durch den Wald zieht und über den ich schon mal sehr froh bin. Ich bin weg von der Straße und sehe hier sogar einen Elch.
      Gegen halb sechs komme ich wieder auf eine kleine, total ruhige Straße, der ich eine gute halbe Stunde folge und mangels Sitzgelegenheiten an einem Haus, an dem ich Leute sehe, genau danach frage. Es sind Toril und Kåre, eine ehemalige Französischlehrerin und ein Schiffskommandant von den Lofoten, die gerade hier angekommen sind, um für gut zwei Wochen in ihrem Sommerhaus zu bleiben. Sie laden mich auf einen Kaffee ein und so werden es am Ende gute drei Stunden, in denen wir uns sehr gut unterhalten und erst als gegen halb neun wieder Regen einsetzt, breche ich endlich auf, schließlich habe ich noch gut 8 km vor mir. Dass ich genau in ein kräftiges Regengebiet reinlaufe, nehme ich erst beim Laufen wahr und über dem See, an dem die Straße entlangführt, geht auf einmal ein Blitz nieder mit heftigem Donner dazu. Es schüttet von oben, für mich ist es jetzt zu spät, die Regenhose noch auszupacken und so laufe ich weiter, bis ich nach 10 Minuten an einem Wohnhaus an der Straße vorbeikomme. Hier stelle ich mich in den kleinen überdachten Hauseingang, ziehe mir die Regenhose über und gerade, als ich fertig bin, kracht der nächste Blitz scheinbar irgendwo ins Stromnetz rein und knapp zwei Meter neben mir an einer Außenleuchte gibt es einen hellen Lichtbogen. Ich bleibe noch ein paar Minuten hier stehen und ziehe dann weiter, nach einer guten Viertelstunde kommen ein paar Häuser, an denen ich Leute sehe, die von ihrer überdachten Terrasse aus das Gewitter beobachten. Hårvard ruft mich heran, weil er besorgt ist, da ich gerade aus diesem Gebiet komme. Ich stelle mich erst mal mit unter und seine Frau Toril bietet mir an, einen Kaffee zu machen, den mir der zwölfjährige Sohn Lukas sehr aufmerksam serviert. Auch hier wird es am Ende deutlich länger als gedacht, weil es einfach sehr schön und angenehm ist, sich zu unterhalten, während es draußen immer mal wieder regnet. Einerseits noch der Meinung, weiterziehen zu wollen, habe ich trotzdem gut Sitzfleisch und gegen eins am Morgen breche ich auf. Die drei haben mir ein Gemeinschaftshaus ganz in der Nähe empfohlen, weil sie mich dann trocken und sicher wissen für die Nacht. Sie begleiten mich sogar noch im Regen bis dahin und so kann ich hier auf einem Sofa übernachten. So viel Gastfreundschaft, das ist wirklich ganz besonders. Herzlichen Dank euch allen.
      Übrigens wohnt gut 25 Kilometer südlich von hier die Grönländerin Luise, die ich neulich im Zug nach Trondheim getroffen habe. Sie ist hier überall bei den Leuten wohlbekannt, die Welt ist also hier noch mehr ein Dorf als anderswo.
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    • Tag 175

      24. Juli

      24. Juli in Norwegen ⋅ ☁️ 13 °C

      Das war also die Mission Bahnhof, ganz ähnlich der Bahnhofsmission: Satt, warm, sauber. Es hat mich gestern Abend einfach dort gehalten, ich habe mich in einer kleinen offenen Wartehalle neben dem Bahnsteig auf der Bank niedergelegt. Das war nicht die komfortabelste Variante, gegen sämtliche Stecher musste ich mich gut abdecken, alle 2 Stunden ein Frachtzug, um zwei und um vier je ein Nachtzug. Dafür kann ich heute Morgen das Gewäsch gleich wieder im Bahnhofsgebäude machen, dann hole ich mir im Supermarkt etwas zum Frühstücken und ziehe gegen halb elf Richtung Osten auf der 73 los. Der Himmel sieht schon seit dem Morgen rundherum ziemlich grau aus, lediglich über mir sehe ich immer wieder blaue Stücken und dazwischen auch mal die Sonne. Es ist schwülwarm, gut, dass zumindest ein bisschen Wind geht.
      Aus Trofors raus geht es am Fluss Vefsna entlang, hier gibt es ein Rafting-Camp. Ansonsten bleibt es wie erwartet bei trockenem Wetter und freundlich winkenden Autofahrern. Gegen fünf treffe ich an der Straße, als sie gerade an einem See entlangführt, ein älteres Ehepaar. Sie tragen diverse Holzteile über die Straße, haben ein Sommerhaus hier und wollen ein wenig anbauen. Wir unterhalten uns ein paar Minuten und ich mache mich weiter auf den Weg, es sollen noch circa 5 km sein, dann möchte ich nach Wasser fragen und den Tag beenden. Dort angelangt, gibt es nur dreieinhalb Häuser und auffällig ein Schild, dass auf ein Café und Restaurant hinweist. Ich habe keine Ahnung, wie ich mir das hier in dieser Gegend vorstellen soll. Und da ich eh auf dem Weg nach Wasser bin, gehe ich doch direkt mal dahin. Ich treffe auf Jan van Opzeeland, einen Holländer, der mir erzählt, dass sie ausgebucht sind und das Haus heute Abend voll Gäste haben. Er bietet mir trotzdem an, einen Kaffee zu machen und ein Stück Kuchen dazu, das nehme ich natürlich dankend an. Wir unterhalten uns eine ganze Weile, sie bereiten gerade die letzten Sachen vor und er erzählt mir, dass sie vor 16 Jahren hierher gekommen sind, vorher in Holland eine Farm und ein Restaurant betrieben haben und das seitdem hier tun. Das Restaurant ist in ihrem Wohnhaus wie in Mutters guter Stube und nur auf Vorbestellung geöffnet, da es hier so weit im Norden die Restaurantkultur nicht so gibt, wie wir sie in Mitteleuropa kennen. Draußen hat er ein 120 Jahre altes norwegisches Bauernhaus wiederaufgebaut, das an einem anderen Ort stand und dort abgerissen werden sollte. Hierdrin darf ich übernachten und Rina bietet mir an, morgen früh, wenn die Gäste weg sind, ein Frühstück zu machen. Da die Zeit knapp ist und die Gäste schon da sind, bitten Sie mich, draußen in ihrem Gewächshaus alle Pflanzen zu gießen. Na wenn’s mehr nicht ist! Anschließend bereite ich mir mein Abendessen gleich noch im Treibhaus zu, es ist einfach urgemütlich hier drin. Und am Abend bringt mir Jan ganz unerwartet eine Schokomousse mit Erdbeeren und Himbeeren. So komme ich nach einem sehr überschaubaren Tag zu einem besonders schönen Ende wie die Jungfrau zum Kinde.
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    • Tag 67

      Grannes - Krutvatnet

      5. August 2023 in Norwegen ⋅ ⛅ 11 °C

      Mit dem Schlafen bleibt es wie gehabt. Auch meine Beine spüre ich wieder deutlich. Richtig regeneriert fühlt sich anders an. Als ich die ersten Schritte aus dem Zelt mache, schmerzen die Füße richtig und ich gehe mehr als unrund. Nach ein paar Dehnübungen ist es dann aber überraschend besser. Ich packe alles zusammen und gehe zum Bus der drei Jungs. Dort treffe ich den Slowenen aus der Runde. Er kommt aus dem Socatal aus der Nähe von Kobarid, wo wir oft zum Fliegen hinfahren. Ihm gebe ich eine meiner Gaskartuschen. Mit dem Gas könnte ich sicher noch drei oder vier Tage hinkommen. Aber mit meinen anderen beiden Kartuschen komme ich nun sicher bis Sulitjelma, meiner nächsten Möglichkeit, Gas zu kaufen. So spare ich mir das Gewicht und den Platz einer Kartusche. Das macht ordentlich was aus und der Rucksack ist wieder spürbar leichter. Dann mache ich mich um kurz nach neun auf den Weg.

      Die erste Aufgabe heute ist es, wieder raus aus dem Tal zu kommen. Wieder geht es steil durch sumpfigen Birkenwald einige hundert Höhenmeter nach oben. Ich bin kein Fan von Tälern. Täler hier in Norwegen verbinde ich immer mit Sumpf, Wald, Mücken und meist nur einem kurzen Aufenthalt, für den man extra absteigt, um dann auf der anderen Seite wieder aufzusteigen. Nach anderthalb Stunden bin ich endlich oben. Während morgens noch die Sonne schien, ist es jetzt hauptsächlich grau und der Wind pfeift ordentlich. Meine erste Pause mache ich nach sechs Kilometern. Der Aufstieg war anstrengend und ich brauche die Pause, obwohl ich bei den Bedingungen eigentlich keine Lust habe. Es wird schnell kalt, also gehe ich weiter.

      Bei Kilometer 13 soll laut Karte eine bediente Hütte sein. Hier möchte ich die nächste Pause machen. Mein Weg führt allmählich immer weiter bergab in ein weiteres Tal. Mücken, Sumpf, Birkenwald. Kurz bevor ich unten bin, kommen mir drei Wanderer mit ihrem Hund entgegen. Es könnte ein Vater mit seinen jungen erwachsenen Kindern sein. Der Vater spricht mich an und wir kommen ins Gespräch. Ich berichte von meinem Vorhaben und erzähle nicht ganz ohne Stolz, dass ich heute die 1500 Kilometer geknackt habe. Die drei sind zum Vögel zählen hier, erklärt mir der Vater. Eine bestimmte Hühnerart, oder sowas ähnliches. Auf jeden Fall weiß ich, von welchem Vogel er spricht, da ich schon einige von ihnen aufgescheucht habe und mich häufig richtig erschreckt habe. Diese Vögel werden in Norwegen gerne gejagt. Wie viele gejagt werden dürfen, wird aufgrund der Zählungen der Tiere entschieden. Dann frage ich noch nach der Hütte, eine bediente Hütte gäb es aber nicht. Schade! Ich hatte gehofft, dass ich hier meine Snackvorräte auffüllen kann oder wenigstens ein Mittagessen abgreifen kann.

      Mittlerweile ist es deutlich aufgelockert und die Sonne scheint. Ich gehe weiter und erreiche nach einiger Zeit einen Forstweg, dem ich bis zu einer Schotterstraße folge. Einige Wiesen hier sind frisch gemäht. Auch die Landwirte gehen also von gutem Wetter aus. Ich gehe an einigen Häusern vorbei bis zu einem Hof. Hier soll die bediente Hütte sein. Die beiden bewohnten Häuser sehen aber nicht aus wie eine Hütte und ich möchte nicht einfach anklingeln und fragen. Also geh ich weiter, obwohl ich mittlerweile eine Pause gut gebrauchen kann. Von nun an geht es wieder aus dem Tal heraus. Zum Glück sind es nicht so viele Höhenmeter wie heute Morgen. Dennoch zieht sich das ganze Stück durch Birkenwald, Sumpf und Mücken. Als ich die Baumgrenze erreiche, mache ich die längst überfällige Pause. Ein Bach ist wenige Meter weiter. Ich koche mir ein Trekkinggericht und trinke noch einen Kaffee. Dabei denke ich über die kommenden Tage nach. Das Essen kann schon fünf Tage halten. Aber ich werde nicht jeden kleinen Hunger befriedigen können. Ich überlege, ob ich die Strecke nicht auch in einem Tag weniger schaffen würde. Nicht ganz 30 km müsste ich jeden Tag gehen. Wenn nicht zu viele Höhenmeter dabei sind, ist das durchaus machbar. Aber es ist auch nicht so entspannt wie mein ursprünglicher Plan, der teilweise deutlich weniger als 25 Tageskilometer auf dem Programm hatte. Dennoch nehme ich mir vor, den neuen Plan umzusetzen. Dann mache ich mich wieder auf den Weg und frage mich während die ersten Meter, ob ich die 30 km täglich wirklich schaffen werde. Denn die ersten Schritte sind wieder unrund und schmerzen leicht. Es dauert aber nicht lange, dann bin ich eingelaufen und komme gut voran.

      Der neue Plan fühlt sich gut an. Hier oben im Fjell geht es nur wenig rauf und runter. Der Pfad ist ideal zu gehen. Ich habe Lust auf Musik. Im den vergangenen Jahren habe ich immer wieder angefangen, Playlists zu erstellen. Aber anstatt eine richtig auszuarbeiten, habe ich immer wieder neue angefangen. Dabei sind viele kleine Playlists entstanden, mit vielen schönen Liedern, die ich aber oft viel zu schnell satt gehört habe. Alle diese Playlists habe ich vor ein paar Tagen zu einer großen zusammengefügt. Diese Liste lasse ich jetzt einfach nur durchlaufen. Ohne zu skippen. So höre ich viele Lieder seit langem mal wieder ganz, die ich zuletzt immer weitergedrückt habe, weil ich sie irgendwann mal satt hatte. Mit der Musik wird es sofort kurzweiliger. Es ist nicht der gleiche Effekt, wie vor einigen Wochen in der Hardangervidda, wo ich eine Art Hikers High erleben durfte. Aber auch jetzt entwickelt sich ein richtiger Flow. Ich bin nicht wirklich emotional, ich bin einfach nur zufrieden und genieße das leichte und zügige Vorankommen und die faszinierende Weite um mich herum. Die grünen, rundlichen Berge, einige Felsformationen und immer wieder große und kleine Seen. Und im Umkreis von Kilometern scheine ich der einzige hier zu sein. Auch Eddie Vedders „Society“ hat es in die Liste geschafft. Das Lied kenne ich vom Soundtrack „Into the wild“. Auch Simon, der 2013 ein Buch über Norge på Langs geschrieben hat, erzählt darin, dass ihn dieses Lied begleitet hat. Es könnte auch der Titelsong jeder Weitwanderung sein. Am Ende ist es doch auch eine Art Flucht aus der Gesellschaft und Konsum, auch wenn ich einige Konsumgüter mittlerweile hier sehr zu schätzen gelernt habe. Aber das eben genau, weil ich hier auf so vieles verzichte.

      „Oh, it's a mystery to me
      We have a greed, with which we have agreed And you think you have to want more than you need
      Until you have it all you won't be free“

      Bei Tageskilometer 20 ist es mal wieder Zeit für eine Pause. Den linken Fuß merke ich nun wieder deutlicher. Ich ziehe die Schuhe aus, die mittlerweile komplett durchnässt sind, und dehne und massiere den linken Fuß. Nach 20 Minuten gehe ich weiter und freue mich, dass die Pause meinen Füßen gut getan hat. Ich umrunde einen großen See und gehe einige hundert Meter leicht bergauf bis zu einer Hütte, die auf keiner meiner Karten verzeichnet ist. Die Hütte ist offen. Darin sind vier Betten, ein kleiner Tisch mit einer Kerze drauf und ein Ofen in der Ecke. Allerdings sieht alles schon ziemlich angeranzt aus. Aber ich möchte ja eh nicht hierbleiben.

      Ich folge dem gut markierten, leicht ansteigenden Weg durch dieses wunderschöne Hochtal, bis ich irgendwann den höchsten Punkt meiner Etappe erreicht habe. Hier tun sich neue wunderschöne Aussichten auf. Von nun an geht es wieder bergab. So langsam spüre ich, dass meine Beine müde werden und das weitere Vorankommen gestaltet sich träge. Bei Kilometer 28 gibt es eine schöne Stelle, wo ich mein Zelt aufstellen könnte. Aber ich will nicht an Tag 1 meiner 30km-Challenge gleich in die Miesen gehen. Wenn ich noch weitere 6 km gehe, erreiche ich die Krutvasshytta, in der ich übernachten könnte. Außerdem hätte ich gleich einige Kilometer gut gemacht. Also lasse ich die schöne Stelle links liegen und gehe weiter. Die Beine werden aber immer müder. Als ich einen Fluss über eine Hängebrücke überquere, sehe ich zur Linken eine Stelle, wo ich mein Zelt aufstellen könnte. Mittlerweile befinde ich mich zwar wieder im Birkenwald und viele Stellen hier sind sumpfig, hier aber sieht es ganz anständig aus. Ich kontrolliere meine App und stelle fest, dass ich ziemlich genau 30 km geschafft habe heute. Außerdem wird mir bewusst, dass ich gar nicht so große Lust habe, in einer Hütte zu schlafen, also bleibe ich hier und baue mein Zelt auf. Dann geht es zum Fluss zum Waschen. Der Fluss ist ganz schön laut. Ich bin gespannt, ob mich das später nervt oder ob es mir hilft, gut einzuschlafen.
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    • Tag 64

      Børgefjell querfeldein

      2. August 2023 in Norwegen ⋅ 🌧 11 °C

      Die Nacht war mal wieder wie die meisten der letzten Zeltnächte. Schlaftechnisch viel Luft nach oben, aber keine Besuche von Wölfen oder Bären. In Summe also ok! Tatsächlich hab ich mich beim nächtlichen Pinkeln deutlich mehr umgesehen als normalerweise. Die Nacht war recht windig. Auch am Morgen rüttelt der Wind ordentlich am Zelt. Noch vor sieben Uhr mache ich mein Frühstück. Beim ersten Kaffee fängt es an zu regnen, hört zum Glück aber wenige Minuten später wieder auf. Heute bin ich echt früh dran. Um halb neun bin ich abmarschbereit und auch die Sonne zeigt sich jetzt immer wieder. Was ist das hier für eine wunderschöne Kulisse, wenn die Sonne scheint!

      Etwas weiter oberhalb meines Zeltplatzes lade ich noch den Footprint vom Vortrag hoch und mache ein paar Fotos mit meinem kleinen Stativ. Dann mache ich mich auf den Weg. Selten bin ich pfadlos so gut vorangekommen wie hier. Der Untergrund ist ein Traum, es gibt fast keinen Sumpf und die Orientierung in diesem Tal ist einfach. In der Ferne sehe ich einige Rentiere, die sich aber schnell aus dem Staub machen, lange, bevor ich in ihre Nähe komme. Ich folge dem Tal weiter aufwärts. Am Ende des Tals sind dunkle, felsige Berge, deren Gipfel in eine Wolke gefüllt sind. Auch einige Schneefelder sieht man hier. Nicht ganz 1.400m ist einer der Berge hoch. Das sind echt andere Verhältnisse hier als bei uns in den Alpen.

      Ich gehe weiter. Es ist ohne Frage richtig schön hier. Aber irgendwie habe ich mich auch dran gewöhnt. Es gab zwar einige emotionale Momente in den letzten Tagen. Aber ich habe das Gefühl, dass ich mittlerweile viel ausgeglichener bin. Bis zu meinem Tiefpunkt, wo ich kurz vor dem Abbruch stand, und die Tage danach war vieles intensiver. Mehr Höhen, mehr Tiefen. Und beides deutlich ausgeprägter als in letzter Zeit. Ich denke darüber nach, woran das liegt und ob ich das gut oder schlecht finde. Entscheiden kann ich mich nicht. Beides hat seine Vorteile. Dennoch ist es seltsam, etwas euphorielos durch diese tolle Landschaft zu laufen. Wobei euphorielos nicht unzufrieden bedeutet. Vielleicht ist es auch mal gut, eine gewisse Eintönigkeit oder Langeweile zu durchleben. Und das lieber in schöner Umgebung in Bewegung als zu Hause auf der Couch. Im Zelt hänge ich schon viel am Handy. Beim Wandern höre ich nur selten Musik und Podcasts wirklich nur, wenn es richtig anstrengend wird. Das hatte ich erst drei oder vier mal. Heute gehe ich einfach nur vor mich hin.

      Ich überlege, was mich am Anfang so beschäftigt hat und muss an meine Mutter denken. Mit einem Schlag ist Schluss mit Emotionslosigkeit. Mir schließen die Tränen in die Augen. Das ist immer noch ein Thema, mit welchem ich bislang nicht so richtig einen Umgang gefunden habe. Die Woche im Ruhrgebiet, bevor ich mich auf den Weg nach Norwegen gemacht habe, wollte ich sie noch einmal im Heim besuchen. Kurz davor habe ich mich beinahe vor dem Besuch gedrückt. Sie würde es ja eh nicht wissen oder mitbekommen. Aber ich war mir auch sicher, dass ich es bereue, wenn ich sie nicht besuche. Es ist meine eigene Mutter und ich habe Angst, sie zu besuchen. Weil ich nicht weiß, wie ich mit ihr umgehen soll. Es findet nur wenig Interaktion bei einem Besuch statt. Manchmal bringe ich sie zum Lachen. Dann wird ihr Wesen von früher sichtbar. Aber die viele Zeit dazwischen schaut sie ins Leere und es fällt mir schwer, das auszuhalten. Sie ist noch da und ist es gleichzeitig auch nicht mehr. Ich glaube, das, womit ich nicht klar komme ist, dass ich mich nie von meiner Mutter, wie sie einmal war, verabschieden konnte. So viel hätte ich gerne noch mit ihr geteilt. Dass ich es geschafft habe, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, selbstbestimmt lebe, an den Bergen, wo ich mich zu Hause fühle. Wie gerne hätte ich ihr von meinen Plänen von Norge på langs berichtet. Oder jetzt von hier aus mal mit ihr telefoniert. Sie war immer sehr naturverbunden und ich bin sicher, dass sie hier am meisten mitgefiebert hätte. Aber sie hätte sich auch die meisten Sorgen gemacht. Sie fehlt mir. Das wird mir hier wieder einmal bewusst. Ich muss eine kurze Pause machen und mich daran erinnern, mehrmals tief durchzuatmen.

      Passend zur Stimmung ziehen von Osten her dunkle Wolken herein und die Sonne verschwindet. Je höher ich komme, desto grauer wird die Umgebung, die jetzt vorwiegend von Felsen und Steinen geprägt ist. Hier ist der höchste Punkt des Tages erreicht. Auf der anderen Seite geht es über ein breites Schneefeld wieder bergab. Der Wind hat hier oben deutlich zugelegt aber ich freue mich, dass es nicht regnet. In den Regenradar kann ich nicht schauen, da ich schon lange keinen Empfang mehr habe. Ich gehe weiter herunter und überrasche eine größere Gruppe Rentiere, die sich direkt aus dem Staub macht. Nach 15 Kilometern mache ich eine Pause. Ich bin sehr gut in der Zeit, vor allem dafür, dass ich die ganze Zeit querfeldein gehe. Das es immer noch nicht regnet, mache ich eine richtige Mittagspause. Ich koche mir ein Trekkinggericht und einen Kaffee. Angelehnt an einen Stein, strecke ich die Beine aus und entlaste die Füße. Das tut richtig gut. Die Bergschuhe sind an einigen Stellen richtig praktisch, vor allem an den felsigen Passagen. Aber ich merke auch, dass der linke Fuß nicht so weich gelagert ist wie in den Laufschuhen. Hier werde ich in den kommenden Tagen etwas hin und her wechseln müssen. Ich freue mich aber, dass ich immernoch trockene Füße habe!

      Kurz nachdem ich weitergehe, fängt es an leicht zu regnen. Ich hoffe wieder, dass der Wind die Hose schneller trocknet und der Regen bald wieder aufhört. Diesmal hab ich mich aber verzockt. Die Hose wird nasser und nasser und der Regen hört einfach nicht auf. Ich komme an einen Fluss und suche erfolglos nach einer Stelle, wo ich ohne zu furten queren kann. Es regnet und ich habe absolut keine Lust, jetzt den Rucksack abzusetzen, die Schuhe auszuziehen und dann mit den Laufschuhen durch das kalte Wasser zu furten. Aber es hilft alles nichts. Da muss ich jetzt durch. Auch einige Mücken sind nun aktiv, was die ganze Situation noch ungemütlicher macht. Schnell bin ich auf der anderen Seite, nur das Schuhe wechseln zieht sich wieder. Ab hier ziehe ich doch meine Regenhose an. Mittlerweile haben sowohl der Regen als auch die Mücken einen Zahn zugelegt. Es scheint sich jetzt richtig einzuregnen.

      Von nun an geht es auf und ab, teils durch Sumpf über viele kleine Bäche. Eine große Rentierherde ist parallel zu mir in die gleiche Richtung unterwegs. Es sind sicher 70 Tiere oder mehr rund 200m entfernt zu meiner rechten. Erst als ich eine größere Steigung angehe, biegen die Tiere rechts ab. Dann bin ich mitten in der Wolke. Das Navigieren wird schwieriger. Zum einen spinnt Komoot und zeigt mir die Karte nicht mehr an, obwohl diese offline gespeichert ist, zum anderen zeigt der Pfeil auf meiner Garminkarte keine Richtung mehr an. Das Hauptproblem ist jedoch, dass ich das nasse Display fast nicht bedienen kann.

      Wie es aussieht, habe ich hier die Tageskilometer geschafft. Seit drei Stunden regnet es jetzt durchgehend. Als ich eine halbwegs ebene Fläche finde, entscheide ich mich, hier mein Lager aufzuschlagen. Dummerweise ist mein Zelt ganz unten. So wird einiges nass, als ich das Zelt herauskrame. Erst jetzt stelle ich fest, wie kalt und unbeweglich meine Finger sind. Ich baue das Zelt so schnell wie möglich auf und verstaute dann alles im Vorzelt. Es ist gar nicht so leicht, in dem kleinen Vorzelt Regenjacke und Regenhose auszuziehen, ohne alles komplett nass zu machen. Das nasse Zeug lasse ich gleich im Vorzelt liegen. Das wird keinen Spaß machen, das nasse Zeug morgen wieder anzuziehen. Dann lege ich mich in den Schlafsack. Mir ist arschkalt und es dauert lange, bis mir merklich wärmer wird.

      Erst um 20.00 Uhr, nach sechs Stunden teils kräftigem Regen, gibt es eine Regenpause, die ich nutze, um mich am Bach zu Waschen. Danach mache ich was zu essen und schreibe dann mein Tagebuch. Der Absatz mit meiner Mutter nimmt mich auch jetzt wieder richtig mit. Es ist zum ersten Mal, dass ich mich hier draußen richtig alleine fühle. Es dauert eine Zeit, dann habe ich mich wieder gefangen. Und ich kann jetzt schon anteasern, die folgende Nacht wird gar nicht mal so schlecht gewesen sein. :-)
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    • Tag 75

      Krutvasshytta -> Skinnfelldalen

      11. August in Norwegen ⋅ ☁️ 11 °C

      Vorbei die Ruhe und wieder hinein ins Vergnügen! Martin und ich haben uns auf einen frühen Start geeinigt, da für heute zumindest mal bis zum Nachmittag hin schönes Wetter angekündigt ist. Also fallen wir beide um 7Uhr aus dem Bett und quatschen während dem Frühstück noch so lange bis sich dann schließlich wirklich die Sonne blicken lässt. Beste Aussichten also für einen tollen Wandertag!

      Nachdem alles gepackt und wieder abmarschbereit ist, heißt es Abschied nehmen. Ab jetzt gehen wir nicht mehr aufeinander zu sondern in schnellen Schritten voneinander weg. Schon faszinierend wenn man so drüber nachdenkt. Dieser eine, irgendwie willkürliche Punkt an dem sich zwei so lange Reisen treffen und dann wieder auseinander gehen 🤔 Aber genug Philosophie, es will wieder gelaufen werden!

      Schnell geht es hinauf ins Fjell und die Aussichten sind zusammen mit dem Wetter hervorragend! Bis zum Nachmittag hin hält sich die Sonne auch wacker, aber dann geht’s oben im Fjell ganz schön los… Gut das ich mich heute für nen Zelttag entschieden habe 😅 Schon patschnass vom horizontalen Regen baue ich das Zelt auf und muss mich ständig drauf konzentrieren das mir zum einen das Zelt nicht wegfliegt und zum anderen der Rucksackinhalt noch so trocken wie möglich bleibt. Multitasking is ja mal so garnich meins… wie soll ich das bitte hinbekommen? 😄 Aber irgendwie klappt es dann doch soweit ganz gut und das Wichtigste, der Schlafsack, ist auch trocken geblieben, sodass ich mich direkt ins warme kuscheln kann und dem regnerischen Treiben da draußen zuschauen kann. Allgemein zeigt sich das Wetter mittlerweile deutlich wechselhafter. Regen kann extrem lokal fallen und 300m weiter kann die Sonne scheinen. Also nicht wundern wenn da Bilder mit Sonne kommen und ich schreibe das Sauwetter war, das stimmt schon 😅

      Es ist jetzt aber spannend, dass ich immer mehr Norge på langs‘ler in Ihrer Nord nach Süd Tour treffe, heute auch wieder zwei mit Hund. Ich wünsch mich da immer dass man sich bei weniger Regen und Sturm treffen würde, da sich so die Unterhaltung auf das mindeste reduziert 😅 Ich mein die Geschichten die jeder zu erzählen hat… Damit sollte man eigentlich jedes Mal einen Hüttenabend verbringen! Würde aber wohl dazu führen, dass ich nie oben ankommen werde 😄 So wünscht man sich „god tur videre!“ und jeder folgt seinem Weg.
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    Möglicherweise kennst du auch folgende Namen für diesen Ort:

    Hattfjelldal

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