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  • Day 177

    13 Hejdå Sverige

    July 26, 2022 in Sweden ⋅ 🌧 14 °C

    Frisch frisiert wechseln wir nach der Kanuwoche wieder auf unsere treuen Weggefährten. Das nächstgrössere Etappenziel hat sich automatisch durch unsere Erfahrungen mit der hiesigen Insektenwelt ergeben. Anstatt direkt gegen Norden zu stechen, ist der neue Kurs eher Nordost – ab ans Meer! Dort hat es bekanntlich weniger von den Plagegeistern, die uns zeitweise den letzten Nerv gekostet haben. Ausserdem gibt es an der Küste auch wieder einmal eine Stadt. Nicht dass wir die vielen Menschen und Häuser vermisst hätten. Nein, es ist einfach so, dass uns noch ein wichtiges „Ausrüstungsteil“ fehlt – ein Moskitonetz für den Kopf steht auf der Wunschliste zuoberst. Unglaublich, aber das ist hier in Schweden gar nicht so einfach zu bekommen.

    Am bottnischen Meerbusen (wer hat in Geographie aufgepasst?) angekommen, ändern sich unsere Pläne schon wieder. Liegt es an der frischen Seeluft, am sehr tiefen Salzgehalt des Wassers, oder verspüren wir einfach wieder einmal Lust auf....?

    Zuggeschichten, Episode 327:
    Der hohe Norden ruft unüberhörbar, die Kilometer dahin noch so viele. Was liegt da näher, als einen Teil davon auf Schienen zurückzulegen? Im Internet wurden wir auch fündig; es gibt Zuggesellschaften, die Velos transportieren...auf gewissen Linien...in gewissen Zugkompositionen. Nur welche das genau sind – Fehlanzeige. In Sundsvall, einer Stadt mit immerhin 60'000 Einwohnern, steuern wir voller Vorfreude den Bahnhof an. „Die werden uns sicher DIE Auskunft geben können“, so unser beider Meinung. Doch wie sagt man so schön: „Weisch wer meint?“ Das Bahnhofsgebäude ist sehr schön renoviert, sauber und recht belebt. Schalter gibt es keinen (mehr). Aber da, da ist doch ein Infopoint. Nun ja, entpuppt sich als kleiner Touch-Bildschirm. Und alles in Schwedisch. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Klar, Schweden ist an einem anderen Punkt, was den Gebrauch von Handy & Co. anbelangt, aber in einer Stadt? Tickets online kaufen ist nicht schwierig, aber es gibt doch sicher noch andere Spezialfälle, die eine Auskunft benötigen. Nun denn, es gibt ja noch das Telefon. Also Nummer gewählt, die Bandansage knapp verstanden und die 9 gedrückt für Englisch... es klingelt... oh, wieder eine Bandansage, aber wieder in Schwedisch.....

    Bisschen frustriert steuern wir ein Restaurant an. Wenigstens wollen wir die Vorzüge einer Stadt auskosten. Am Eingang werden wir freundlich empfangen und gefragt, ob wir das erste Mal hier seien. Ja ja, ist unsere Antwort. Dann werden wir aufgeklärt, dass wir zuerst eine App herunterladen müssen, dort können wir einen Tisch reservieren und dann muss auch die Bestellung und Bezahlung über die App laufen. „GÅHT'S NO“, hämmert es durch unsere Köpfe. Mit schiefem Lächeln drehen wir auf den Absätzen um, suchen uns ein „normales“ Restaurant und werden dort köstlich verwöhnt!

    Kurzerhand beschliessen wir, ein Auto zu mieten. Innerhalb von wenigen Minuten haben wir ein Gefährt gebucht. Dieses beladen wir am nächsten Tag mit unserem ganzen Gerümpel und fahren ab in den hohen Norden, wieder weg vom Meer. Die Kilometer schmelzen nur so dahin. Die Musik schallt aus den Lautsprechern und wir singen voller Inbrunst mit. Ja, auch so kann man unterwegs sein.

    In Kiruna, es regnet in Strömen und ist recht frisch, entladen wir voller Motivation unsere Velos aus dem Kombi und verabschieden uns von diesem. Glücklicherweise finden wir nach kurzer Fahrt ein supergemütliches Café. Wir entdecken lokale Spezialitäten wie Lachslasagne und Backed Potatoe mit Rentier (beides sehr lecker) und nachdem der Hunger gestillt, der Durst gelöscht ist, ist die Welt auch wieder in Ordnung.

    Die Kleinstadt selbst vermittelt einem einen, sagen wir, komischen Eindruck. Viele Häuser stehen leer, sind nicht gut in Schuss. Einkaufsläden haben grosse Ausverkaufsschilder aufgehängt. Bald erfahren wir auch wieso. In Kiruna ist die grösste Eisenmiene der Welt. Da im Tagbau schon seit den 50er Jahren nichts mehr zu holen ist, buddeln sie immer tiefer. Und die ertragreichsten Vorkommen befinden sich.... unter der Stadt. Es gab auch schon kleine Erdbeben. Der Stadt blieben zwei Möglichkeiten: Miene aufgeben oder die Stadt. Und wen wundert's, die Miene darf bleiben, denn ohne diese gibt es für die Stadtbewohner keine Lebensgrundlage. Die Stadt indes wird um 5 Kilometer „verschoben“. Das nennen wir mal zügeln für Fortgeschrittene. Das neue Stadthaus steht schon am neuen Ort und der Kern mit den Geschäften und Restaurants zieht im September an den neuen Ort. Die Wohnquartiere folgen in den nächsten Jahren.

    Von Kiruna bis zur Grenze zu Norwegen sind es nur noch ca. 130km. Die Landschaft hat sich nun definitiv geändert. Links und rechts erheben sich Berge, dazwischen viele Seen und kleinwüchsige Birken säumen die Strasse. Trotz der kalten Temperaturen, dem teils eisigen Wind und dem zwischenzeitlichen Nieseln gefällt es uns ausserordentlich gut. Zur besseren Stimmung tragen sicher auch die kleinen Hütten bei, die es bei einigen Rastplätzen hat. Ideal für ein Zmittag oder Znacht im Windgeschützten und Warmen.

    Eigentlich wollten wir in Abisko noch wandern gehen, dort ist der Start-/Endpunkt des berühmten Kungsleden (Königsweg; Weitwanderweg). Doch der Menschenauflauf ist uns doch des Guten zu viel. Das Wandern muss noch warten. Es soll ja im Nachbarland auch sehr schön sein. Aber dazu mehr beim nächsten mal.
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