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  • Day 57

    Regen bringt Segen

    January 15 in New Zealand ⋅ 🌧 19 °C

    Punkt 6:50 Uhr werden wir vom Hotel in Taumarunui abgeholt und zur 4km entfernten Kanu-Ausleihstation gefahren. Dort sollen wir heute eine Einführung und Sicherheitsunterweisung erhalten. Gleichzeitig geben wir einen Teil unserer gekauften Vorräte ab. Sie werden dort vorübergehend gelagert, bis wir die Fahrt am 25.01. antreten. In der Zwischenzeit absolvieren wir einen mehrtägigen Rundkurs über die alpinen Berge und hiesigen Vulkane, an die sich die Kanu-Etappe direkt anschließt.

    Es regnet in Strömen und mein Magen knurrt. Ich habe noch nicht gefrühstückt, nur schnell einen Kaffee getrunken. Der Regen prasselt gnadenlos auf die Frontscheibe und die Scheibenwischer des Kleinbusses laufen auf Hochtouren. Ich frage mich gerade, ob es wirklich eine so gute Idee ist, nach der Kanu-Einweisung noch 22 Kilometer bei diesem Wetter nach Owhango zu laufen. Danny meint, das wäre „part of the game“, also Teil des Spiels und gehört zum Wandern des Te Araroa Trails einfach dazu. Ich rolle mit den Augen und hoffe innerlich auf eine göttliche Fügung, damit ich und meine ganzen Sachen heute trocken bleiben.

    Bei der Kanu-Station werden wir mit selbstgebackenem Brot und italienischen Heißgetränken versorgt. Meine Laune hebt sich. Ich setze mich neben Max, einen Mitwanderer aus Frankreich. Wir sind ihm während der letzten Etappen immer mal wieder begegnet und er ist sehr nett. Danny kommt als Letzter in den Raum und dann sind wir endlich vollzählig und die Vorführung beginnt.

    Der „Lehrer“ zeigt und erklärt uns anhand eines aufgestellten Kanus, wie man richtig in die Stromschnellen paddelt und den über den Fluss rasenden Jet-Booten ausweicht. Das Ganze untermauert er noch mit einer Video-Präsentation. Wir sehen Videos, wie man es richtig macht aber auch solche, wo die Kanufahrer alles falsch machen, was man falsch machen kann und daraufhin kentern. Mir wird etwas mulmig zumute und ich habe Sorge, dass auch von uns bald ein Video gezeigt wird, wie wir alles falsch machen. Sozusagen als Warnung für die anderen. Ich will mir alles merken, gleich alles verstehen und richtig machen, habe aber schon beim 3. Video vergessen, was im 1. gezeigt wurde. „Kann ich mir das alles nochmal auf YouTube anschauen?“, frage ich und der Lehrer lacht und schüttelt den Kopf. An dieser Stelle hätte ich gern gesagt, dass ich die Kanu-Fahrt nicht antreten möchte, weil ich zu unerfahren bin. Ein bisschen kommen mir tatsächlich die Tränen, aber Danny lacht nur und sagt, er freut sich schon, wenn wir kentern und ich ins Wasser fliege. Das sei wieder „Part of the game“. Und während ich noch überlege, wie ich beim Kentern am besten das Ruder festhalte, damit es nicht verloren geht, stehen wir auch schon an der Rezeption und unterschreiben den Kanu-Kenter-Vertrag.

    Karen ist für die ganze Administration verantwortlich. Um sie und ihren PC herum liegen gefühlt zig-tausend Pudel, einer niedlicher als der andere. Ich bin überrascht und entzückt zugleich, unter welchen Bedingungen man hier arbeiten darf. Als Karen uns dann fragt, ob wir mit ihrem Mann nach Owhango fahren wollen, weil er dort zufällig hinfährt, juchze ich sofort „JA, ich will!“. Danny überlegt noch, ob er die Etappe im strömenden Regen allein läuft. Ich könne ja seinen Rucksack mitnehmen. Im Endeffekt entscheidet er sich fürs Mitfahren und obwohl er es nicht wirklich zugeben will, glaube ich, dass er letztlich froh über diese Entscheidung ist.

    Karens Mann fährt uns zum Blue Hill Café nach Owhango. Dort frühstücken wir nochmal ausgiebig, bevor wir unsere AirBnB Unterkunft in MONNZ beziehen. MONNZ steht für „Middle of nowhere New Zealand“. Es ist eine echt süße kleine Cabin, diesmal sogar mit Dusche und WC. Die Dusche hat den besten Wasserdruck Neuseelands. Und während draußen der Regen auf unsere Cabin prasselt, sprudeln die Wasserstrahlen der Dusche auf mich. Ein herrliches Gefühl.

    Frisch geduscht sitze ich auf dem kleinen Barhocker in der Cabin und lese eine laminierte Information unseres Vermieters. Darin steht, dass wir eine Heidelbeer-Pflanze adoptieren können. Das klingt ungewöhnlich, aber wir sind uns sofort einig, dass wir das machen wollen. Der Regen hat inzwischen auch nachgelassen.

    Unser Vermieter führt uns über kleine Plantage, erklärt, was er bereits angebaut hat und noch anbauen will und dann dürfen wir auch schon loslegen. Loch buddeln, Blaubeerpflanze rein, zuschütten. Einen Namen vergeben wir auch noch und ich entscheide mich für „Chandra“, in der Sanskrit-Sprache steht es für „Mond“ oder „leuchtend“. Alles wird sogar schriftlich in einem Buch festgehalten. Der Vermieter will uns über den Wachstums-Fortschritt auf dem Laufenden halten.

    Ich hoffe auf viel Regen und (Ernte)Segen, damit aus unserer Heidelbeer-Pflanze „Chandra“ bald ein Heidelbeer-Busch wird und viele Früchte trägt.
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