• Wie Rodeo in der Telefonzelle

    2019年4月17日, フランス ⋅ ⛅ 13 °C

    Tag 11
    18 km
    295 km gesamt

    Der Morgen in Vigy war klar. Die Sonne stand noch tief, der Kaffee war dünn, aber heiß genug, um mich auf Betriebstemperatur zu bringen. Französisches Frühstück halt – Croissants, Marmelade und Kaffee, der eher nach Lagerfeuerwasser schmeckte als nach Barista-Zauber. Aber das passt schon. Ich bin hier nicht zum Genießen. Ich bin hier zum Gehen.

    Zwei Scheiben Käse hab ich mir noch erbettelt – einzeln in Folie eingeschweißt, wie man’s in Frankreich halt macht. Hat mehr geknistert als geschmeckt, aber draußen zählt jedes Gramm Energie.

    Zusammen mit zwei Pilgerinnen ging’s los. Der Weg führte uns bis zum alten Bahnhof von Vigy. Die Gleise waren rostig, das Gebäude wirkte verlassen, aber irgendwo schwang noch dieses Gefühl mit, dass hier mal Bewegung war. Alte Bahnhöfe sind wie verlassene Saloons — vollgestopft mit Geschichten, die keiner mehr laut erzählt.

    Ich zog weiter. Raus aus Vigy, rein ins Land. Pfade schlängelten sich durch Felder, vorbei an kleinen Dörfern, die aussahen, als hätten sie das letzte Jahrhundert einfach durchgewunken. Keine Hektik. Keine Eile. Nur Stein, Holz und Wind.

    Aber dann kam Metz näher. Und wenn du wie ich die Wildnis liebst, dann merkst du schnell: Pilgern in der Stadt ist wie Rodeo in 'ner Telefonzelle. Zu laut. Zu eng. Zu viel von allem.

    Also hab ich in Mey den Stadtbus genommen. Kein schlechtes Gewissen dabei. Der Trail ist kein Dogma. Der Trail ist Freiheit. Und Freiheit heißt auch: zu wissen, wann man sich das Chaos spart.

    Metz selbst? Verdammt schöne Stadt. Groß. Stolz. Voller Geschichte. Aber nichts hat mich so erwischt wie diese Kathedrale. Saint-Étienne. Ein Riese aus Stein und Licht. Ich stand da wie ein Cowboy vor den Felsen von Monument Valley — klein, sprachlos, beeindruckt. Da drin liegt was, das größer ist als jeder von uns. Der Glaube an was Höheres, vielleicht. Oder einfach nur die Kunst des Menschseins in Stein gemeißelt.

    Ich ließ mich treiben. Durch die Straßen, über Plätze, vorbei an Gesichtern, die alle ihr eigenes Leben leben. Und doch spürte ich: Ich bin hier nur auf der Durchreise. Mein Platz ist nicht zwischen den Mauern. Mein Platz ist da draußen, wo der Himmel keine Decke kennt.

    Abends schlug ich mein Lager in der Jugendherberge auf. Kein Prunk. Kein Palast. Aber eine Terrasse direkt an der Mosel. Ich war zufrieden.

    Ich holte mir Brot, Oliven, Käse, Salami und 'ne Flasche Rotwein aus dem Supermarkt. Mehr brauch ich nicht. Kein Menü, kein Kellner, kein Schnickschnack. Nur einfaches Essen, draußen sitzen, dem Fluss zuhören und den Staub des Tages abwaschen.

    Und während ich da saß, mit den Stiefeln noch vom Staub des Weges bedeckt, dachte ich mir:

    „Pilgern ist nicht die Suche nach Schönheit. Es ist die Suche nach Wahrheit. Und Wahrheit findest du da, wo du einfach bist.“
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