• Fanjingshan

    August 31 in China ⋅ ☁️ 24 °C

    Das ich gestern für drei gegessen habe merke ich am Morgen kaum. Ich habe schon wieder Hunger. Und die Chinesen frühstücken ja nicht wirklich. Wie kann man das beim Wandern nur durchhalten? Ich habe mir für den Tag jede Menge Kleinigkeiten eingepackt. Obst, Reiswaffeln mit Zucker und Wasser. Jede Menge Wasser. Denn es geht auf den höchsten Berg der Provinz Guizhou. Oben auf über 2500m möchte ich für einen Tag einmal der tropischen Hitze entfliehen.

    Wie so oft ist der Weg dort hin in China eine Mentale Herausforderung. Es gibt nach oben keine einzige schräge Wegstrecke. Nur Stufen… Der Weg heißt auch „die 10.000 Sprossen Leiter“. Ich habe nicht vor sie zu zählen doch ich glaube mal dem Zahlenwerk des Nationalparks. Da sind es 8.800 Stufen. Und die geht es ja nicht nur hoch sondern auch wieder runter. Gleich zu Beginn treffe ich auf zwei sportliche Chinesen die den Ehrgeiz haben meinem Tempo mitzuhalten. Gegenseitig spornen wir uns an dass es nicht nach jeder Stufe eine Atempause gibt. Und so fliegen wir die ersten 6.600 Stufen in gut zweieinhalb Stunden hoch. Immer wieder höre och hinter mir Wehklagen von Leuten die schon nach den ersten zwanzig Minuten völlig fertig und außer Atem sind. Bestimmt deswegen sind für den Weg normal auch 4-5 Stunden angesetzt. Bis dahin bin ich echt dankbar dass ich auch immer wieder Mal in einer Wolke oder in leichtem Nieselregen laufe. Bei Donne geht man kaputt!

    Weiter oben wäre es umgekehrt natürlich schöner. Auch wenn die Eolken sich hier und da lichten reicht der Blick selten bis ins Tal. Mystisch wehen die Wolken am Gipfel um Felsformationen. Die Erdgeschichte hat hier Meeressedimente angehoben ohne sie zu falten. Dadurch ist eine einzigartige Schichtformation entstanden die ausschaut wie Schiefer, nur nicht porös. Warum aus dem Bergrücken nun gerade hier oben noch drei Felsnadeln aufragen erfahre ich leider nicht. Sie setzen dem Berg aber ein nettes i-Tüpfelchen auf und ergeben zusammen die letzten 2.200 Stufen.

    Für die Buddhisten und die Taoisten ist der Fanjingshan heilig. Sie haben oben auf die Felsnadeln kleine Tempel gebaut die heute ein regelrechter Pilgerort sind. Aufgrund der engen Stufen ist es definitiv nicht empfehlenswert hier an einem chinesischen Feiertag aufzusteigen. Doch heute ist letzter Ferientag. Das ist alles überschaubar und zugleich viel erhabener als mit all den Ameisen um einen herum.

    Auf dem Rückweg staut es sich ein wenig. Einer mit Höhenangst geht voran. Um den selben Weg gehen zu können wie ich aufgestiegen bin muss ich jedoch vor 15 Uhr wieder am Tor sein. Dann wird der Abstieg geschlossen und die Leute werden am Abend mit einer Seilbahn wieder vom Berg geholt. Hätte mich auch gewundert dass ein Chinese diese Strapaze zwei Mal auf sich nimmt. Trotz leichter Verspätung muss ich zum Glück wenig Überzeugungsarbeit leisten. Ich bin da hoch gekommen ich will da jetzt wieder runter! Die Ehre gebietet dass och natürlich nicht der letzte sein will der am Abend aus dem Park spaziert. Doch der Weg dauert eben seine Zeit. Und diesmal laufen zwar auch noch ein paar andere vor mir aber niemand der mich gegenseitig anspornt.

    Der Monsun hat alles daran gesetzt dass ich im Nebel möglichst keinen Sonnenschutz brauche. Trotzdem ist der Tag ein tolles Erlebnis, halt zur falschen Jahreszeit. Doch man lebt bekanntlich nur einmal.

    Dass ich in dieser Woche mein Soll an Treppenstufen bereits rein habe werde ich auch noch Tage später merken. Am Abend kehre ich wieder bei dem gleichen Restaurant ein wie gestern. Diesmal eine andere Auswahl. Besser! Der Besitzer freut sich und spendiert gleich erstmal Zigaretten und Schnaps. Er meint bei der Menge die ich gestern und heute jeweils bestellt habe bekommt man locker 2-3 Leute satt. Ja, Nee - dafür ist das zu lecker und nach so einem Tag gerade ausreichend.
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