Satellite
  • vermisst!

    December 12, 2019 in Canada ⋅ ☀️ -4 °C

    Zwei Wochen ist der Heimflug nun her. Der Alltag spielt zum Glück wieder noch keine große Rolle. Besonders weil Dinge zu Hause anders laufen und manches wird mir auch weiter stets schwer fallen zu respektieren.
    Ich möchte meinen die Welt hat sich in den letzten sieben Monaten gar nicht weiter gedreht. Die Natur sieht ziemlich genau so aus wie Anfang Mai - alles ist kahl und grau. ebenso ist es schwer bei vielen Menschen ein Lächeln abzugewinnen. Ich denke insgeheim ärgert man sich dass man so etwas selbst noch nicht in die Hand genommen hat.

    Das Fahrrad fahre ich selbstverständlich auch weiterhin spazieren. In den ersten Dezembertagen hat die Sonne gelacht und geradezu eingeladen nicht zu Hause zu sitzen und über vergangenes nachzudenken.

    Dennoch fehlt etwas. Ja sogar vieles. Wir Deutschen lieben Zahlen und die Reiseauswertung ist noch in vollem Gang. Es ist nicht so dass ich jeden einzelnen der 13.016km oder 80.851 Höhenmeter auf meinen ca. 800 Stunden im Sattel vermisse. Doch ich rieche die Luft. Ich lausche den Stimmen da draußen und ich sehe vieles mit neuen Kinderaugen. Was mich traurig macht ist die Tatsache dass ich weiß wie es sein könnte. Denn die etwas andere Erfahrung ist nun einmal da.

    Unweigerlich kommt in Gesprächen immer wieder die Frage auf ob ich Bären oder andere wilde Tiere gesehen habe. Ja, selbstverständlich. Und sofort fühle ich mich zurückversetzt wenn in der Dämmerung die Coyotes heulen und Bären entlang meiner Wege laufen. Aber ich werde wohl ab und an wieder ein Reh oder ein Wildschwein sehen wenn ich in der Dämmerung durch die Wälder laufe.

    Zurück zu Hause weiß ich dass die nächsten wirklichen Berge für deutsche Verhältnisse weit weg sind. Ich kann es kaum erwarten wieder durch enge Täler zu wandern und in Schluchten den Überblick zu behalten. Ja, der Muskelkater am Tag danach ist nicht immer eine Freude. Aber es heißt ja nicht dass der überhaupt kommt!

    Gerade jetzt im Winter sollte viel mehr Wandern angesagt sein anstatt Radfahren. Glätte, Schnee und eisige Temperaturen beendeten die Radtour im November. Aber wo ist das hier jetzt alles hin? Ich bin davon ausgegangen dass ich garantiert in Schnee gerate. Aber hier ist schon wieder Frühling! Die Felder sprießen frisches Grün. Und die Temperaturen kennen gar kein Minus. Den Winter jetzt auf ein zwei Tage zu reduzieren ist doch sehr sehr wenig.

    Gut, dann kann ich mich wenigstens getrost raus setzen und Sterne beobachten. Die paar wenigen die man hier sieht. Es ist nicht so schön denn es sind nicht annähernd so viele. Ich denke mir immer ich habe schlechte Augen. Aber nein, wir haben selbst dafür gesorgt unsere Umwelt nur noch im Schein der Straßenlampen und Scheinwerferlicht wahr zu nehmen. Läuft man stattdessen unbehelligt durch den abendlichen Sternenhimmel übers Feld fürchten sich gleich alle anderen vor dem schwarzen Mann.

    Schon nach den Maritimes war es eine Freude wieder diese endlos langen Züge durch Quebec rattern zu sehen und das Signalhorn ist ein herrlich eindringlicher Ton. Während ich das schreibe sitze ich im Zug und höre nichts. Kein rattern, kein Horn, nicht einmal Menschen sprechen miteinander. Mir bleibt zu Hause wohl nur das Trostpflaster meine Spielzeugeisenbahn auszupacken. :-]
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