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  • Day 191

    Ein ganz normaler Reisetag in Guatemala

    October 13, 2021 in Guatemala ⋅ ⛅ 29 °C

    Unser Auto, was nach wie vor an der mexikanischen/ gualtemaltekischen Grenze, auf Abholung wartet, könnte nun rüber gebracht werden. Die neuen Autopapiere und Nummernschilder sind angekommen. Das Auto ist nun offiziell mein US-amerikanischer Firmenwagen. Wir machen uns mit dem öffentlichen Bussen quer durchs Land auf dem Weg zur Grenze. Leider können wir keinen viel komfortableren Touristen-Van nutzen, da die Fahrer sich weigern unseren Hund mitzunehmen. Die "Chicken-Bus-Fahrt" dauert insgesamt 12 skurrile Stunden, obwohl die Strecke eigentlich nur 304 km beträgt. Es geht los und nach wenigen Minuten fühle ich mich wie auf der Colorado-Achterbahn im Phantasialand, und das nicht nur wegen der Kulisse. Zum Glück gibt es hier, genauso wie auf der Colorado-Achterbahn eine Metallstange an der man sich festkrallen kann, während der wahnsinnige Busfahrer seinen in die Jahre gekommenen alten, amerikanische Schulbus voll ausfährt und dabei ignoriert, dass die Bergpässe kurvig, holprig und mit Schlaglöchern übersät sind und die seitlichen Abhänge tief. Während der Bus röhrt und alles an ihm klappert, läuft zusätzlich laute Volksmusik. Ein Gespräch unmöglich, da man sein eigenes Wort nicht versteht. Trotzdem steigen immer mal wieder, mit einem laut hallenden Mikrofon bewaffnete Kaffeefahrt-Verkäufer ein, um den hilflos ausgesetzten Reisegästen, von den Vorzügen ihrer besonders verjüngenden Pflegeprodukten zu überzeugen. Hinzu kommen dann auch noch die "normalen Straßenverkäufer" die sich bei jedem Stop, in den zumeist sowieso hoffnungslos überfüllten Bus, noch schnell mit reinquetschen um Früchte oder Tortillas zu verkaufen und dann genauso schnell wieder verschwinden, wie sie sich durch den Gang gedrängelt haben. Immer wieder boxt sich der Fahrkartenverkäufer durch die Menge und kassiert den gerade ausgedachten Fahrpreis. Wir für unseren Teil, mussten in manchen Bus für unsere Rücksäcke ein ganzes Ticket lösen, oder aber für den Hund, manchmal auch nichts von alledem. Manchmal bezahlen wir den gleichen Preis und manchmal den doppelten wie die Einheimischen. Einmal habe ich unverschämterweise das Ticket für meinen Sitznachbarn mitbezahlt, habe es aber leider zu spät kapiert. Der Sitznachbar hat nämlich vorgetäuscht, dass ich seine Freundin sei. Wer jetzt glaubt, das, wenn man einen Sitzplatz ergattern konnte, sich in einer halbwegs komfortablen Situation befindet, der irrt. Eine für eigentlich zwei Personen ausgelegte Sitzbank, wird wie selbstverständlich von drei Personen eingenommen und wenn man viel Pech hat, versucht sich noch eine vierte Person rein zu drücken, die dann aber manchmal lautstark von den bereits sitzenden Gästen vertrieben wird. Kinder, Hühner, Reissäcke und anderes unhandliches Gepäck, habe ich ganz vergessen zu erwähnen. Dies wird ebenfalls, wie ganz selbstverständlich, auf einem abgestellt, wenn man einen Sitzplatz hat. Da dies hier alles selbstverständlich zu sein scheint, mache ich mir auch keine Sorgen darüber, dass Nola lang ausgestreckt über meinem Schoß und den von meinem Sitznachbarn liegt und dort zum Glück fast alle Reisestunden verschläft-auf dem Boden wäre nämlich sowieso kein Platz. Zu allem Übel scheint Guatemala gerade von Protesten betroffen zu sein, so dass viele Hauptstraßen (oft die einzigen passierbaren Straßen) von irgendwelchen politisch motivierten Gruppen blockiert werden. Das Militär ist ebenfalls da, aber es ist bisher alles gewaltlos. Teilweise werden die Straßen tagelang blockiert. Warten ist angesagt! Umwege werden in Kauf genommen und mit Passiergeldern bestochen. Immer wieder müssen wir deswegen auch den Bus wechseln, bzw. teilweise mit TukTuks die Blockaden umfahren. Während des Umsteigens wird man von irgendwelchen Angestellten angeschrien, mit dem Ziel das jeder so schnell wie möglich seinen neuen Platz im Bus einnimmt. Selbst 80-Jährige werden nicht verschont und gehetzt. Generell ist schreien, scheinbar die einzige Kommunikationsart die hier Anwendung findet. Geht ja auch kaum anders, irgendwie muss man den ganzen Lärm ja übertönen, um gehört zu werden. Während der ganzen 12-Stündigen Fahrt trinke ich keinen Tropfen, den Pinkelpausen gibt es nicht und das wäre zu aller Anstrengung, noch eine richtige Qual mit voller Blase im holprigen Bus zu sitzen. Kai war leider nicht so vorausschauend und ihm stand das Pipi schon in den Augen, als er es bei einem Umstieg, trotz Hetze, schnell geschafft hat, in einen Busch zu pinkeln. Ich könnte noch von den Kurven berichten, die bei den Reisenden Übelkeit ausgelöst haben, aber ich will zum Abschluss nun noch in ein Lied einstimmen:
    "Eine Busfahrt die ist lustig, eine Busfahrt die ist schön, da kann man die Passagiere aus dem Fenster kotzen sehen.... "
    Was freue ich mich, wenn wir wieder mit unserem eigenen Auto unterwegs sein können.
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