• Ueli Steiner
  • Ueli Steiner

Pilgrims Ride Across Amerika

Seit Monaten bin ich am Überlegen, am Planen und Organisieren. Mein Projekt; Als Bikepacker auf meinem Velo quer durch die USA, von New Jersey nach California. Ich gehe davon aus, dass ich die knapp 6000 km in drei Monaten bewältige. Start: 7. Mai 24 Weiterlesen
  • Carson City NV

    22. Juli 2024 in den USA ⋅ ⛅ 35 °C

    Eigentlich war die heutige Etappe nur bis Dayton NV geplant - der Stadt, in der erstmals in Nevada Gold gefunden wurde. Da ich aber zeitlich gut dran war und die Hitze mit gut 35° noch erträglich, verlängerte ich die Fahrt um gut 20 km bis nach Carson City, der Hauptstadt Nevadas.
    Das Capitol in Carson City ist wunderschön in einem kleinen Park mit dichtem Baumbestand gelegen; ein sympatisch bescheidener Bau und nicht zu vergleichen mit den Prunkbauten bspw. in Utah oder Missouri. Am Geld dürfte es im "Silver State" nicht gelegen haben, mit all seinen Bodenschätzen. Vielleicht eher am Willen einer Gesellschaft zu einer gemeinsamen Investition, wo doch sonst jeder auf sich selbst baut und wo der Staat sich zurückhält, die Menschen vor sich selbst zu schützen. Letztlich ist die Geschichte Nevadas eine Geschichte der menschlichen Gier nach Reichtum. Hundertausende haben sich über die letzten 150 Jahre bei den verschiedenen "Goldrauschs" auf den Weg gemacht, Zehntausende sind dabei ums Leben gekommen - verdurstet, verhungert, erfroren, verunfallt, an Seuchen gestorben, umgebracht - ohne dass der damalige Staat sich ernsthaft einmischte. Auch die heutige Geldspielindustrie gründet in der menschlichen Gier nach Reichtum, der Suche nach der Goldader. Und auch heute lässt der Staat Nevada die Spielsüchtigen gewähren, auch wenn Unzählige ihre Familie und ihren Wohlstand ruinieren. Der "Silver State" müsste sich wieder einmal daran erinnern, wofür Silber in der biblischen Symbolik steht: Erlösung - auch von Sucht und Gier. Das gäbe der menschlichen Eigenverantwortung das Fundament, auf welchem sie auf eine produktive Art gedeihen könnte.
    Was übrigens am Stadtbild auffällt: Es gibt keine hohen Häuser. Die kleine Kuppel des Kapitols schafft es gerade noch über die Baumkronen. Höhere Häuser gibts keine. Bild einer wohltuenden Bescheidenheit.
    Morgen steht die Fahrt nach South Lake Tahoe auf dem Programm.
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  • South Lake Tahoe CA

    23. Juli 2024 in den USA ⋅ ☁️ 19 °C

    Die heutige Etappe von Carson City zum Südende das Lake Tahoe war kurz, aber in der Vertikalen sehr herausfordernd. Über eine Distanz von 14 km ging es zunächst stetig aufwärts, über 700 Höhenmeter. Dafür wurde ich auf der anderen Seite des Passes mit der wunderschönen Sicht auf den Lake Tahoe entschädigt. Endlich mal wieder ein richtiger Wald, und ein prächtiger, grosser See!
    Der Lake Tahoe ist ein Tourismusgebiet, sowohl im Sommer wie im Winter. Es mutet ziemlich unwirklich an, dass es in Nevada und auch in Kalifornien überall Ausstellplätze für die Montage von Schneeketten hat! Oder dass nördlich des Lake Tahoe Weltcupskirennen stattfinden.
    Ich habe mein Zelt heute im Tahoe Valley Campground aufgeschlagen; aber die Zeltplätze sind schon schweineteuer! Und nun muss ich meinen Lebensmittelvorrat triagieren: Was kann ich heute Abend noch essen, welche angebrochenen Packungen muss ich wegwerfen, was ist noch original verpackt und deshalb vielleicht noch geruchsneutral. Denn der Zeltplatz ist offenbar auch ein Revier der Schwarzbären.
    Meinen Wasservorrat werde ich ab jetzt drastisch reduzieren können; Wasser und andere Getränke hat es auf dem Rest der Strecke genug, so dass ich mir die zusätzlichen 8-10 Kilo Ballast aus der Wüste Nevada wieder sparen kann.
    Ich bin nun bereits im Staat Kalifornien angekommen; einen Hinweis auf die State Line habe ich allerdings nicht bemerkt.
    Morgen gibts noch einmal einen steilen Einstieg, aber relaiv kurz (320 Höhenmeter auf knapp 6 km Distanz), und danach sollte es vor allem bergab gehen.
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  • Placerville CA

    24. Juli 2024 in den USA ⋅ ☀️ 38 °C

    Von 1900 auf 2225 auf 960 auf 1230 auf 570: Das ist die Formel der heutigen "Himalaya-Bahn" vom Lake Tahoe nach Placerville (wer erinnert sich noch an die Berg- und Talbahn auf dem Rummelplatz am Markttag?) . Insgesamt wurden im Navi 710 Höhenmeter abgebucht.
    Ein Nachtrag zu gestern: Keine Bären gehört diese Nacht. Und meine Lebensmittel konnte ich bei meinen Platznachbarn, in ihrem Reisebusgrossen Camper, über Nacht deponieren und musste nichts prophylaktisch in den bärensicheren Abfallcontainer fortwerfen.
    Am Morgen Start im Tahoe Valley Campground um viertel vor sechs. Dann gleich die erste Felswand hinauf in die Kühle der Berge auf 2200 m. Die Abfahrten waren z.T. unangenehm; die Velofahrer erfahren ein veritables Strassenranddasein, immer auf der Hut, was der verfügbare Platz voraus ist, und was von hinten anbraust.
    Eindrücklich: Die Tausenden von Hektaren von abgebranntem Nadelwald. Auch wenn wir wissen, dass sich diese Flächen vermutlich mit höherer Diversität wieder erholen in den nächsten 20 Jahren, ist es doch ein eher deprimierender Anblick.
    Zu erzählen gibt es sonst nicht viel - ausser dass es in den kalifornischen Niederungen heiss ist. Placerville erreichte 39°C heute; gemäss Prognose ist in den nächsten Tagen ein leichter Temperaturrückgang verheissen.
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  • Placerville CA nach Sacramento CA East

    25. Juli 2024 in den USA ⋅ ☀️ 37 °C

    Mein Reisefortschritt erfolgt nach Plan. D.h. ich habe voraussichtlich fast eine Woche Reserve, die ich nicht mehrheitlich in San Francisco zubringen möchte. Die Stadt ist offenbar mittlerweile so versifft und voll von Obdachlosen, dass ich mich möglichst aus dem Stadtzentrum raushalten werde. Ich werde deshalb das Tempo für den "Anflug" auf die Golden Gate Bridge etwas drosseln.
    Heute bin ich darum bloss 60 km gefahren und habe im Ortsteil Rancho Cordova im östlichen Teil von Sacramento ein erstes Quartier bezogen.
    Unterwegs habe ich heute gefunden, was viele das Leben lang suchen: EL DORADO, der Ort wo alles aus Gold ist. Der Ort hat eine Poststelle der US Postal Services und eine Postleitzahl, und wenn das Wetter gut ist, am ersten und dritten Sonntag gar eine Zugverbindung ab Shingle Springs!
    Wenn man sich durch das hügelige Gebiet von Osten her der Stadt Sacramento nähert, ist, abgesehen von den Bäumen, alles trocken und gelb. Offenbar wächst in Kalifornien nur, was man bewässern kann. Dazu wird das Wasser teilweise über Hunderte von Kilometern in künstlich angelegten Kanälen von den Bergen in die Plantagen geführt.
    Morgen besuche ich dann das Stadtzentrum und das California State House in Sacramento.
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  • Sacramento CA

    26. Juli 2024 in den USA ⋅ ☀️ 37 °C

    Das Kapitol des Staats Kalifornien ist in der Liga der Prachtsbauten unter den diversen State Houses. Sacramento ist seit 1854 Hauptstadt dieses grossen und bevölkerungsreichsten Bundesstaats.
    In der ersten Hälfte des 19. Jh. gehörte Kalifornien zum Kaiserreich Mexiko. 1846 wurde es nicht ganz freiwillig an die USA abgetreten.
    Der Name Sutter ist in Sacramento allgegenwärtig (Sutter Stadium, Sutter Health, Sutter Medical Center, etc.). Johann August Sutter sen., geboren 1803 in Kandern (Deutschland), hatte in Burgdorf (Schweiz) an der Schmiedengasse, mit dem Geld seiner Schwiegermutter, eine Kurz- und Tuchwarenhandlung aufgebaut. Als diese in Konkurs ging, verschwand Sutter über Nacht und ging nach Amerika. Er landete schliesslich in Kalifornien und konnte von den mexikanischen Herrschern im Sacramento-Tal rund 200 km2 Land übernehmen. Dort gründete er die Kolonie Neu-Helvetien. 1848 fand ein Landarbeiter von Sutter ein Goldnugget, was den kalifornischen Goldrausch auslöste. Sutters Land wurde durch die Goldgräber praktisch ruiniert.
    Sutter war Mitgründer der Stadt Sacramento und hat sicher einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung in Kalifornien geleistet. Insgesamt war er aber ein schlechter, ziemlich erfolgloser Geschäftsmann, der immer wieder von schlaueren Geschäftspartnern über den Tisch gezogen wurde. Das gilt auch für seinen Sohn gleichen Namens.
    Sehenswert in Sacramento ist heute sicher die "Altstadt" an der Waterfront, mit grossen Museumsbauten (z.B. das Eisenbahnmuseum mit um die 20 grossen Dampflokomotiven).
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  • Sacramento nach Vacaville CA

    27. Juli 2024 in den USA ⋅ ☀️ 20 °C

    Es war kühl heute Samstag Morgen, verstärkt durch einen kühlen Wind. Jedenfalls musste ich die Daunenveste anziehen. Die Route führte nochmals durch das Zentrum von Sacramento und über die gelbe Zugbrücke. Auf der Fahrt stadteinwärts fielen mir verschiedene, offensichtlich obdachlose Menschen auf. Und entlang der S-Bahnlinie gibt es notdürftige "Zeltlager". Der persönliche Besitz hat oft in einem entwendeten Einkaufswägeli Platz.
    Von Sacramento Richtung Süden kam ich durch ausgedehnte Plantagen, alles mit unterschiedlichen Techniken bewässert. Die Mandelbäume und die Zwetschgenbäume werden überflur mit Schläuchen und Tropfenbewässerung mit Wasser versorgt, die riesigen Tomatenfelder dagegen mit "unterflur" Bewässerung: Unter jeder Tomatenreihe sorgt im Wurzelbereich ein eingelegter Schlauch für genügend Wasser. Das Gebiet ist engmaschig von offenen Bewässerungskanälen durchzogen. Zusätzlich gibt es zahlreiche Pumpstationen, die direkt Grundwasser zu fördern scheinen.
    Ich habe nun in Vacaville, im Motel Quality Inn, Etappenhalt gemacht, und werde morgen Sonntag hier verbringen. Möglich, dass ich morgen auf einen neuen Post verzichte.
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  • Pinole CA

    29. Juli 2024 in den USA ⋅ ☀️ 22 °C

    Der Pazifik ist in Reichweite! Einen Ausläufer der Bucht von San Francisco habe ich schon über die imposante Alfred Zampa Memorial Bridge überquert, die von Vallejo nach Crockett führt.
    Die Fahrt von Vacaville nach Vallejo war hügelig und windig. Vom Pazifik her drückte Hochnebel über den Hügelzug ins "Green Valley" und es war kühl. Mein Ziel war ein Motel in Pinole/Berkeley, nördlich von Richmond CA. Und wieder einmal sprach mich eine Frau an: Wie es mir gehe und ob ich noch eine Übernachtung suche. Sie und ihr Mann seien selbst Biketourer und Mitglied bei "Warm Showers", und sie hätten immer wieder Gäste. Ich nahm das Angebot gerne an. Zwar wird die Schlussetappe morgen 3-4 km länger, aber das nehme ich in Kauf. Es wird trotzdem reichen nach S.F.
    Ann und Kent haben ein schönes Haus hier in Pinole, einen Gemüsegarten mit viel Basilikum (zukünftiges Pesto), viel Knoblauch und Tomaten, 6 Hühner, 5 Bienenstöcke und eine eigene Quelle für den Brunnen im Garten. Sie sind in der episkopalen Kirche engagiert. Viel mehr weiss ich noch nicht über sie. Aber die Warm Shower habe ich schon konsumiert.
    Morgen sollte ich das letze Stück auch noch schaffen, ca. 85 km bis nach San Francisco Süd (in die Nähe des Flughafens). U.a. erwartet mich die Richmond-San Rafael Bridge (8.8 km lang) und natürlich die Golden Gate Bridge.
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  • San Francisco (San Bruno) CA

    30. Juli 2024 in den USA ⋅ ☀️ 17 °C

    Heute war endgültig die letzte Rad-Etappe meiner Pilgerfahrt.
    Ein eher nebliger - und ja - auch ein etwas melancholischer Tag. Aber gleichzeitig freue ich mich riesig darauf, bald wieder daheim zu sein!
    Ich startete um halb sieben in Pinole hinunter nach Richmond. Und dann auf die über 8 km lange Richmond-San Rafael Brücke, doppelstöckig, ein Deck für jede Fahrtrichtung. Die Stahlkonstruktion kratzte am tiefliegenden Hochnebel. Dann - bei teilweise sehr schönem Wetter - gings weiter nach Sausalito. Da sassen die Leute an der Promenade und genossen die Sonne und einen Drink. Dann gings wieder hoch, und unvermittelt stand ich am nördlichen Brückenkopf der Golden Gate Bridge; die Brücke war komplett im Nebel. Schon der nähere der beiden Pylone war nur im untersten Viertel zu erkennen. Ich wartete ca. 1 Std. am Aussichtspunkt, in der Hoffnung dass sich der Nebel etwas lichtet, leider ohne Erfolg. Also fuhr ich weiter. Auf der Brücke herrschte starker, kalter Seitenwind, und unglaublich viel Velo- und Fussverkehr, auf einer Fahrbahnbreite von bloss ca. 2.5-3 m im Gegenverkehr.
    Dann gings durch den Golden Gate Park Richtung Süden, immer bei bedecktem Wetter. Nun habe ich mich möglichst nahe am Flughafen, im Ortsteil San Bruno, im Hotel Skye einquartiert, und muss jetzt Gebinde für mein Gepäck organisieren und auch eine Transportbox für mein Velo. Aber dazu habe ich jetzt Zeit.
    Hier noch ein paar Zahlen aus der Buchhaltung:
    3 Monate unterwegs
    5'620 km
    24'370 Höhenmeter
    362 Std. im Sattel
    15.5 km pro Stunde Durchschnittsgeschwindigkeit
    4 Zeitzonen
    0 platter Reifen
    Da hat Gott viele Engel mobilisieren müssen!
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  • Vielen Dank, Euch allen

    3. August 2024 in den USA ⋅ ☀️ 22 °C

    Das Velo ist verpackt; gestern konnte ich das Paket bei Alan Gorman, einem irischen Veloladeninhaber nicht weit von hier abholen. Die Verpackung muss ich noch etwas nachbessern; die Box zeigt schon etliche "Kampfspuren". Sie ist auch eher knapp, weshalb auch das Hinterrad demontiert werden musste.
    Gestern und heute ging ich wandern, heute zum San Andreas Lake. Dieser liegt direkt auf der San Andreas Verwerfung, der gut 1300 km langen seismischen Störungszone parallel zur Küste. Da reiben sich die nordamerikanische geologische Platte und die pazifische Platte und verschieben sich stetig relativ zueinander. Und da erwarten die Geologen auch das nächste Erdbeben im Raum San Francisco, wenn es wieder einmal eine ruckartige Druckentladung braucht.
    Der Weg zum See führt, auf gut unterhaltenem Wanderwegnetz, durch eindrückliche Wälder der kalifornischen Steineiche.
    Übermorgen geht nun mein Flieger. Höchste Zeit, Euch allen Danke zu sagen für Euer Mitgehen, für Eure moralische Aufmunterung und Unterstützung, für jeden Kommentar, für jedes Eurer Gebete. Viele von Euch haben für meine Reise ihre persönlichen Gebetsnetze mobilisiert. Auch diesen gilt mein Dank. Und Schutz und Stärkung waren in der Tat notwendig: Ich bin überzeugt, dass auch im Himmel jeden Tag die nötige Anzahl Engel "mobilisiert" wurde. Anders lassen sich gewisse Erlebnisse, Begegnungen, und der erlebte Schutz nicht einordnen. Mein grösster Dank gilt daher Gott selbst.
    Ich freue mich auf die wieder direkte "Face-to-Face" Begegnung mit Euch allen. Bis dann!
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  • Ende der Reise
    5. August 2024