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  • Day 18

    Tulum

    November 10, 2022 in Mexico ⋅ ⛅ 29 °C

    Wir schlafen in einem kleinen Hostel, dessen Innenhof eher einem kleinen Wald mit Pool gleicht als einem tatsächlichen „Patio“, wie solche Höfe hier heißen. Überhaupt sind Bäume hier gold wert, jedenfalls werden auch Fußgänger- und Fahrradwege um die Bäume herum gebaut.

    Nachdem wir in Cancún meiner Sehnsucht nach Fast Food nachgekommen sind wird hier wieder mexikanisch gegessen. Unser liebstes Essen ist Schweinefleisch namens „Al Pastor“. Wir können euch den würzigen Geschmack schlecht beschreiben, außer, dass es lecker und das Fleisch knusprig ist. Joe isst es am liebsten in Tacos, ich bevorzuge die Torta. Das sind Sandwiches. Tino fand es übrigens sehr unterhaltsam, dass Tortas in anderen Teilen der Welt Torten sind.

    Den Abend verbringen wir in einer Cocktailbar mit Live Musik und lernen ein niederländisches Pärchen kennen. Die beiden kennen sich bestens aus in der Tulumer Partyszene und so finden wir uns nach einem feuchtfröhlichen Abend auf den Dachpartys der Stadt wieder, wo wir unter bunten Lichterketten im Mondlicht feiern und tanzen.

    Tulum ist berühmt für seine Cenoten. Wir besuchen Casa Tortuga, eine Anlage, die ganze vier Cenoten beherbergt. Um dorthin zu kommen, müssen wir mit dem Collectivo fahren, eine Art öffentlicher Sammelbus. Taxi fahren ist in Tulum nämlich abartig teuer.
    „Das klingt schwieriger als es ist“, sagt unser Rezeptionist, „Ihr stellt euch einfach an den Straßenrand, dann wird ein Collectivo halten und ihr sagt ihm, wo ihr hin wollt.“
    Und so stehen wir am besagten Straßenrand und warten. Es dauert keine zwei Minuten, da hält ein weißer Kleinbus und der Fahrer wirft die Tür für uns auf.
    „Casa Tortuga“, sagen wir und er winkt uns ungeduldig rein.
    Mit hundertzwanzig Sachen und ohne funktionierenden Anschnallgurt geht es über die Autobahn. Nach zehn Minuten fährt er den Kleinbus rechts ran und sagt „Casa Tortuga.“. Wir zahlen den Fahrtpreis, steigen aus und finden uns am Seitenstreifen der Autobahn wieder. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt Casa Tortuga.
    „Hier geh’ ich nicht über die Straße! Das ist eine fucking Autobahn!“, sage ich und zeige vorwurfsvoll auf die vorbei rauschenden Autos.
    „Ich seh’, dass das eine Autobahn ist!“, erwidert Joe, „Aber am Seitenrand stehen bleiben ist gerade auch nicht viel sicherer!“
    Also halten wir Ausschau nach einer Lücke, die uns genug Zeit lässt, die Fahrbahn lebend zu überqueren und hoffen auf Autofahrer, die notfalls eben aus der Entfernung schon abbremsen. Das Glück ist uns hold und kurz darauf können wir unsere Besichtigung starten.

    Es gibt insgesamt vier Cenoten. Die erste schon ist eine unterirdische Höhle, durch die wir schwimmen. Man kann den Ausgang sehen, sodass es nicht völlig dunkel ist, aber es hat schon etwas mystisches, sich in der Dunkelheit voran zu tasten, wo das Wasser viel lauter gluckert und alle Stimmen von den niedrigen Deckenwänden widerhallen. Wir sind froh um unsere Wasserschuhe, denn der Boden ist uneben und von großen Steinen übersäht.
    Die zweite Cenote ist noch niedriger. Hier hat mal teilweise nicht mehr als eine Ellbogenlänge zwischen Wasser und Decke. Und es hängen eine Menge Stalagmiten (?) von der Decke, sodass man sich in der Dunkelheit gut voran tasten muss. Ohne unseren Guide würden wir den Ausgang nicht mehr finden, so unübersichtlich ist es hier unten.
    Die dritte Cenote ist wie ein kleiner See. Von hier springt Joe aus drei Meter Höhe ins türkisblaue Wasser.
    Die vierte Cenote ist ähnlich wie die erste, mit dem Unterschied, dass das Wasser hier durch versteckt eindringendes Tageslicht überirdisch türkis in der Dunkelheit leuchtet.

    Am nächsten Tag haben wir ein Unterwasser-Date mit Schildkröten. Um zum Strand zu fahren, leihen wir uns beim besten (!) Fahrradhändler der Stadt zwei Räder aus. Kurz scheint es, als könne unser Plan nicht in die Tat umgesetzt werden, denn er schließt um 5 und unsere Tour geht bis 4. Rechnet man die typisch mexikanische Verspätung mit ein, wird das ziemlich knapp.
    „Okay, dann machen wir’s so“, sagt er, „Ich geb’ euch meine Handynummer und zwanzig Minuten vorher schickt ihr mir ’ne Nachricht, dann mach’ ich für euch nochmal auf.“
    Das ist etwas, was uns sehr an Mexiko gefällt: hier ist alles ein bisschen chaotischer und ungenauer, dafür aber auch manchmal wunderbar einfach und flexibel.
    Auf zwei Rädern mit windschiefen Sätteln und eiernden Reifen radeln wir runter zum Strand. Und als wir das erste Mal am Meer stehen, das türkis und einladend in der heißen Sonne schimmert, erkennen wir die ganze Schönheit von Tulum. Kaum haben wir unsere Handtücher im pludrigen Sand abgelegt, rennt Joe voraus ins Wasser. Als er wieder kommt, schieße ich los und tauche ab in die nassen Fluten. So wechseln wir uns eine Stunde lang ab. Dann machen wir uns auf die Suche nach unserem Boot.
    Wir steuern als erstes ein Riff an, in dem es viele große, bunte und unterschiedliche Fische gibt. Die meisten von ihnen sind schlau und verstecken sich unter den Korallen, sobald etwas über sie hinweg schwimmt. Öfter aber schwimmen ganze leuchtend blaue Fischschwärme unter uns, um sich dann mit einem Schlag alle auf ein winziges Stück Koralle zu stürzen. Einmal schwimmt auch ein riesiger grauer, schlangenartiger Fisch an mir vorbei und betrachtet mich genauso neugierig wie ich ihn.
    „Das war ein Hai“, behauptet die kanadischer Familie, als wir zurück aufs Boot kehren.
    Ich halte das für ein reichlich übertriebenes Gerücht.
    Im nächsten Riff sollen die Schildkröten auf uns warten. Ich wollte immer schon mal eine Wasserschildkröte in freier Natur sehen, aber bisher habe ich weder in Ägypten noch in Samoa Glück gehabt. Wenn wir Glück haben, schwimmt also heute eine in einiger Entfernung an uns vorbei. Als wir abtauchen, wartet sie schon auf uns. Man muss dazu sagen, dass unser Guide Alfredo sie mit Fisch anfüttert. Sie schwimmt ihm geradezu in die Arme. Und auch uns kommt sie nahe, taucht nur mit dreißig Zentimeter Abstand unter mir hindurch und versucht dabei immer wieder, ein Stück Fisch, das sie im Mund hält, mit ihrer Flosse in zwei Stücke zu zerteilen, damit sie es besser essen kann. Ab und an taucht sie auch zwischen uns auf und steckt ihren Kopf aus dem Wasser. Für ihren behäbigen Panzer bewegt sie sich erstaunlich schwerelos durchs Wasser.

    Am Abend schauen wir noch in der Apotheke vorbei, denn Joe möchte vor Guatemala ein neues Mückenspray kaufen. Wir holen uns eine kurze Beratung von der Apothekerin rein. Es stellt sich heraus, dass die Preise, die auf den Sprays stehen, nicht ganz stimmen.
    „Ups, das kostet doch hundertfünfzig Pesos mehr“, kichert die Apothekerin, nachdem sie es gescannt hat und reißt einfach das Preisschild ab.
    „Ja, okay, bringt ja nichts“, sagen wir.
    „Wollt ihr vielleicht sonst noch was kaufen? Schmerzmittel, Sonnenspray, Anabolika?“, fragt sie und zwinkert Joe zu.
    „Danke, das Mückenspray reicht uns erstmal“, sage ich, „Morgen vielleicht.“
    Das Mückenspray riecht übrigens übel nach Chemie. Damit ist man nicht nur vor Mücken, sondern höchstwahrscheinlich gegen nahezu alle Lebewesen geschützt. Wir sind gespannt, ob sich die Mücken von Guatemala davon ebenso beeindrucken lassen wie die in Tulum. Vorher starten wir aber einen letzten Testdurchlauf in Holbox.
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