Lombok
14 Maret 2024, Indonesia ⋅ 🌧 28 °C
Ich freunde mich mit Monica, einer Solo-Reisenden aus Litauen an und gemeinsam setzen wir mit der Fähre nach Lombok über. Die Überfahrt ist ungemütlich, die Wellen werfen den schmalen Kahn von Seite zu Seite. Auf dem Festland angekommen, werden wir von aufdringlichen Taxifahrern belagert und es wird so unangenehm, dass ich sogar unhöflich werde. Ein wenig verstimmt geht's zum Hostel. Die kleinen, bunten Zelt-Hütten stehen lustig vor dem saftig-grünen Hintergrund. Ich überlasse Monica die letzte verfügbare Hütte und buche mich selbst im stickigen Dorm ein. Kurz darauf komme ich mit einer jungen Deutschen ins Gespräch, die am Vortag einen mittelschweren Rollerunfall hatte. Die Unterhaltung mit ihr ruft deutlich in Erinnerung, wie schnell man hier unter die Räder gerät, auch unverschuldet.
Am kommenden Morgen führen mich meine Füße wie von selbst zum Strand. Der Sand hat in einigen Abschnitten eine pechschwarze Farbe durch den Vulkanstaub und die Wellen rauschen laut, weiß und schäumend heran. Die Nachbarinseln werden von dunklen Regenwolken verschluckt. Wieder ein Ort, an dem die Zeit nicht zu existieren scheint. Obwohl es beinahe etwas Beängstigendes an sich an, fühle ich tiefe Ruhe. Die Farbe Rauchblau (meine Lieblingsfarbe) erscheint die Stimmung gut einfangen zu können: Eine kühle, distanzierte Farbe, die trotzdem eine beruhigende Wirkung ausstrahlt. Ich bin ganz alleine am Strand und jogge durch den weichen Sand. Auf dem Rückweg streichele ich gerade einen kurzbeinigen Straßenhund, als plötzlich ein wuscheliger Mann auftaucht, der mir etwas zuruft. Er will wissen, wo ich unterkomme. „Pff.. als ob ich dir das verraten würde“ denke ich mir. Ich reagiere abweisend, bin mir bewusst, dass wir die einzigen zwei Menschen weit und breit sind. Einige Minuten später fährt der Mann mir mit dem Roller hinterher und stoppt mich erneut. Oh oh, Alarmstufe orange! Er winkt beschwichtigend ab "I know you, we met yesterday. Don't you remember?" Und tatsächlich, am Abend zuvor haben wir Gäste mit dem Hostelpersonal und deren Freunden zusammengesessen und da war er auch dabei. Ups, gar nicht erkannt. Aber auch kein Wunder, dass ich mich nicht so genau erinnere: aus einer Laune heraus hat der Manager uns seine selbst gepflückt und getrockneten magic mushrooms gezeigt und Monica und mir einen Tee daraus zubereitet. Die Wirkung war minimal, außer einer kleinen Lichtempfindlichkeit war kein Effekt zu spüren. Aber nun gut... erkannt habe ich den Typ ja dann letztendlich trotzdem nicht mehr. Ich bin erleichtert, dass die gruselige Situation sich doch noch als harmlos herausstellt.
Am Nachmittag unternehmen wir zu viert einen Ausflug in den Norden. Hamzah (der bekannte Fremde vom Strand) und Monica auf einem Roller, eine junge Deutsche und ich auf einen zweiten. Hamzah will uns einen Wasserfall zeigen und wir erhalten eine ausführliche Tour durch die Gegend. Der erste Wasserfall kracht ohrenbetäubend zu uns herunter und der Dunst, der dicht aus dem Pool aufsteigt, durchnässt unsere Klamotten. Kurz darauf geht ein plötzlicher Monsun auf uns nieder und wir drängen uns mit einigen Locals unter einen Unterstand. Es werden Kakaobohnen mit Zucker genascht, die Stimmung ist heiter und aufgeschlossen. Wir wandern in die Reisfelder und klettern zum Abschluss in den schwer zugänglichen Wasserfall-Pool im Hang. Es ist ein gefährliches Unterfangen und mir geht ganz schön die Sause. Für einige Minuten schweben wir auf einem ausgelassenen Adrenalin-High, dann klettern wir etwas eingeschüchtert von der Strömung wieder aus dem Nadelöhr. Im strömenden Regen geht es zurück, die kurvige Küstenstraße ermöglicht immer wieder großartige Blicke auf die Buchten und wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus.
Am nächsten Morgen begegne ich dem Eigentümer der Unterkunft auf der Straße. Er sitzt hinter einer Einheimischen auf dem Roller und hält ein kleines, schmutziges Kätzchen in der Hand, das ganz unglücklich maunzt. Ich verwerfe spontan meine Pläne und gehe zurück zum Hostel aus dem ich bereits ausgecheckt habe um sicher zu gehen, dass mit dem Kätzchen alles in Ordnung ist. Der Eigentümer ist leider völlig desinteressiert an dem kleinen Geschöpf und bei mir kickt der Mutterinstinkt. Ich putze und füttere "Dodo" und sie schläft erschöpft in meinem Schoß ein. Den ganzen Tag verbringe ich mit der Pflege der kleinen Babykatze und am Nachmittag macht sie schon einen sehr viel fitteren Eindruck. Ich verlasse für einige Stunden den Ort des Geschehens, ich habe den Manager gebeten ein Auge auf Dodo zu haben. Als ich am Abend zurückkehre, herrscht heiteres Treiben. Einige Kumpels des Managers sind vorbeigekommen, es wird getrunken und gelacht. Mittendrin die kleine Dodo, die nicht zu wissen scheint, wohin mit sich. Sie tapst von Mensch zu Mensch und mauzt wehleidig. Ich versuche sie in einem Karton schlafen zu legen, aber das sieht die kleine Entdeckerin gar nicht ein. Nun gut, ich kann sie nicht mitnehmen, ich muss auf das Umfeld Vorort vertrauen. Hamzah rückt mir unangenehm auf die Pelle und ich beschließe mich zu verabschieden. Beim Abschied bitte ich jeden einzelnen Gast ein Auge auf Dodo zu haben. "Don't worry, she will be fine"
Am nächsten Morgen steht Hamzah unerwartet vor der Tür. Ich habe ihn bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ernst erlebt und schrecke fast vor ihm zurück. "The kitten died", sagt er. Ich starre bewegungslos, sage gar nichts und steige zu ihm auf den Roller. Wut. So wütend. Auf wen überhaupt? Mich selbst? Die blöden Typen vom Hostel? Beim Hostel heben die zwei Angestellten/Kumpels bereits ein kleines Grab im Garten aus. Ich überprüfe den kleinen Körper von Dodo. Jap, sehr tot. Eine schmale Ameisenstraße hat bereits einen Weg ins kleine Mäulchen gefunden. "Der Lauf der Dinge. So schnell geht's...", denke ich mir. Gestern noch quietsch-lebendig und jetzt mausetot. Immer noch wütend. Ich bin jedoch schweigsam und tue gefasst, was getan werden muss. Auf ein Stück trockenen Bambus schreibe ich einige Worte und stecke den Stab als Grabstein in die Erde. Die Typen vom Hostel sitzen verkatert in der Küche. "Wieso verdammt noch Mal, habt ihr nicht aufgepasst, so wie ihr es versprochen habt?" Möchte ich gerne fragen und dabei reihum gehen und jeden einzeln feste ohrfeigen. PATSCH PATSCH PATSCH! Stattdessen sage ich gar nichts, gucke kühl und gehe ohne Verabschiedung davon. Mich plagen Selbstvorwürfe. Hätte ich mehr tun können? Wieso haben die Leute Vorort nicht mehr getan?
Ich ziehe mich an den Strand zurück und meditiere eine Weile. Irgendwann taucht Hamzah auf, um mir Gesellschaft zu leisten. Es tut ihm aufrichtig leid um Dodo und ich bin dankbar für sein Mitgefühl. Der Tag ist schon fortgeschritten, eine Weiterreise macht wenig Sinn, trotzdem steht nach der Meditation für mich fest: Ich will hier weg. Kein dramatischer Druck, einfach nur eine ruhige Gewissheit, dass ich diesen Ort, so traumhaft er auch ist, nicht mehr genießen kann. Ich entdecke Monica in den Wellen. Sie bekommt gerade privaten Surfunterricht von einem attraktiven Einheimischen. Wow, was für eine tolle Chance. Es wäre so einfach sich anzuschließen und genauso viel Spaß zu haben. Wir unterhalten uns kurz und sie versucht mich zu überreden da zu bleiben. Es ist ihr anzusehen, dass sie hier überglücklich ist und für einen Moment frage ich mich, wieso ich nicht genauso empfinden kann. Es stimmt: wir sind im Paradies. Trotzdem brodelt ein Unwohlsein in mir. Ich beschließe auf das Bauchgefühl zu hören. Weiter geht’s! Ich hole mein Gepäck im Hotel ab und frage den Eigentümer nach dem schnellsten Weg in die Berge. Sein Bruder lauscht und bietet sich spontan als Fahrer an. Keine 10 Minuten später sitze ich ungemütlich mit ihm auf seinem Roller und wir düsen dem Vulkan entgegen.Baca selengkapnya
Am Fuße des Vulkans
17 Maret 2024, Indonesia ⋅ ⛅ 26 °C
Tetebatu
Die Fahrt auf dem kleinen Roller nach Tetebatu ist ungemütlich und ich klammere mich wie ein Äffchen an den Fahrer. Die Nachmittagssonne scheint und die Umgebung ist abwechslungsreich, saftig grün und paradiesisch. Jeder Meter, den wir zurücklegen, bestärkt mich in der Entscheidung, weiterzuziehen. Mich plagen noch immer Schuldgefühle und Wut wegen Dodo, dem toten Katzenbaby. Ich verstehe jedoch allmählich, dass die Entscheidung, sie auf dem Grundstück des Hostels zu belassen, die richtige war. Nur hier hatte sie eine realistische Überlebenschance. Hätte ich denn wirklich mehr für sie tun können? Ist das ein Fall von „Shit happens“? Wir erreichen Tetebatu kurz vor Dämmerung und mein Gedankenkarussell wird endlich unterbrochen.
Ich habe mich in einer Unterkunft mitten in den Reisfeldern eingebucht. Ein junges Bauernpaar hat einige Hüttchen auf ihrem Grundstück zusammengeschustert und begrüßt mich freudig. Ich bin der einzige Gast. Der junge Mann ist in meinem Alter, aber strahlt die „Verlebtheit“ eines 50-Jährigen aus. Seine Frau ist Anfang 20 und ihr Lächeln würde Eis zum Schmelzen bringen, so strahlend ist es. Ich würde sie nicht auf Anhieb als hübsch oder attraktiv beschreiben, aber sobald sich ihr Gesicht zu mir dreht und lächelt, ist sie der schönste Mensch auf der Welt. Eine faszinierende Verwandlung. Die Zwei haben alle Hände voll zu tun mit den Feldern, Nutztieren und Touristen. Und zu allem Überfluss auch noch Ramadan! Ich habe ein schlechtes Gewissen, Abendessen zu bestellen; die beiden müssen so kurz vor dem täglichen Fastenende hungrig sein. Aber Angi, die junge Bäuerin, beruhigt mich, das sind sie gewohnt und ich muss mich nicht sorgen. Sie strahlt und kichert, als ich sie für ihr traditionelles Abendessen mit Komplimenten überschütte.
In der Nacht halten mich meine Gedanken und die Naturgeräusche wach: Ein großer Waran jagt ein Nagetier über das Dach meiner Hütte. Geckos, die ihre ulkigen „I-A“ Rufe in die Nacht senden. Rascheln, Surren, Klappern... So viel nächtliches Leben auf dem Feld. Meine Grübeleien über die kleine Dodo werden abgelöst von der Frage: „Was jetzt?“. Die Reise neigt sich schon dem Ende zu. Was will ich noch erleben, was will ich sehen? Ich muss bald Entscheidungen treffen.
Der Bauer nimmt mich am nächsten Vormittag nach dem Frühstück zu einer Tour durch das Umland mit. Beim Vorbeilaufen an meiner Hütte zeigt er auf eine Pflanze und fragt mich, ob ich wüsste, was das ist. Ich bin ein Stadtkind, ich weiß gar nichts über Flora und Fauna, antworte ich. Wir gehen auf dem Grundstück von Pflanze zu Pflanze und er erklärt mir, was ich sehe: Vanille, Erdnüsse, Bananen, Mango, Kakao, Pfeffer, Schlangenfrucht, und viel, viel Reis. Kein Wunder, dass nachts so ein Trubel vor der Tür herrscht... ich schlafe ja praktisch in der Speisekammer. Die Pflanzen sehen aus, wie willkürlich gewachsen, aber er erklärt mir die Logik des Anbaus: Die verschiedenen Pflanzen helfen sich durch ihre Eigenschaften gegenseitig und gleichen Nachteile aus. Der große Vorteil einer kleinteiligen Mischkultur.
Das Gras direkt am Rand des Reisfeldes zum Beispiel befestigt die Terrassen durch seine Wurzeln und hindert sie am Abrutschen. Gleichzeitig bieten ihre Wurzeln Futter für die dicken Fische, die im Wasser der Reisfelder leben und später wird das Gras als Viehfutter verwendet. Die Fische düngen den Reis und das Gras, werden nach und nach gefangen und gegessen. Der Mensch kann sich im besten Fall zurücklehnen und auf die Ernte warten. Ich bin erstaunt und sehe die Umgebung mit neuen Augen.
Wir laufen zum Dorfkern und ich werde zum „Touri-Spot“ gebracht. Meinem Guide scheint der Boxenstopp unangenehm zu sein. Zu Recht, denn ich bin genervt, dass das „Abgreifen von Touristen“ sogar hier in der Abgeschiedenheit stattfindet. Im Rathaus wird mir und zwei weiteren weißen Besuchern, die sich außerhalb der Saison hierher verirrt haben, eine kleine Tee- und Kaffee-Verkostung aufgedrückt, um sie zum Kauf der lokalen Produkte anzuregen. Da mein Guide mir schon so viel erklärt hat und ich tatsächlich neugierig geworden bin, kaufe ich heute ausnahmsweise tatsächlich ein Päckchen „Vanille-Kaffee“, denn langsam muss ich ja mal über Souvenirs nachdenken.
Das Wetter kann sich nicht entscheiden und es regnet ein wenig, als wir barfuß durch ein Bachbett zu einem versteckten Wasserfall waten. Ein Lichtschein wirft sich scharf auf die Wasseroberfläche des kleinen Pools und blendet mich. Grüne Farne hängen durch den schmalen Spalt, durch den der Bach hinunter plätschert. Mein Guide gibt mir Zeit, ein wenig herumzustehen und die Atmosphäre aufzunehmen. Wie schön, dass wir diesen Ort für uns alleine haben; heute sind wir die ersten Besucher. Ein Ort aus Märchen!
Weiter geht´s, über die schmalen Trampelpfade zwischen den Reisfeldern. Ich versuche meinen neuen Kumpel in ein Gespräch zu verwickeln, aber selbst meine Witze perlen an ihm ab. Ein ernster, schüchterner Zeitgenosse. Aber zugegeben: Ich habe viele Fragen, bestimmt hat er schon lange nicht mehr so viele „blöde“ Fragen beantworten müssen. Er erklärt mir, dass auf jedem Feld eine kleine Hütte steht, denn kurz vor der Erntezeit müssen die Bauern Tag und Nacht vor Ort sein, um Affenbanden davon abzuhalten, das Feld zu plündern. Die Sonne lässt sich endlich wieder blicken und verwandelt die Felder in eine der schönsten Kulissen, die ich je gesehen habe. Das Wasser glitzert durch die Reispflanzen, satte, grüne Farben und eine sachte Brise, die in einer fließenden Bewegung durch die Halme fährt. Zwei Frauen kommen uns lachend entgegen und balancieren große Körbe auf den Köpfen. Ihre bunten Röcke und strahlenden Gesichter fangen für mich genau das ein, was Indonesien für mich bedeutet: Unbeschwertheit.
Wir schleichen leise durch den Wald und mein Guide späht in die Baumkronen, während er merkwürdige Rufe nachahmt. Er versucht, die schwarzen Affen anzulocken, die es nur in diesem Wald und sonst nirgendwo auf der Welt gibt. Nach einer halben Stunde endlich eine tierische Antwort und wir stoßen auf die Gruppe schwarzer Affen, die unbeeindruckt von uns in den Ästen hängt. Die Tiere sind groß und haben ungewöhnliche Gesichter, anders als die üblichen Makaken. Ich habe keine Ahnung von Affenarten, daher lässt mich diese Sichtung nur milde beeindruckt zurück. Aber ich kann an der plötzlichen Freude und Aufgeschlossenheit des Bauern ablesen, dass diese Sichtung etwas Besonderes zu sein scheint.
Zurück in der Unterkunft ist ein neuer Gast angekommen und wir trinken zusammen einen Tee. Eine junge Französin, die eine bescheidene und entschlossene Ausstrahlung hat. Ich mag sie auf Anhieb. Ich erzähle ihr von meinen Entscheidungsschwierigkeiten. Dass die Zeit, nun da so wenig davon übrig ist, kostbar zu sein scheint... Ich will sie bestmöglich nutzen. Am Rande erwähne ich, dass für mich noch zur Debatte steht, einen Meditationskurs im Rahmen eines Vipassana zu machen. Sie schaut erstaunt von ihrem Getränk auf, ihre Augen mustern mich erst ernst und strahlen dann vor Freude. „That is going to be the best decision of your life“, sagt sie. Sie hat zu Beginn ihrer Reise 10 Tage in einem Vipassana-Camp verbracht und erzählt mir knapp davon. Schon in Indien habe ich einige Leute getroffen, die davon begeistert waren und auch auf meiner „In Indien nachholen“-Liste steht ein Meditationskurs ganz weit oben.
Ihre unaufgeregte Begeisterung und felsenfeste Überzeugung machen mich neugierig. Ich recherchiere einige Camps und bewerbe mich kurzentschlossen bei einem, das auf der vorgesehenen Route liegt. Wenn es nicht klappt, reise ich im Top-Speed durch die restlichen Regionen, die ich noch sehen will. Wenn es klappt, schnüre ich ein abgespecktes Päckchen. Soll das Schicksal entscheiden! Ich schlafe in der Nacht schon sehr viel besser. Der Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen, hat sich gelegt.
Am nächsten Morgen passen Margaux (deren Name übrigens Licht bedeutet – wie passend!) und ich auf Angis Baby/Kleinkind auf, als sie uns Frühstück zubereitet. Wir sind uns einig: Irgendwas ist komisch an diesem Kind. Es ist in dem Alter, dass es gerade so laufen kann. Wir brauchen lange, um endlich benennen zu können, was uns beide unabhängig voneinander so verunsichert: Das Kind „Arumi“ hat eine wahnsinnig genaue Präzision und Kraft. Jede Bewegung ist exakt. Es schiebt/hebt sich den Stuhl an den Tisch und klettert ohne ein Zögern auf den Stuhl und den Tisch, um mit uns auf Augenhöhe spielen zu können. Es greift nach meinem Stift, eine beherrschte Bewegung wie die eines Erwachsenen. Kein daneben Tatschen oder unkoordiniertes Wackeln. Gruselig und faszinierend zugleich! Wie kann ein Kleinkind in seiner Koordination schon so fortgeschritten sein?
Nach dem Frühstück verabschieden Margaux und ich uns von der kleinen Familie. Ich fahre den Roller mit meiner neuen Freundin Richtung Süden. Das Wetter ist gütig und verschont uns vor einer ungewollten Dusche. Die Fahrt durch den Süden Lomboks ist landschaftlich wunderschön.Baca selengkapnya
Der letzte Tag in Indonesien
19 Maret 2024, Indonesia ⋅ ☀️ 31 °C
// Kuta
Die ganze Stadt scheint nur eine Daseinsberechtigung zu haben: Surfen! Das wird deutlich, wenn man die braungebrannten und muskulösen Rücken der Passanten auf der Straße sieht. Tagsüber liegt die Ortschaft in einer trägen Stille, während die Besucher sich auf den Wellen tummeln. Doch wenn die Dämmerung hereinbricht, erwachen die Restaurants und Bars zum Leben und erfüllen die Luft mit einer sprudelnden, positiven Energie.
In der ersten Nacht übernachte ich in einem privaten Zimmer, das ebenso schäbig wie günstig ist. Mein Gehirn arbeitet fieberhaft an der Entscheidung, wie es weitergehen soll, und ich bin dankbar für das soziale Vakuum. Keine Gespräche, keine Aktivitäten.
Beim Duschen am Morgen erlebe ich eine filmreife Szene: Als ich gerade gedankenverloren den Kopf einschäume, quetscht sich eine dicke Kakerlake aus dem Abfluss zwischen meinen Füßen und flitzt panisch im Zickzack durch das winzige Badezimmer. Auch ich laufe im Zickzack und rette mich mit einem Hechtsprung in den erhöhten Flur. Das Vieh ist so lang wie ein Finger! Da hilft nur: Tür zu und hoffen, dass es den Rückweg findet.
Mit einem alten, klapprigen Roller mache ich mich auf den Weg zu einem „ursprünglichen Dorf der indigenen Bevölkerung“, das sich bei meiner Ankunft als stark kommerzialisiert entpuppt. Ein Guide fängt mich an der Straße ab und führt mich über schmale Trampelpfade, die zwischen hölzernen Hütten hindurchführen. Die Außenwände bestehen aus ausgeblichenen, gewebten Naturfasern, die Dächer sind dick mit Grasbüscheln gedeckt. So weit das Auge reicht, nur Beige, Beige, Beige. Endlich ein Klecks Farbe: In einer offenen Hütte webt eine alte Oma an einem altertümlichen Webstuhl einen Schal. Fasziniert beobachte ich ihre Arbeit einige Minuten, bis sie mich einlädt, es selbst einmal zu probieren. Spaßig! Doch damit endet der erfreuliche Teil der Führung.
Unvermittelt werde ich zum Kauf eines Souvenirs gedrängt, doch ich erkläre, dass ich nicht genügend Bargeld dabei habe. „Gar kein Problem“, sagt der Guide, denn um die Ecke, mitten in dieser vermeintlich ursprünglichen Umgebung, steht ein Geldautomat. Kein Strom, kein fließendes Wasser, aber ein ATM… Was zum Geier?! Ich verweigere mich und der Guide führt mich weiter zum Aussichtspunkt, während er mir stolz erzählt, wie er einst seine Cousine gegen ihren Willen entführt hat, um sie anschließend zur Heirat zu zwingen. Uff... schwierige Traditionen. Ich lehne weiterhin ab, durch den Kauf von Souvenirs den „Erhalt des Ortes“ zu unterstützen, und der Herr führt mich schließlich schlechtgelaunt zurück zu meinem Roller. So faszinierend die Architektur auch sein mag, dieser Besuch hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.
Am Abend setze ich mich ins verdorrte Gras auf einen Hügel und beobachte den Sonnenuntergang über der Bucht. Die Wellen rollen scheinbar endlos an den Strand, und die Abendsonne glitzert um die vereinzelten, winzigen Surfer im Wasser. Ich werde nostalgisch und sehne mich plötzlich nach Gesellschaft. So schön es hier auch ist, mir wird klar, dass ich die Schönheit dieses Ortes aufgrund meiner Einsamkeit nicht in ihrem vollen Potenzial genießen kann.
//Surfen
„Wenn ich schon mal hier bin“, sage ich mir und melde mich an meinem letzten Tag in Indonesien für einen Surfkurs an. In Portugal hatte ich vor einigen Jahren die Grundlagen bereits gelernt und bin daher zuversichtlich: „I got this!“.
Einem kleinen Kennenlernen folgt eine Einweisung an Land.
Wir sind etwa zehn Schüler, die auf einem winzigen, selbstgebauten Katamaran in die Bucht hinausgeschippert werden. Ich bin zwar motiviert, bemerke jedoch schnell, dass die Wellen zwar einfach zu erwischen, aber relativ hoch und schnell sind. Ein Lehrer hilft mir mit dem Timing, und ich schaffe es, drei große, lange Wellen zu surfen. Bei der letzten Welle stehe ich jedoch zu weit vorne auf dem Brett und mache einen „Nosedive“: Das Brett verhakt sich im Wasser und katapultiert mich mit enormer Kraft nach vorne-unten. Schmerzhaft klatsche ich ins Wasser und werde unter der Welle weitergewirbelt. Der Strudel lässt mich nicht los, und ich erlebe die sogenannte „Waschmaschine“ (Der Begriff beschreibt den Vorgang perfekt). Mehr als fünf Sekunden bin ich orientierungslos in der Welle gefangen, bevor ich endlich auftauchen kann. Das war eine gruselige Situation.
Es sind relativ viele Schüler im Wasser, und es kommt mehr als einmal zu Beinahe-Zusammenstößen in meinem direkten Umfeld. Gefährlich! Wieso lässt man so viele manövrierunfähige Anfänger auf einem Spot surfen? Gerade als ich wieder auf der Rip Current hinaus paddle, die Schultern und der Nacken schmerzen fies von der ungewohnten Bewegung, wird mir plötzlich zu allem Überfluss auch noch übel. Ich setze mich aufs Brett und atme tief durch. In wenigen Sekunden fährt die Übelkeit meinen Kreislauf herunter, und ich kann mich kaum noch aufrecht halten. Ich würge, und mein Magen krampft. Bin ich überanstrengt vom Paddeln? Oder seekrank? Ich schaukle eine gefühlte Ewigkeit bewegungslos auf den Wellen im Randbereich, bevor ich einsehe, dass ich zu überhaupt nichts mehr fähig bin. Ich muss aus dem Wasser, wird mir klar. Scheiße. Das Ufer ist zu weit entfernt, ich kann nicht aus eigener Kraft zurückpaddeln, meine einzige Chance liegt darin, in eines der Boote zu klettern, das außerhalb der Wellen wartet. Ich winke einen der Surflehrer heran. Übelkeit ist ja nichts Neues für mich, daher bin ich nicht hektisch oder hysterisch, nur enttäuscht und frustriert. Beim Näherkommen versuche ich ihm zu sagen, dass mir übel ist, aber es kommt kein Wort heraus. Mein Mund geht auf und zu, ich drücke Luft mit aller Kraft heraus, aber es formen sich einfach keine Worte. Was ist denn jetzt los? Der junge Mann paddelt näher heran und mustert mein Gesicht mit großen, ernsten Augen. Ich habe ein starkes Déjà-vu und erinnere mich an Tejas, wie er mich angsterfüllt gemustert hat, als ich die Lebensmittelvergiftung hatte. Der Moment dehnt sich wie Kaugummi, ich bin nicht fähig, auch nur ein Wort hervorzubringen. Die angsteinflößende Hilflosigkeit und das völlige Unverständnis für das, was passiert, sind übermächtig.
Dann ruft der Lehrer seinem Kollegen etwas zu, und ich verstehe nur das Wort „Panic attack“. Hä, was? Ich soll eine Panikattacke haben? Und dann erst verstehe ich: Ich kann nicht sprechen, weil ich nicht atmen kann. Kaum dass ich das begriffen habe, wird es kurz ganz schlimm: Ich ringe gewaltsam nach Luft, aber es fühlt sich an, als würde ich stranguliert. Meine Hände und Füße werden taub, ich zittere, meine Ohren dröhnen und das Blickfeld wird angsam dunkler. Ich konzentriere mich auf eine ruhige, tiefe Atmung und mache mich auf dem Brett ganz lang. Ein Kampf mit einem unsichtbaren Gegner, der Minuten zu Stunden werden lässt.
„We have to get out of the waves, the boat can't come here“, sagt der Lehrer. Er drückt mir seine Leine in die Hand und paddelt los, ich bewegungslos im Schlepptau. Und wie aufs Stichwort erwischt uns eine Monsterwelle, und ich gerate wieder in die Waschmaschine. „Das war's“, denke ich mir unter Wasser. Aber der Überlebenswille tut, was er soll, und plötzlich bewegen sich Arme und Beine doch wieder, und ich schaffe es zurück an die Wasseroberfläche. Japsend kralle ich mich ans Board, Isam, der Surflehrer und Retter, zieht mich zurück aufs Board, und plötzlich kann ich wieder atmen! Der Schreck hat wohl die Panikattacke unterbrochen.
Das Boot kann oder will uns nicht retten, trotz Isams Bemühungen, auf uns aufmerksam zu machen. Er ändert die Taktik und treibt mein Board in die nächste große Welle, die ich für mindestens 20 Meter bodysurfe. Das wäre sehr spaßig gewesen, wenn ich nicht so entkräftet gewesen wäre. Wir haben die hohen Wellen hinter uns gelassen, doch es kommt noch immer kein Boot zu unserer Rettung; wir müssen bis zum Strand surfen und paddeln. Auf halber Strecke müssen wir eine erneute Kotzpause einlegen, dann ist es überstanden, und ich schleppe mich auf wackeligen Beinen zur nächsten Strandliege. Erst mal klarkommen. Später erfahre ich, dass auch zwei der anderen Schüler gerettet werden mussten – was für ein Katastrophentag!
Schüchtern und ehrfürchtig bedanke ich mich bei Isam. An Land ist er ein junger, drahtiger Kerl mit Mondgesicht und breitem Grinsen. Im Wasser ist er Aquaman. Da sieht man, Erfahrung und Können schlagen reine Muskelkraft. „You are a saviour“, sage ich zum Abschied und drücke ihn fest.
//Ein verfluchter Tag
Nach dem großen Drama des Tages gönne ich mir eine echt-italienische Pizza im schönsten Restaurant auf der Fressmeile. „Abschalten, abschütteln, zurück zur Zuversicht“, lautet die Agenda des Abends. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit mir: Freche Kinder kreischen und springen um mich herum, bis ich wütend den Sitzplatz wechsle. Zu allem Überfluss juckt es mich am ganzen Körper... Ein Blick unter den Socken offenbart eine Straße von Stichen. Bettwanzen! Genau das hat mir noch gefehlt. Mir ist nach einem hysterischem Lachen zumute. Zurück im Hostel inspiziere ich die restlichen juckenden Stellen und stelle fest, dass ich vergangene Nacht wohl das Abendessen für eine ganze Kolonie Wanzen war. Ich informiere die Rezeption. Am liebsten würde ich sofort ausziehen, aber das Taxi ist für den frühen Morgen bestellt, und ich muss mich mit einem anderen Bett begnügen.
Eine kurze Nacht steht mir bevor: Mein Wecker ist auf 3:30 Uhr gestellt, das Taxi kommt um 4 Uhr, der Flug geht um 6. Doch wach werde ich erst vom Wecker des Bettnachbarn um 5 Uhr. Nur noch eine Stunde bis zum Abflug! Hektik bricht aus, und ich werfe achtlos alle sieben Sachen in den Rucksack, während ich panisch den Taxifahrer anrufe. Verständlicherweise ist er verärgert, weil er in der Dunkelheit auf mich gewartet hat, aber mit dem Versprechen auf einen verdoppelte Vergütung lässt er sich überreden, mich noch mal abzuholen.
Er scheint sich darüber zu freuen, dass wir es eilig haben, und drückt kräftig aufs Gas. Meine Angst, den Flug zu verpassen, weicht der Angst vor einem Unfall. Ich klammere mich an dem funktionsunfähigen Sicherheitsgurt fest. In einer scharfen Kurve vor dem Dorf, das ich am Vortag besucht habe, bremst er plötzlich ab und wir schleichen im Schritttempo weiter. Ich schaue ihn fragend an und er erklärt mir, dass hier Geister ihr Unwesen treiben und es daher ständig zu Unfällen kommt. Gerade dachte ich noch, „schlimmer geht's nicht mehr“, aber eine Begegnung mit einem Geist würde dem Ganzen wirklich die Krone aufsetzen. Angespannt spähe ich in den dichten Nebel, der aus dem pechschwarzen Unterholz sickert… Doch kein Geist erscheint, und wir beschleunigen wieder auf 130 km/h und rasen zum Flughafen. Noch 30 Minuten bis zum Abflug sagt die Uhr, als ich durch den Haupteingang renne. Das Bodenpersonal des kleinen Flughafens ist glücklicherweise kooperativ und macht mir keine Schwierigkeiten. Bei den vergangenen Flügen blieb ich ständig beim Boarding stecken, immer gab es etwas auszusetzen an meinem Gepäck. Aber heute klappt alles einwandfrei. Um 6:15 Uhr hebt der Flieger planmäßig ab -mit mir darin! Ich kann mein Glück im Unglück kaum fassen.
Doch die Pechsträhne setzt sich beim Zwischenstopp in Kuala Lumpur fort: Ich reise nur mit Handgepäck, und die Abmessungen und das Gewicht meines Rucksacks waren (anders als der Inhalt) bisher nie ein Problem bei der Kontrolle... bis heute. Ich bin 4 Kilogramm drüber und soll dafür bezahlen. Vier mickrige Kilo! „Nun gut, wenn ihr es so wollt“, denke ich mir nach einer fünfminütigen Diskussion, drehe um und stapfe verärgert zur Toilette, wo ich alle meine Klamotten übereinander anziehe. Wie albern, diesen Kampf auszufechten, aber ich will nicht akzeptieren, dass ein 200 kg schwerer Mann mit 7 kg Gepäck akzeptiert wird, während 50 +11 Kilo „zu schwer“ sein sollen. Naja, rückblickend kann ich die Festsetzung schon verstehen, aber in dem Moment bin ich wütend!
Schwitzend und schnaufend, aber siegessicher, stehe ich wie ein kleines Michelinmännchen wieder vor der freundlichen Frau an der Waage. Ja, fast... immer noch ist mein Gepäck ein kleines bisschen zu schwer. Ach, scheiß drauf. Ich gebe mich geschlagen und tapse frustriert davon. Die Dame ruft mich nach einigen Schritten zurück. Sie lächelt gütig und gestattet mir, mein Gepäck nun doch noch kostenlos einzuchecken. Yeayyy! (A for effort)
Der Stopover in Kuala Lumpur beträgt insgesamt 4 1/2 Stunden, und die Zeit brauche ich auch, um zweimal das Terminal zu wechseln, durch die Immigration zu warten und das Gepäck zu regeln. Gerade setze ich mich zum Kaffeetrinken hin und will Max am Telefon von meinem Abenteuer erzählen, da wird schon der „Last Call“ für meinen Flug ausgerufen. Jetzt aber schnell zum Gate der Billigairline am aaanderen Ende des Flughafens, wie könnte es anders sein. „Julia!? You. Are. Late!! We just closed the gate, you're the last passenger!“ Ups, man hatte schon auf mich gewartet. Da hätte ich ja den nächsten Flug beinahe auch noch verpasst!
Was ist nur los mit diesem Tag?!Baca selengkapnya

PelancongIch bin einfach froh, dass ich beim Lesen weiß, dass du bereits wieder sicher in Frankfurt angekommen bist!!! ❤🧡💛
Affentheater in Borneo
22 Maret 2024, Malaysia ⋅ ⛅ 32 °C
Der Fluglärm wiegt mich in den Schlaf. Ein Auge fällt schon zu, während ich im Halbschlaf noch die scharfen Konturen der Sonnenstrahlen bewundere, die sich vor dem Fenster durch die dunkle Wolkendecke kämpfen. Jenseits der Wolken herrscht strahlender Sonnenschein, und die Wolken dicht unter mir zeichnen sich mit klaren Linien ab wie Wattebäusche; sie wirken wie eine unendlich große Spielwiese. Es ist faszinierend, dass diese beiden Welten so nah beieinander existieren – wie Himmel und Hölle.
Das Rütteln des Landeanflugs weckt mich. Zurück durch die Wolken, bietet sich mir ein beeindruckendes Bild: Aus dem grauen Schleier der Wolken zeichnet sich ein homogener Untergrund ab. So weit das Auge reicht, sehe ich nur gleichförmige Palmen, ordentlich in Reih und Glied gepflanzt. Ein eigentlich hübscher Anblick aufgrund der Symmetrie auf dem hügeligen Untergrund. Doch die schier unendliche Größe verschlägt mir die Sprache. Ganze Urwälder wurden abgeholzt, um Platz für die Palmölproduktion zu schaffen. Wow.
Die Unterkunft befindet sich am Rand des Dschungels. Ich sitze beim Abendessen auf dem erhöhten Holzdeck, und sobald die Sonne untergegangen ist, erfüllen Geräusche den dunklen Busch um mich herum: Zirpen, Rascheln, Fiepen und Schnattern... An der Rezeption wird mir geraten, nachts vorsichtig zu sein, wenn ich zur Toilette gehe, da allerlei Wildtiere auf dem Gelände unterwegs sind. Nach einer unruhigen Nacht werde ich beim Frühstück von einem Mann in beigen Tarnanzug angesprochen: „Did you see? Did you see?“ fragt er aufgeregt und zeigt auf das Blattwerk hinter mir. Ich beäuge den Baumstamm und entdecke nach einiger Zeit den zusammengerollten Körper einer großen Schlange in einer Astgabel. Der Herr erklärt mir, warum dies eine außergewöhnliche Sichtung ist, aber ich kann mein Privileg nicht nachempfinden, da ich zu wenig über die örtliche Flora und Fauna weiß. Nun gut, eine seltene Giftschlange direkt neben meinem Frühstücksplatz – das ist schon was aufregendes, oder?
Später spreche ich meine Sitznachbarin an und wir verbünden uns für eine Aktivität: die Beobachtung der Fütterung der semi-wilden Orang-Utans im angrenzenden Reservat. Ein schmaler Holzsteg führt durch den Dschungel, die Bäume ragen zu beiden Seiten weit in den Himmel hinauf. An jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken: eine außergewöhnliche Raupe, die mit ihrer ungewöhnlichen Färbung und langen Härchen aussieht wie ein erfundenes Fabelwesen, oder eine Spinne, die ein merkwürdiges, kreuzförmiges Netz spannt. Man kommt aus dem Staunen (und manchmal auch ekeln) nicht mehr heraus.
Am Fütterungsgehege angekommen, ist das Orang-Utan-Frühstück bereits in vollem Gange. Wir beobachten die Kletterkünstler, wie sie an Lianen und Seilen zwischen den Plattformen herumschwingen. Die massigen Körper sind mit orangem Fell bedeckt, die muskulösen Arme sind eineinhalb Mal so lang wie die kleinen Beine. Alle Besucher schauen ehrfürchtig zu, wie sich die Tiere die Bäuche mit Früchten vollschlagen. Immer wieder höre ich leise Gesprächsfetzen, die alle dasselbe Thema behandeln: die frappierende Ähnlichkeit zwischen Mensch und Affe. Ich kann nicht genau erklären, warum dies eine so verstörende Wirkung hat, aber auch ich bin von der Mimik und Gestik der Tiere zugleich beunruhigt und fasziniert. Die Abgrenzung zum Menschen scheint gering. Obwohl die Beobachtung nur kurz ist, kann man ein soziales Gefüge innerhalb der Affengruppe erkennen – wer das Sagen hat, wer sich unterordnet und wer Konflikten lieber aus dem Weg geht.
An einer anderen Beobachtungsplattform sehen wir eine Affenmutter, um deren Bauch sich ein kleines Baby klammert. Das Tier nimmt sich einige Früchte, schwingt sich auf eine hohe, waagerechte Liane, löst die Händchen des Babys und führt sie zum Seil. „Hier festhalten“, scheint sie ihm sagen zu wollen. Das kleine Geschöpf tut wie geheißen und guckt verschlafen in die Runde der Zuschauer. Derweil futtert die Mutter ihre Früchte. Was für ein Schauspiel! Man hört viele „Oooh“s und „Aaah“s auf der Menschenseite, es ist ein rührender Anblick.
Im Anschluss wandern wir gemeinsam durch das Gelände und fotografieren begeistert die verschiedenen unbekannten Insekten, die wir auf dem Weg finden. Es ist heiß und schwül, wir hängen an unseren Wasserflaschen, und die Sonnencreme sowie das Mückenschutzmittel verbinden sich mit dem Schweiß zu einer klebrigen Schutzschicht gegen die äußere Einflüsse.
Am Abend machen wir Bekanntschaft mit dem Engländer Ross. Wir verstehen uns auf Anhieb und albern zur Abkühlung im Pool herum. Es tut mir gut, wieder in Gesellschaft zu sein, und ich genieße die Zeit mit den beiden in vollen Zügen. Endlich ein bisschen Spaß und Unbeschwertheit!
Später begegnen wir der Gruppe Profi-Fotografen aus der Lodge, die in voller Tarnmontur auf dem Holzsteg stehen und mit ihren monströsen Kameras ein für mich unsichtbares Objekt verfolgen. Scheinbar nimmt ein exotischer Vogel in der kleinen Pfütze eines Palmenplattes ein Bad in 20 m Höhe. Einer der chinesischen Fotografen zeigt uns auf seinem Telefon eine seiner Aufnahmen: ein wunderschöner Vogel, bunt und gestochen scharf. Dieses Foto könnte das Titelbild einer National Geographic-Ausgabe sein!
Eigentlich hatte ich einen Besuch auf der "Turtle Island" geplant, wo Schildkröten sicher ihre Eier legen können, diese ausgebrütet und dann in die Freiheit entlassen werden. Ich freue mich wie ein Schneekönig, als ich endlich die Bestätigung erhalte, an der Tour teilnehmen zu können. Doch erweiterte Recherchen entmutigen mich: Ganz so tierfreundlich ist das Ganze dann doch nicht gestaltet! Ich hadere mit mir... Ich will dem Werbeversprechen unbedingt glauben und die Schildkröten erleben, aber letztendlich sage ich doch ab. Ich kann das einfach nicht mit reinem Gewissen genießen und will nicht dazu beitragen, dass diese Tiere bald keinen Ort mehr haben, zu dem sie zurückkehren können. Stattdessen unternehme ich einen Ausflug zur Futterstation der freilebenden Nasenaffen. Auf dem Hinweg gerate ich in eine blöde Diskussion mit dem Taxifahrer, der mich über den Tisch zu ziehen versucht. Mannoman, immer diese Scams! Ich bin verärgert und laufe aus Trotz die restlichen zwei Kilometer in der sengenden Mittagshitze durch die Palmölplantage zur Beobachtungsstelle. Auch aus nächster Nähe hat die schiere Größe der Anlage einen einschüchternden Effekt. Soweit das Auge reicht, nur gleichgroße Palmen, sauber in einer Reihe gepflanzt. Kein Mensch weit und breit, aber vermutlich so einige hungrige Krokodile in den trockenen Wassergräben zwischen den Pflanzreihen, wie mir später erklärt wird. Die Proportionen scheinen durcheinander zu sein, die Palmen zu geordnet und groß, die Blickachsen durch die sauberen Reihen jagen mir Angst ein. Nur das staubige Knirschen meiner Schritte auf der breiten, leeren Straße ist zu hören. Ich fühle mich winzig-klein auf der Welt.
Ich beobachte an diesem Tag zwei Affen-Fütterungen an unterschiedlichen Plattformen und bin, wie schon bei den Orang-Utans, vollkommen begeistert. Die Nasenaffen mit ihren gurkenförmig verlängerten Nasen haben eine interessante Fellfärbung und ein haarloses, rosa Gesicht. Es sind große Tiere mit langen Schwänzen und dicken, aufgeblähten Bäuchen. Einige der Kerlchen klettern geschickt einen Baumstamm hinauf, um sich dann mit lautem Gebrüll in den darunterliegenden Tümpel zu stürzen. Mir wird erzählt, dass die Population der Nasenaffen in vielen Gebieten Borneos dramatisch zurückgeht. Gründe dafür sind insbesondere der Verlust von Lebensraum und die Jagd. Ihr Lebensraum schrumpfte zwischen 2005 und 2015 schätzungsweise um fast 30 Prozent. Angesichts der endlosen Palmölfelder, die ich durchquert habe, wundert es mich, dass überhaupt noch Primaten übrig sind.Baca selengkapnya
Dschungel
24 Maret 2024, Malaysia ⋅ ⛅ 32 °C
Ross und ich schließen uns einer Expedition in den Dschungel an und schon auf der Fahrt im Van wird es bereits richtig unterhaltsam zwischen den Teilnehmern. So schnell bin ich selten mit Leuten warm geworden und es fühlt sich vom ersten Moment an wie eine lustige Klassenfahrt. Unsere Unterkunft liegt direkt am Kinabatangan River, umgeben von dichtem und unberührtem Dschungel. Weit und breit keine Zivilisation, nur entlang des Flusses befinden sich in regelmäßigen Abständen weitere Unterkünftige für die abenteuerlustigen Besucher.
Nach der Ankunft geht es auch schon auf ein kleines Motorboot, und wir gleiten den dunklen Fluss hinauf, um Affen am Ufer zu beobachten. Eine ganze Truppe hungriger Makaken sitzt am Ufer und futtert unbekümmert von unserem Besuch, die weichen Wurzeln einer Wasserpflanze. Ross leiht mir seine Kamera mit einem riesigen Objektiv. Wow... Ok. Das ändert ALLES. Plötzlich erscheinen die Möglichkeiten der Fotografie grenzenlos. Mir wird bewusst, wie oft ich schon Szenen nicht fotografiert habe, aus reiner Frustration, weil ich wusste, dass ich keine Chance auf einen guten Zoom hatte. An diesem Nachmittag mache ich Fotos, von denen ich jahrelang geträumt habe. Aber nun gut, die Entscheidung, nur mit Handgepäck zu reisen, bedeutete auch, auf eine vernünftige Fotoausrüstung zu verzichten. Diesen Kompromiss bin ich eingegangen.
Nach der Tour sitzen wir als Gruppe beisammen und tauschen uns aus... Wir kommen aus unterschiedlichen Teilen der Welt und könnten unterschiedlicher kaum sein. Dennoch hat uns der Wunsch, die ursprüngliche Natur zu erleben, hierher geführt, und das verbindet uns zu einer engen Gemeinschaft. Dieses zwischenmenschliche Phänomen fasziniert mich.
Nach Sonnenuntergang geht es mit dem Boot wieder hinaus auf den Fluss. Am Ufer entdecken wir mehrere regungslose Eisvögel, deren Gefieder im Licht der Taschenlampen türkis schillern. Wir besuchen ein Schwalbennest, in dem sich dutzende Vögel zappelnd zusammendrängen. Außerdem sehen wir Krokodile im Wasser und große Fledermäuse, die über unsere Köpfe hinweg sausen. Mir scheint ein Sturz aus dem Boot fast wie ein sicheres Todesurteil zu sein... sicher würde ich innerhalb von Sekunden gefressen werden?
Am frühen Morgen, in völliger Dunkelheit, geht es wieder hinaus aufs Wasser. Die Vögel erwachen kurz nach uns und singen ihren Morgengruß. Eine friedliche Stimmung liegt über dem Fluss zu dieser Zeit. Nebelschwaden ziehen träge über die Wasseroberfläche und verdampfen bei den ersten warmen Strahlen in senkrechten Wirbeln, die wie Geister über dem Fluss gleiten. Das orangene Licht blendet uns, und die Temperaturen klettern von Minute zu Minute näher an die 28 °C heran. Langsam verändern sich die Farben des Himmels, der Bäume und des Wassers – ein frischer, vielversprechender Tag bricht an.
Wir beobachten Makakenaffen bei ihrem Frühstück am Ufer, während wir aus der Ferne Nasenaffen in den Bäumen erspähen können. Ein großer Waran sonnt sich in den Morgenstrahlen und ignoriert die Kameras, die wir begeistert auf ihn richten.
Das Boot setzt uns am matschigen Ufer ab, und der Guide führt uns auf eine fußläufige Entdeckungstour durch den Dschungel. Endlich habe ich das Gefühl, wirklich im Dschungel zu sein – nicht nur ein wenig, sondern ganz und gar. Wir dürfen keine Pflanzen oder Insekten berühren, nicht vom Weg abkommen und müssen als Gruppe eng beisammenbleiben, lauten die drei wichtigsten Regeln unseres erfahrenen Guides. Hinter uns läuft ein zweiter Guide mit einer Machete, der die Umgebung im Auge behält. Es wird schnell klar: Der Dschungel ist kein Kinderspielplatz, die Sicherheitsvorkehrungen sind keineswegs übertrieben. Ich tapse etwas eingeschüchtert dicht hinter Ross her und versuche nicht zu sehr über Giftschlangen und Feuerameisen nachzudenken.
Unser Guide Bruno ist engagiert und stellt uns viele unterschiedlichen Insekten- und Pflanzenarten vor. Ich halte einen großen, fast harmlosen Tausendfüßler in der Hand, der sich fest zu einer Tischtennisball-großen Kugel zusammenrollt. An einem Baumstamm macht Bruno auf eine große Spinne aufmerksam, die so gut getarnt ist, dass sie nicht von der Baumrinde zu unterscheiden ist. Ein großer Baum, an dem wir vorbeikommen, wird von dicken Lianen erwürgt, direkt daneben sind die tiefen Fußabdrücke von Elefanten im aufgeweichten Boden zu erkennen. Bruno hebt eine unscheinbare Pflanze in die Luft, die nachweislich auf unerklärliche Weise Gallensteine komplett auflösen kann, wenn man die Wurzel als Tee zu sich nimmt. Bruno pflückt einen Blutegel von einem Blatt am Wegesrand und platziert ihn auf seinem Handrücken. Das kleine Wesen saugt sich mit dem hinteren Saugnapf fest und tastet mit seinem rosa Vorderteil die Haut nach der besten Stelle zum Beißen ab. Sehr interessant, aber auch eklig! Einige Minutten später stehen wir im Kreis um einen großen Pilz der eine Wolke an Sporen absondert.
Uns läuft der Schweiß übers Gesicht, die schwüle Luft drückt. Der Dschungel ist laut, von allen Seiten hören wir Zikaden und Vogelgesang. Ab und an raschelt es in den Baumkronen – unsichtbare Affen, die uns Eindringlinge neugierig beäugen. Auf den Blättern, die wir mit den Beinen streifen, sitzen gelegentlich große Weberknechte mit kugelrunden Körpern und langen Beinen... "The most poisonous spider in the world", sagt Bruno. Zum Glück ungefährlich für den Menschen, weil ihre Zähnchen zu klein sind, um durch die menschliche Haut zu beißen. Trotzdem mache ich einen großen Bogen um die Viecher. Es scheint, als gäbe es hier im Dschungel nur zwei Extreme: sehr giftig und tödlich oder sagenumwobenes Wunderheilmittel. Ich bin überfordert, darauf zu achten, nicht über die Baumwurzeln zu stolpern und gleichzeitig das Umfeld zu scannen. Wie ein Kleinkind torkele ich langsam auf dem Pfad vorwärts.
Bruno schlägt mit seiner Machete ein großes Stück Liane ab, hält sie über den Kopf und lässt sich einen großen Schluck Wasser, der in der Pflanze versteckt ist, in den Mund fließen. Er erklärt, dass dieser Trick ihn in der Vergangenheit beinahe getötet hätte. Er hatte versehentlich die falsche Liane abgeschnitten die fast identisch aussieht, aber giftig ist.
Der Ausflug fühlt sich an wie ein Ausschnitt aus dem Disneyfilm "Tarzan". Am Ende der Dschungel-Wanderung bin ich von Ehrfurcht erfüllt.
Dunkle Regenwolken bauen sich wie eine Drohung in der Entfernung auf. Wir starten am Nachmittag trotzdem auf eine erneute Bootstour. Kurze nach dem S-tart herrscht plötzlich Aufregung: Bruno hat Nachrichten über eine Elefantensichtung erhalten. Schnell hin! Wir sausen mit dem Speedboat den Fluss hinauf... Einige Boote kommen uns entgegen und die Kapitäne geben Zeichen: die Hände hinter den Ohren aufgestellt, das kann ja nur "Elefant" bedeuten. Wir erreichen die Stelle und tatsächlich: am Flussufer raschelt und knackt es im hohen Gebüsch, dann trotten nach und nach die berühmten Zwergelefanten über eine Lichtung. Sogar Jungtiere haben sie dabei.
Es ist ein wirklich schöner Moment den wir als Gruppe genießen. Wir hatten so darauf gehofft die Elefanten zu sehen... Die Vorfreude wird zur Aufregung, dann zur Begeisterung und schlussendlich zu Dankbarkeit und Ehrfurcht. Wir sitzen bewegungslos und schauen still aufs Flussufer. Ross hält mir wortlos seine tolle Kamera hin, ich darf auch ein paar Aufnahmen schießen. Obwohl er viel bessere Fotos macht als ich und der Moment so kostbar ist, lässt er mir auch eine Chance und ich freue mich riesig über seine Großzügigkeit. Die kleinen Dickhäuter geben uns genug Zeit für unsere Schnappschüsse, dann hat uns die Regenwolke eingeholt und öffnet die Schleusen. Die stille Wasseroberfläche beginnt plötzlich zu brodeln, dicken Wassertropfen treffen uns hart wie Hagelkörner. Auf der Rückfahrt müssen wir sogar unter den Schwimmwesten Schutz suchen. Nass und durchgefroren aber trotzdem kichernd vor Freude steigen wir am Pier von Bord. Wir haben die Elefanten gesehen, das ist alles was zählt.
Am Nachmittag rolle ich mich in meiner Decke zum Borrito zusammen und lümmel mich zu Ross, der ebenfalls erschöpft von den Abenteuern ist. Einen ganzen Nachmittag lang gucken wir lustige Videos auf dem Handy, bis wir eindösen. Ein wirklich schöner Moment, der sich nach Geborgenheit und Freundschaft anfühlt. Wann hab ich das letzte Mal meine Zeit verbummelt ohne irgendwo sein zu müssen oder etwas tun zu müssen? So ein unscheinbarer, unaufdringlicher Moment, der mir nichtsdestotrotz so viel Kraft gibt. Er führt mit deutlich vor Augen, dass ich zu wenig Zeit zum Entspannen habe weil ich ständig mit dem Planung oder Aktivitäten beschäftigt bin.
Am Abend unternehmen wir eine geführte Nachtwanderung durch den Dschungel. Die Socken sind bis zum Knie hochgezogen, das Hosenbein fest um den Knöchel gebunden und Gummistiefel drüber gezogen. Hoffentlich ist das Blutegel-sicher! Es nieselt noch immer, aber wir sind eine motivierte Truppe die auf dem matschigen Pfad ins Gestrüpp abtaucht. Irgendwann kommen wir an einem Dunghaufen vorbei der unseren Guide offenbar beunruhigt. Er sagt, das ist der einige Tage alte Haufen eines Elefantenbullen. Die Elefanten sind nicht weit weg... Unsere Gruppe reagiert freudig, der Guide macht hingegen ein angespanntes Gesicht. Weiter geht's, Tap tap tap tap... Wieder ein Dunghaufen, der diesmal allerdings sehr viel frischer wirkt. Das Gesicht des Guides verfinstert sich noch mehr und er leuchtet besorgt ins Dickicht. Im schnellen Tempo geht es weiter, auf dem restlichen Weg wird nicht mehr angehalten, uns wird nichts gezeigt oder erklärt, was ich wirklich schade finde. Die anfängliche Motivation und Vorfreude kippt in Unruhe und Enttäuschung über. Zurück am Camp erklärt uns der junge Guide, dass er es nach dem zweiten Kackhaufen mit der Angst zutun bekommen hat: Elefanten können in freier Wildbahn sehr gefährlich werden und wer nicht in wenigen Sekunden einen Baum hinaufklettern kann, hat verloren. Vor einigen Jahren wurde eine Forscherin im selben Dschungel bei einer Expedition wie dieser von einem Elefanten getötet. Er war um unsere Sicherheit besorgt, betont er. Ich frage mich immer noch ob er diese Elefantensache erfunden hat, um eine langweilige Nachtwanderung doch noch spannend zu machen, oder ob wir tatsächlich, so wie er sagt, in Gefahr schwebten von einem oder mehreren Elefanten hinterrücks überrascht zu werden.
Am nächsten Morgen sitzen wir zum gemütlichen, letzten Frühstück am Pier zusammen und dann heißt es im Anschluss auch schon Abschied nehmen. Wir umarmen uns nacheinander und tauschen die Kontaktdaten aus. Besonders die Umarmung mit Ross schmerzt. Seine muntere und neugierige Art hat mir neuen Aufschwung verliehen: Ich will mehr über das Fotografieren lernen, mehr lachen, weniger ernst sein und jede Begegnung und jedes Gespräch wertschätzen. Endlich Inspiration, endlich Wachstum. Schade nur, dass sich unsere Wege schon nach so kurzer Zeit trennen.
🥇 Dschungel
👨 Ross
🎵 Fremde wie ich - Anton Zetterholm, Elisabeth Hübert, Ensemble Stage Theater Neue FloraBaca selengkapnya
Fliegerei-ei-ei
27 Maret 2024, Malaysia ⋅ ☁️ 27 °C
Nach den Tagen im Dschungel geht es mit dem Van zurück nach Sepilok. Die Zeit in der Abgeschiedenheit verging wie im Flug, doch gleichzeitig war sie so ereignisreich, dass es sich im Rückblick anfühlt, als wäre ich zwei Wochen dort gewesen. Jetzt hat die Reiseplanung oberste Priorität, denn bereits am nächsten Tag steht der Gabelflug auf die Philippinen an. Bislang ist nur die Reise bis nach Manila organisiert, doch jeder, mit dem ich darüber gesprochen habe, hat mir dringend davon abgeraten, länger als nötig in Manila zu bleiben. Die Stadt sei der Inbegriff einer Metropole der Dritten Welt: heruntergekommen, schmutzig, übervölkert, mit überquellenden Elendsvierteln und regem Menschenhandel.
Ich habe keine Ahnung, wohin es danach gehen soll... Palawan? Cebu? Beides? Wieder einmal stehe ich vor einer Entscheidung, die ich völlig unvorbereitet treffen muss. Das Unbehagen und die Überforderung erreichen einen Hochpunkt. Ich hasse diese ständigen Entscheidungen unter Zeitdruck, wenn man noch nicht das Gefühl hat, alle Optionen oder Risiken zu kennen. Aber gut, jetzt heißt es ins kalte Wasser springen: Beim Frühstück buche ich also einen Weiterflug nach Cebu und muss wenige Minuten später bereits zum Flughafen aufbrechen. Eng getaktet! Ich schlucke meine Angst vor dem Ungewissen herunter und versuche, der Spontaneität eine Chance zu geben. Es fühlt sich an wie das erste Mal Motorradfahren: „Zu schnell! Zu gefährlich!“ denkt man sich, während man sich angsterfüllt am Lenker festklammert. Gleichzeitig beginnt man schon fast den Reiz der Geschwindigkeit zu spüren, fast zu verstehen, wie wunderbar dieses Gefühl sein kann, wenn die Angst nicht mehr im Weg steht.
Der erste Kurzstreckenflug verläuft reibungslos, und durch die Wolken erhasche ich einen tollen Blick auf den Mount Kinabalu, den höchsten Berg Borneos, dessen Gipfel wie eine einsame Insel im dichten Wolkenmeer thront. Auch der Regenwald wirkt von hier oben beeindruckend, obwohl er immer wieder von Palmölplantagen unterbrochen wird.
In Kota Kinabalu angekommen, werde ich durch den Transitbereich zum Gate geschleust. Nach fünf Stunden Wartezeit beginnt das Boarding. Ungewöhnlich für mich (als hätte ich es geahnt): Ich stelle mich direkt nach Gate-Öffnung in die Warteschlange. Bei der anschließenden Endkontrolle werde ich prompt abgewiesen, da ich nicht die notwendigen Visa-Dokumente vorzeigen kann. Eigentlich war ich gut über die Visabestimmungen informiert, aber durch die Abkürzung über den Transitbereich habe ich nicht mitbekommen, dass ich das Visum online im Voraus hätte beantragen müssen. Aaah... jetzt muss es schnell gehen: Ich spreche einen anderen Reisenden an und bitte um Hilfe. Er unterstützt mich mit Internet, und ich beschaffe mir online ein Fake-Ausreiseticket, um den Visa-Antrag zu vervollständigen. Zu allem Überfluss gerate ich dabei auf eine Fake-Visa-Seite, die mir neben meinen Daten, beinahe noch 50 € abknöpft. Im Raum haben sich bewaffnete Soldaten strategisch positioniert und befragen, aus mir unbekannten Gründen, einzelne Reisende. Gruselig. Beunruhigend. Das hebt das Stresslevel zusätzlich. Schnell, schnell, schnelllllll... Gleich schließt das Gate!
Zu meinem Glück haben auch andere Reisende Probleme mit ihren Visa-Unterlagen, und aus Kulanz wird noch einige Minuten auf uns gewartet. Doch genau das ist auch mein großes Pech: Zwar schaffe ich es noch ins Flugzeug, aber durch die Verzögerung landen wir in Manila nur 40 Minuten bevor mein Anschlussflug abhebt. Ich weiß: Wenn der nächste Flug nicht vom selben Terminal startet, habe ich ein Problem. Der Flieger rollt in die Parkposition, und die Durchsage bestätigt meine schlimmsten Befürchtungen: Wir sind am falschen Terminal. Was nun?
Ich habe es bis hierher geschafft, jetzt kann ich nicht kampflos aufgeben! Die Panik fällt schlagartig von mir ab, meine Ellenbogen fahren aus, die Beine sind wie Bogensehnen gespannt. Aufs Stichwort stürme ich in den Flur, drücke mich unter Protestrufen und bösen Blicken an der wartenden Schlange vorbei, hüpfe als Erste aus dem Flieger, flitze durch eeeendloooose Flure und Hallen, bis der Flughafen mich schließlich in eine dunkle, laute Großstadtnacht ausspuckt. Trubel! Ich steuere auf den erstbesten Taxifahrer zu: "Terminal 2 in 20 minutes. Can you make it happen?" rufe ich ihm im Laufschritt zu. Ich sehe ihm sofort an, dass er dem Vorhaben keine Chance gibt. Eine ganze Traube Taxifahrer schart sich um mich, hört sich meine Anfrage an, guckt nachdenklich, diskutiert, fuchtelt herum... Das Terminal ist weit entfernt, im Berufsverkehr ist das nicht zu schaffen, lautet das Urteil. Im Nachhinein weiß ich ihr Handeln sehr zu schätzen, denn sie hätten mich auch anlügen und das Geld kassieren können – es hätte ihnen ja egal sein können, ob ich es noch zum Flieger schaffe. Einer der Umstehenden schiebt einen Mann heran, präsentiert ihn mir stolz und erklärt in gebrochenem Englisch, dass dieser feine Herr einen Scooter hat. Er ist der Einzige, der es schaffen kann. "I don't have cash yet." "Pay me in other currency." "I have 20 pounds. Let's go." Das ist alles, was es braucht. Ich frage mich immer noch, ob der Typ nicht einfach ein Passant war, der zur rechten Zeit am rechten Ort war.
(Lustiger Fun Fact am Rande: Die 20 Pfund hatten Max und ich Wochen zuvor in Thailand auf Ko Samui in einem Schließfach gefunden, und ich hatte bei jeder Gelegenheit vergessen, die Währung zu tauschen. Was für ein Glück!)
Ab geht’s in den dichten Verkehr, wo alles hupt, leuchtet und nach Abgasen stinkt. Der Fahrer drückt sich im Zickzack zwischen den Fahrzeugen hindurch, schlüpft in schmale Lücken, braust durch die winzige Mittelspur und schneidet rücksichtslos andere Verkehrsteilnehmer. Ich habe Angst um meine Knie, die immer wieder nur knapp an einer Stoßstange vorbeistreifen. Der Kerl macht einen großartigen Job und nimmt dabei sogar das eine oder andere Risiko in Kauf. Die 20 Pfund hat er sich wirklich verdient, keine Frage.
20 Minuten vor Abflug renne ich also zur Sicherheitskontrolle in Terminal 2. Ich rufe den Menschen in der Schlange irgendetwas zu, jeder macht mir bereitwillig Platz, auch die Beamten beeilen sich und schleusen mich so schnell wie möglich durch. „This way! Go, go, go!“ ruft mir eine freundliche Sicherheitsbeamtin zu, und ich sause dankbar für das Verständnis durch die Halle. Beinahe laufe ich an der Endkontrolle vorbei, direkt zum Flugzeug, das noch angestöpselt ist. Die Dame am Schalter stoppt mich schroff und sagt eiskalt, dass sie mich acht Mal ausgerufen habe und ich nun Pech hätte – gerade wird die Tür geschlossen. Ich bitte sie verzweifelt, das Flugzeug steht doch noch da! Doch sie bleibt stur und weist mich unfreundlich ab. „No! No discussions. Go to the counter. Buy a new ticket. Byeeeeee!“ Das darf nicht wahr sein, scheitert es wirklich an der finalen Hürde? Kurz spiele ich mit dem Gedanken, einfach an ihr vorbeizurennen und das Flugpersonal stattdessen anzuflehen, mich mitzunehmen. Ich erinnere mich jedoch an die leider wahren Horrorgeschichten über das Gefängnis in Manila, die mir erzählt wurden, und gebe mich kleinlaut geschlagen... hier sollte man besser kein Querulant sein. Nun gut. Uff. So knapp. So verdammt knapp. Ich trotte verknittert und mit hängendem Kopf zurück zur Eingangshalle. Mitleidige Blicke und leises Flüstern folgen mir, offenbar wurde schon von anderen Reisenden in der Halle mitgefiebert. Bei der Gepäckkontrolle höre ich die Beamten tuscheln: „Oh nooo, she didn’t make it?“ Walk of shame! Jaha, I didn’t make it!
Niedergeschlagen warte ich am Counter auf einen Mitarbeiter der Airline. Neben mir am Schalter hat ein älterer Herr einen Wutausbruch und schimpft und zetert lautstark – so lange, bis die Security anrückt. Ich empfinde Abneigung, aber gleichzeitig auch tiefes Verständnis für den Mann. Ich würde meiner Wut und Enttäuschung auch gerne eine Stimme geben. „What happened, why were you late for the flight?“ fragt mich später die freundliche Airline-Mitarbeiterin, doch ich bekomme kein Wort heraus. Der Flug hatte Verspätung, ich habe zu knapp kalkuliert, die Kollegin am Gate war eine blöde Kuh? „Shit happens. Bad luck.“ sage ich kurzangebunden und muss fast weinen. Sie blickt mich mitleidig an und bemüht sich, den nächsten Flug für mich zu buchen. Dieses „Hoppala“ wird mich bestimmt teuer zu stehen kommen, denke ich mir. Aber: Nur 20 € Aufpreis, wie sich herausstellt! Das ist doch verkraftbar. Auch die Wartezeit beschränkt sich auf eine Stunde. Ich darf im Flieger sogar in der ersten Reihe mit viel Beinfreiheit und gutem Ausblick Platz nehmen. Die Dame am Schalter hat es offensichtlich sehr gut mit mir gemeint! Wow, Glück im Unglück.
Ich erreiche Cebu um 2 Uhr nachts. Erstaunlicherweise kann ich trotz der späten Stunde ein Grab-Taxi rufen, und im Hostel angekommen, wartet der Eigentümer bereits auf mich und empfängt mich freundlich. Wer hätte gedacht, dass die Sache doch noch gut ausgeht?
Alles in allem bin ich überrascht von der Freundlichkeit, die mir bei (fast!) jeder Interaktion entgegengebracht wurde, seit ich in Manila aus dem Flugzeug gestiegen bin.Baca selengkapnya
Panglao
29 Maret 2024, Filipina ⋅ ☁️ 31 °C
Ich habe es endlich nach Cebu geschafft ... aber was nun? Welche Sehenswürdigkeiten gibt es hier zu entdecken, welche Route soll ich einschlagen? Die Zeit für ausgiebige Recherchen fehlt, also wird spontan entschieden: Ein Fährticket muss her. Die freundliche Dame vom Hostel organisiert mir ein Rollertaxi, das mich zum Hafen bringt. Während wir durch das Industriegebiet fahren, fällt mir auf, wie ärmlich viele Teile der Bevölkerung leben. Am Hafen angekommen, werde ich von einer Gruppe bettelnder Kinder umringt. Ihre Kleidung ist abgefetzt, ihre Augen groß, dunkel und flehend. Einige Münzen wechseln die Hosentasche. Es macht mich betroffen, diese Kinder zu sehen. Der Gedanke verfolgt mich schon seit Indien bei Mensch und Tier: Wie kann ich sinnvoll und nachhaltig helfen? Und wo liegt die Balance zwischen hin- und wegschauen?
Die Fähre verspätet sich, und die unerbittliche Hitze im unklimatisierten Wartebereich ist lähmend. Ich fächere mir erschöpft Luft zu. Endlich an Bord der Fähre, wird die Atmosphäre angenehmer, und ich nutze die Zeit, um mich aktiv zu entspannen und den Stress hinter mir zu lassen. Oooohhhmmm!Pünktlich zum Sonnenuntergang, tuckert die Fähre nach einigen Stunden in den Hafen ein. Der Himmel erstrahlt in einem spektakulären Orange, dass in ein tiefes Dunkelrot übergeht. Der Anblick weckt, wie schon viele Male zuvor auf dieser Reise, ein Gefühl der Demut und Dankbarkeit. Ich beobachte in der Reihe quer vor mir ein sabberndes Baby, dass an der Schulter seiner erschöpften Mutter schläft, dahinter sitzt ein Reisender, der versucht das Farbenspiel der Wellen und Wolken durch die schmutzigen Fährfenster auf einem Foto festzuhalten. Es liegt eine erschöpfte Trägheit und ein ruhiger Optimismus über uns. Die Hitze und das gleichmäßige Röhren des Motors haben uns müde werden lassen, die Augenlider hängen tief aber die Mundwinkel schieben trotzdem noch Richtung Ohrläppchen.
Die Touristen werden beim Aussteigen von aufdringlichen Taxifahrern abgefangen und es wird schlagartig laut und hektisch. Ich lasse die Anfragen vorerst an mir abprallen, stelle mich an den Randbereich und warte auf ein Abebben des Touristenstroms, um einen besseren Preis zu verhandeln. Derweil beobachte ich einen 2 m-großen Europäer, der sich beinahe hälftig zusammenfalten muss, um in den winzigen Beiwagen des Mopeds zu passen. Die lustigen Gefährte sind individuell gestaltet und sehr kreativ zusammengezimmert- keines gleicht dem anderen. Leider kann ich durch meine ausländsiche Telefonummer keine Taxisapp verwenden, was eine weitaus günstigere Alternative zu den bereitstehenden Taxen wäre. Ich greife zum bewährten Trick 17: „Sei schlau, stell dich dumm.“ Denn oft reicht ein höfliches, naives Nachfragen bei Einheimischen, um Situationen zu meinen Gunsten zu wenden. Ich spreche einen schüchternen Wartenden an und prompt ruft er mir über seine App einen Rollerfahrer, glücklich darüber mir helfen zu können. Win-Win!
Über eine lange Brücke brause ich auf dem Sozius eines Mopeds auf die Insel Panglao. Das Meer glitzert in der Finsternis zu beiden Seiten und die Lichter der Insel vor uns locken. Man hört nur das Rauschen des Meeres und des Fahrtwindes. Eine filmreife Szene die ruhigen Optimismus und Abenteuerlust verströmt. Ein junger Mopedfahrer an den sich ein Mädchen klammert, fährt dicht heran und ruft etwas herüber: Er findet mich hübsch. Sein breites, unbefangenes Lächeln ist so offen und ehrlich, dass ich nicht anders kann, als laut zu lachen und zurückzurufen, dass er auch hübsch sei. Die beiden auf dem Moped, mein Fahrer und ich brechen in schallendes Gelächter aus – diese spontane, ulkige Situation löst jegliche Skepsis und Vorbehalte.
Das Bett im Dorm entpuppt sich leider als wahre Zumutung. Die Nacht ist heiß, stickig und beengt. Am frühen Morgen werde ich von einem lauten Telefongespräch geweckt, das aus dem unteren Bett rechts schallt. „Dein scheiß Ernst, muss das sein?“ denke ich. Nunja, zugegeben, so ist das eben manchmal in Hostels. Genervt und beinahe gewaltbereit klettere ich die steile, halsbrecherische Leiter hinunter und rüttele am Bettgestell des Störenfrieds: „Geh raus zum Telefonieren!“
Miesepetrig und widerwillig starte ich in den selbst auferlegten „Homeoffice Planungstag“. Das Abenteuer neigt sich langsam seinem Ende zu, ich muss die Rückreise inklusive Zwischenstopps planen. Kein Spiel, Spaß und Sonne für mich – nur Handy, Notizbuch und ein rauchender Kopf. Zwischenzeitlich wird meine Willensstärke von einer jungen Neuseeländerin getestet, die mich auf mein Tattoo am Unterarm anspricht (sie hat den Silver Fern sofort erkannt!) und mich zum Schwimmen in einer versteckten Bucht einlädt. Wir führen ein lustiges, aufheiterndes Gespräch, und wieder einmal werde ich davon überzeugt, dass Kiwis die nettesten und entspanntesten Menschen auf der Welt sind.
Am nächsten Morgen durchquere ich die Insel in der brütenden Mittagshitze auf dem Roller. Im Schlafraum des neuen Hostels lockt die Klimaanlage, und es kostet mich einige Überwindung, nicht einfach im Bett zu versickern. Stattdessen gehe ich in den Gemeinschaftsraum, wo ich auf einen Israeli treffe, der gedankenverloren Luftlöcher starrt. Er ist Jude und weil gerade Sabbat ist, darf er keine elektronischen Geräte benutzen. Beim Mittagessen leistet er mir Gesellschaft, und ich nutze die Gelegenheit, ihm neugierige Fragen zu stellen. Er erzählt mir von seiner Zeit in einer Spezialeinheit im Norden Israels, wo er an der Grenze zum Libanon die Hisbollah ausspioniert hat. Viele seiner Schulkameraden sind bereits im Einsatz gefallen. Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub wird er für einen weiteren Einsatz an die Front müssen, danach plant er, sein Studium abzuschließen. Seine Erzählungen hinterlassen einen tiefen Eindruck bei mir. Unsere Leben erscheinen auf den ersten Blick so ähnlich – wir teilen ähnliche Werte, Träume und Lebensziele. Doch seine Sichtweise ist durch den Krieg völlig anders geprägt. Ich höre zwischen den Zeilen das Gefühl, in die Enge getrieben zu sein, eine Spur Verzweiflung und auch eine große Portion Patriotismus. Übrigens, in Israel herrscht Wehrpflicht – Männer dienen zweieinhalb Jahre, Frauen zwei Jahre. Der Wehrdienst ist Teil der israelischen DNA, ein Land, das immer wieder in der Vergangenheit von seinen Nachbarn angegriffen wurde. Skurril, dass der Name des jungen Mannes „Schalom“ auf Hebräisch „Frieden“ bedeutet.
Am nächsten Morgen steht ein Ausflug zu den mysteriösen Nachbarinseln auf dem Programm. Schon zum Sonnenaufgang stehe ich ausgecheckt und abmarschbereit im Gemeinschaftsraum. Zusammen mit einer Gruppe Spanier geht es zu Fuß zum Hafen, wo uns eine Überraschung erwartet: Eine regelrechte Meute an Touristen tummelt sich bereits auf dem schmalen Strand. Ohne ersichtliche Logik werden die Leute wahllos auf die Boote verteilt. Unser Guide verliert den Überblick und so kommt es, dass wir als Letztes am Strand stehen und uns unverhofft eine Mutprobe erwartet: Um das letzte klapprige Boot zu erreichen, müssen wir über teils rutschige, teils scharfkantigen Felsen, hüfthoch durch schleimige, stinkende (!) Algenberge waten. Der Trip beginnt mit einer ordentlichen Portion schlechter Laune... Da wir erst so spät losfahren, verpassen wir die Delfinschule, die am frühen Morgen in der Bucht ihre Kreise zieht. Stattdessen steuern wir eine winzige Insel an, die sich schnell als absoluter Touristen-Hotspot entpuppt. Hier läuft alles wie am Fließband: Flossen und Taucherbrillen werden uns in die Hand gedrückt, hier bitte noch Souvenirs kaufen und dann der Reihe nach auf kleine Katamarane, zack zack! In der Bucht springen wir aufs Kommando „Turtle over there!“ schnell vom Boot und schwimmen dem Schatten im tiefen Blau hinterher. Doch auch die Schildkröte hat heute keine Lust auf Gesellschaft und taucht ab. Wir bewundern knatschige Seeschnecken, leuchtend-blaue Seesterne die überall am Meeresgrund verteilt liegen und diverse bunte Fische die sich an den Korallen aufhalten.
In der Bucht tummeln sich viele Schnorchler und nach der zweiten Flosse die mich streift, ziehe ich mich an den Randbereich im tiefen Wasser zurück. Das Wasser wird kühler, die Sonnenstrahlen durchdringen es in scharfen, flackernden Streifen, während sich unter mir die unheimliche, dunkle Weite des Ozeans erstreckt. Ich weiche hektisch einem Katamaran aus, der mir zu nah kommt. Als ich den Kopf wieder unter die Wasseroberfläche stecke, traue ich meinen Augen kaum: Überall um mich herum glitzert es! Ich bin umringt von unzähligen kleinen, silbernen Fischen, die so nah an mir vorbeischwimmen, dass ich sie fast berühren kann. Was für ein unglaublicher Moment! Mitten in einem Fischschwarm zu schwimmen – das ist definitiv das Highlight des Ausflugs!
Nach einem weiteren Stopp auf einer einsamen, versunkenen Insel bin ich zwar von der „Touri-Abfertigung“ des Veranstalters enttäuscht, aber immerhin habe ich mich gut mit den Spaniern angefreundet, und wir haben zusammen einiges zu lachen.Baca selengkapnya

PelancongUnd wenn ich mir die Bilder betrachte, denke ich, diese Reise war das Beste, was du für dich tun konntest 😄




















































































