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  • Day 194

    Unverhoffte Höhlenexpedition

    October 16, 2021 in Guatemala ⋅ ☀️ 32 °C

    Nach einer weiteren noch beschwerlicheren Anreise mit dem Auto (für die letzten 30 km haben wir sage und schreibe 5 Stunden gebraucht!) sind wir wieder im Dschungel. Das Spezielle an diesem Ort ist, dass hier zwei Flüsse sozusagen übereinander fließen. Der eine hauptsächlich unterirdisch und der andere oberirdisch. Bei beiden gibt es Wasserfälle und der oberirdische Fluss namens Semuc Champey ist zudem eine natürliche Kalksteinbrücke, welcher mit seinem Wasser mehrere Becken mit kristallklarem Wasser bedeckt. Ich will ja nicht langweilig klingen, durch die ständige Wiederholung, aber es ist ein weiteres Naturwunder, was schwer beeindruckt. Von den Klippen oben kann man die ganze äußere Schönheit des Flusses betrachten. Damit aber nicht genug, denn wir wollen auch die inneren Werte des Flusses bestaunen. Also buchen wir bei einem Maya-Guide eine Höhlentour. Vielleicht hätten wir uns vorher erkundigen sollen, was diese "Tour" genau beinhaltet. Plötzlich stehe ich, lediglich mit einer Kerze bewaffnet, qain vollkommener Dunkelheit und noch vollkommen bekleidet (inklusive Schuhe) in hüfthohem Wasser. Und damit beginnt der Spaß! Wir waten durch immer tiefer und schneller fließendes Wasser, tiefer in die Höhle. Irgendwann müssen wir im unterirdischen Fluss schwimmen und dabei höllisch aufpassen, dass die Kerze, was ja das einzige Licht ist, nicht erlischt. Dabei erklärt uns unser Guide Otto in Spanisch (ich verstehe maximal 50%) dass diese Höhle noch nicht erforscht und kartographiert sei, aber er diese Höhle sehr gut kenne. Auf der einen Seite beruhigt mich seine Aussage, auf der anderen Seite wird mir schlagartig bewusst, dass Otto und seine Tour keine offiziell organisierte Touristenaktivität darstellt, sondern dieser Typ einfach sorglos Bekloppte, wie uns, durch diese Höhle schleppt und davon ausgeht, dass man das schon irgendwie hinbekommt. Die Höhlenexpedition wird nämlich noch ganz schön anspruchsvoll, um nicht zu sagen waghalsig. Wir klettern, an einem von im gespannten Seil, einen kleinen Wasserfall hoch, ohne Sicherheitsgurte oder ähnlichem und in ziemlicher Dunkelheit. Denn die Hände braucht man zum klettern und gleichzeitig eine Kerze halten ist dabei unmöglich. Der Lichtschimmer von Kai's und Otto's Kerzen muss in dem Moment für mich reichen. Der weitere Weg muss teilweise kriechend, teilweise schwimmend zurück gelegt werden. Mir ist langsam mulmig und ich frage mich wohin das ganze noch führt. Dann geht's weiter auf felsigen Bruchkanten, während man sich mit dem Rücken an die hintere Höhlenwand drückt. Wenn man fällt, geht's runter in die absolute Dunkelheit. Ich frage erst gar nicht, wie tief es runter geht und was da unten ist, aber ich glaube (und hoffe), dass da unten der Fluss ist, der den Sturz abfangen würde. Ich höre zumindest ein lautes Rauschen, sehen tue ich rein gar nichts. So taste ich mich Zentimeter für Zentimeter durch die Höhle. Spätestens als Otto dann auf ein Loch im Felsen deutet, was an der schmalsten Stelle vielleicht einen Durchmesser von 40cm hat, und uns erklärt, dass wir da durch rutschen müssen, bin ich kurz vor einer Angstattacke. Wir sollen uns in einer bestimmten Position da hineinklemmen uns dann abdrücken und dann in das Schwarz da unten in die Tiefe fallen lassen und dabei die Arme am Körper angedrückt lassen. Er meint es sei nicht schlimm, da, da unten Wasser wäre. Ich bin kurz vorm heulen und selbst Kai, der ansonsten bei solchen Geschichten immer der Erste sein will, will da nicht runter. Otto, der langsam versteht, dass er mit seiner Höhlenerforschungsexpedition ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen hat, redet beruhigend auf uns ein und erklärt uns, dass dies leider der einzige Weg zurück sei. Aus einem mir selbst unerfindlichen Grund (vielleicht aufgrund der völligen Auswegslosigkeit, diese Höhle auf einem anderen Wege wieder zu verlassen und aufgrund der Souveränität und Fröhlichkeit die Otto ausstrahlt) , vertraue ich plötzlich, dass alles schon gut gehen wird, und Otto uns sicher wieder heraus führen wird. Die Angst ist plötzlich verflogen, und ich fühle wie sich Mut und Vertrauen ausbreiten. Ich rutsche als erste durch das schwarze Loch in die ungewisse Tiefe. Am Ende ist es tatsächlich auch nur halb so schlimm gewesen und der Rutschtunnel kurz und man ist ins Wasser geplumpst. Dadurch, dass man absolut nichts sieht und es ungewiss ist, wie lang, wie steil und vor allem wie eng diese Höhlenrutsche ist, und wo man da unten raus kommt, ist es so beängstigend gewesen. Trotz der massiven Überforderung in der Höhle, kommen wir lachend und glücklich wieder heraus. Ich glaube, wir sind beide froh, es gemacht zu haben, aber nochmals wollen wir da nicht noch einmal durch.
    Unser Hostel ist direkt am Fluss gelegen und im Dschungel eingebettet. Dadurch, dass wir die einzigen Gäste sind, verkumpeln wir uns mit den Angestellten. Irgendwie fällt mir dabei auf, dass alle Guatemalteken mit denen wir ein bisschen näher in Kontakt gekommen sind, irgendwann davon erzählen, dass sie im Knast gesessen haben. Naja, irgendwo müssen die ganzen Kriminellen ja sein, wenn Guatemala eine so hohe Kriminalitätsrate aufweist. Zu uns waren die Jungs aber korrekt. Sie wollten auch unbedingt, dass wir noch etwas länger bleiben und mit ihnen ein bisschen zechen und einen Geburtstag von einen von ihnen feiern und meinen nach feiern (was viel Alkohol und Kokain beinhaltet hätte). Sie sind zwar echt in Ordnung, aber nach den negativen Erfahrungen in Mexiko damit, sage ich Ihnen doch lieber wieder ab. Ist einfach nicht mein Style. Weder die Jungs (obwohl sie wirklich nett sind) , noch die Art wie man dann "feiert".
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