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  • Day 82

    Barcelona - Sitges: Aus der Stadt hinaus

    January 24 in Spain ⋅ 🌙 13 °C

    Die größte Schwierigkeit bei großen Städten ist, diese hinter sich zu lassen. Reist man mit dem Auto oder Zug, so mag es ganz selbstverständlich scheinen, sich auf die Reise zu begeben. Ist man jedoch auf dem Fahrrad, so muss man sich auf ein Labyrinth verwirrender Straßenführung gefasst machen, auf Radwege, die plötzlich enden, auf ermüdende Gewerbegebiete, die sich Kreisverkehr um Kreisverkehr in die Unendlichkeit erstrecken.

    Am Morgen unseres Aufbruchs waren wir freilich noch guter Dinge. Wir hatten alles gepackt, unsere Fahrräder beladen und machten uns durch die Altstadt Barcelonas auf den Weg, ein gutes Frühstück zu finden. Wir rollten durch die engen Gassen, mehr oder weniger in Richtung des alten Hafens, als wir in einer Querstraße das passende Café fanden. Die Häuserreihen gaben bereits den Blick auf den sich eröffnenden, sonnigen Hafen frei, zwischen den Häusern befanden wir uns im ewigen Schatten. Das Café war an einer Straßenecke und wir konnten die Fahrräder vor einer Scheibe abstellen, sodass wir sie gut im Blick hatten. Beim Eintreten verlor es abrupt jeden Anschein von Authentizität: Alle Schilder waren auf Englisch.

    Gestärkt machten wir uns auf den Weg, immer am Ufer, an einer von Palmen gesäumten Promenade und mit Blick auf die Masten der Segelboote. Nach und nach wurde die Atmosphäre pragmatischer, wir erreichten den Fährhafen, von wo aus man Barcelona in Richtung Genua, Tanger oder die Balearen verlassen kann. Schließlich wurde auch der Asphalt schlechter und wir wären beinahe in eine Straßensperre gefahren. Aus einem Häuschen winkte ein Polizist. Eine Weiterfahrt sei hier nicht möglich. Wir insistierten. Das Gelände sei privat und nur für hier arbeitende zu befahren. Er machte eine ausholende Geste. Es gab keinen Weg, die Stadt entlang des Ufers zu verlassen. Der einzige Weg führte um den Felsen herum, der seit einiger Zeit zu unserer Rechten heranwuchs.
    Wir spielten mehrere Szenarien durch, in denen wir uns schnell über das Gelände davon machten, während der Polizist mit den ankommenden LKW beschäftigt war. Letztlich erschien uns das Risiko jedoch zu hoch, sodass wir zähneknirschend umkehrten. Also zurück den Hafen runter, bis zum Kreisverkehr, zurück in den städtischen Verkehr. Eine Abweichung in der Straßenführung, an die wir uns zunächst gewöhnen mussten, ist die Führung der Radwege in beide Richtungen in der Mitte der Straße. Das mag sehr praktisch sein, wenn man sich plötzlich entscheidet, die Richtung zu wechseln, ansonsten erschwert es aber die Auffahrt. Es ist außerdem tendetiell von Vorteil, das Reiseziel an die Radwegführung abzupassen. Nach langem Weg eine geschäftige Straße hinab gelangten wir durch ein Justizviertel mit glitzernden Hochhäusern, deutlich weniger glitzernden Wohnvierteln, mit Balkon an Balkon an Balkon, bis wir schließlich - den Flughafen erreichten. Dies war übrigens die offizielle Wegführung des Eurovelo 8. Der Weg führte uns an den Terminals und anderen Reisenden vorbei, bis wir schließlich auch diese letzte Hürde hinter uns ließen. Noch ein Stück die Straße runter und dann konnten wir abbiegen in ein kleines Pinienwäldchen, das uns auf direktem Weg zum Meer führte. Ich testete die Wassertemperatur mit den Füßen - kalt, aber schwimmbar und dann ging es einen sandigen Pfad immer weiter die Küste hinab.
    Rechter Hand erhoben sich wieder weiße Felsen, bewachsen mit Pinien und Rosmarin und unser Weg führte uns die kurvige Küstenstraße hinauf. Links eröffnete sich der Blick auf das Mittelmeer. Geradeaus färbte sich der Himmel langsam orange.
    Für die Nacht hatten wir uns eine Kirche ausgeguckt, ein Stück den Berg hoch.
    Der direkte Weg war uns durch eine Schranke versperrt, aber die konnte uns natürlich nicht aufhalten. Wenn man die Fahrräder ein Mäuerchen hoch schon, einer vorne, einer hinten, konnte man so gerade eben vorbei balancieren. Muy bien.
    Es folgte ein steiler Anstieg, geradeaus schien schon der Vollmond, nach hinten war die Sonne nur noch ein flimmernder, tief oranger Streifen.

    Die Ermitage de la Trinitat de Sitges stellte sich als weiß verputzter Komplex heraus, mit kleinem Kirchturm und Olivenbäumchen. Nach vorne auf dem Felsen stand ein kleiner Pavillon. Hier schlugen wir unser Lager auf, in dieser Nacht sogar ohne Zelt.
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