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  • Day 2

    Maastrich drunter und drüber

    August 24, 2020 in the Netherlands ⋅ ⛅ 21 °C

    Das Wetter macht nicht ganz, was es eigentlich soll. In unserem Fall sagt Wetter Online zwei regnerische Tage voraus. Weiterfahren?Bleiben? Wir entscheiden uns fürs Bleiben. Zumal Michael bisher noch gar nichts von Maastrich gesehen hat und ich auch noch ein paar Sightseeing Wünsche offen habe. Und so buchen wir bereits beim Frühstück "Maastricht Underground " über das Internet. In das Labyrinth unterirdischer Gänge darf man nur mit einem offiziellen Führer. Es gibt am heutigen Tag insgesamt fünf Führungen und nur noch zwei in Englisch. Die Alternative wäre eine Führung in niederländisch. Mehr verstehen werden wir definitiv bei einem englischsprachigen Führer. Das Positive an den Maßnahmen um Corona sind die kleinen Gruppen. Für uns heißt es daher schnell buchen, um noch einen Platz in der gewünschten Führung zu bekommen. Klappt alles wunderbar.... beim 2 .Versuch. Wenig später haben wir zwei digitale Tickets für die Führung um 13. 30 Uhr auf dem Handy und es kann losgehen mit Maastrich Seeightseeing, die zweite. Die Räder lassen wir wieder beim Stadhuis. Das hat sich bewährt. Allerdings stelle ich fest, dass heute viel weniger Menschen unterwegs sind im Vergleich zum gestrigen Tag. Dort, wo mich gestern volle Lokale und Geschäfte geschockt haben, ist heute gähnende Leere. Ich möchte gern die Kirche besuchen, die zum Buchladen umfunktioniert wurde. Die zweite Kirche in Maastricht, die entweiht und für kommerzielle Zwecke genutzt wird. (In der anderen ist ein Fitness-Center). Wir finden den "Boekhandel Dominikanen" in der Dominikanerkerkstraat in der Nähe des Frijhofs. Es ist schon beeindruckend, wie im einstigen Kirchenschiff über 3 Stockwerke Bücherregale hinaufragen. Im Altarraum ist ein Cafe untergebracht und über allem klingt dezente Orgelmusik. Muss man nicht gut finden. Sollte man aber unbedingt einmal gesehen haben. Michael findet die Luft nicht gut in der Bücherkirche und so verlassen wir sie recht schnell wieder.
    Auch heute scheitert mein Versuch auf den roten Kirchturm der St.Janskerk zu gelangen, von dem man einen wunderbaren Panoramablick auf Maastrich haben soll. Kirche und Turm sind geschlossen. Langsam füllen sich die Lokale um den Frijhof. Man sitzt beim Cafe oder schon bei einem ersten kleinen Lunch. Wir streifen durch die Straßen in Richtung Servatiusbrücke. Michael braucht eine Kaffeepause. Direkt an der Brücke mit Blick auf die Maas kehren wir im Café d'Pothuiske zu einem "Kaffee verkehrt“ ein. Ein Blick auf die Uhr ermahnt uns kurze Zeit später zurück zu den Rädern zu gehen. Es ist bereits 13.00 Uhr. In einer halben Stunde beginnt unsere Führung und wir müssen noch zum Pietersberg radeln. In der Mittagshitze schwitzen wir trotz der E-Bikes, als es den Berg zum Fort Sint Pieter hochgeht. Das soll sich aber bald ändern. Am Meeting Point treffen wir auf unseren Führer, einen älteren Herrn, dem Humor und Freude am Geschichten erzählen anzusehen sind. Unsere zehnköpfige Gruppe besteht aus 4 deutschen und einem französischen Paar. Schade, wären es alles Deutsche gewesen, hätte er die Führung auf Deutsch gemacht. So müssen wir uns konzentrieren, um ihm mit unserem Schulenglisch folgen zu können. Aber nach kurzer Zeit gelingt das sehr gut und wir können seinen Geschichten und Anekdoten lauschen. Sehr zu Michaels Leidwesen, der eigentlich schon durch den fast 8 km langen Stadtbummel das tägliche Maß der Belastung seiner Füße für mehr als erfüllt hält, müssen wir noch fast einen Kilometer bis zum Eingang der Nordhöhlen laufen. Die drei Laternen, die unser Führer verteilt, sind die einzigen Lichtquellen in dem sonst stockdunklen Gewirr von Gängen. Dieses alte Netzwerk von Grotten entstand bei der Gewinnung von für den Bau genutzten Mergel, schon vor mehreren hundert Jahren. Im Untergrund ist ein wahrer Irrgarten von kleinen und schmalen Gängen und Höhlen. Die Wände sind mit außergewöhnlichen Abbildungen wunderschön verziert.
    Während der französischen Belagerung von Maastricht suchten viele Bauern aus den Dörfern um den Sint Pietersberg Schutz in diesem unterirdischen Netzwerk. Noch heute sind jahrhunderte alte Brotöfen, Ställe und Unterkünfte hier zu sehen. Sogar eine Kirche gibt es. Im 2. Weltkrieg wurden viele wertvolle Kunstwerke in den Grotten gelagert. Unter anderem auch Bilder von Rembrandt. Die Temperatur beträgt hier unten 10 Grad, und die Kälte kriecht schon nach kurzer Zeit trotz Jacke unter unsere Sommerkleidung. Drei Tage kann man bei diesen Temperaturen überleben, erklärt uns der Führer. Die Kälte und die vollkommene Dunkelheit, die er uns eindringlich durch das Ausschalten der mitgenommen Lampen demonstriert, war schon häufig der Grund für den Tod von Menschen, die sich in diesem Labyrinth verrirrt haben. Falls wir die Gruppe verlieren, sollten wir daher nicht auf eigene Faust versuchen zum Ausgang zu kommen, sondern einfach stehen bleiben und warten, denn natürlich funktioniert hier 35 m und mehr unter der Erde kein Handy und kein GPS. Die Stunde Führung vergeht in Windeseile und schon bald sehen wir wieder Licht am Ende des Tunnels. Das war doch mal spannend und authentisch. Zurück geht's zu den Rädern und durch die Stadt, die sich wieder gut gefüllt hat, in Richtung Stellplatz.
    Maastricht ist eine Studentenstadt und junge Menschen prägen das Stadtbild. Studenten bekommen sogar Rabatte bis zu 20 Prozent in Läden und Lokalen. Die Läden und auch Lokale sind ganz schön "abgefahren" und voller Ideen und Lifestyle und hätten eine ausgiebigere Erkundung verdient. Aber wer mag zu Zeiten von Corona schon großartig irgendwo hinein gehen?
    Kurz vor dem Stellplatz halten wir beim Spar -Laden und ich besorge zwei Teile "Appelgebak " zum Kaffee, den wir uns jetzt redlich verdient haben. Meinen kleinen Rucksack und den Kuchen werfe ich danach schnell und achtlos in die Radtasche. Als ich am Wohnmobil den Inhalt der Tasche ausräume, fallen mir die Blätterteigteilchen und der Rucksack aus der Hand und alles verteilt sich im Wohnmobil. Welche Sauerei! Ich kehre die Krümmel zusammen und stelle kurz darauf beim Einräumen des Rucksacks fest, dass mein kleines schwarzes Portemonnaie fehlt. Ich schaue in der Radtasche nach. Nix! Betrachte jedes einzelne Teil des Inhaltes meines Rucksacks. Nix! Alle in Frage kommenden Kleidungsstücke werden gefilzt. Nix! Das Portemonnaie ist weg und bleibt weg. Michael hat es die Sprache verschlagen. Er kann nicht mal mehr über meine Schusseligkeit schimpfen. Es ist nicht wegen des Geldes, das sich in dem Täschen befindet. Die Summe wäre zu verschmerzen. Aber die Kreditkarten, der Personalausweis und der Führerschein eher nicht. Wir suchen noch einmal alles ab. Während ich bereits überlege zurück zum Sparladen zu fahren und dort zu fragen, überlegt Michael bereits, was mit den Kreditkarten zu tun ist. Dabei fällt sein Blick auf den schwarzen Teppichboden vor dem Fahrersitz. Und dort liegt wie ein Chamäleon, das sich seiner Umgebung anpasst, mein kleines schwarzes Portemonnaie. Mit den Steinen, die uns bei dem Anblick vom Herzen fallen, hätten wir den Schotterweg des Stellplatzes pflastern können. Michael ist fix und fertig .... von der Dunkelheit in der Höhle, von den gelaufenen Kilometern und nicht zuletzt vom fast verlorenen Portemonnaie. Während er sich von den Anstrengungen bei einem verspäteten Mittagsschlaf erholt, schreibe ich ein wenig Reisetagebuch, um das Erlebte fest zu halten.
    Nach dem Abendessen unternehme ich noch einen Spaziergang entlang der Maas. Dieses Mal in die andre Richtung. Im Flussbett, in dem von Fluss sich nur noch ein kleines Flüsslein schlängelt, sitzen hunderte von Möven. Ein Wanderer sucht zwischen den Steinen. Wahrscheinlich den Stein der Erkenntnis. Den könnte ich auch gebrauchen beim Anblick einiger Gebilde am Rand des Deiches. Ist das noch Sperrmüll oder schon Kunst? Die Antwort liegt wohl im Auge des Betrachters. Zeit den Tag ausklingen zu lassen.
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