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  • Hari 135

    Lombok

    14 Maret, Indonesia ⋅ 🌧 28 °C

    Ich freunde mich mit Monica, einer Solo-Reisenden aus Litauen an und gemeinsam setzen wir mit der Fähre nach Lombok über. Die Überfahrt ist ungemütlich, die Wellen werfen den schmalen Kahn von Seite zu Seite. Auf dem Festland angekommen, werden wir von aufdringlichen Taxifahrern belagert und es wird so unangenehm, dass ich sogar unhöflich werde. Ein wenig verstimmt geht's zum Hostel. Die kleinen, bunten Zelt-Hütten stehen lustig vor dem saftig-grünen Hintergrund. Ich überlasse Monica die letzte verfügbare Hütte und buche mich selbst im stickigen Dorm ein. Kurz darauf komme ich mit einer jungen Deutschen ins Gespräch, die am Vortag einen mittelschweren Rollerunfall hatte. Die Unterhaltung mit ihr ruft deutlich in Erinnerung, wie schnell man hier unter die Räder gerät, auch unverschuldet.

    Am kommenden Morgen führen mich meine Füße wie von selbst zum Strand. Der Sand hat in einigen Abschnitten eine pechschwarze Farbe durch den Vulkanstaub und die Wellen rauschen laut, weiß und schäumend heran. Die Nachbarinseln werden von dunklen Regenwolken verschluckt. Wieder ein Ort, an dem die Zeit nicht zu existieren scheint. Obwohl es beinahe etwas Beängstigendes an sich an, fühle ich tiefe Ruhe. Die Farbe Rauchblau (meine Lieblingsfarbe) erscheint die Stimmung gut einfangen zu können: Eine kühle, distanzierte Farbe, die trotzdem eine beruhigende Wirkung ausstrahlt. Ich bin ganz alleine am Strand und jogge durch den weichen Sand. Auf dem Rückweg streichele ich gerade einen kurzbeinigen Straßenhund, als plötzlich ein wuscheliger Mann auftaucht, der mir etwas zuruft. Er will wissen, wo ich unterkomme. „Pff.. als ob ich dir das verraten würde“ denke ich mir. Ich reagiere abweisend, bin mir bewusst, dass wir die einzigen zwei Menschen weit und breit sind. Einige Minuten später fährt der Mann mir mit dem Roller hinterher und stoppt mich erneut. Oh oh, Alarmstufe orange! Er winkt beschwichtigend ab "I know you, we met yesterday. Don't you remember?" Und tatsächlich, am Abend zuvor haben wir Gäste mit dem Hostelpersonal und deren Freunden zusammengesessen und da war er auch dabei. Ups, gar nicht erkannt. Aber auch kein Wunder, dass ich mich nicht so genau erinnere: aus einer Laune heraus hat der Manager uns seine selbst gepflückt und getrockneten magic mushrooms gezeigt und Monica und mir einen Tee daraus zubereitet. Die Wirkung war minimal, außer einer kleinen Lichtempfindlichkeit war kein Effekt zu spüren. Aber nun gut... erkannt habe ich den Typ ja dann letztendlich trotzdem nicht mehr. Ich bin erleichtert, dass die gruselige Situation sich doch noch als harmlos herausstellt.

    Am Nachmittag unternehmen wir zu viert einen Ausflug in den Norden. Hamzah (der bekannte Fremde vom Strand) und Monica auf einem Roller, eine junge Deutsche und ich auf einen zweiten. Hamzah will uns einen Wasserfall zeigen und wir erhalten eine ausführliche Tour durch die Gegend. Der erste Wasserfall kracht ohrenbetäubend zu uns herunter und der Dunst, der dicht aus dem Pool aufsteigt, durchnässt unsere Klamotten. Kurz darauf geht ein plötzlicher Monsun auf uns nieder und wir drängen uns mit einigen Locals unter einen Unterstand. Es werden Kakaobohnen mit Zucker genascht, die Stimmung ist heiter und aufgeschlossen. Wir wandern in die Reisfelder und klettern zum Abschluss in den schwer zugänglichen Wasserfall-Pool im Hang. Es ist ein gefährliches Unterfangen und mir geht ganz schön die Sause. Für einige Minuten schweben wir auf einem ausgelassenen Adrenalin-High, dann klettern wir etwas eingeschüchtert von der Strömung wieder aus dem Nadelöhr. Im strömenden Regen geht es zurück, die kurvige Küstenstraße ermöglicht immer wieder großartige Blicke auf die Buchten und wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus.

    Am nächsten Morgen begegne ich dem Eigentümer der Unterkunft auf der Straße. Er sitzt hinter einer Einheimischen auf dem Roller und hält ein kleines, schmutziges Kätzchen in der Hand, das ganz unglücklich maunzt. Ich verwerfe spontan meine Pläne und gehe zurück zum Hostel aus dem ich bereits ausgecheckt habe um sicher zu gehen, dass mit dem Kätzchen alles in Ordnung ist. Der Eigentümer ist leider völlig desinteressiert an dem kleinen Geschöpf und bei mir kickt der Mutterinstinkt. Ich putze und füttere "Dodo" und sie schläft erschöpft in meinem Schoß ein. Den ganzen Tag verbringe ich mit der Pflege der kleinen Babykatze und am Nachmittag macht sie schon einen sehr viel fitteren Eindruck. Ich verlasse für einige Stunden den Ort des Geschehens, ich habe den Manager gebeten ein Auge auf Dodo zu haben. Als ich am Abend zurückkehre, herrscht heiteres Treiben. Einige Kumpels des Managers sind vorbeigekommen, es wird getrunken und gelacht. Mittendrin die kleine Dodo, die nicht zu wissen scheint, wohin mit sich. Sie tapst von Mensch zu Mensch und mauzt wehleidig. Ich versuche sie in einem Karton schlafen zu legen, aber das sieht die kleine Entdeckerin gar nicht ein. Nun gut, ich kann sie nicht mitnehmen, ich muss auf das Umfeld Vorort vertrauen. Hamzah rückt mir unangenehm auf die Pelle und ich beschließe mich zu verabschieden. Beim Abschied bitte ich jeden einzelnen Gast ein Auge auf Dodo zu haben. "Don't worry, she will be fine"

    Am nächsten Morgen steht Hamzah unerwartet vor der Tür. Ich habe ihn bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ernst erlebt und schrecke fast vor ihm zurück. "The kitten died", sagt er. Ich starre bewegungslos, sage gar nichts und steige zu ihm auf den Roller. Wut. So wütend. Auf wen überhaupt? Mich selbst? Die blöden Typen vom Hostel? Beim Hostel heben die zwei Angestellten/Kumpels bereits ein kleines Grab im Garten aus. Ich überprüfe den kleinen Körper von Dodo. Jap, sehr tot. Eine schmale Ameisenstraße hat bereits einen Weg ins kleine Mäulchen gefunden. "Der Lauf der Dinge. So schnell geht's...", denke ich mir. Gestern noch quietsch-lebendig und jetzt mausetot. Immer noch wütend. Ich bin jedoch schweigsam und tue gefasst, was getan werden muss. Auf ein Stück trockenen Bambus schreibe ich einige Worte und stecke den Stab als Grabstein in die Erde. Die Typen vom Hostel sitzen verkatert in der Küche. "Wieso verdammt noch Mal, habt ihr nicht aufgepasst, so wie ihr es versprochen habt?" Möchte ich gerne fragen und dabei reihum gehen und jeden einzeln feste ohrfeigen. PATSCH PATSCH PATSCH! Stattdessen sage ich gar nichts, gucke kühl und gehe ohne Verabschiedung davon. Mich plagen Selbstvorwürfe. Hätte ich mehr tun können? Wieso haben die Leute Vorort nicht mehr getan?

    Ich ziehe mich an den Strand zurück und meditiere eine Weile. Irgendwann taucht Hamzah auf, um mir Gesellschaft zu leisten. Es tut ihm aufrichtig leid um Dodo und ich bin dankbar für sein Mitgefühl. Der Tag ist schon fortgeschritten, eine Weiterreise macht wenig Sinn, trotzdem steht nach der Meditation für mich fest: Ich will hier weg. Kein dramatischer Druck, einfach nur eine ruhige Gewissheit, dass ich diesen Ort, so traumhaft er auch ist, nicht mehr genießen kann. Ich entdecke Monica in den Wellen. Sie bekommt gerade privaten Surfunterricht von einem attraktiven Einheimischen. Wow, was für eine tolle Chance. Es wäre so einfach sich anzuschließen und genauso viel Spaß zu haben. Wir unterhalten uns kurz und sie versucht mich zu überreden da zu bleiben. Es ist ihr anzusehen, dass sie hier überglücklich ist und für einen Moment frage ich mich, wieso ich nicht genauso empfinden kann. Es stimmt: wir sind im Paradies. Trotzdem brodelt ein Unwohlsein in mir. Ich beschließe auf das Bauchgefühl zu hören. Weiter geht’s! Ich hole mein Gepäck im Hotel ab und frage den Eigentümer nach dem schnellsten Weg in die Berge. Sein Bruder lauscht und bietet sich spontan als Fahrer an. Keine 10 Minuten später sitze ich ungemütlich mit ihm auf seinem Roller und wir düsen dem Vulkan entgegen.
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