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  • Day 23

    Puerto Montt to Cochamo

    October 26, 2018 in Chile ⋅ 🌧 11 °C

    Chile. Endlich. Nach einer weiteren langen Busfahrt mit umständlicher Grenzüberquerung erreichen wir am späten Nachmittag Puerto Montt, eine Stadt mit völlig fehlendem Flair, dafür unschlagbarer Lage am Hafen ist als zentraler Knotenpunkt kaum zu umreisen.
    Kurzer Einblick in die Grenzüberquerung nach Chile: Alle Leute und alle Rucksäcke raus aus dem Bus auf der argentinischen Seite, während wir unsere Pässe stempeln lassen, werden die Rucksäcke von Suchhunden durchgeschnuppert und stichprobenartig genauere Kontrollen einiger weniger vorgenommen (so auch Franzs Rucksack) - mit Auspacken und durchschauen des gesamten (!) Inhalts. Wieder alle rein in den Bus, 1/2 Stunde Fahrt durch Niemandsland, dann die ganze Prozedur nochmal auf der chilenischen Seite (wieder wird Franz‘s Rucksack komplett durchsucht), zweimal durchschnuppern aller Leute von zwei verschiedenen Hunden und schließlich Deklarierung sämtlicher Lebensmittel (und teilweise Konfiszierung verschiedener Waren wie Tierprodukte, Käse, Honig, etc).
    Die weitere Fahrt war unspektakulär, allerdings stellen wir in Puerto Montt fest, dass bereits sämtliche Autovermietungen geschlossen haben. Ich habe eine im Vorhinein angeschrieben, allerdings bis zur Abfahrt keine Email-Rückmeldung erhalten und nachher keinen Zugang zu Internet gehabt. Wir suchen also ein Cafe mit WIFI, etwas zu essen und stellen fest, dass die Vermittlung sich per Whatsapp bei mir gemeldet hat. Nach längerem Hin und her per Whatsapp und Telefon (Englisch kann ja prinzipiell sowieso keiner, und da sich chilenisches Spanisch deutlich von argentinischen unterscheidet, haben wir schlagartig das Gefühl, wieder bei Null anzufangen) schaffen wir es schließlich, doch noch ein Auto aufzutreiben. Um 21:00 Uhr haben wir also unseren Chevrolet Aveo, ein etwas ausgetretenes Schlachtross, aber es fährt. Einen Besuch bei der Tankstelle, einem Bankomaten und einem Supermarkt später ist es 23:00 Uhr und wir haben noch keinen Platz zum Schlafen. Währen Franz sich immer noch einen idyllischen Zeltplatz irgendwo vorstellt, werde ich unruhig... Wir fahren die Küste entlang, vorbei an Puerto Varas (die kleine, hübschere Schwester von Puerto Montt, kaum 20 Minuten entfernt) und suchen nach einem geeigneten Plätzchen. Allerdings haben alle in der Karte markierten Campingplätze a) überhaupt noch geschlossen, weil Vorsaison oder b) geschlossen, weil es bereits kurz vor Mitternacht ist und kein Mensch um diese gottlose Zeit sein Zelt aufbaut. Tja, nach einer weiteren knappen Stunde des Suchens geben wir auf, Wild campen scheint hier wohl auch nicht so gern gesehen zu sein - abgesehen von der Schwierigkeit, erstmal einen Platz im Dunkeln zu finden.... Also zurück in die Stadt und gutes altes Klopfen an Hoteltüren (die bösen Blicke, die wir teilweise zugeworfen bekommen, sprechen für sich). Ich sehe mich im Geiste schon die Sitze im Auto nach hinten klappen, als uns ein sehr freundlicher Torwächter eines ausgebuchten Hotels zu Hilfe kommt, und beim nächstbesten Hotel um die Ecke anruft. Er organisiert uns nicht nur ein Zimmer, es ist sogar noch mit Frühstück UND günstig! Die Betten sind superweich und cozy, und ich bin erstmal erleichtert.
    Anderntags beschließe ich, dass wir eine Sim-Karte fürs Handy brauchen - ich traue dem Auto nicht so ganz über den Weg, und sollten wir mal einen Abschleppdienst brauchen, will ich den auch anrufen können! Zudem wär noch ein bisschen mehr Bargeld von Vorteil - schwupps und schon die nächste Panne: der Bankomat verschluckt mein Geld, er zählt nach der Pineingabe und Bestätigung das Geld- spuckt es aber nicht aus. Die Dame, die ich mit der am Bankomat angegebenen Hotlinenummer erreiche, versteht leider kein Englisch, und auf mein Spanisch-Gestammel reagiert sie nicht besonders gut: sie legt einfach auf. Glücklicherweise hilft uns ein freundlicher Herr aus, hört sich unsere Geschichte in einer Spanisch-Englisch-Gebärdensprache-Mischung an und ruft dort für uns an. Anschließend müssen wir noch (mittels Hilfe von daheim) meine Heimatbank kontaktieren und alles dokumentieren und hinschicken - und somit, hoffe ich, kriege ich das Geld rückerstattet. Wie mühsam, wir wollten doch eigentlich gleich in der Früh losstarten... und jetzt ists wieder bereits nach Mittag und wir habe immer noch keine Meter gemacht.

    Irgendwann später sind wir dann doch am Weg nach Cochamo. Die Straße erstreckt sich erst entlang eines Sees, später dann entlang des Fjords, und wäre das Wetter etwas besser und wolkenloser, könnten wir wahrscheinlich spektakuläre Ausblicke genießen. So ist es... naja... auch schön! :) In Cochamo steppt auch nicht gerade der Bär: in allen Reiseführern steht etwas von wuselndem Bergsteigerort beschrieben, wo man alles machen kann, was das Abenteurerherz begehrt - wir sehen gähnende Leere, geschlossene Läden und ein paar Pferde. Soll die Saison hier wirklich in 1 Woche starten?? Es fühlt sich mehr an, als ob wir gerade zur absoluten Low-Season da sind. Da man im Cochamo-Valley super wandern können soll, nehmen wir einen Campingplatz direkt an dessen Eingang - bei Claudio, der recht freundlich wirkt. Allerdings sind wir die einzigen, es wirkt alles etwas verlassen und fast ein bisschen heruntergekommen- und später bemerken wir auch den Unmut seiner Frau darüber, dass jemand da ist. Komisches Gefühl hier, irgendwie. Der Spaziergang durch den Regenwald ist schön, alles wirkt so wolkenverhangen fast mystisch, der Bach der durchfließt ist glasklar - und das einzige was fehlt, ist die Aussicht auf die Berge. Anderntags packen wir unser Zelt wieder (klatschnass vom Regen in der Nacht) zusammen und starten los Richtung Hornopiren - es regnet (oder schüttet) mal wieder, was uns die Lust aufs wandern irgendwie nimmt. Stattdessen genießen wir die spektakuläre Fahrt, die uns nun endlich auf die sagenumwobene Carretera Austral bringt, DIE Straße durch den Süden Chiles, entlang von Buchten und Klippen, teilweise schlittern durch tiefen Matsch... und gesäumt von fast unberührter Natur und zahllosen Fischzuchten. Oft säumen Schafe, Hunde, Pferde oder gar mal eine Kuh die Straße, und auch einen Fuchs können wir beobachten - was die Fahrt trotz strömendem Regen zu einem schönen Erlebnis macht.
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