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  • Day 226

    Schwarz als Zeichen der Unzufriedenheit

    June 9, 2022 in Sri Lanka ⋅ ☁️ 28 °C

    Marjolein & Rainer. Wir haben uns lange überlegt, ob wir uns an dieses sensible Thema wagen. Wir haben uns in der Zeit viel mit dem Thema auseinandergesetzt und viele Meinungen der Locals gehört. Die Eindrücke und Gespräche wollen wir hier mit euch teilen.

    Sri Lanka - momentan in den westlichen Medien als negative Schlagzeile bekannt. „Proteste im Urlaubsparadies weiten sich aus“, „Eine Insel im Abwärtsstrudel“, „Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten“, „Gewaltsame Proteste“, „Regierungsgegner stürmen Regierungsresidenz in Colombo“, „Ist Sri Lanka ein sicheres Reiseziel?“, um nur einige der Schlagzeilen zu nennen. Und auch das Auswärtige Amt hat auf ihrer Seite stehen: „Von nicht notwendigen Reisen nach Sri Lanka wird derzeit auf Grund der schwierigen Versorgungslage und angespannten Sicherheitslage abgeraten.“
    Doch was genau ist hier eigentlich los?
    Sri Lanka befindet sich aktuell in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1948.
    Ein wesentlicher Grund ist der Tourismuseinbruch aufgrund der Anschläge 2019 in Colombo und Negombo, sowie der Corona-Pandemie. Dem Land fehlt es seitdem an Einnahmen. Weitere Gründe sind die steigenden Ölpreise auf dem Weltmarkt und ein populistische Steuersenkungen der Regierung um Präsident Gotabaya Rajapaksa und seinem Bruder, dem Ministerpräsidenten, Mahinda, stark subventionierte Preise für Treibstoff und die Entscheidung, die Verwendung von chemischen Düngemittel zu verbieten. Das hat dazu geführt, dass sämtliche Ernten schlecht ausgefallen sind.
    Wie äußert sich diese Wirtschaftskrise denn nun? Dem Land fehlt es an Lebensmitteln, Medikamenten, Strom, Sprit und Gas.
    Es gibt täglich für mehrere Stunden keinen Strom. Es gab Tage, an denen gab es 12 Stunden und länger keinen Strom. Mittlerweile sind es zwischen einer und drei Stunden, dafür aber bis zu drei- oder viermal am Tag.
    Bestimmte Lebensmittel, wie z. B. Milchprodukte, werden rationiert.
    Die Menschen stehen Schlange um an Benzin, Diesel oder Gas zu kommen. Vor einigen Tankstellen hängt ein Schild „Heute kein Benzin“. Um Ausschreitungen zu verhindern sind die Tankstellen von Polizisten und/oder dem Militär bewacht. Generell patrouillieren nun bewaffnete Polizisten und das Militär die Straßen Sri Lankas.
    Die Währung, die sri-lankische Rupie, verliert täglich an Wert.
    All die lebenswichtigen Güter müssen aus dem Ausland eingeführt werden. Bezahlen kann Sri Lanka die Importe allerdings nicht. Das Land steht vor dem Bankrott.
    Und die Preise für Lebensmittel, Sprit, Medikamente.. steigen täglich.
    Der Preis für Reis, dem Grundnahrungsmittel ist um 200 Prozent gestiegen. Und auch bei den anderen Gütern sieht es ähnlich aus.
    Viele Einwohner möchten, dass der Präsident samt Regierung zurücktritt. Denn der Familie Rajapaksa, die schon sehr lange an der Macht ist, wird Korruption und Veruntreuung von Geldern vorgeworfen. Die Menschen fühlen sich betrogen, im Stich gelassen, sind enttäuscht. Die Menschen, das sind Singhalesen, Tamilen, Buddhisten, Hindus, Katholiken, Muslime, alt und jung. Sämtliche gesellschaftliche Gruppen sind vertreten. Und sie stehen Seite an Seite.
    Sie demonstrieren, protestieren und fordern lautstark den Rücktritt. Doch der will nicht gehen. Im ganzen Land findet man schwarze Flaggen, schwarze Bänder und die Menschen tragen Schwarz in der Öffentlichkeit, um ihren Unmut mitzuteilen. Schwarz ist auch hier die Farbe der Trauer.
    Die Proteste verlaufen größtenteils friedlich ab. Im April standen in Colombo erstmals Polizeiautos in Brand. Der Präsident hat den Notstand ausgerufen und eine landesweite Ausgangssperre trat in Kraft. Wir haben viele Meinungen zu hören bekommen, u.a. dass der Präsident selber die Feuer in Auftrag gegeben haben soll um größere, bereits geplante, Demonstrationen zu verhindern.
    Die Proteste danach verlaufen weiterhin friedlich. Es gibt richtige Protest-Camps in Colombo, die an die Proteste von „Hambi bleibt“ erinnern. Es gibt verschiedene Themen-Zelte, wie eine Bibliothek, ein Informationszelt, eine Bühne und vieles mehr.

    Dann, am 09. Mai, sind diese Proteste in Gewalt ausgeartet, als Anhänger der Regierung die Camps der Gegner der Regierung stürmten. Acht Menschen kamen dabei ums Leben und mehr als 150 wurden verletzt, viele Häuser brannten.
    Danach ist Malinda Rajapaksa, der Bruder des Präsidenten, zurückgetreten, was die Situation und auch den Wert der Währung etwas stabilisierte. Aber die Proteste gehen weiter, denn die Menschen wollen, dass auch der Präsident endlich geht.
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