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  • Dag 170

    der komplementäre Berg

    27 juli 2023, Peru ⋅ ☀️ 17 °C

    Ich erinnere mich noch zu gut wie ich in der Schweiz war und ein Eisebahn Liebhaber auf dem Pass meinte „ich will nicht hoch auf den Gipfel, ich will runter!“ (s. Alpe Solo - Reise) Nun hatte dieser Mann einen guten Grund. Unten im Tal fuhr die Eisenbahn durch einen natürlichen Canyon und sein Motiv als Fotograf war anders von der Straße aus nicht zu erreichen.

    Merke - auch wenn es nach Arbeit anmutet - just do it! Lauf erst mal los. Es wird sich schon lohnen in den Canyon abzusteigen. Die Colca-Schlucht gehört zu den zwei tiefsten Schluchten weltweit. Soweit ich weiß schafft es der Great Canyon in den USA noch nicht einmal in die Top 3 - wer schon einmal dort war.

    Nach einiger Bürokratie am Morgen laufe ich frohen Mutes los. Und ich bin macht der Gewohnheit ziemlich leichtfüßig, oder besser leichtsinnig unterwegs. Hier oben auf 3.400m hatte es die Nacht leicht gefroren. Und wenn es bergab geht wird ja wohl eine 0,6l Flasche ausreichen. Dazu noch ein Käse, zwei Brötchen, 3 Obst und ein Reservetübchen Sonnencreme.
    Es dauert nicht lang dann sehe ich den ersten Kondor übers Tal schweben. Wegen der Luftverschmutzung und der regelmäßigen Feuer von den Landwirten hier werden die Kondore jedoch immer seltener.
    Alsbald läuft mir ein Amerikaner über den Weg und bietet ein wenig Gesellschaft im Abstieg. Er hat über vier Liter im Rucksack und zeigt mir meinen offensichtlichen Leichtsinn noch deutlicher. Zumal es ist Trockenzeit. Die meisten Flüsse führen kein Wasser. Der Abstieg nach Llahuar wird hart. Nicht nur dass die Sonne steigt und ich um diese Uhrzeit längst schon unten irgendwo Schatten suchen sollte anstatt im Fels ständig auf meinen Begleiter Rücksicht zu nehmen. Auch dass dieser unentwegt reden kann und ich mir doch jedes Wort verkneifen will was nur dazu führt dass der Mund sonst schneller austrocknet.

    Immerhin weiß mein Kompagnon von der Seite der Sehenswürdigkeiten etwas mehr als ich. Wir steuern als gar nicht Schnur straks in Richtung Mittagessen sondern zu einem Geysir der hier mitten im Flussbett sprudelt. So etwas habe ich auch noch nicht gesehen. Klar, es dampft, es ist ordentlich Schwefel in der Luft, aber das der Gysir mitten im Fluss sprudelt? Als ich dem Gysir für ein paarFotos zu nahe komme erhalte ich erst einmal eine heiße Dampfwäsche gratis. Die dreckige Hose kann es sicher gut gebrauchen!

    Das Mittagessen in Llahuar bekommen wir in einem Restaurant mit Ausblick am tiefsten zugänglichen Punkt des Canyon. Allerdings hatte ich mir selbst vorgenommen zu der Zeit als ich gerade einmal bestellt habe schon längst wieder auf dem Rückweg zu sein. Meine Taschenlampe habe ich nämlich auch nicht dabei und die Sonne geht zuverlässig wie ein Uhrwerk um halb sechs unter.
    Meine Wasserflasche habe ich indes schon zwei Mal im Fluss wieder aufgefüllt und gelehrt. Ich mag zwar effizient sein wenn es ums sparen geht aber an der Gesundheit muss man nicht sparen! Und vielleicht will es auch mein Schutzengel dass ich erst so spät wieder aufsteige. Ich bin scheinbar der einzige der das als Tagestour ansieht. Die anderen übernachten alle ein zwei Nächte im Tal bevor sie wieder aufsteigen. So hart wie der Aufstieg ist kommt mir entgegen dass die Sonne jetzt schon tiefe Schatten wirft. Und als hätte die Natur mit mir mitgefiebert geht der Mond auf als die Sonne untergeht. Für ausreichend Licht auf den letzten drei Kilometern ist also gesorgt und das gefährlichste Stück des Weges liegt auch schon hinter mir. Wandern unterm Sternenzelt was kann es schöneres geben?

    Ich setzte mich noch einmal auf eine Bank, genieße und esse etwas. Ich hätte wegen der Sonne echt gar nicht eher loslaufen können. Die Zeit spielt den alles entscheidenden Faktor ob ich durchkomme oder eingehe. Nur leider komme ich erst nach Küchenschluss wieder in der Unterkunft an. Durch den morgigen Feiertag ist der Canon völlig von Tagesausflüglern überrannt die ebenso wie ich das Weite aus der Stadt suchen. Dann eben nur Obst und Kekse. Alt werde ich heute sowieso nicht mehr.
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