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  • Day 17

    Das Geschenk des Teilens

    April 14, 2021 in Germany ⋅ ☁️ 3 °C

    Draussen ist es schon wieder dunkel. Langsam, ganz langsam kriecht die Müdigkeit in meinen Körper und umhüllt mich zaghaft, wie eine federweiche warme Decke. Mein Körper fühlt sich schwer an aber auch gesättigt an. Ein weiterer Tag geht zu Ende, der voll von Austausch, von Erfahrungen und den unterschiedlichen Energien der vielen Hausbewohner*innen war. Heute konnte ich wieder aus der ganzen Fülle schöpfen und durfte wunderbare Momente und viel Lebendigkeit erfahren.
    Aus dem Wohnzimmer höre ich das Spiel einer Gitarre, begleitet Veras melancholische Stimme.
    Sie singt ein Lied, das ich auch kenne, das ich mit Sommerabenden am Lagerfeuer und dem einfachen Leben in der Natur verbinde. Es liegt viel Dankbarkeit, aber auch Demut darin und erinnert mich in seiner Botschaft wieder daran, weshalb ich eigentlich hier bin und was mich zu dieser Reise aufbrechen lies. Es tut gut dieses Lied zu hören. Es bringt mich zu mir selbst zurück und erdet mich.
    Still kletterte ich auf das kleine Podest, lege mich hin und lausche still und mit geschlossenen Augen der Musik. Es gibt hier im Haus einige Musiker*innen. Einige davon mit Liedtexten, die annähernd genial sind. Keine*r erreicht mich persönlich jedoch wie die Lieder und Texte von Vera. Es sind Gedanken zu Themen, die auch bei mir viel Resonanz auslösen und mich bewegen oder einst bewegt haben.
    Irgendwann höre ich Christians Stimme von der Küche her. Wir drei haben uns als ich hier vor fast zwei Wochen in der Villa angekommen bin, vorgenommen, jeden Tag ein "Sharing" zu machen. Wir erzählen uns jeweils, was uns heute bewegt hat, welchen Themen wir nachgegangen und auch welche Fragen uns beschäftigt haben oder neu aufgetaucht sind. Was wir gefühlt und in welchen Kontakt wir gegangen sind. Es ist eine Würdigung. Des vergangenen Tages, des Lebens und an uns selbst.
    Wir teilen um weiterzugeben, aber auch um bezeugt zu werden. Nicht selten tauchen Aspekte auf, denen wir durch den Tag wenig Beachtung geschenkt haben, deren Wert wir unterschätzt oder die uns zu einer unerwarteten neuen Erkenntnissen verhelfen. Das Teilen schafft Verbindung, Vertrauen und Tiefe. Zwischen uns als Menschen aber auch in uns selbst. Und es ist natürlich auch eine gute Möglichkeit um Gedanken und Emotionen vor dem Schlafen ablegen zu können um in die Ruhe kommen zu können. Was wir teilen, legen wir nicht zurecht. Wir schöpfen nur ab, was sich an der Oberfäche zeigt. Sind mehr Sprechrohr als Sprecher. Solche Worte fühlen sich lebendig und echt an. Ihnen wohnt eine grosse Kraft innen, zeugen sie doch von Wahrheit, Einfachheit und Gefühlen. Sie offenbaren uns uns selbst. Und das führt dazu, dass wir nicht nur Freude sondern auch Angst, Wut und Trauer den nötigen Raum geben und indem wir ihnen die selbe Stellung und Wichtigkeit eingestehen. In so manchem Moment entdecken wir, dass es unserem Gegenüber genau so geht wie uns selbst. Dass wir uns mit den selben Fragen und Themen beschäftigen. Dass wir etwas in unserem Inneren miteinander gemeinsam haben. Dass wir Menschen sind. Wir ehren damit auch diese Verbindung, die ungemein wertvoll ist.

    In einer Welt, in der unsere Mitteilungen oft auf das funktionelle reduziert wird, fehlen ebendiese Zwischentöne. Wir tuen sie als unwichtig und zeitspielig ab und verkennen damit sowohl ihren wahren Wert und ihre Funktion. Sie benennen all das, was uns in unserer Lebendigkeit und Verbindung ausweist und nährt. Und damit ganz zentrale Lebensaspekte.

    Wie kann es sein, dass soetwas als "nicht wichtig" wahrgenommen wird? Was wären wir ohne diese Zwischentöne ?
    Was bedeutet Leben ohne Sinn, Gefühle und Verbindung? Was sonst bringt uns in unserer Entwicklung weiter als ebendies?

    Wir sollten unseren reduzierten Umgang mit Worten, anderen Menschen und uns selbst überdenken und öfters den Mut aufbringen, einfach mal von innen heraus zu teilen, was uns gerade bewegt und beschäftigt. Wir alle können dies tun. Es ist die einfachste Sache überhaupt und kostet keine Kraft. Viel eher ist es eine Quelle dafür.
    Deshalb sei mutig, und lass dich überraschen, was ein solches "Sharing" mit Dir macht und sei gespannt darauf, was daraus alles wunderbares entstehen kann.
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