Norway
Stigåbekken

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Travelers at this place
    • Day 54

      Veresstua querfeldein Richtung Gaundalen

      July 23, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 12 °C

      Nachdem ich um zwei Uhr nachts wach wurde und die Kopfschmerzen immer mehr zunahmen, habe ich in den Morgenstunden nur wenig und schlecht geschlafen. Um kurz nach fünf stehen Nele und Matthias auf. Um halb sieben, kurz bevor sie gehen, stehe ich auch auf. So können wir uns wenigstens noch voneinander verabschieden. Mir dröhnt der Kopf. Ich bin mir recht sicher, dass es daran liegt, dass ich gestern zu wenig getrunken habe. Ich hätte schwören können, dass ich allein über die Füße sieben Liter Wasser aufgenommen habe. Aber das scheint nicht funktioniert zu haben.

      Ich mache mir einen Kaffee und nehme die Gitarre, die an der Wand hängt und spiele etwas. Ich bin irgendwie ganz froh, dass ich wenigstens heute Morgen die Hütte für mich habe. Neles ALS-Diagnose arbeitet in mir. Emotional bin ich heute Morgen ganz schön labil. Ich frühstücke mein Müsli mit heißem Wasser und bereite meine Sachen zum Packen vor. Dann entscheide ich mich, mich noch einmal hinzulegen. Immerhin schlafe ich noch einmal kurz ein, aber schon bald will der Kaffee wieder raus und ich stehe auf. Um kurz nach zehn mache ich mich auf den Weg.

      Zunächst geht es noch ein paar Kilometer über die Schotterstraße. Ich bin immer noch unschlüssig, ob ich nachher querfeldein gehen soll oder doch die vermeintlich sicherere Route, welche heute und morgen zum Großteil wenigstens noch markiert wäre. Zunächst folge ich dem markierten Pfad nach oben. Aber auch hier sind wieder so viele Sumpfabschnitte, dass es querfeldein eigentlich nicht schlimmer sein kann. Oben setzt ein leichter Sprühregen ein. Ich ziehe die Regenjacke an und entscheide mich spontan, querfeldein zu gehen. Die Regenhose lasse ich aus. Ich hoffe einfach, dass der Regen bald wieder aufhört.

      Der Anfang ist etwas beschwerlich. Ich finde es verwunderlich, dass jeder noch so kleine Bach in der Karte vermerkt ist, das Gelände selbst aber mehr als grob skizziert ist. Ganze Rinnen, Geländeeinschnitte und kleine Täler werden von den Höhenlinien gar nicht berücksichtigt. Dennoch bahne ich mir meinen Weg. Die Hose ist bald bis über die Knie nass, weil ich ständig nasse Büsche streife. Mein Plan ist es, so gut es geht, einen Bergrücken entlang zu laufen. Oben erhoffe ich mir ein leichteres Vorankommen als unten, wo mit viel Sumpf zu rechnen ist. Sumpfige Abschnitte gibt es hier aber auch an jeder Ecke. Als ich zwischen zwei Seen durchlaufe, sehe ich sogar Fußspuren und eine Art Pfad. Als ich eine Böschung hochgehe, stehe ich plötzlich vor einem Wegweiser. Auf meiner Karte ist nicht ein einziger Pfad hier vermerkt. Ich schaue in die norwegische App. Tatsächlich sind hier noch Pfade eingezeichnet. Ich folge einem davon drei Kilometer zu einem Gipfel. Ab hier führt dann wirklich kein Pfad mehr weiter.

      Das Gelände hier oben ist genau meins. Niedrige Vegetation. Nur Moose, Heidekraut oder Blaubeersträucher. Auch einige sumpfige Abschnitte, aber im Vergleich zu den letzten Tagen ist das ein Genuss. Über zehn Kilometer habe ich schon auf der Uhr und ich mache eine Pause. Allerdings weht der Wind kräftig und mir wird schnell kalt, dass ich nach wenigen Minuten weitergehe. Meine Kopfschmerzen waren eigentlich fast weg. Jetzt zieht es zunehmend aus der rechten Schulter in die Schläfe. Wetter und Kopfschmerzen sind nicht optimal, aber ich freue mich über das Gelände und wie einfach ich vorankomme. Immer wieder schrecke ich einzelne Rentiere auf. Ich glaube, kein Tier flüchtet so elegant wie ein Rentier. Den Kopf nach oben gestreckt traben sie stolz davon, um dann in sicherer Entfernung stehen zu bleiben und mich zu beobachten.

      Das Wetter lockert jetzt allmählich auf und teilweise kommt sogar die Sonne raus. Nach 15 Kilometern mache ich spontan eine Pause. Hinter ein paar niedrigen Büschen ist es ein wenig windgeschützter. Hier lege ich mich ausf meine Isomatte und schlafe ein, obwohl es doch etwas frisch ist. Nur eine halbe Stunde, aber die tut richtig gut. Als ich danach weitergehe, braucht es eine Zeit bis der Kreislauf wieder hochgefahren ist. Aber die Kopfschmerzen und die Verspannung sind weg. Um mich herum wird es immer sonniger und ich mache weitere Höhenmeter. Die Aussicht ist der absolute Hammer. Jetzt mit Sonne ist es einfach wunderschön. Ich bin so froh, dass ich diese Variante gewählt habe. So habe ich 25 Kilometer gespart und darf allein durch diese atemberaubende Landschaft bei dem Wetter laufen. Und immer wieder freue ich mich über einzelne Rentiere oder Rentiermütter mit ihrem Kleinen. Allein durch diese Weite zu laufen fühlt sich einzigartig an.

      Allmählich geht es wieder bergab und die sumpfigen Anteile werden immer mehr. Eigentlich dachte ich, mache ich heute die 30 Kilometer locker voll, aber je länger ich gehe, desto müder werden meine Beine. Wenigstens 28 Kilometer sollte ich heute schaffen, dann wären es morgen dann 30 Kilometer. Dort erwartet mich dann mein erstes Versorgungpaket. Hoffentlich. Ich gehe weiter und finde mein erstes Rentiergeweih, das nicht am Wegrand liegt. Es ist auch das erste, wo alle Spitzen noch dran sind. Ich mache ein Foto und lasse es dann zurück. Ich hätte es gerne mitgenommen, aber für die restlichen 1500 Kilometer ist es einfach zu schwer.

      Nach 26 Kilometern komme ich an einen Fluss. Aus der Ferne hab ich schon gesehen, dass es kein schmaler ist. Je näher ich komme, desto lauter wird er. Zum Glück ist oberhalb von der lauten Stromschnelle eine sehr breite Stelle, wo ich gut furten kann. Einfach rein mit den Schuhen. Das ist echt praktisch! Auf der anderen Seite geht es wieder einen Berg hoch. Ich habe das Gefühl, dass der ganze Berg aus Sumpf besteht. Jeder Schritt ist jetzt richtig anstrengend. Nach 28 Kilometern komme ich an einen kleinen Bach. Nicht weit davon entfernt finde ich eine Stelle, die ausreichend unsumpfig ist und ich stelle mein Zelt auf. Es ist mittlerweile 19:30 Uhr. Nicht viel Zeit zum regenerieren. Morgen geht es wieder teilweise querfeldein.

      Als ich am Abend im Zelt meine weitere Route anschaue, wird mir klar, dass ich vermutlich die nächsten vier oder fünf Tage querfeldein gehen werde. Tobi hatte berichtet, dass diese Passage komplett weglos ist. Die Pfade, die Komoot angibt, scheinen hier nicht zu stimmen. Hier werde ich wieder eine gute Linie finden müssen.
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    You might also know this place by the following names:

    Stigåbekken, Stigabekken

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