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  • Lehm und Stroh machen so gar nicht froh

    3 de setembro de 2023, Turquia ⋅ ⛅ 21 °C

    Wie erwartet hat es in der Nacht ausgiebig gewittert. Wind und starker Regen haben leider auch für einen kleinen Wassereinbruch im Zelt gesorgt. Wie ärgern uns etwas über uns selbst, da wir die Schwachstellen unseres Zeltes durchaus kennen und der Regen alles andere als überraschend eingesetzt hat. Wir hätten also schlauerweise einige Dinge geschützter lagern können, aber was soll's...! Es ist kein ernsthafter Schaden entstanden und nächstes Mal sind wir (hoffentlich) klüger. Auch am Morgen hängt noch eine bedrohlich düstere Wolkendecke über uns und es fällt vereinzelt Regen. Dennoch raffen wir uns nach dem Frühstück irgendwann auf, bauen das nasse Zelt ab und machen uns gegen zehn Uhr auf den Weg. Dieser führt uns zunächst bergab, wir können also von einem entspannten Etappenstart sprechen. Nach wenigen Kilometern weist uns ein LKW-Fahrer darauf hin, dass wir auf unserem geplanten Weg nicht weiterfahren können und empfiehlt die Rückfahrt und einen Weg über den Ort Ladik. Wieder zurück? Bergauf? Wir versuchen, den Grund für seinen Rat zu ermitteln, was aber sprachlich schwierig ist. Es gesellen sich im Verlauf zwei weitere Herren dazu, die uns ebenfalls von der Weiterfahrt abraten. Auch den Fahrer eines Autos sowie einen alten Mann auf einem E-Scooter bewegen sie zum Umkehren. Wir entscheiden uns schließlich für einen Mittelweg und fahren nicht auf selbem Wege den Hügel wieder rauf, den wir gerade heruntergefahren sind, sondern begeben uns auf eine kleine Nebenstraße. Einer der drei Herren hat diesen Umweg als tauglich benannt. Den wenigen Worten, die wir verstanden haben, in Kombination mit verschiedenen Gesten, glauben wir inzwischen verstanden zu haben, dass unsere geplante Route durch den starken Regen der letzten Nacht so in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass sie unpassierbar ist. Auch auf der gewählten Ausweichroute geht es direkt aufwärts. Anfangs bewegen wir uns noch auf asphaltierter Straße und moderater Steigung bergauf, im Verlauf wird es allerdings eher steiler und ein Schotterweg löst die befestigte Straße ab. So passieren wir einige sehr kleine Dörfer, bis sich gegen Mittag der Weg zur ultimativen Katastrophe entwickelt. Der Schotterweg besteht immer weniger aus Schotter und immer mehr aus schlammigem, klebrigem Lehm. Fahren ist nach kurzer Zeit nicht mehr möglich und das Schieben der Fahrräder wird zum Kraftakt. Der penetrante Lehm setzt sich mehr und mehr überall fest, insbesondere zwischen Schutzblech und Reifen. Immer wieder versuchen wir mit Stöcken, die Räder von dem zähen Zeug zu befreien, aber die Situation bleibt einfach nur zum Schreien. Tatsächlich kommt uns auch der eine oder andere laute Fluch über die Lippen während dieser nervenaufreibenden Schlammschlacht. Die rettende Hauptstraße ist zwei Kilometer entfernt, bis dahin müssen wir es irgendwie schaffen. Es folgt die Anwendung der Tragetechnik: Stück für Stück werden alle Einzelteile einschließlich der Fahrräder in Richtung der Straße getragen. Nach einer Weile bietet sich die Möglichkeit, auf ein angrenzendes Stoppelfeld zu gelangen. In der Hoffnung, dort zumindest die Räder wieder schieben zu können, verfrachten wir alles auf den Acker. Der Untergrund ist zwar tatsächlich etwas besser, aber nun mischt sich das lose Stroh zu dem bereits an den Fahrrädern haftenden Lehm. Tja, andere Menschen bauen Häuser aus dieser Mixtur, uns bringt sie zum Verzweifeln. Betonhart sitzt das Zeug zwischen Schutzblech und Reifen und blockiert alles. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit und raubt uns den letzten Nerv, eine "Schiebtauglichkeit" herzustellen. Über das Stoppelfeld kommen wir dann tatsächlich ein Stück des Weges voran, landen aber am Ende unweigerlich wieder auf der Lehmpiste. Der gleiche Mist fängt von vorne an, die rettende Straße ist eigentlich ganz nah und doch so fern. Am Ende braucht es den kompletten Nachmittag zur Überwindung der zwei Kilometer Lehmweg, die abermals angewandte "Einzelteil-Tragetechnik" rettet uns schließlich auf den Asphalt. Bei Claudias Rad hilft nur der Ausbau des Vorderrades zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit. Wir sind bedient und können sagen, dass dies mit Abstand der spaßfreieste Abschnitt des bisherigen Urlaubs war (und hoffentlich auch bleibt)! Die erreichte Hauptstraße sollen wir eigentlich nur überqueren und weiter einer Nebenstrecke folgen. Wir wollen aber für heute jedes Risiko einer weiteren Schlammschlacht vermeiden und bleiben auf der stark befahrenen, aber asphaltierten Hauptstraße. Einen kurzen Stopp legen wir an einem Laden an der Straße ein, wo wir etwas Proviant kaufen und einen Teil davon sofort vertilgen. Im Ort Havsa schwenken wir nach Norden, ab jetzt wird glücklicherweise der Verkehr etwas weniger. Noch etwa zehn Kilometer radeln wir, bevor wir uns für ein Stoppelfeld als Lagerplatz entscheiden. Wir stehen noch mit beladenen Rädern auf dem Feld, als es zu regnen beginnt. Hätte das nicht eine Viertelstunde später passieren können, wenn das Zelt steht, fragen wir uns. Irgendwie ist das heute wohl nicht unser Tag. Immerhin regnet es nur sehr kurz und wir können noch einigermaßen trocken aufbauen. Zum Abendessen gibt es eine gesunde Frusttüte Chips, danach geht es in der Hoffnung auf einen besseren morgigen Tag in die Schlafsäcke.Leia mais