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  • Day 127

    Pueblos Màgicos in Corona-Zeiten

    August 10, 2021 in Mexico ⋅ 🌧 21 °C

    Weit kommen wir nicht bei unserer 2. Runde Überbrückungszeit. Das Auto macht Mucken. In der Nähe von der Stadt Oaxaca de Juarez geben wir die Karre in die Werkstatt. Aber der Bundesstaat Oaxaca, wo wir nun stecken, soll viel zu bieten haben, jedoch sind sie hier auch viel strenger mit Corona. Drei Tage tingeln wir nun also ohne Auto rum und gönnen uns deswegen auch mal wieder ein richtiges Zimmer mit einem richtigen Bett. Mich freut es nicht im Auto schlafen zu "müssen", Kai findet es schade. Aber Kai's Körper ist seltsamerweise nicht mit Insektenstichen übersät, meiner sieht aus wie ein Streuselkuchen. Undefinierbar, welche kleinen blutsaugenden Monster da am Werk waren. Im Dschungel will mich gefühlt alles fressen. Ich liebe den Dschungel, aber der Teil davon ist wirklich anstrengend. Aber ich denke, dass ich nun eine Pause davon habe, denn wir schlafen in einem naturfernen Zimmer komplett ohne Insekten-welch Seltenheit.
    Wir tingeln also ein wenig mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nach langer Zeit wieder mit Maskenpflicht in den sogenannten Pueblos Mágicos rum. Das sind besonders sehenswerte (meist kleine) Orte, die eine religiöse oder historische Bedeutung haben und dieses kulturelle Erbe besonders gepflegt wird. Einer dieser Orte ist unter anderem San Pablo Villa de Mitla, wo das indigene Volk der Zapoteken lebt, und welches für seine jahrhundertealte Webetradition berühmt ist, dass bis in die vorspanische Zeiten zurückreicht. Die traditionellen Farbstoffe aus Naturmaterialien wie Indigo, Cochenilleschildläusen und Moos werden noch verwendet und die Designs sind ebenfalls traditionell mit symmetrischen Mustern bis hin zu Zapoteken-Göttern. Ich verfalle einem Shopping-Wahn, da die angebotenen Webwaren und das Kunsthandwerk so sehr meinem Geschmack entsprechen, dass ich mich irgendwann selber zügeln muss. Die Sachen sind einfach zu schön, und ich werde sie per Post nachhause schicken.
    Leider, leider können wir die wirklichen Attraktionen, dieser Pueblos Magicos nicht besuchen, da diese allesamt wegen Covid-19 geschlossen sind. Die antiken, mesoamerikanische Ruinen der Zapoteken nicht, Hierve El Agua, (das sind heiße, natürliche Mineralquellen) nicht, die rustikale Brennerei, in welcher der Mezcal aus Agaven hergestellt wird nicht, und den Arbol del Tule nicht. Der Arbol del Tule (sein Spitzname ist Baum des Lebens) ist eine etwa 1500 Jahre alte Mexikanische Sumpfzypresse. Mit dem Durchmesser seiner Stämme von 15 Metern ist er der dickste Baum der Erde und sogar eines der größten Lebewesen auf unserem Planeten. Zumindest den dicksten Baum der Welt wollte Kai, als Baumpfleger und Gärtner, sich nicht entgehen lassen. Wir sind einfach trotzdem hingefahren, und tatsächlich war es möglich trotz eines riesigen, aufgebauten Sichtschutzes um den Baum, diesen zu erspähen. Irgendwer hat ein Loch in den Sichtschutz geschnitten und dort drängelten sich dann die Menschen davor, um dennoch den Stamm des Baum-Riesens zu sehen. Somit war diese Corona-Schutzmaßnahme irgendwie kontraproduktiv. Auch bei den geschlossenen zapotekischen Ruinen, hatten wir irgendwie Glück. Denn aus dem Fenster unseres Zimmers konnte man genau in die Ausgrabungsstätte reinschauen und hatte somit einen Premium-Blick. Die Brennerei haben wir verpasst, aber dafür haben wir die Felder voller Agaven, aus denen der Mezcal gemacht wird, bewandert. Was aber wirklich ärgerlich ist, ist das die blubbernden Mineralquellen tatsächlich auch nicht annähernd zugänglich waren. Nicht einmal von weitem konnte man sich diese anschauen, denn sie sollen in einer weitläufigen, spektakulären Landschaft an einem Klippenrand liegen. Das Wasser, das seit Tausenden Jahren über den Klippenrand tropft, soll einzigartige weiße Mineralienformationen geschaffen haben, die an riesige gefrorene Wasserfälle erinnern. Aber, die Corona-Schutzmaßnahmen-Verordnung hat es im Bundesstaat Oaxaca tatsächlich bis tief in die Natur geschafft und das gesamte Gebiet ist abgesperrt. Sie wollten uns partout nicht durch die Straßensperre lassen, obwohl wir so lieb gebettelt haben. Einige Tage später haben wir diese widersinnige Maßnahme noch einmal erleben müssen, als wir zu einigen relativ abgelegenen Bergdörfer gefahren sind um dort zu wandern, weil die Natur dort ebenfalls so atemberaubend schön sein soll. Nach stundenlangem Fahren auf haarnadelkurvenreichen, unbefestigten Bergpässen, wurde uns kurz vor dem ersten angesteuerten Bergdorf mitgeteilt, dass Touristen aufgrund von Corona nicht passieren dürfen. Also die gesamte Strecke wieder zurück. So erging es uns noch einige Male, da wir auch nicht wussten was möglich ist und was nicht. Zuletzt wollten wir einen steinernen, gigantischen Olmeken-Kopf (Olmeken waren die ältesten aller mesoamerikanischen Hochkulturen) besichtigen, der auf einem Hauptplatz einer kleinen Stadt steht. Der Olmeken-Kopf selbst war in eine schwarze Plastikfolie gepackt worden, so dass man ihn nicht angucken konnte. Der Markt drumherum, war aber in vollem Gange und mit Menschen vollgestopft die penetrant ihre Waren angepriesen haben. Dies ist für mich kein schlüssiges Konzept, was ich im Kampf gegen die Pandemie verstehen kann. Auch verstößt es scheinbar nicht gegen irgendwelche Corona-Schutzmaßnahmen, dass die öffentlichen Taxi-Collectivos (das sind hier normale Autos, die feste Routen fahren und als öffentliche Transportmittel genutzt werden) mit einer völlig überfüllten Anzahl an Fahrgästen hin und her fahren. Meines Erachtens nach passen maximal 5 Menschen (inklusive Fahrer) in ein Auto. Bei unserer letzten Fahrt waren wir 8 Personen (4 Erwachsene+ 1 Kind auf der Rückbank) und 3 Erwachsene und 1 Hund vorne. Während also die Fahrgäste auf der Rückbank zum Gruppenkuscheln verdonnert waren, haben Kai und ich und unser Hund Nola vorne auf dem engen Beifahrersitz gekuschelt. Scheinbar trägt Zwangs-Gruppenkuscheln im Taxi nicht zu einer Ansteckungsgefahr bei, aber draussen, alleine in der Natur rumlaufen schon.... Verstehe wer wolle.... Wir haben daraufhin beschlossen, dass Reisen in diesem Bundesstaat aktuell keinen Sinn für uns macht und sind deswegen zurück nach San Cristobal um dort ungeduldig auf Kai's Kredit- und EC-Karte zu warten.
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