„Rouen & die Kunst der Sinne – unterwegs in der Normandie“ Czytaj więcej
  • Mandy hady Schulte

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  • Ein Nationalfeiertag à la française

    14 lipca, Francja ⋅ ☁️ 20 °C

    oder Sonnenuntergang in Rosé...

    Ich hatte lange gesucht, telefoniert, gelesen, gestöbert. Viele Restaurants waren für den Abend des französischen Nationalfeiertags bereits ausgebucht – verständlich, denn der 14. Juli ist in Frankreich so bedeutend wie Weihnachten: Revolution, Freiheit, Marseillaise, Picknick, Tanz und Feuerwerk. Letztlich stieß ich auf das Le Rouf, direkt an der Seine. Ein Geheimtipp? Vielleicht. Jedenfalls ein Glückstreffer.

    Wir kamen gegen halb neun an, ausgeruht, frisch gemacht und wieder voller Energie nach unserer ausgedehnten Siesta. Ein roter Teppich war ausgerollt wie für ein Filmfestival – nur statt nach Cannes, führte er zum Aufzug. Dieser zog uns elegant aufs Dach.

    „Reserviert für zwei“, sagte Margriet im besten französisch, und der Kellner nickte freundlich, ohne übertriebenes Lächeln – ganz französisch. Auf der überdachten Dachterrasse bekamen wir einen Platz in der zweiten Reihe, mit freiem Blick über die Seine und auf die Dächer Rouens.

    Die untergehende Sonne tauchte die Stadt in jenes zarte Pastell, das wir wenige Stunden zuvor in Monets Bildern gesehen hatten. Ich ging kurz zur Toilette. Als ich zurückkam, saß Margriet da wie gemalt. Sie lächelte still und genoss diesen Anblick, dieses Licht. Ich setzte mich.

    Wir bestellten unsere übliche Karaffe Wasser – und einen gekühlten Rosé aus der Provence. Der gleiche, den Margriet gestern schon liebgewonnen hatte. Er kam leicht in der Farbe, zart lachsfarben, fast durchscheinend. Kühl, trocken, mit Aromen von weißen Pfirsichen, frischen Erdbeeren, einem Hauch Lavendel und einem zarten Grapefruit-Zipfel in der Nase.

    Margriet hob das Glas, roch daran und sagte:
    „Wie Urlaub in Südfrankreich…“
    Dann nahm sie einen Schluck und schloss die Augen.
    „Er ist wie du – verspielt, aber nicht süß.“

    Ich lachte. Ein bisschen gerührt, ein bisschen verlegen.

    Sie wählte Räucherlachs, fein auf einem Kräutersalat angerichtet. Ich entschied mich für Boeuf Tatar – handgeschnitten, mit Kapern, Eigelb, etwas Dijon. Perfekt.

    Die Terrasse füllte sich. Doch es waren keine Touristen, wie man sie aus Montmartre kennt – es waren Franzosen, gut gekleidet, zurückhaltend fröhlich, fast alle in Familien oder als Paare unterwegs. Der Nationalfeiertag ist in Frankreich auch ein Fest der Zusammenkunft – Bastille Day, das Gedenken an den Sturm auf die Bastille 1789, und heute ein Fest der Freiheit, des Stolzes, des Lichts.

    In der Dunkelheit bestellten wir noch einen Portwein zum Feuerwerk. Ein Kellner, der gerade vorbeihuschte, winkte ab. Sie hätten keinen.
    Wir schauten uns überrascht an. Kein Portwein?

    Ein anderer Kellner – ein schlanker Mann mit tadelloser Haltung, der vorher schon einem Gast mit Souveränität die Weinkarte erklärt hatte – bemerkte unsere Verwirrung. Margriet und ich setzten uns, ohne ein Wort, ein Stück aufrechter hin. Der Mann lächelte, trat zu uns und fragte erneut. Er sei Alex, der Sommelier des Hauses.

    Er entschuldigte sich für seinen Kollegen, der nicht wusste, ob wir „Bordeaux oder Porto“ gemeint hatten. Ich prustete los. Margriet sah mich irritiert an:
    „Was ist so lustig?“

    Ich musste ihr den alten Witz vom Sachsen erzählen:
    „Der Sachse sagt zum Handwerker: Bitte verleechen Se mir hier im Wohnzimmer Baguette! – Und am nächsten Tag liegt kein Parkett, sondern sechs Meter lange französische Weißbrotstangen auf dem Boden.“
    Margriet lachte herzlich – sie kennt meinen Humor und mein Anhaltinisch.

    Alex bog um die Ecke, lächelte breit und kam wieder auf uns zu – mit einer Flasche 20 Jahre altem Portwein, der zusätzlich 20 Jahre im Keller von Le Rouf gereift war. Er öffnete sie vorsichtig und schenkte uns – eine Ausnahme – je ein großzügiges Glas ein, da sie diesen sonst nur Flaschenweise verkaufen würden. Fanden wir ungewöhnlich.

    Der Portwein war rotbraun, fast schon mahagonifarben, mit Aromen von getrockneten Feigen, Leder, Walnüssen und dunkler Schokolade. Samtig im Mund, rund, warm – wie flüssiger Abend.

    Ich bestellte mir eine Zigarre dazu. Margriet wollte nicht paffen, aber sie sog tief den Rauch ein, wenn er an ihr vorbeizog.
    „Das riecht nach Bibliothek und Kaminzimmer“, sagte sie.

    Dann begann es. Das Feuerwerk.
    Über der Silhouette von Rouen explodierten goldene, rote, silberne Kaskaden. Leuchtende Sterne fielen über die Stadt, über die Kirche Saint-Maclou, über die Seine. Menschen auf den Straßen jubelten.

    Wir saßen oben, die Gläser in der Hand, den Rauch, das Licht, den Portwein, die Musik aus der Ferne. Es war, als wäre man für einen Moment nicht nur Gast in Rouen, sondern ein Teil dieser alten Stadt.

    Nach Mitternacht stiegen wir wieder in den Aufzug. Unsere Haut roch nach Sommer, unsere Köpfe rauschten leise – von Wein, Zigarre, Port und Feuerwerk. Zuhause fielen wir glücklich ins Bett.

    Ich weiß nicht mehr, ob wir noch gesprochen haben. Vielleicht reichte das Lächeln.
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  • Es war, als hätte jemand auf Repeat gedrückt oder "Täglich grüßt das Murmeltier". Wieder war ich früh wach. Wieder schnitt und montierte ich das Video vom Vortag – mein kreativer Start in den Tag. Und wieder bereitete ich das Frühstück vor.
    Und dann, fast auf die Minute genau: das Rascheln von Aufstehen, das sanfte Quietschen der Holztür, und Margriet tauchte im selben Nachthemd auf wie gestern.
    Sie gähnte, sah mich, lächelte.
    „Hab ich das schon mal erlebt oder ist das ein Déjà-vu?“ fragte ich.
    „Wenn es ein Déjà-vu ist, dann ist’s ein gutes“, antwortete sie, goss sich eine Tasse Tee ein und setzte sich still an den Tisch.

    Heute stand Sightseeing auf dem Plan. Wir wollten den City-Pass ausreizen, wie man ein gut durchwachsenes Entrecôte auskratzt – genussvoll bis zur letzten Ecke.

    Rouen war still. Nach dem Trubel des Nationalfeiertags war die Stadt am Morgen fast leergefegt. Wir parkten risikoreich ohne gezogenen Parkschein direkt in der Altstadt und spazierten los. Die Straßen lagen im sanften Licht des Vormittags, die Fachwerkhäuser warfen filigrane Schatten auf das Kopfsteinpflaster.

    Unser erstes Ziel: die Kathedrale Notre-Dame de Rouen.
    Wir standen davor – und schwiegen.

    „Man sagt ja, sie ist eine der schönsten Kathedralen Frankreichs“, murmelte Margriet.
    „Claude Monet hat sie über 30 Mal gemalt – zu jeder Tageszeit, bei jedem Wetter…“, fügte sie an.

    Drinnen umfing uns kühle, steinige Stille. Die Sonne fiel durch die farbigen Fenster und tauchte das Innere in sanftes Blau, Purpur und Gold.

    Wir probierten den Audioguide aus – er funktionierte auf Anhieb. Die Stimme führte uns durch das Labyrinth der Seitenkapellen, erzählte von Kriegen, Herzögen und Reliquien.

    Richard Löwenherz.
    „Sein Herz ist hier begraben“, sagte ich zu Margriet und zeigte auf den zentralen Chor.
    „Nur das Herz. Der Rest liegt in Fontevraud.“
    Ich nickte.
    „Ist ja auch romantisch – ein Herz für die Normandie.“
    Sie schmunzelte.

    In einer der Kapellen fand sich das Grab von Rollo, dem Wikinger, der als erster Herzog der Normandie hier regierte.
    „Ein Wikinger wird Christ, heiratet eine französische Prinzessin und gründet eine Dynastie – klingt wie Filmklassiker-Material“, sagte ich.

    Margriet zog in Gedanken oder zuhörend leise weiter, fast schon schleichend, um ja kein Geräusch zu verursachen. Ich trat an eine gotische Säule, spürte den kalten Stein unter meiner Hand.

    Die Kathedrale wirkte trotz ihrer Größe fast zärtlich. Vielleicht war es das Licht, das durch das Westfenster fiel. Vielleicht der Gedanke, wie viele Menschen hier schon standen – Pilger, Könige, einfache Gläubige.

    Wir blieben nicht so lange. Die Zeit verlor sich aber, wie sie das oft in solchen Räumen tut.

    Als wir hinausgingen, war es wärmer geworden. Die Stadt wachte auf. Cafés öffneten, Vespas brummten, irgendwo klang ein Glockenspiel.

    „Und das war erst die erste Station“, sagte ich, während wir die Sonnenbrillen aufsetzten.
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  • Zucker, Zeit & Kuriositäten

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 18 °C

    Wir umrundeten die Kathedrale und entdeckten, kaum zu glauben, ein altes Fachwerkhaus, das sich fast schützend an die massiven Mauern schmiegt. Ein Spiel von Zeitaltern: filigranes Holz schmiegt sich an ehrwürdigen Stein – Rouen in materieller Metapher.

    Anschließend bogen wir in die Rue Saint-Romain, eine schmale, charmante Gasse direkt an der Kathedrale entlang.

    Geschichtsträchtig sind ihre Fassaden, oft in alten Pinseln von Pissarro, Boudin oder Dibdin festgehalten, heute stehen sie da und erzählen von Weberwerkstätten, Glasmalern – von Leben und Wandel im Altstadtherzen 

    Ein schrill quietschender Türgriff wies uns den Weg in ein schnuckeliges Dame-Café-Pâtisserie, klein, liebevoll, mit Pastelltönen gestrichen. Ich zog Margriet hinein. Flirrender Teigduft, gleißendes Glasgebäck – ich bestellte uns jeweils je eine Madeleine auf die Hand.

    Wir traten hinaus mit goldenen Muschelkuchen in der Hand. Ihre Wölbung, die feine Riffelstruktur – fast wie eine Miniatur an die Pilgermuscheln, die Richtung Santiago führen. 

    Margriet nahm eine Madeleine, schloss die Augen:
    „Weißt du, das ist so zart...“
    Ich nickte, und sie erzählte die Geschichte:

    Legendär wurde die Madeleine durch Madeleine Paulmier aus Commercy im 18. Jahrhundert. Sie bewährte ihr Familienrezept bei einem Bankett des Herzogs Stanislas von Lothringen – der Küchenchef war weggelaufen, also sprang Madeleine ein. Der Herzog war begeistert, benannte die kleinen Muschelkuchen nach ihr. Bald erreichten sie Versailles, dank König Louis XV. 

    Bald wurden sie überall verkauft: in Commercy als Massenspezialität – und bis heute ist ihr Name Synonym für Kindheitserinnerung:
    Bon Appétit.

    Margriet biss, lächelte:
    „Das ist wie ein Stück - Bon Appétit.“

    Wir gingen weiter – und da stand er: jener Kuriositätenladen, den wir bereits am Sonntagabend aus der Ferne gesehen hatten. Nun war er offen. Hinter uralten Fensterglas kommen ironische Antiquitäten, Tierdarstellungen aus Glas, viktorianische Masken, Trommeln aus Holz, geheimnisvolle kleine Figuren zum Vorschein – ein skurriler Fundus, so eigen wie Louvrens Nachbarschaftsläden. Rouener Locals beschreiben ihn als Ort zwischen Trödel und Wunderkabinett, den man nicht missen möchte.

    Zuerst zögerlich, dann neugierig, betraten wir den Laden. Jeder Winkel ein Scherenschnitt aus Phantasie. Wir kicherten bei einem Schild: „Objets trouvés – ou perdus“, die Preise waren leider utopisch wie für eine kleine kupferne Reliquiendose, die wie ein Kästchen für winzige Geheimnisse wirkte.

    Draußen atmete die Altstadt ihre ganze Melancholie: 227 denkmalgeschützte Gebäude erzählen vom mittelalterlichen Rouen, von Tuchhandel und industriellem Aufstieg – und von der Zerstörung im Kriegsjahr 1940, als fast ein Viertel in Rauch aufging.

    Doch viele Häuser wurden rekonstruiert – mit Fachwerk, Stein oder Backstein – heute wirken sie wie in einem Roman, der von Victor Hugo gefeiert wurde.

    Wir liefen weiter durch die Gassen, vorbei an überhängenden Balkonen, nassen Dachziegeln, winzigen Innenhöfen. Ich dachte an die Menschen, die hier lebten: Weberfamilien, Pilger, Gasthausbesitzer – Generationen, die das Leben in diesen Mauern fühlten. Die Altstadt war kein Museum – sie war noch lebendig.

    Margriet stoppt bei einem türlosen Hauseingang, schaut auf eine glatte Steinmauer.
    „Stell dir vor, hier wohnte einst ein Glasmaler…“
    „Und dort ein Tuchhändler.“
    Sie lachte:
    „Tücher und Glas – das prägt die Stadt.“

    Mit Madeleinekrümel in der Hand – unser ganz eigener Altstadtrundgang.
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  • Im Schatten von Jeanne d’Arc:

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 19 °C

    Wir drehten uns um und standen plötzlich vor dem Historial Jeanne d’Arc, dem Musée in Rouens Erzbischöflichem Palais, wo einst die Prozesse gegen Jeanne d’Arc stattfanden. Mitten unter der friedlichen Kathedrale lag der Ort politischen Schicksals und vergangener Dramen.

    Als wir eintraten, wurde uns gesagt: In zwölf Minuten beginnt die nächste Show‑Besichtigung.
    Ein digitaler Zähler tickte in der Glashalle – doch die Zeit schien plötzlich weit.

    🎭 1. Teil: Tribunal der Geschichte
    Im gotischen Gewölbekeller, in dem einst Gesetze gesprochen wurden, versammelten sich Besucher auf Holzbänken. Der Raum war kühl, fast ehrfürchtig.
    Ein Schauspieler trat auf einem digitalen screen hervor – in der historischen Rolle von Juvénal des Ursins, dem Anwalt und politischen Instanzträger des 15. Jahrhunderts. Er erklärte, wie Jeanne d’Arc im Jahr 1431 vor Gericht gestellt wurde – in diesem genauen Raum, in diesen Gemäuern. Wir hörten Stimmen von Zeitzeugen – über 120 waren damals vernommen worden – eingeblendet auf Bildschirmen und mit original getreuen Stimmen untermalt.
    Wir fühlten uns, als säßen wir im Zentrum eines mittelalterlichen Verfahrens: Die Gegner, die Vorwürfe, ihre Antworten – und schließlich die Verurteilung.

    Dann führte uns der Pfad aufwärts – in einen Raum der Rehabilitation. 1456 wurde der Kathederspruch aufgehoben, die Ungerechtigkeit öffentlich korrigiert. Auch hier: Tonaufnahmen, Projektionen, eine moderne Lichtarchitektur. Wir setzten uns, lauschten Leugnern und Liebhabern, Blicken und Urteilen. Der Wandel war spürbar – von Trauer zu Gerechtigkeit.
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  • Zeitreise im Historischen Palast

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 19 °C

    🏰 2. Teil: Mythos und Dachterrasse
    Durch stille Gänge gelangten wir zum Dachboden, vorbei an einer Marmortafel mit formeller Verurteilung, hinauf zur gotischen Wendeltreppe, deren 24 Stufen einst zur prachtvollen Salle des États führten. Zwar war sie heute für die Öffentlichkeit geschlossen – doch schon der Aufstieg war wie eine Reise durch die französische Geschichte.
    Oben wartete der finale Raum: fast schwarz, mit Projektionen von flackernden Flammen. Man hörte das Knistern, sah Jeanne auf dem Scheiterhaufen – es war überwältigend, suchte die Grenze zwischen Fiktion und Zeugnis.

    Dann erreichten wir die Mythothek – interaktive Bildschirme mit Archiven, digitale Historiker (darunter Colette Beaune, Anne Curry) und Wissensstationen nahmen uns mit auf eine literarisch-visuelle Reise in die spätere Verehrung Jeannes, ihre Symbolkraft durch die Jahrhunderte, bis zur Heiligsprechung 1920.

    Zum Abschluss stiegen wir hinauf auf in einen kleinen Erker des Palastes – ein Rundumblick direkt über Rouen. Von dort bot sich eine spektakuläre Sicht: die Kathedrale, die roten Dächer, die Seine im Morgenlicht.
    Ich seufzte: „Eine bewegende Geschichte… als hätte ich alle Urteile selbst gehört.“
    Margriet nickte: „Und jetzt sind wir zurück – in einer Stadt, die sie samt ihrer Geschichte trägt.“
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  • Ein Platz, eine Kirche – und ein Moment

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 21 °C

    Wir standen auf der Place Barthélémy, einem kleinen urbanen Platz mit Renaissance-Brunnen und Fachwerk umringt, benannt nach dem Architekten Barthélémy, der im 19. Jh. die charakteristische Spitzenflèche über der Laternenturmkirche errichtete.

    Der Platz ist ruhiger, die Luft warm vom Sonnenlicht.

    Vor uns erhob sich die Église Saint‑Maclou – ein wahres Juwel der gotischen Flamboyant-Architektur, erbaut zwischen 1437 und 1517 unter Leitung mehrerer Baumeister, doch stets vereint im Stil.

    Die Westfassade schwingt in sanftem Bogen, mit fünf Portalen in einem halbrunden Vorbau und einem imposanten Tympanon, das den Jüngsten Tag darstellt. Die Türen – mit Szenen wie Taufe, Guten Hirten, der Jungfrau Maria – sind fein geschnitzte Arbeit aus der Renaissancezeit.

    Daneben steht ein halbverdeckter Brunnen – Renaissance-Stil, fast wie ein kleiner Bruder der berühmteren Brunnen in Brüssel – und wirkt zugleich wie eine Einladung, ins Licht der Kirche zu sehen, obwohl die Tore leider verschlossen waren.

    Wir umrundeten das Gebäude. Ich zeigte auf ein Fachwerkhaus, das sich eng an die steinernen Mauern schmiegt – sichtbar über Jahrhunderte mit der Kirche verwachsen. Besonders auffällig waren die überhängenden Balkone, von denen gesagt wird, dass sie einst Weberfamilien beherbergten, die hier arbeiteten und lebten – zwischen Fäden, Farbe, Gebeten.

    Die mächtige Tour lanterne, gekrönt von der Spit­ze aus dem Jahr 1868, bot ein fragiles Gleichgewicht zwischen Normandiens Himmel und der Dunkelheit des Nordens. Während der Zweiten Weltkriegs bombardiert, war die Kirche schwer beschädigt und musste in langen Restaurationsphasen im 20. Jahrhundert wiederaufgebaut werden.

    Die Fassade glänzt heute wieder, als wäre sie gerade erst befreit – makellos, detailverliebt, leicht wie Eisenladen aus Spitze.

    Wir stellten uns vor, wie es gewesen wäre, damals durch diese Türen zu treten – während der Symbole am Westportal flüsterten Geschichten von Jüngstem Gericht und Erlösung. Aber die Tore waren verschlossen. Kein Schlüssel. Keine Möglichkeit, hineinzugehen.

    So blieben wir auf dem Platz, spürten die kühle Brise am Fuß der Rückseite, sahen, wie die Mauern im Vormittagsschatten spielten. Nur wenige Meter weiter liegt der Aître Saint‑Maclou, ein ehemaliger Pestfriedhof mit holzgeschnitzten Säulen voller Totentänzer und Symbolik – heute Kunstschule und Galerie.
    Doch da schauen wir gleich noch vorbei.

    Margriet legte ihre Hand sanft auf den kalten Stein an meiner Seite.
    „Auch verschlossen… doch voller Augenblicke.“
    Sie lächelte. Und ich wusste: Es war genug. Die Kathedrale war eine Begegnung, nicht nur ein Gebäude.
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  • Wo Knochen sprechen -Aître Saint-Maclou

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 21 °C

    Der Aître Saint-Maclou – ein Ort, der gleichermaßen verstört und fasziniert. Als wir ihn betraten, war es, als hätte jemand die Geräusche der Stadt auf stumm geschaltet. Kaum Schritte, nur das Knarzen alten Holzes unter unseren Füßen und das ferne Zwitschern einiger Spatzen, die in den Fachwerkbalken nisteten.

    Ein Ort der Stille mit makabrer Vergangenheit:
    Im Mittelalter war dieser Ort ein Friedhof – ein sogenannter Aître, ein Pestfriedhof, angelegt während der verheerenden Schwarzen Pest im 14. Jahrhundert. Über 30.000 Tote wurden hier beigesetzt. Später errichtete man die umgebenden Gebäude, um Platz für eine Schule zu schaffen, doch die Knochen blieben unter dem Hof. Und wer heute genau hinschaut, entdeckt an den Balken noch geschnitzte Totenköpfe, Knochenbündel, Schädel mit gekreuzten Tibiae – eine symbolische Mahnung an die Vergänglichkeit, eingefroren in Eichenholz.

    Margriet und ich betraten den Hof und trennten uns beinahe automatisch. Sie schlenderte nach links, ich nach rechts. Jeder schien diesem Ort seine eigene Stille ablauschen zu wollen. Ich blieb an den kunstvoll geschnitzten Balken stehen – die Details der Figuren, die aus dem Holz hervortreten, waren beinahe unheimlich lebendig.

    Begegnung mit der mumifizierten Katze:
    In einem kleinen verglasten Schaukasten, gut versteckt in einem der Räume, stieß ich schließlich auf sie – die mumifizierte Katze. Man hatte sie vor Jahrhunderten in der Wand eingemauert, vermutlich als eine Art Schutzzauber gegen böse Geister oder die Pest selbst. Sie lag dort zusammengerollt, die Pfoten fest an den Körper gezogen, das Maul zu einem stummen Schrei geöffnet. Verstörend – und gleichzeitig berührend, fast wie ein Gruß aus einer anderen Zeit.

    In diesem Moment hörte ich Margriets leises „Ah!“ hinter mir. Auch sie hatte sie entdeckt. Wir standen da, schweigend, wie verabredet – vereint im Staunen.

    „Stell dir vor, man dachte, das würde helfen…“, flüsterte sie.

    Ich nickte. „Und jetzt liegt sie hier, zwischen Touristenhandys und Geschichte.“

    Ein letzter Blick, ein leiser Moment des Respekts – dann gingen wir weiter. Schritt für Schritt, aus dem Schatten der Vergangenheit zurück ins Licht der kleinen Gasse. Und doch war der Aître Saint-Maclou einer dieser Orte, die man mitnimmt – in Gedanken, im Herzen, vielleicht sogar im Schlaf.
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  • La Couronne –ein Erlebnis für den Gaumen

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 23 °C

    Der Hunger wurde laut – wir kürzten unsere Stadttour ab, denn der Justizpalast, den wir bereits am Sonntag besucht hatten, konnten wir streichen. La Couronne, das älteste Gasthaus Frankreichs, war unser Ziel – eine Reservierung um 13 Uhr - konnten wir knapper treffen als gedacht.

    Auf der Place du Vieux-Marché, direkt gegenüber dem Mahnmal der Jeanne d’Arc, liegt La Couronne – gegründet 1345, eingebettet mitten in die Geschichte von Rouen .

    Angeblich sah sein damaliger Wirt Raoul Baudry einst das Martyrium der Pucelle direkt vor seinem Fenster .

    Wir zogen die schweren Eichentüren auf – durch den Empfang, wo man nach unserer Reservierung fragte. Die Dame wollte uns erst in der ersten Etage mitten im Raum platzieren, doch ich erinnerte sie an meinen Wunsch: Fensterplatz. Mit einem kleinen Augenrollen lenkte sie uns hinauf in die zweite Etage – ein Tisch mit warmer Tagesbeleuchtung, blaue Tischdecke, blaue Servietten – eine Bühne für den Genuss.

    Unser Kellner, Romain, erschien prompt. Wir entschieden uns ohne Zögern gemeinsam für das Gourmetmenü.

    Foie Gras mit Früchte-Brioche war Margriets Wahl – samtig, leicht süßlich, mit dem butterigen Brioche und einem leichten Fruchtkontrast, der an reife Quitten erinnerte und on top eine Prise feinstes Fleur de Sel. Margriet schmolz dahin beim ersten Bissen.
    Ich wählte Kalbsbries – zart, fast schmelzend, in einer feinen Brotkruste und einem Hauch von Zitronenzeste, die dem Gericht Tiefe verlieh.
    Der Hauptgang kam:

    Steinbutt, zart gebraten, begleitet von Erbsenüree und einem Schuss leichter Sauce beurre blanc – frisch, seidig und klar.
    Bei mir: Taube, rosa gebraten, kraftvoll, mit Wildbeerenjus, leicht rustikal – elegant harmonisch mit dem Wein.
    Zum Käsegang Bestellung quer durch die Regionen: Camembert, Rocamadour, Bleu d'Auvergne, Comté – jede Sorte mit individuellem Aroma, Textur und Geschichte.

    Zwischen Château d’Yquem und bleichem Blauschimmel folgte der letzte Bissen der Käseplatte – eine rötlich schimmernde Pyramide, unscheinbar auf dem Teller, doch von Romain mit einem Augenzwinkern angekündigt wie ein Feuerwerk: „Diesen zuletzt, mesdames – sonst schmecken Sie den Rest nicht mehr.“

    Der Boulette d’Avesnes, ein Weichkäse aus Nordfrankreich, mit Paprika eingerieben und in Form gebracht wie ein kleiner Vulkan, trat seine Wirkung sofort an. Margriet und ich tauschten skeptische Blicke, schnupperten vorsichtig – und wagten dann doch einen beherzten Bissen. Der Geschmack explodierte regelrecht: wild, pfeffrig, kräutrig, fast fleischig – wie ein alter Keller nach einem Gewitter. Unsere Mienen entgleisten synchron. Ein Moment, wie gemacht für ein Museum der Grimassen.

    „Wir hätten jeden ugly-face-contest gewonnen“, sagte ich, während Margriet Tränen lachte. Und doch: da war auch Stolz – wir hatten ihn probiert. Wir hatten uns durch die Höhen und Abgründe der französischen Käsekultur gekämpft. Ein kleiner Sieg.

    Dazu ein Sauternes aus Château Simon, golden im Licht des Fensters, süßlich, mit Aromen von Aprikose, Honig und einem Hauch Karamell – ein perfekter Partner zu den gereiften Käsen .

    Zum Dessert:

    Sie: Zarte Pfirsichhälfte in Zabaione – luftige Süße, samtiger Schaum und sanfter Pfirsichgeschmack.
    Ich: Soufflé von Apfel mit Calvados – flaumig, leicht alkoholisch‑fruchtig, mit feinem Bratapfelduft.

    Romain war eine Klasse für sich ;0)... – erzählte charmant Storys zu Weinen, zu den Regionen des Käses und sprach uns Empfehlungen aus und erzählte, dass er seit 10 Jahren in diesem Hause ist und auch dort seine Ausbildung gemacht hat. Er ist 28.
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  • La Couronne - Tisch mit Geschichte

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 22 °C

    „Über dieses Fenster“, sagte Romain, als wir uns erhoben, „sah der Wirt einst das Feuer.“
    Jeanne d’Arc war hier auf dem Scheiterhaufen gestorben – direkt gegenüber.
    Wir standen still. Die Wände geschmückt mit Porträts berühmter Gäste: Hemingway, Dali, Grace Kelly, Julia Child – und nun auch wir.

    Zum Abschluss genehmigten wir uns noch einen Portwein – ein würdiges Finale. Romain steckte mir heimlich seine Postkarte mit Nummer zu, Margriet grinste breit. Ein lieber Wink an die Geschichte, die wir nun ebenfalls teilten.

    Besonders eindrucksvoll war die kleine Hausführung zum Abschluss: Durch knarrende Flure, an Porträts berühmter Gäste vorbei – man spürt, wer hier schon alles gegessen hat. Und dann immer noch dieser Gedanke: Von den Fenstern aus konnte man einst den Scheiterhaufen von Jeanne d’Arc sehen. Gänsehaut.

    Ein Ort, an dem man nicht nur isst – sondern genießt, staunt und ein bisschen ehrfürchtig wird. Merci, La Couronne!
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  • Süße Tüten und saure Architektur

    15 lipca, Francja ⋅ ☁️ 22 °C

    Wir hatten die Kirche schon während unseres Lunchs im La Couronne immer wieder im Blick gehabt. Da stand sie, dominant, fast bedrohlich – wie ein dunkler Wal aus Schiefer, der sich mitten auf den historischen Platz gelegt hatte. Und je länger wir sie anschauten, desto weniger konnten wir verstehen, wie man so etwas hier bauen konnte.

    „Ist das ein Drachen?“, fragte Margriet, als wir näherkamen. An der Seite krümmte sich ein bronzener Wasserspeier, aus dessen Maul eine leise Rinnsal in den Boden plätscherte. Ein seltsames Detail – so verspielt wie unpassend. Ich nickte nur, zu sehr damit beschäftigt, diesen Bau zu begreifen.

    1979 sei sie errichtet worden, las ich später – zu Ehren von Jeanne d’Arc, an genau dem Ort, an dem sie 1431 verbrannt wurde. Der Architekt – Louis Arretche – wollte mit der Form des Daches wohl das Flammenspiel symbolisieren. Oder ein umgedrehtes Boot. Oder beides. Ich war mir nicht sicher, ob das gelungen war.

    „Ich hätte mir etwas... Ehrfurchtsvolleres vorgestellt“, sagte Margriet, als wir vor dem Eingang standen. Die schweren, dunklen Linien der Konstruktion drückten fast auf die Brust, als wollten sie sagen: Hier endete etwas Großes – und wir wollen, dass du das spürst.

    Wir gingen einmal drum herum. An der Rückseite erblickten wir die alten Kirchenfenster – echte gotische Originale, gerettet aus der zerstörten Kirche Saint-Vincent und hier eingebaut. Wunderschön. Zart. Farbintensiv. Fast wie eine Seele, die versuchte, durch den Beton zu atmen.

    „Das hätte sie verdient“, sagte ich leise.
    „Mehr Licht?“, fragte Margriet.
    „Mehr Frankreich.“

    Hinter der Kirche öffnete sich plötzlich wieder das Leben. Als hätte der Platz einen zweiten Atem.

    Ein kleiner Markt – improvisiert fast, aber liebevoll aufgereiht. Bunte Stände mit getrockneten Früchten, Nüssen, handgemachten Seifen, ein alter Mann, der Honig aus der Region anbot. Es duftete nach Sonne, nach Holz und etwas Anis.

    Ich ließ meinen Blick über die Auslagen schweifen und griff fast automatisch zu. Zwei schlichte, durchsichtige Tüten – die eine gefüllt mit hellen Rosinen, glänzend wie Bernsteinperlen. Die andere mit in der Sonne getrockneten Feigen und saftigen Birnen, weich, aromatisch.

    „Für uns“, sagte ich und reichte Margriet die eine Tüte.
    Sie nahm sie und lächelte. „Wie früher im Süden. Nur ohne die Zikaden.“

    Wir gingen langsam weiter, die Sonne im Rücken, die Süße der Früchte auf der Zunge.

    Rouen hatte so viele Gesichter – manche schwer zu fassen, andere warm und einfach.
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