• Nie wieder pilgern?

    August 14, 2023 in Germany ⋅ ⛅ 29 °C

    Die letzte Nacht auf dem Fränkischen Marienweg schlief ich unter einem Vordach, da Regen angesagt war, der nicht kam. Dabei hätte ich viel lieber ein wenig weiter oben beim Haselbrunn gezeltet, denn dort konnte ich Geschichte regelrecht atmen!

    Nur wenige Dörfer in der Gegend sind frühe fränkische Gründungen vor dem Siedlungsboom im 11. und 12. Jahrhundert. Haselbrunn hatte zum Kirchdorf Albstatt gehört, das wiederum zur Schicht der ältesten fränkischen Siedlungen gehörte. Der Onkel Karls des Großen, Karlmann, schenkte deren Zehnt schon 742 dem neu gegründeten totum Würzburg. Doch im Jahr 1427 bestanden die einstigen Agrardörfer Albstatt und Haselbrunn allem Anschein nach nur noch aus einem Gehöft; kurz darauf waren sie für immer untergegangen. Nur der Haselbrunn ist deren letzter Zeuge ...

    Auch heute trat ich die meiste Zeit auf Asphalt, was bei der Hitze richtig anstrengend gewesen ist. Nur zweimal ging ich durch etwas Wald, erfrischend kühl, und entdeckte dort den alten Landwehrgraben Würzburgs. Bislang hatte ich keine Ahnung davon, dass Würzburg einen hatte:

    "Die äußere Landwehr von Würzburg war ein spätmittelalterliches Grenzsicherungswerk. Die knapp 30 km lange Anlage mit Wall und Graben sowie zugehörigen Landwehrtürmen entstand in der ersten Hälfte des 15. Jhd und war als Doppelgraben auf einer Breite von ca. 10 m angelegt. Das ausgehobene Erdreich war in der Mitte und auf der Würzburger Seite zu einem mehrere Meter hohen Wall aufgeschaufelt worden. Auf dem Wall wurden undurchdringliche Gehölzstreifen von unter- einander verflochtenen Hainbuchen mit un- terpflanzten dornigen Sträuchern gesetzt."

    Gleich darauf trat ich wieder hinaus in die Hitze.

    Die Sonne stach ohne Erbarmen auf mich ein, Sonnenbrand rötete meine Oberarme, am rechten Fuß bekam ich zwei heftige Blasen. Fast hätte ich alles hingeschmissen, mich in den nächsten Bus gesetzt, nur um aus diesem Elend heraus zu kommen. Selbst die Bürgersteige sind mit Betonpflastersteinen ausgelegt - zwei Kilometer durch einen Ort auf kochenden Betonsteine, dazu noch zur Straße hin abgeschrägt, so dass jeder Schritt schmerzt. Sogar der verdammte Weg durch den Wald hinunter nach Würzburg war asphaltiert. Puhh, ich kann euch sagen.

    Wenn pilgern bedeutet, mehr als 50% des Weges auf Grobschotter, Asphalt und Betonsteinen durch landwirtschaftliches Anbaugebiet, an Bundesstrassen entlang bzw. durch dicht besiedeltes Gebiet zu laufen, ich glaube, dann will ich nie mehr einen Pilgerweg gehen.

    Aber da waren auch die vielen herrlichen Momente, die Kunstwerke, die Burgen, die Gespräche. Mal sehen, was passiert und ob ich mich noch einmal auf das "Abenteuer" Pilgerweg einlasse. Für heute allerdings, nun ja, soviel kann ich euch sagen, reicht es mir gewaltig.
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