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  • Day 16

    Hà Nội I

    March 25, 2017 in Vietnam ⋅ 🌬 22 °C

    Am letzten Abend in Huế sind wir spät in den Zug gestiegen und haben die bisher längste Zugfahrt von etwa 15 Stunden Dauer hinter uns gebracht. Der Zug war älter als der vorherige und das Schaukeln und Vibrieren der Wagen dementsprechend intensiver. Dafür verfügte er aber über eine Innenausstattung, die komplett aus Holz war, was das Fahrgefühl viel schöner gemacht hat. Da wir den Großteil der Strecke nach Hà Nội bei Nacht zurückgelegt haben, haben wir auch die schöne Karstfelsenlandschaft in der Provinz Ninh Binh verpasst. Hier planen wir aber in den kommenden Tagen noch einen Ausflug.

    Hà Nội erreichten wir am Mittag, so dass wir ohne Probleme einckecken und uns für eine Weile ausruhen konnten. Wir spazierten dann am Nachmittag etwas durch die Straßen. Es hat zwar nur unwesentlich weniger Einwohner als Sài Gòn wirkt aber auf den ersten Blick selbst in der Innenstadt kleiner und gemütlicher. Hier findet man auch im Zentrum noch zahlreiche enge Gassen, in denen winzige Geschäfte und Garküchen untergebracht sind. Die Bürgersteige liegen oftmals voll mit Körben von Obst- oder Blumenhändlern. Wir liefen etwas herum, tranken Kaffee und gingen nochmal ins Reisebüro, um die letzten Dinge für unsere Ausflüge nach Ninh Binh und zur Halong-Bucht zu besprechen. Vielmehr schafften wir am ersten Tag auch gar nicht. Die Zugfahrt hatte uns doch ziemlich aus der Bahn geworfen. Den Abend verbrachten wir im Hotel.

    Am nächsten Tag kamen wir auch recht spät los, so dass wir es nicht mehr pünktlich ins Mausoleum von Ho Chi Minh schafften, der dort übrigens gegen seinen Willen liegt. Er selbst hatte verfügen lassen, dass seine Asche im Land verteilt werden sollte. Allerdings hatte sich um ihn bereits zu Lebzeiten ein massiver Personenkult gebildet, der dem um Eva Peron in nichts nachsteht. Die Idee, ihm einen Tempel zu bauen, schien für die Führer des Landes wohl zu verlockend gewesen zu sein.
    Wir sahen den grauen Betonbau im Stile eines Säulentempels deshalb vorerst nur von außen. Auch der Weg ins Ho Chi Minh Museum blieb uns verwehrt, da ich mein Taschenmesser dabei hatte und man am Eingang auf Waffen untersucht wird.

    Wir liefen also zum „Tempel der Literatur“ weiter, der Konfuzius geweiht ist. Ein paar Tage später sollte wir auch den Unterschied zwischen Pagode und Tempel verstehen lernen, denn während ein Tempel verschiedenen Personen geweiht sein kann, ist eine Pagode immer Buddha geweiht.
    Der Tempel der Literatur gilt als Ort der Bildung und so war er voll mit vietnamesischen Mädchen, die in lange roten Roben gekleidet waren und offenbar grade die Uni oder eine Ausbildung beendet hatten. Dazwischen rannten unzählige Kinder, vermutlich jüngere Geschwister herum, die offenbar ganz irritiert von meinen Piercings waren und sich immer wieder an uns heranschlichen und einen Blick riskierten. Silke wurde zeitgleich von einem kleinen Mädchen für ein Interview auf Englisch in Beschlag genommen. What ist your favorite animal? Offenbar eine Hausaufgabe…
    Oft klingen Vietnamesen beim Englischsprechen wenig verständlich. Das liegt wohl auch daran, dass es zu wenige gut Englisch sprechende Sprachlehrer in Vietnam gibt. Das ist ein echtes Problem, zumal der Bedarf für die Sprache mit zunehmendem Tourismus steigt. Aber sie machen, wie es Vietnamesen immer machen, das beste draus. Meist ist es übrigens weder Wortschatz noch Grammatik, die schwierig für sie ist, sondern zumeist die Aussprache. Das ist natürlich auch andersrum so. Vor ein paar Tagen bin ich auf dieses Video hier gestoßen und fast vor Lachen vom Stuhl gefallen:
    https://www.youtube.com/watch?v=heDY_onxasw

    Nachdem wir den Weg vom Tempel der Literatur nach Hause gefunden und eine kurze Pause gemacht haben, gingen wir am Abend zum Wasserpuppentheater. Obwohl es die Kunstform des Puppentheaters in vielen asiatischen Ländern in ähnlichen Varianten gibt, ist das Wasserpuppentheater ein vietnamesisches Unikum. Es hat vermutlich eine über 1000 Jahre zurückreichende Geschichte und wurde zunächst innerhalb der einzelnen Darstellerfamilien entwickelt und weitergegeben. Das Gesamte Stück findet im Wasser statt. Zum Einen spielt das Wasser seit jeher eine zentrale Rolle im vietnamesischen Alltag, so zum Beispiel beim Nassreisanbau oder Fischfang, zum Anderen dient das Wasser als Hilfe für die Puppenspieler. Es verdeckt nämlich die langen Bambusstangen, auf denen die Puppen montiert sind, die sich auf diese Weise scheinbar von Zauberhand über das Wasser bewegen. Meist werden Alltagsszenen aus dem vietnamesischen Leben gespielt. Wir haben unter anderen einen Gänsehirten gesehen, der eine Art Fuchs vertrieben hat, haben Fischern bei der Arbeit zugesehen und konnten Reisanbau bewundern, bei dem der Reis dann auch tatsächlich aus dem Wasser „gewachsen“ ist. Die Puppenspieler sind die ganze Zeit hinter einem Vorhang versteckt und neben dem Wasserbecken spielt eine traditionelle Musikgruppe die passenden Stücke. Der einzige Nachteil ist wohl, dass sich die Stücke alle sehr ähneln und so kein wirklicher Anreiz besteht, nochmal hinzugehen. Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, findet hier das passende Video:
    https://www.youtube.com/watch?v=n8bSD_3xgyA

    Wir sind nach dem Theater auch recht zeitig ins Bett, da wir am nächsten Morgen zu unserer Tour nach Ninh Bình abgeholt werden sollten.
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