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  • Day 7

    Extraktionen & italienische Cuisine

    May 4, 2023 in Tanzania ⋅ 🌙 25 °C

    Dieser herrlich sonnige Donnerstag Morgen beginnt auch heute mit dem Weckerklingeln um 07:00 Uhr. Auch wenn der morgendliche Tagesablauf schon fast einer Routine gleicht, kommen wir nur sehr mühsam aus dem Bett. Anscheinend hat der fehlende Mittagsschlaf gestern doch die ein oder andere Auswirkung auf unsere Müdigkeit.

    In dem St. Benedict Health Center angekommen sind wir doch glatt die ersten und stehen noch vor verschlossenen Türen. Schwester Hifadhi bereitet noch das Zimmer vor für einen besonderen Gast, der heute Mittag am Flughafen ankommen soll - Father Richard aus England.
    Als Dr. Joseph gegen 08:15 Uhr dann auftaucht, schließt er uns die Räume auf, wir helfen alles vorzubereiten und schon kann es losgehen: der erste Patient kommt herein und klagt über Schmerzen im rechten Oberkiefer. Schnell ist klar, dass die Schmerzen von den Wurzelresten kommen, die von einer abgebrochenen Zahnkrone resultieren.
    Bis zur ersten Pause gegen 11 Uhr, in der wir unser Frühstück zu uns nehmen, haben wir 8 Patient*innen behandelt und bei allen Zähne extrahiert. Mal ging das Ziehen der Zähne sehr schnell, mal aber auch sehr mühsam, da die Wurzelreste im Knochen schwer zu greifen sind, sodass uns bei den doch hohen Temperaturen die ein oder andere Schweißperle den Rücken runter läuft - teilweise war das Ganze auch eine echt blutige Angelegenheit.

    Einer der 8 Patient*innen war ein 6-jähriger Junge, der mit einer geschwollenen linken Wange und starken Schmerzen kommt. Im Bereich des 4. Milchzahnes im linken Unterkiefer zeigt sich eine starke Schwellung, Rötung und eine deutlich sichtbare Fistel (röhrenförmige Verbindung zwischen der Wurzelspitze des Zahnes und des Zahnfleisches, damit der Eiter abfließen kann). Es ist also schnell klar, dass auch dieser Zahn extrahiert werden muss.
    Mithilfe Dr. Joseph’s gutem Zureden, lässt der Kleine die lokale Betäubung und auch das Zahnziehen mit nur ein paar Tränen sehr tapfer über sich ergehen. Wir stellen sicher, dass wir die Schwellung gut ausmassieren, damit so viel Eiter wie möglich entfernt wird. Eine Spülung wird hier nicht verwendet.

    Was wir heute, aber auch die letzten Tage immer wieder beobachten können, ist, dass fast alle Patient*innen nicht wissen, wie sie sich auf den Behandlungsstuhl zu setzen haben. Wir haben Varianten beobachten können, bei denen die Patient*innen versuchen von dem Fußende aus auf den Stuhl zu klettern oder aber ihren Popo auf die Fußablage setzten und sich förmlich hingelegt haben ohne überhaupt die Lehne zu nutzen - unter unserer Maske hat das um ehrlich zu sein doch das ein oder andere sehr breite Schmunzeln hervorgerufen.
    Anders als in Deutschland, ist es hier zum Beispiel auch üblich, dass die Patient*innen ihre Schuhe ausziehen.

    Tag täglich passiert es auch 1-2 mal während unserer Arbeitszeit, dass der Strom ausfällt. Abends kommt dies auch hier und da mal vor.
    Für die Behandlung aber bedeutet dies, dass das Licht nicht funktioniert, die Position des Behandlungsstuhles nicht geändert werden kann und auch die rotierenden Motoren zum Exkavieren (Entfernen) einer Karies oder für die Präparation einer Füllung nicht verwendet werden können. Zumindest was das Licht angeht wird man dann natürlich kreativ und nutzt stattdessen die Handytaschenlampe. Die unveränderbare Sitzposition des Stuhles wirkt sich dann nur auf die Ergonomie aus, aber auch das lässt sich gut hinnehmen.

    Heute haben wir bei einem der Stromausfälle Schwester Hifadhi dabei zugucken können, wie sie von einem elektrisch rotierenden Handstück für die Bearbeitung einer Prothese auf eine Handpfeile umsteigt, oder aber statt maschinell, elekrtizitätsbedingt manuell die Prothese auf Hochglanz poliert - stolze 30 Minuten lang.

    Bis zum Mittagessen gegen 15 Uhr (wenn man sozusagen Feierabend gemacht hat), kommen noch zwei weitere Patient*innen zu uns, die auch Zähne von uns extrahiert bekommen. Dr. Joseph witzelt schon rum, dass er morgen frei machen würde, weil wir beide mittlerweile ohne seine Hilfe arbeiten und auskommen - so ganz nach dem Motto wir würden ihn nicht mehr brauchen 😉

    Nach dem Mittagessen machen wir einen Ausflug zum Markt und Supermarkt in Kitunda. Bevor wir losziehen, erkundigt sich Schwester Hifadhi doppelt und dreifach bei uns, ob wir wirklich laufen möchten, den Weg denn wirklich kennen und ob wir ein Handy dabei hätten. Wir werden hier wirklich bestens umsorgt.
    Der ca. 25 Minuten lange Spaziergang durch die Straßen der Großstadt (hauptsächlich bestehend aus Sandstraßen) wird zu einem echten Abenteuer. Wir können schon garnicht mehr sagen, wie viele Menschen und vor allem auch Kinder uns zugewunken, wie viele uns “Jambo” (Hallo), “Karibu Tanzania” (Willkommen in Tanzania), “Hi, how are you” (Hi, wie geht es euch?) oder “love you” (lieben euch) zugerufen haben. Immer wieder halten neben uns Taxen, Bajajis oder Busse an, um zu fragen, ob wir nicht aufspringen wollen. Super lieb und freundlich alle Menschen, aber auch irgendwie echt ungewohnt, so sehr im Mittelpunkt zu stehen, wenn man eigentlich doch nur zum Einkaufen geht.
    Einkaufen wollen wir, da wir heute Abend gerne mit einem für uns Studenten sehr typischen Gericht zu dem Abendessen beisteuern wollen: Nudeln mit Pesto (das gute Barilla Pesto mitgebracht aus Deutschland). Mittlerweile sind wir ja auch eher schon Ex-Studenten, aber ich glaube das Essen wird uns auch weiterhin ein treuer Begleiter bleiben.
    Gegen 18 Uhr starten wir also mit Angel zusammen in der Küche zu kochen. Während wir Pesto-Nudeln mit frischen Tomaten zubereiten, bereitet Angel Reis mit einer Art Gulasch vor. Die kleine Success lenkt uns immer wieder mit ihrer lauten, unüberhörbaren Lache und dem akuten Willen, mit uns zu spielen, ab. Dabei werden wir in der Abenddämmerung trotz langer Hosen und NoBite Spray von Mücken attackiert, sodass es uns doch schneller wieder rein treibt als gedacht.

    Zu Abend essen wir zusammen mit Schwester Hifadhi und Father Richard. Da dieser aktuell in Lima ist, haben Isabel und er natürlich gleich gemeinsame Gesprächsthemen, bevor das Thema irgendwann auf die doch bei uns anderen sehr präsenten Zahnmedizin-Themen übergeht. Schmunzeln müssen wir vor allem, als Father Richard Schwester Hifadhi ganz nett darauf aufmerksam macht, dass das heiße Wasser, welches in sein Zimmer gebracht wurde, eine super nette Geste sei, er bei diesen Temperaturen aber eher keinen Tee trinken möchte. Schwester Hifadhi guckt uns an und lacht nur, bevor sie auch ihm entgegnet: man muss aber doch Hitze mit Hitze bekämpfen. So funktioniere das in Tansania.

    Das Essen hat glücklicherweise allen sehr gut geschmeckt, auch wenn man es natürlich nicht mit dem aufwendig zubereiteten Essen von Angel, der Köchin, vergleichen kann. Ein weiteres Highlight war das Kokosnusswasser, welches wir aus der heute erst geernteten Kokosnuss von der hauseigenen Palme genießen durften. Da kommt doch wirklich richtiges Urlaubsfeeling auf.

    Nachdem wir zusammen mit Schwester Hifadhi den Abwasch machen, gehen wir zurück auf unser Zimmerchen im Jino Haus und können dabei den fast erreichten Vollmond hell am Himmel leuchten sehen. Schnell aber rein, sonst kommen die Moskitos wieder. Den Abend verbringen wir mit Entspannen und dem weiteren Knüpfen der Bändchen - Tahnee findet so langsam richtig Spaß daran!

    Verrückt, dass morgen einfach schon Freitag ist. Unser vorletzter Arbeitstag in Kitunda. Wie schnell die Woche doch schon vergangen ist. Wir senden die liebsten Grüße! Lala Salama 💤
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