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  • Day 29

    Culture Clash

    May 4, 2021 in Mexico ⋅ ⛅ 19 °C

    Wir haben uns sehr zielstrebig an einer Sprachschule zum spanisch lernen angemeldet. Es ist nach kürzester Zeit ernüchternd und ein täglicher Kampf sich zu motivieren dort hinzugehen. Doch mein Wille spanisch zu können ist stark, aber die Mühe und Anstrengungen die damit verbundenen sind, sind noch stärker. Bereits am vierten Schultag -es ist verdammt nochmal auch ein Samstag- schaffen Kai und ich es nicht dort hin zu gehen. Wir haben den Abend zuvor, den Freitag, gezecht und mit anderen Backpackern im Hostel eine ziemlich bunte Nacht gehabt. Im Unterricht am Montag kann ich noch immer nicht klar denken, da wir am Samstag dann auch noch auf einer Techno-Party waren. Kai erfreut dies in höchstem Maße und er hat einen Mega-Spaß. Ich hadere mit der Feierei und bin mir nicht sicher, ob ich Spaß hatte. Nach diesem Wochenende hängen wir noch einige Tage tatenlos im Hostel mit den anderen Backpackern rum und spanisch lernen ist wieder so weit entfernt, wie Köln. Einige der Backpacker hängen bereits seit Wochen nur im Hostel rum, musizieren, quatschen Unsinn, chillen und konsumieren allerhand Zeugs aus dem "Candyshop" und schlagen Wurzeln ins Sofa. Nachdem ich mich kurzfristig von dieser Welle hab mitreißen lassen, bin ich wieder voller Lust auf Aktivität.
    San Cristobal ist insgesamt eine verdammt sehenswerte und einzigartige Stadt in den Bergen. Es herrscht eine sehr angenehme Atmosphäre und es ist ein harmonisches Potpourri aus indigenen Menschen aus den umliegenden Dörfern, mexikanischen Stadtmenschen und jeder Menge Hippies aus aller Welt. Dieses Konglomerat ergänzt sich auf eine eigenwillige Weise zu einem besonderen Ort, wo sich, glaube ich, jeder wohlfühlt und einfach Sein kann. Zumindest haben wir jede Menge Menschen getroffen, die hier wesentlich länger verweilt sind, als sie es geplant hatten. Zudem hege ich ein sehr großes Interesse an der noch immer existierenden indigenen Kultur der Maya. Ich besuche ihre Dörfer und zwei ihrer "christlichen" Kirchen, wo sie allerdings nach wie vor animistische Zeremonien abhalten und das innere der Kirche, alles andere als katholisch ausschaut. Die Christianisierung der indigenen Menschen, hat zu einem Synkretismus der religiösen Bräuche geführt. Während ich also auf dem mit Piniennadeln übersäten Kirchenboden und der mit tausenden Kerzen ausgestatteten Kirche sitze, trennt eine gläubige Familie mit vielen Kindern dabei, auf zeremonielle Weise einem lebendigen Huhn den Kopf ab und opfert diese irgendeinem katholischen Heiligen. Das geopferte Tier hat durch die Zeremonie die schädlichen Geister (in dem Fall eine Krankheit von einem der Kinder) in sich aufgenommen und wird anschließend in der Erde begraben. Das Tier wird nicht gegessen, da es ja nun giftig ist. Da ich nicht mit einer Tieropferung vor meinen Augen gerechnet hatte, fängt mein Herz so rasend an zu puckern, dass ich Probleme mit dem Atmen bekomme. Aber vielleicht liegt dies auch an den unzähligen Kerzen und dem entsprechenden Sauerstoffmangel in der Kirche. Nichtsdestotrotz bin ich fasziniert und beobachte weiterhin die Heilungszeremonie der Familie. Alle trinken nun den hochprozentigen Posh (auch die Kinder) und rülpsen gemeinschaftlich, was wiederum die Dämonen in dem toten Huhn beschwören soll. Es ist bizarr, wird aber von der katholischen Kirche geduldet, da die Maya-Nachfahren tatsächlich katholische Heilige anbeten, sich bekreuzigen und mittlerweile auch in monogame Familienstrukturen leben.
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