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  • Day 49

    Bei den Uros auf dem Titicacasee

    April 17 in Peru ⋅ ☀️ 15 °C

    Trotz der Kälte schlafen wir sehr gut und erwachen mit einer wunderschönen Aussicht auf den Titicacasee. Isaac begrüsst uns und hat bereits Frühstück zubereitet. Wir sehen die menschengemachte schwimmende Insel erstmals bei Tageslicht und sind beeindruckt. Fast alles ist hier aus getrocknetem Schilf, vom angenehm federnden Boden über die Hütten bis zu kunstvollen Skulpturen. Wir entdecken sogar eine Hundehütte aus Schilf.

    Nach dem Frühstück erklärt uns Isaac seine Geschichte und diejenige seiner Kultur, der Uros. Zuerst erklärt er uns, dass der Name Titicaca soviel wie grauer Puma bedeutet. Als er die Kartenansicht vom See auf den Kopf stellt, erkennen wir tatsächlich die Form einer Raubkatze die mit ihren Krallen einen Hasen erlegt. Ob die Uros vor hunderten von Jahren schon eine derartige Luftsicht auf den See hatten um daraus den Namen abzuleiten bezweifeln wir zwar ein bisschen, aber andererseits sind wir auch von hohen Bergen umgeben. Auch ist ihm wichtig, dass der Name nicht TitiCaCa sondern TitiKaKa ausgesprochen wird, was wir uns natürlich zu Herzen nehmen.

    Isaac erklärt uns anhand eines Miniaturmodells wie diese schwimmenden Inseln aufgebaut sind. Alles steht und fällt mit dem Schilf, das in 1-2m tiefem Wasser wächst und dessen Wurzeln schwimmen. Diese Wurzeln werden mit Sägen in grosse Blöcke herausgeschnitten, auf den See transportiert und zu schwimmenden Inseln zusammengemacht. Danach wird schichtweise bis zu 1m Schilf darauf gelegt. Weil das Schilf sich nach und nach zersetzt, muss laufend neues Schilf nachgelegt werden. Eine Arbeit, die die ganze Familie laufend beschäftigt. Folglich müssen auch die Schilfhäuser immer mal wieder verschoben werden, damit der Boden aufgefrischt werden kann. Auch die traditionellen beeindruckenden Boote aus Schilf, die heute noch fürs Fischen verwendet werden, müssen alle paar Jahre erneuert werden. Es gibt also immer etwas zu tun. So wird über den Zeitraum von etwa 40 Jahren die gesamte Insel einmal erneuert. Die Insel sei sozusagen das Geschenk seines Grossvaters an seinen Vater gewesen und das Geschenk seines Vaters an ihn. Und so arbeitet Isaac heute jeden Tag mit seiner Frau Gladis daran, die Insel eines Tages in gutem Zustand an seinen Sohn Antonio weiterzugeben.

    Danach nimmt uns Isaac mit zum Fischen. Er fängt leider nur 3 kleine Fische und wir kommen auf die Veränderungen der letzten Jahrzehnte zu sprechen. Früher habe sein Vater kiloweise Fische gefangen, aber heute gebe es wegen übermässiger Fischerei und der Verschmutzung durch grosse Städte nicht mehr so viele Fische. Etwas anderes macht ihm aber noch mehr Sorgen: Der Wasserstand des Sees ist trotz Ende der Regenzeit so tief wie noch nie, gut 1m tiefer als normal, erklärt Isaac. Bei der Grösse des Sees ist das ein ungeheurer Wasserverlust. Für die Uros ist das ein Problem, weil das Schilf in den Untiefen nicht mehr wachsen kann, was sozusagen ihr Baumaterialvorrat bedroht. Tatsächlich gibt es Prognosen, dass die Uros in den kommenden Jahrzehnten aufgrund dieser klimatischen Änderungen dazu gezwungen sein werden, ihre Lebensweise drastisch zu ändern. Das von Isaac zu hören, stimmt uns nachdenklich und traurig. Müsste man die Geschichten solcher Schicksale vielleicht sichtbarer machen, um endlich auch den hinterletzten Zweifler von der Geschwindigkeit und den Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels zu überzeugen?
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