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  • Day 81

    Die Weinprobe

    April 29, 2023 in Argentina ⋅ ☀️ 25 °C

    Ich habe die letzten 17 Stunden im Bus verbracht. Der Rücken geht so. Die Beine sind dagegen schon mehrfach eingeschlafen. Sehr unangenehm wenn die dann wieder aufwachen. Und weil die Fernstraßen nicht mehr so gut sind wie in Patagonien passiert das aufwachen regelmäßig. Da hillft auch kein Ohrstöpsel und keine Schlafmaske. Die Nacht ist genauso endlos lang wie 1000km weiter südlich. Doch irgendwann wird es Tag.

    Am Horizont erheben sich unscheinbar die höchsten Berge der westlichen Welt. Davor liegen Weinfelder endlos weit. Links und rechts der Straße bahnen Strommasten ihren Weg durch die Pampa. Den Rest des Tages habe ich es heute schwer mit schreiben ui…

    Zuerst wurde ich vor die Wahl gestellt eine geführte Weintour zu machen oder auf eigene Faust zu erkunden. Es geht wohlgemerkt um Wein und Öl. Frei meiner Natur bin ich mir ziemlich sicher dass ich das auf eigene Faust vielseitiger gestalte und keine Tour brauche.
    Über eine Stunde geht es mit dem Bus durch die Vororte Mendozas hin und her. Ich bin froh dass ich dem ganzen via GPS folgen kann sonst wäre ich schon ohne Wein verloren. Dann folgt ein Fahrzeugwechsel hin zum Rad. Frei nach dem Motto wenn ich nicht mehr fahren kann habe ich wenigstens etwas zum festhalten.
    Zur Auswahl stehen allein in der näheren Umgebung sechs Weingüter. Ich entscheide mich zuerst für das was am weitesten entfernt liegt. Da brauchen die anderen am längsten hin und ich kann die Atmosphäre genießen. Gesagt, getan und es war die richtige Entscheidung. Wobei - jetzt muss ich mich erstmal so richtig entscheiden. Es gibt drei verschiedene Tastings mit je drei Weinen und etwas zu essen. Meine Wunschmischung geht leider nicht in die Köpfe der Angestellten (wieso sollte ich einen schlechteren Wein verkosten wenn ich wegen einem anderen besseren den höheren Preis im Tasting zahle? Unglaublich. Wenn ich nun schon mal da bin fangen wir eben nur bei Premium an und lassen die unteren Regalreihen heute mal liegen. Es gibt einen Pinot Noir, einen Syrah und einen Blend aus Syrah, Pinot und Malbec. Das ein Blend nicht immer nur schlechte Mischung sein muss habe ich ja schon bei den schottischen Whiskys kennen gelernt. Aber die Winzer sollten wissen was sie tun, sonst wird es abscheulich.
    Argentinier mögen keinen Weißwein, so viel steht fest. Dafür ist der Rotwein nicht so streng wie die Farbe vermuten lässt. Tatsächlich ist der Blend am fruchtigsten, der Syrah am leichtesten und der Pinot Noir passt am besten zu den Empanadas. Der Blick schweift gemütlich über die Terrasse und in die Weinfelder. Eigentlich bin ich jetzt schon zufrieden.

    Nächstes Weingut. Eigentlich will ich gern mal eine Führung in den Weinkeller. Die gibt es aber nur mit Verkostung an jedem Fass. Je mehr ich getrunken habe desto besser verstehe ich was die Erzählerin da vorne von mir auf Spanisch sagt. Zumindest fühle ich mich so. Hier gab es auch den ersten Weißwein zu verkosten. Der war sehr lieblich. Der Rote war in meinen Augen ungenießbar. Definitiv kein Premium. Ich weiß nicht ob die Zeit die Wunden heilt? Der Wein lagert erst 2 Monate im Fass und anschließend nochmal mindestens 6 Monate in der Flasche. Der Weinkeller wurde immer wieder angebaut. Das älteste Teilstück zeugt von 1816. Von der Zeit gibt es wohl irgendwo auch noch Flaschen hier. Nächstes Weingut - uiuiui. Die verweisen mich jedoch auf ihre Schließzeit. Hier gibts keinen Tropfen mehr.
    Nebenan ist aber noch eine vierte Winzerei und die will ich unbedingt noch verkosten denn die stellen neben Wein auch feinstes Olivenöl her und Balsamico Essig.
    Jawohl, die Küche habe geschlossen aber ohne zu Essen könne ich noch was trinken. Der Wein vom ersten Weingut bleibt mein Favorit. Danach folgt aber gleich das Öl? Und wer das noch nicht ausprobiert hat - ich denn zuvor auch nicht. Olivenöl und Balsamico Essig mischen. Da braucht es keine weiteren Zutaten außer Brot und man schwelgt im siebten Himmel.

    Und nun? Bis um sechs muss ich das Rad zum Verleih geschoben haben hoffentlich hält es mich bis dahin aus….nur einmal stehe ich kurz vor einem Abflug über den Lenker weil ein paar Bauarbeiter eine Ladung Kies auf dem Radweg verteilt haben. Vielleicht doch schieben… kaum bin ich angekommen freut sich der Verleiher über sein zurückgebrachtes Rad im ganzen und lädt mich zur Happy Hour ein. Also noch mehr Wein, Party Musik und wer kein Wein mehr sehen will der muss auf Bier umsteigen. Uiuiui…Bin ich froh dass ich dem Busfahrer noch sagen kann wo er mich auf dem Rückweg nach einer Stunde wieder raus lassen muss.
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