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  • Day 22

    Holbox

    November 14, 2022 in Mexico ⋅ ☀️ 29 °C

    Unser Freund Amadeus hat uns empfohlen, auf gar keinen Fall Holbox zu verpassen, wenn wir in Mexiko unterwegs ist. Und er hatte vollkommen Recht. Holbox ist eine kleine Insel im Norden der Halbinsel Yucatán. Um dorthin zu gelangen, muss man 30-45 Minuten mit der Fähre übersetzen. Falls ihr euch auch fragt, wie man den Namen ausspricht: Hol-Bosh scheint die richtige Betonung zu sein.

    In Holbox gibt es fast keine Autos. Man benutzt Golfcarts und Motorräder als Fortbewegungsmittel. Fast sind wir ein bisschen enttäuscht, als sich unser „Taxi“ als riesiges Hummer-Golfcart herausstellt. Wir finden schnell heraus, warum es hier so wenige Autos gibt: die Straßen bestehen ausschließlich aus Sand. Die Insel scheint gefühlt nur 50 Zentimeter über dem Meeresspiegel zu liegen, denn die vielen Schlaglöcher sind mit Wasser gefüllt, obwohl es hier selten zu regnen scheint. Es ist eine holprige Fahrt, bei der wir mal die rechte, mal die linke Straßenseite nutzen und immer wieder kleinen Straßenseen und schlafenden Hunden ausweichen müssen.

    Unser Hotelzimmer ist ein Baumhaus mit einer eng gewundenen Holztreppe, an deren oberen Ende eine Planke ins Schlafzimmer führt. Man fühlt sich ein bisschen wie die verlorenen Kinder auf Nimmerland, wenn man dort entlang balanciert. Wenn man morgens wach wird (meist schon vor der Dämmerung), sieht man als erstes die ausladenden Palmblätter vor unserem Haus. Joe flüchtet allerdings in der ersten Nacht, denn wir haben den Ventilator ausgestellt, da ich schnell von Zugluft krank werde. Ohne Wind wird er aber von den Mücken zerstochen. Als ich morgens herunter klettere liegt er im Bett auf der unteren Etage im sicheren Wind des Ventilators. Weil er wach ist, mache ich das Licht an und prompt erlischt alles um uns herum, denn der Strom ist weg.
    „Dann werde ich wohl jetzt wieder zerstochen“, sagt er und schlägt sich die Decke über den Kopf.
    Als wir später fünfhundert Meter weiter die Straße runter in einem kleinen Gartencafé beim Frühstück sitzen, sagt der Kellner den Gästen am Nachbartisch, er könne momentan keinen Kaffee servieren, sie hätten einen Stromausfall.
    „Und wie lange dauert das?“, fragt die Frau.
    „Schwer zu sagen: zehn Minuten, ’ne Stunde, zwei Tage - wir sind hier auf Holbox.“
    Joe wirft mir einen vielsagenden Blick zu und ich zeige mein unschuldigstes Gesicht. Eine halbe Stunde später ist der Strom aber wieder da und unser Baumhaus kann samt Ventilatoren wieder in Betrieb genommen werden.

    Wir verbringen unsere Tage am Strand. Joes Lieblingsort ist die türkisblaue Hängematte, meiner das knöcheltiefe Wasser, wo ich stundenlang sitze und lese. Der Sand ist puderweich und der Himmel strahlend blau. Abends beobachten wir mit einem Mojito und einer Pina Colada, wie die orange leuchtende Sonne im Meer versinkt. Sobald sie den Horizont berührt sieht es aus, als würde sie ins Wasser schmelzen. Danach leuchtet der Himmel noch einmal in allen Rot- und Rosatönen auf, ehe die ersten Sterne auftauchen. Selten haben wir so viele Sterne mit bloßem Auge gesehen. Je länger man auf einen bestimmten Punkt am Himmel schaut, umso mehr Sterne erscheinen. Es sieht aus, als hätte jemand eine gewaltige Käseglocke über uns gestülpt, die mit Lichtern gespickt ist.

    Wir essen fangfrischen Fisch und Garnelen, trinken Cocktails und genießen das Inselleben, bei dem die Zeit ein wenig still zu stehen scheint.
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