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  • Wo bleibt der Kulturschock?

    December 10, 2019 in China ⋅ 🌙 0 °C

    Unsere ersten eineinhalb Tage Peking liegen hinter uns und bisher kommen wir überraschend gut mit der anderen Kultur vor Ort klar. Sicher liegt das auch einfach daran, dass es eine Großstadt ist, die sich in Vielem auch nicht sooo sehr von anderen Großstädten unterscheidet.

    Zu unserer großen Freude haben wir auf der Zugfahrt hierher diesmal Leute zum Unterhalten gefunden. In unserem Viererabteil ist nämlich ein sehr nettes britischen Paar, Ben und Melanie mitgefahren, mit denen wir etwas über unsere Erlebnisse quatschen konnten. Auch war die Aussicht zumindest zeitweise echt schön. Den Großteil der Zeit fuhren wir aber durch die Wüste Gobi und es sah wirklich alles haargenau gleich aus. Die Temperaturen, die man in einer Wüste erwartet, wollte unser Waggonführer dann wohl auch gleich nachstellen und heizte den Waggon auf angenehme 30 Grad. Schwitzend in der heißen, trockenen Luft vertrieben wir uns die Zeit. Das erste Mal, dass Jonas am zweiten Tag aus dem Waggon trat, konnte er auch direkt einen Erfolg vermelden. Zwischen den schönen Bergen und Tälern des nördlichen Chinas hatte er die chinesische Mauer entdeckt!. Alle standen wir am Fenster und bestaunten die Mauer aus der Ferne (wir freuen uns schon auf deren Besteigung am Freitag und Samstag). Bis nach Peking konnten wir bereits einige Großstädte anschauen und auch riesige Bauprojekte. Von kilometerlangen Baustellen bis zu riesigen Brücken für die Highspeed-Züge gab es viel zu entdecken. Wir erhielten zudem schon ein Gefühl für die Unterschiedlichkeit des Landes. Von Hochhäusersiedlungen bis zu kleinen Baracken waren es oft nur ein paar Meter.
    Dann der große Moment: Ankunft am Hauptbahnhof in Peking (auch hier gibt es wie in Moskau mehrere Bahnhöfe für verschiedene Richtungen). Es stellte sich heraus, es ist ein ganz normaler Bahnhof, mit vielen Menschen vor der Tür. Die Orientierung fiel sehr leicht dank englischer Schilder und nachdem wir Geld abgeholt hatten, kauften wir uns ein Metroticket und ab ging es zum Apartment.
    Dieses Mal kommen wir via Airbnb unter und hatten zuvor eine Beschreibung mit Fotos von der Station bis zur Wohnungstür bekommen. Es begann eine kurze Schnipseljagd, an dessen Ende wir in einem Hochhaus in einer winzigen Wohnung ankamen. Wir teilen uns diese mit den beiden Hauptmieter*innen, die wir bisher aber nur flüchtig gesehen haben. Die Wohnung ist süß eingerichtet und wir haben unsere ersten Bekanntschaften mit dem asiatischen Konzept der Dusche gemacht. Es gibt nämlich keine richtige Dusche, sondern man duscht im Badezimmer und macht dieses dann quasi auch komplett nass - etwas gewöhnungsbedürftig.

    Nach dem Ankommen versuchten wir dann noch zwei Restaurants zu finden, die wir rausgesucht hatten. Dies erwies sich als wirklich wirklich kompliziert, denn sie lagen in einer Hochhausgegend in der quasi jedes Hochhaus eine eigene Mall in den unteren Geschossen hatte. Zudem hießen die Gebäude auch noch fast gleich und die Kartenanzeige bei unserer App war ungenau (dachten wir zumindest). Zu allem Überfluss hatten wir noch kein mobiles Internet und ziemlichen Hunger. Kurzum suchten wir in drei verschiedenen Malls nach den magischen vier Schriftzeichen unserer Restaurants. Doch wir fanden nichts. Kaum ein englisches Wort war zu lesen und alles sah gleich aus. Wir verzweifelten, wurden dann aber von einem Sicherheitsmann gefragt, wo wir hinmöchten. Wir zeigten ihm die chinesischen Zeichen und er brachte uns zu dem gesuchten Restaurant. Doch nach zwei Stunden Sucherei hatte dieses natürlich schon geschlossen. So ging es mit sehr schlechter Laune nach Hause und es gab nur Tütengerichte und ein paar Chips zum Abendessen. Der erste Tag Peking war also schonmal ein Reinfall 🙈

    Dafür entschädigte der heutige Tag. Wir erholten uns erstmal von der langen Reise und dem wenige Schlaf der letzten Tage. Judith kränkelt zudem etwas mit einer Erkältung und so verbrachten wir den Vormittag mit Recherche und chillen. Danach ging es erstmal auf die Mission Simkarte besorgen, damit wir nicht wieder ohne Kartenapp irgendwo rumirren müssen. Das verlief sogar relativ unkompliziert, obwohl wir uns jetzt nicht sicher sind, ob wir 3GB pro Tag oder pro Monat haben, denn die Kommunikation zwischen uns und der Schalter-Frau fand über eine grauenhaft schlechte Übersetzungsapp statt. 😅🤣.
    Mittags ging es in ein Restaurant, welches wir über eine Youtuberin (danke @mirella) gefunden hatten. Und es entlohnte uns tausendfach für die gestrige Sucherei. Wir brauchten alleine 20 Minuten um uns zu entscheiden, was wir von der endlosen Auswahl an Gerichten, die wir noch nie gesehen und daher am liebsten alle probiert hätten, essen wollten. Schließlich entschieden wir uns für drei verschiedene Dinge und waren überwältigt. Zuerst wurden uns ungefragt ein Apperetiv aufgetischt: Erdnüsse und eingelegtes Gemüse, beides aber so speziell gewürzt, dass es wirklich etwas besonderes war. Dann folgte Tofu, wie wir ihn noch nie gegessen hatten, Auberginen und Paprika mit einer Sauce, die das Aroma der beiden Gemüse so passend unterstrich, dass wir beide der Meinung sind, noch nie vorher so leckere Aubergine gegessen zu haben. Außerdem gab es einen Schmortopf mit Tofu, Pilzen und fermentierten Kohl, welcher auch richtig lecker war. So etwas ist nicht zu vergleichen mit Tofu süßsauer oder Nudelpfanne in Deutschland. Für uns beide war es eine Offenbarung und wir haben die Messlatte für unsere weiteren Essenserfahrungen in China sehr sehr hochgelegt.
    Danach spazierten wir durch die Straßen und durch den nahegelegenen Park der Sonnentempel. Dieser Park ist vor allem auch ein Erholungs- und Sportgebiet innerhalb der Großstadt und es war angenehm ruhig. Anscheinend gibt es hier auch in jedem Park eine Art Outdoor-Fitnessstudio mit verschiedenen Geräten - sieht ein bisschen aus, wie ein Spielplatz für Erwachsene. Das faszinierende daran ist, dass da super viele Omis und Opis dran rumturnten! Fanden wir total gut, dass sie sich im hohen Alter so fit halten.
    Danach liefen wir zum Bahnhof, um unser Ticket nach Xi‘an zu buchen (das geht nämlich nur am Schalter). Nachdem wir das erfolgreich gemeistert hatten, ging es noch einkaufen und dann zum kochen nach Hause. Dabei erstanden wir ein paar vegane Snacks (kleine Küchlein mit Bohnenpaste bzw. Mandeln drin (beides süß) und Chips mit Gurkengeschmack - könnt ihr euch geschmacklich ungefähr wie süddeutschen Kartoffelsalat vorstellen 🤤

    Nach diesen ersten entspannten Tagen geht es dann morgen richtig los. Für die nächsten Tage stehen noch einige Dinge auf dem Zeitplan (Verbotene Stadt, Tianamen Platz, Himmelstempel, chinesisches Mauer). Danach können wir sicher nochmal mehr zum möglichen Kulturschock sagen, aber bisher kommen wir wirklich gut zurecht. Selbst die Rushhour in der Metro haben wir gut überstanden.

    Liebe Grüße aus dem Reich der Mitte
    Jonas & Judith
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