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  • Day 2

    Châlons en Champagne

    August 29, 2021 in Luxembourg ⋅ ⛅ 15 °C

    Nachdem es die ganze Nacht wie aus Eimern geschüttet hat, ist es heute morgen wenigstens trocken und wir können, ohne nass zu werden, den Hänger ankoppeln. Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team, und das Ganze dauert nur wenige Minuten. Gut, dass wir auf geschottertem Basalt stehen. Das Material bietet sich ja hier auch an. Ein Wiesenplatz nach dieser Regenacht hätte eine ordentliche Sauerei ergeben. Um kurz nach halb zehn verlassen wir Mendig in Richtung A 48 Trier und können dabei noch einen Blick auf die Basalt Steinbrüche links und rechts der Straße werfen. Unser heutiges Etappenziel ist die Champagne. Genauer gesagt, Châlons en Champagne, das auch als das Venedig Frankreichs bezeichnet wird. Da bin ich mal gespannt. Aber noch sind wir nicht da und fahren durch einen grauen Sonntagmorgen Richtung Trier. Ein wenig verwundert bin ich über die viele Baufahrzeuge zu dieser Zeit auf der Straße. Michael weist mich auf die unmittelbare Nähe zu den Katastrophengebieten hin und meint: " Da wird auch am Sonntag gearbeitet. Viele Freiwillige haben ja nur an Wochenende Zeit". Von kurzen Schauern und tiefhängenden Wolken begleitet führt die A48 an den Pulvermaaren und am Nürburgring vorbei. Am Dreieck Vulkan Eifel wechseln wir auf die A1 Richtung Luxemburg. Nun geht es bergab ins Moseltal. Die Schilder bekannter Moselorte tauchen auf und wecken Erinnerungen an Aufenthalte an der Mosel. Auch heute sind wieder sehr viele Campingfahrzeuge unterwegs. Kurz vorTrier fahren wir über die Mosel und dann geht es weiter auf der A 602 und B 52 Richtung Luxemburg. Seit längerer Zeit fährt ein Wohnmobil hinter uns her, das exakt den gleichen Hänger hinter sich her zieht wie wir. Es folgt uns sogar auf den Rastplatz, doch danach verlieren wir es aus den Augen. Wir fahren über die Grenze nach Luxemburg, und jetzt heißt es erst einmal den Tank voll machen. Aber nicht in Wasserbillig, sondern wir fahren meist die zweite Tankstelle auf dieser Strecke an, weil es an der ersten oft sehr voll ist. Heute ist das keine gute Entscheidung, wie sich später zeigen soll, denn wir sehen im Vorbeifahren, dass an der Tankstelle gähnende Leere ist, während knapp 50 km weiter in Bechem das reinste Verkehrschaos herrscht und wir von Einweisern in die Tankspuren gelotst werden müssen. Da bleibt Zeit, dem Treiben um uns herum ein wenig zu zusehen. Der Kastenwagen neben uns z.B. hat wohl vergessen auf welcher Seite sein Tankverschluss sitzt. Er zieht und zerrt am Schlauch, aber es fehlen entscheidende Zentimeter. Nun muss er sehen, dass er sich zwischen die gegenüber tankenden Autos mogeln kann. Aber wir sind ja nett und lassen ihn vor, bevor wir zum Kassenhäuschen weiter rollen, um zu bezahlen. Der Fahrer des Wohnwagen vor uns hat ebenfalls die Ausmaße seines Fahrzeugs nicht verinnerlicht, und der Wohnwagen macht einen ordentlichen Hüpfer, als sein Reifen die Aufkantung des Kassenhäuschen überfährt. Die Autobahn füllt sich immer mehr, als wir später auf der A31 über die Grenze nach Frankreich in Richtung Metz fahren. Es regnet nicht mehr und der Diesel ist billiger als in Deutschland ( 1,21 €). Was wollen wir im Moment mehr.
    Kurz vor Metz verlassen wir die A3 und fahren weiter auf der A4 in Richtung Reims/ Verdun. Gut 120 km geht es nun westwärts auf der Autoroute de l'Est. Wir fahren durch das Département Meuse, das nach dem gleichnamigen Fluss, der Maas, die hier Meuse heißt, benannt ist. Über der Landschaft aus abgeernteten Getreidefeldern,Wiesen, verblühten Sonnenblumen und Wäldern hängt eine graue Wolkendecke. So grau und dunkel, wie die französisch- deutsche Geschichte, die hier vor über hundert Jahren geschrieben wurde. Hinweisschilder zur Schlacht in Verdun im Ersten Weltkrieg tauchen auf. 300 Tage und 300 Nächte kämpfte man hier ohne Waffenruhe. Von Februar bis Dezember 1916.
    300.000 Tote und Vermisste, 400.000 Verletzte auf deutscher und französischer Seite. Das verbindet man mit dem Wort Verdun. Verdun ist aber auch Symbol der möglichen und beispielhaften Versöhnung zwischen ehemals verfeindeten Völkern. Adenauer und De Gaulle sowie Kohl und Mitterand besiegelten hier die Versöhnung beider Länder und sorgten mit dafür, dass wir heute ohne Ressentiments nach Frankreich reisen können. Kurz bevor wir die Autobahn bei St. Etienne au Temple verlassen, wechseln wir in das Departement de Marne.
    Für das Stück Autobahn müssen wir bei der Abfahrt 16 Euro bezahlen. Dafür hatten wir weder Kreisel noch Baustellen. Weiter geht es auf der D 977 Richtung Châlons en Champagne . Viel Gegend, eine schurgerade Straße und kaum ein Auto. Die Navis sind sich wieder mal nicht einig, wie der Campingplatz anzufahren ist. Wir vertrauen Mathilde, die ist Wohnmobil erfahren, und sie lotst uns dann auch souverän durch die Vororte zum Ziel.
    Es ist viertel nach zwei und der Camping hat gerade wieder geöffnet. Wir staunen nicht schlecht, da stehen schon 4 Wohnmobile und 2 Wohnwagen und warten auf die Anmeldung bzw. sind bereits auf Platzsuche. Die Anmeldung geht fix von statten, und die junge Frau spricht perfekt deutsch und niederländisch. Mir reicht deutsch. Aber ein wenig enttäuscht bin ich schon, dass ich meine gerade aufgefrischten Französischkenntnisse noch nicht abwenden kann. Ich bestelle ein Baguette für morgen früh, bezahle den Platz ( 17 Euro für alles) und dann geht es erst einmal auf Platzsuche Die Plätze sind alle schön und groß, nur.....einige liegen unter alten Bäumen. Bäume und Satellitenempfang sind nicht unbedingt kompatibel. So fahren wir ein Mal um den ganzen Platz herum, was bei 130 Plätzen nicht wirklich lange dauert, dann haben wir eine schöne Parzelle gefunden. Doch bevor wir es uns dort gemütlich machen können, muss Michael noch seine Rangierkünste unter Beweis stellen, denn im Gegensatz zu den Plätzen ist die Zuwegung ganz schön schmal und eng. Aber das macht er prima. Rückwärts zunächst den Hänger und dann das Mobil einparken. Und steht. Heute kommen sogar einmal die Campingstühle vor die Tür, denn, oh Wunder, es regnet nicht mehr und die Temperatur ist annehmbar, wenn gleich auch die Optik noch zu wünschen übrig lässt. Kurzer Smalltalk mit unseren Berliner Nachbarn, die schon seit 4 Tagen hier sind.
    Nach einem kurzen Bummel über den Platz verstehe ich auch, warum die Dame an der Rezeption niederländisch spricht: Der Platz ist fest in deutscher und noch mehr in niederländischer Hand. Bis zum Abend wird der Campingplatz voll sein, denn im Laufe des Nachmittags rollt ein Fahrzeug nach dem anderen an. Wahnsinn. Mit einigen komme ich ins Gespräch und stelle fest, dass sie ebenfalls auf der selben Route wie wir fahren. Und das nennt sich Nachsaison.
    Das Zentrum von Châlons en Champagne ist mit 3,5 km doch weiter entfernt, als ich angenommen habe. Morgen nehmen wir dafür die Räder. Am Nachmittag mache ich mich daher auf den Weg zum Ufer der Marne, das ich durch eine Plattenbausiedlung erreiche. Ich bin enttäuscht. Von einem Grüngürtel abgeschirmt und von einer befahrenen Straße flankiert, kann ich nicht viel von ihr sehen. Wenig später entdecke ich .....einen Bach. Das soll die Marne sein? Ich laufe durch den Grüngürtel am Bach entlang Richtung Zentrum, da blinkt es türkis durch das Blattwerk. Das ist die Marne. Doch ein imposanter Fluss. (Sehr viel später bemerke ich, dass es nicht die Marne, sondern der Kanal Literal sur Marne ist. Die Marne liegt noch einige hundert Meter dahinter). Das finden auch unzählige Mücken, für die ich eine willkommene Mahlzeit bin. Ich drehe ab vom Wasser und laufe durch Vorortstraßen mit wunderschönen Steinhäusern, die z T. wie kleine Schlösser aussehen, zurück zum Campingplatz. Unterwegs begegnet mir noch ein Stück französisch -deutscher Geschichte. Das Denkmal zur Befreiung Charlons en Champagne durch die Alliierten am 29. August 1944 ist frisch mit Blumen geschmückt. Jahrestag.
    Mit fast 8 km habe ich mir heute einen guten Ausgleich zu der Autofahrt verschafft. Der Campingplatz ist voll. Wer hätte das gedacht.
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