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  • Day 144

    Umajalanta

    July 1, 2023 in Bolivia ⋅ ☀️ 19 °C

    Der Weg nach Umajalanta ist anstrengend. In der Zwischenzeit gab es Mittagessen. Der Bauch ist mit Reis und Guavensaft vollgestopft. Schließlich habe ich am Morgen in der Höhe ordentlich Kalorien verbrannt. Unter der brennenden Sonne krauche ich von Kopf bis Fuß eingehüllt wie ein Nomade in der Siesta dahin. Ein wenig Abkühlung wäre jetzt auch ganz schön. Von meinem letzten Besuch im Berg habe ich hier in Bolivien genau die entgegengesetzte Erfahrung gemacht. Dass mit der Abkühlung wird wahrscheinlich nichts, aber schön war es trotzdem.
    Mit Helm und Stirnlampe geht es in den Berg. Wir, fünf Freiwillige vielleicht mit ein wenig Selbstüberschätzung und unser Guide. Schon bald ärger Ich mich dass ich meine Eigene Stirnlampe nicht eingepackt habe und mich ganz allein auf die Lampe am Helm eingelassen habe. Die erste Viertelstunde geht es wie ein blinder Maulwurf durch ein ausgewaschenes Flussbett. Die Höhle ist mit über sieben Kilometern Wegsystem eine der größten in Bolivien. Dazu kommt noch dass ich immer der Letzte bin. Natürlich halte ich überall an und versuche ebenso zu genießen wie auch schöne Fotos zu machen. Die Franzosen puschen sich hingehen immer weiter in den Berg hinein so dass sie selbst unserem Guide ein bisschen zu schnell auf und davon sind. Ein Holländer der hier einen Freund besucht für den ist es wiederum die erste Höhle in seinem Leben. Nachdem ich mich abgesprochen hatte dass das für mich nicht zutrifft durfte ich auch weiter fleißig Fotos machen und auch mal hinter der Gruppe bleiben.
    Auf etwa 400 Metern steigen wir 160 Meter hinab zu einem Höhlensee. Am anderen Ende plätschert der Bach der diese Höhle auswäscht. Wer will darf hier ein erfrischendes Bad nehmen.
    Mit dem Naturschutz würde das bei uns nie einher gehen. Aber sind wir doch mal dankbar was hier sonst ringsum alles geschützt wird. Bis Torotoro ein Nationalpark wurde haben sich Hobbyforscher immer fleißig Tropfsteine abgebrochen. Und noch weiter im Inneren der Höhle dürfen wir auch nicht mehr mit dem Wasser spielen. Hier leben Grottenolme. Ein wenig Geduld zahlt sich aus dass wir fünf von ihnen zu Gesicht bekommen. Dann drängelt unser Guide so langsam auf den Rückweg dass wir den Ausgang noch im Tageslicht erreichen. Doch der Weg dahin wird eng.
    Zurück geht es auf einem anderen Weg. Sofort fühle ich mich zurück in die Zwergengänge von Potosí versetzt. Nur diesmal haben wie keine Bergbau-Overalls. Auf den Unterarmen robben wir durch den ausgewaschenen Fels. Das bisschen Flusssand polstert erfolgreich vom harten Stein. Dann folgt das nächste Level. Wenn man sich ganz Flach macht passt man mit Helm im 30Grad Winkel da durch. Wer sich dabei aber den Schuh einklemmt muss diesen wohl stecken lassen und Barfuß weiter kommen. Hilfe ist da schwierig. Und wofür das Ganze? Am Ende stehen wir in einem großen Saal. Fast jeder Hobbyforscher hat sich hier mit Jahreszahl im Graffiti verewigt. So abstoßend das heute wirken mag. Als Kunstobjekt hat diese riesige Deckenwand ihren Charme. Zumal man es mit der Stirnfunzel nie schaffen wird alles im ganzen auszuleuchten und dadurch immer wieder nur einzelne Details auftauchen. Im Nächsten Saal gelangen wir zur Jungfrau mit Kind. Hier stehen außerdem noch viele intakte Stalagmiten die wie eine Orgel eine herrliche Resonanz bilden wenn man dagegen klopft. Einige Seillängen und Kletterpassagen später wird es noch einmal eng. Und außerdem wird es hier nass. Krabbeln und Robben bringen mich nicht trocken weiter. Wie gut dass ich aber dank der vielen täglichen Liegestütze auch im gestreckten Vierfüßlergang nicht zusammenbreche. Hier zeigt sich auch dass die Höhle bereits wieder auf dem Weg sich zu renaturieren ist. An den abgebrochenen Stalaktiten bilden sich 1-2cm lange fein verästelte neue Tropfsteine. Da die Gesteinsschichten weitestgehend intakt sind sprudelt zwischen ihnen immer wieder frisches Quellwasser.
    Dann hat uns die Sonne wieder. Ein alter Mann nimmt uns mit seinem Enkel die dreckigen Helme entgegen und bürstet sie für die nächsten. Die beiden haben sichtlich Spaß.

    Auf der Rückfahrt haben sie sich auf dem Dorfplatz wieder geprügelt. Mittlerweile sind alle betrunken und es ist nicht ratsam heute hier anzuhalten. Am Abend zurück in der Unterkunft wird gemeinsam gekocht. Pablo unser Mexikaner wollte stattdessen lieber Essen gehen und kommt nach einer Stunde Magen knurrend zurück. Er war am Kiosk. Gekauft hat er sich nichts weil er stattdessen mit der Besitzerin über Land und Leute gesprochen hat und das Wichtigste dabei ganz vergaß.
    Die Einwohner von ToroToro sind sehr traditionell und konservativ. Innerhalb des Dorfes kennt jeder jeden. Mit den Leuten im Umland will man jedoch nichts zu tun haben. Viele junge Menschen ziehen weg und ToroToro überaltert langsam. Das soll nicht heißen dass es gleich ausstirbt wie die Dinosaurier rings herum. Pablo erzählt uns später dafür seien auch die Feste wichtig. Zwischen dem vielen Alkohol kommt es dann immer wieder mal zu Verkupplungen und zur Verjüngung. Die Herkunft der Schlägereien hängt auch damit zusammen. Schließlich wird hier nicht vergessen dass alles von Mutter Natur abstammt. Und wenn sich früher kein Opfer in der Dorfgemeinschaft fand und nicht irgendwo irgendjemand gestorben war ging der Brauch soweit betrunken im Zweikampf zu stehen bis einer starb. Zu Ehren Pachamama. Die mildere Variante heute geht denn so dass man sich prügelt bis Blut fließt. Dann ist aber Schluss.
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