• Die Konferenz

    August 21 in China ⋅ 🌧 29 °C

    Der Tag beginnt mit einem Spaziergang im Park. Wegen des kühlen Wetters und starkem Regen am Vortag haben viele Leute ihre Lautsprecher und Musikinstrumente eingepackt um im Park an jeder Ecke zu singen oder zu spielen. Kreuz und quer, aber so dass man den anderen nicht stört. Außer vielleicht jene wie mich die erst nach Mitternacht zur Ruhe gekommen sind und nun nach einer halben Stunde vergeblich mit Ohrenstöpseln doch endlich aufstehen und nachschauen.

    Wer sein Tai Chi verbessern möchte sucht sich entweder einen abgeschiedenen Platz oder aber er geht im Park aufs Wasser. Dort kann man sich anstatt eines Stand-up Paddels einen Großen Bambusstock ausleihen und damit Gleichgewichtsübungen auf dem Wasser machen. Unsereiner würde regelmäßig ins Wasser rollen doch die Leute können es besser und flößen den Bambus elegant über den See.

    Im Rahmen der Hochzeitsvorbereitung treffen wir heute Emmas Vater und ihre väterlichen Tanten. Allein die Taxifahrt in den anderen Stadtteil dauert gute dreißig Minuten und offenbart einmal mehr wo die 7 Millionen Menschen hier alles Platz finden. Aufgetischt wird vom Pfannkuchen mit knuspriger Ente über Kürbis bis zur Tintenfisch Suppe alles was man mit Stäbchen löffeln kann. Dazu Tee und chinesischer Rotwein. Dank dem Essen dauert es mehr als zwei Gläser bis man merkt dass das Wein ist. Emmas Vater setzt deshalb von Anfang an auf Reisschnaps. Doch außer einer Tante sonst trinkt in der Familie niemand etwas Hartes mit. Mit dem Wein stoßen wir an. Auf die zukünftige Braut und auf die Familie. Ganbei!

    Für einen abschließenden Tee entführt uns eine der Tanten in ihr Apartment im zwanzigsten Stock. Doch so voll wie wir alle im Moment sind wirkt ein Spaziergang wunder. Und als die anderen Familienmitglieder eintrudeln wollen sie ungestört Mahjong spielen. Das trifft sich gut.

    Emma zeigt uns die Altstadt. Das ist in jeder Stadt in China der Teil in dem es keine Häuser höher als sechs Stockwerke gibt. Ein bis dato mir unbekannter Fakt von Zunyi offenbart sich mitten in der Fußgängerzone. Hier steht ein Pavillon unter strenger Bewachung in dem 1935 die Kommunistische Partei ihre wegweisendste Klausur abhielt. Ein Jahr zuvor brachen die Kommunisten zu ihrem Langen Marsch auf. Einer 9500km andauernden Herkulesaufgabe zu Fuß die Kontrolle nach sowjetischem Vorbild an sich zu bringen. Überraschend fielen sie in die Stadt ein, füllten ihre Vorräte auf und pausierten ein wenig. Im Januar 1935 zog sich der obere Kader zu seiner Klausur zurück warum die Rote Armee zuletzt so viele Rückschläge im Kampf gegen das Kulturelle Erbe der Kaiser erlitten hatte. Über 50 Jahre blieb dieser Teil des Disputs unter Verschluss. Selbst das Datum der Konferenz war geschönt. Zu den wichtigsten Ergebnissen auf die man heute um so stolzer ist gehörte dass man sich innerhalb der Partei von den russischen Bolschewiken abgrenzte und Mao Zedong als neues Mitglied des ständigen Politbüros die leitende Assistenz über das Militär erhielt. Ab hier waren die Tage der Kaiser gezählt bis er zehn Jahre später zum konkurrenzlosen Leiter der KP ernannt wurde. All das fand nicht im Zentrum der Macht in Peking statt sondern eigentlich hier auf der „grünen Wiese“.

    Über den Dächern der Stadt geht der Tag auf einem Berg zu Ende. Und lässt die Pagoden der Stadt in neuem Licht erstrahlen.
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