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- Monday, May 12, 2025
- ⛅ 13 °C
- Altitude: 242 m
RomaniaBlasendorf46°10’20” N 23°55’39” E
Der Blasendorfer Freigeist

Bis zum nächsten nennenswerten Ort sind es heute gut zwanzig Kilometer. Mit etwas mehr Glück als Verstand bekam ich gestern noch ein Zimmer im Gästehaus des Dorfpfarrers. Im Gästebuch suche ich bedächtig nach Einträgen und stelle fest dass ich in diesem Jahr der dritte Wanderer auf der Via Transilvanica bin der hier Halt macht.
Gleich nach dem Dorf haben mich die Hütehunde im Visier und bellen alles zusammen. Sie fletschen die Zähne und scheinen sogar Gesellschaft aus den umliegenden Höfen zu bekommen. Am Ende zähle ich mindestens sieben Hunde die gleichzeitig auf mich einbellen. Habe selten so viel Respekt gehabt. Der Schäfer beruhigt die Tiere. Er fragt mich irgendwas auf Rumänisch und ich kann zumindest ableiten dass er genauso wie all die Leute vor ihm nicht ganz versteht warum ich den Weg rückwärts gehe? Bis gestern wusste ich nicht einmal dass es ein vor- und rückwärts überhaupt gibt. Aber die vielen Hunde haben praktische Gründe. Er berichtet mir die Hunde seien so energisch weil gestern erst ein Bär hier war. Ich wusste gar nicht dass der im freien Feld, fast gänzlich ohne Wald überlebt, aber OK.
Eine Stunde später gehe ich durch das Dorf Deleni-Obarsie. Nach dem Willen der Kommunisten wurden die Menschen hier in den siebziger Jahren zwangsumgesiedelt und das Dorf dem Verfall preisgegeben. Außer der Kirche. Sie scheint geweiht zu sein und darf bis heute stehen bleiben. Alle anderen Häuser hat sich die Natur zurück geholt. Heute stehen ein paar Finkas hier und Bauern haben einige Felder bestellt. Einer der Bauern spricht mich kurz darauf an ob er mich im Pick-Up ein Stück mitnehmen soll. Mit etwas Argwohn kommt er mir eher vor wie ein schlechter Verkäufer und ich lehne ab. Es ist auch noch nicht einmal Mittag und zum Wandern habe ich noch alle Zeit der Welt.
Später nach dem Mittag treffe ich ihn bei Heu wenden wieder und die Scheu verfliegt. Wir sprechen über die Steine. Leider hatten die Bewohner der jeweiligen Region kein Mitspracherecht was denn auf dem Stein gezeigt werden soll. Das ist und bleibt Kunst. Und während sie manchmal passend bestimmte Ereignisse widerspiegeln wie Sterne, Musik, besondere Orte… weiß er bei sich nicht warum ausgerechnet er Fische vor den Hof gesetzt bekommen hat wo doch weit und breit das Wasser fehlt. Sein Angebot für eine Unterkunft lehne ich dankend weiter ab. Im Nachhinein denke ich mir - hätt‘ ich nur mal. Denn da wusste ich noch nicht dass ich das erste Mal auf dem Weg zurück gewiesen werde. Von wegen „wie stellst du dir das vor? Ich bin auf Arbeit. An der Unterkunft ist niemand und für einen fahre ich auch nicht erst dorthin…“ Ja, solche Menschen gibt es auch in Rumänien. Doch zum Glück in der Unterzahl.
Ich wandere stattdessen weiter zur Freilichtkapelle Fecioara Sâracilor. Die kleine Sakristei ist leider nicht offen. Durch das Fenster ist sie aber über und über mit Wandmalerei bestückt. Und schlussendlich wandere ich nach Blaj. Die Stadt hat bedeutend zur Geschichte des Landes beigetragen weil bei einer „Vollversammlung“ mit ca. 40.000 Bauern festgelegt wurde den Zehnt und die Leibeigenschaft in Transilvanien abzuschaffen. Der Platz der Freiheit mit einer überdimensionalen Rumänischen Flagge erinnert heute noch daran.Read more