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  • Day 127

    El camino de la Muerte

    February 5, 2022 in Bolivia ⋅ ☁️ 20 °C

    Der Camino de la Muerte (auf Deutsch: Todesstrasse) war bis 2007 die einzige Verbindung zwischen La Paz (4'000 M.ü.M.) und der bereits im Amazonas gelegenen Yungas-Region (600 - 1'200 M.ü.M.). Jährlich forderte die spektakulär in die steilen Hänge der Cordillera gebaute Serpentinenstrasse zahlreiche Todesopfer ✝️. Ganze Reisebusse, mit Dschungelfrüchten beladene Lastwagen und klapprige Pickups stürzten beim kreuzen mit anderen Fahrzeugen hunderte von Metern in die Tiefe 😯.

    Mittlerweile führt der Fernverkehr zwischen den beiden Regionen über eine neue und gut ausgebaute Strasse 🛣. Der Camino de la Muerte wird lediglich von den Bewohnerinnen und den Bewohner der kleinen Streusiedlungen genutzt und gilt inzwischen vor allem bei Reisenden aus aller Welt als actiongeladenes Bolivien-Highlight. Reihenweise Reiseagenturen bieten Tagesausflüge zum Camino de la Muerte an. Ausgestattet mit Schutzausrüstung und Kameras stürzen sich täglich unzählige Touristen auf mehr oder weniger gut unterhaltenen Bikes die 60 Kilometer lange Teilstrecke des Camino de la Muerte hinunter 🚴‍♂️.

    Auch wir wollten dieses Abenteuer unter die Räder nehmen. Für Dani war es nach seiner Südamerikareise 2011 bereits die zweite Abfahrt über die holprige Dschungelpiste, während Martina zum ersten Mal überhaupt auf einem Bike sass. Zu unserer munteren Velotruppe gehörten zwei junge Holländer, zwei Franzosen, drei Argentinier, eine Gruppe aus Brasilien sowie eine bolivianische Familie. Begleitet wurden wir von drei Guides und zwei "Besenwagen" 🚐.

    Nach einer kurzen Sicherheitsinstruktion auf der Passhöhe von Le Cumbre (4'700 M.ü.M.) und dem obligaten Gruppenfoto ging es los. Brav in Einerkolonne fuhren wir die ersten 22 Kilometer auf der asphaltierten Passstrasse bis zum ersten Checkpoint. Unterwegs mussten wir mehrmals grossen Schlaglöchern ausweichen und auch sonst gut auf den Verkehr achten. Keuchende Sattelschlepper kämpften sich die Passstrasse hoch und verleiteten die übrigen Verkehrsteilnehmer zu waghalsigen Überholmanövern, was mitunter zu brenzligen Situationen für uns Velofahrer führte⚠️.

    Beim Checkpoint wurden die Bikes nochmals auf die Busse geladen. Offenbar trauten die Guides uns nicht zu, dass wir die mittlere Etappe von knapp acht Kilometer leichtem bergauf fahren auf dieser Höhe konditionell auf die Reihe kriegen würden. Wirklich traurig darüber war niemand von uns. Die Vorfreude auf die 30 Kilometer lange Abfahrt auf der alten Yungas-Strasse war schlichtweg zu gross.

    Nach dem kurzen Bustransfer orientierten uns die Guides nochmals über einige Basics zur Abfahrt. So gilt auf der engen Strasse ausnahmsweise Linksverkehr. Mit dieser Massnahme wollte die Regierung die prekäre Sicherheitssituation etwas entschärfen. Bergabwärts fahrende Fahrzeuglenker können so den Strassenrand am sich stets links befindenden Abgrund besser im Blickfeld behalten und zudem Gegenverkehr früher erkennen. Auch wir mussten uns an diese Regelung halten. Zudem herrscht an mehrere Stellen akute Steinschlaggefahr 🪨.

    Die unbefestigte Naturstrasse war gespickt mit grossen, spitzigen Steinen, Pfützen und Schlaglöchern. Mehrmals durchquerten wir kleine Bäche oder fuhren an und unter Wasserfällen vorbei 💦. Da es bei zwei Abschnitten aufgrund heftiger Regenfälle zu Erdrutschen kam und die Strasse teilweise weggespühlt wurde, gab es mehrere Stopps, um die Gruppe zusammenzuhalten. Ausserdem durften wir den zu vorderst fahrenden Guide nicht überholen.

    Unterwegs änderte sich das Klima je nach Höhenlage: Wir starteten im Nebel und bei leichtem Nieselregen, ehe es allmählich wärmer wurde und wir uns den Wollmützen, Pullovern und Windjacken entledigten 🥵. Schon bald verschwand die karge Andenlandschaft und an ihre Stelle trat zuerst dichter Nebelwald und später tropischer Regenwald 🌴🌱🌿. Rasant ging es in dieser spektakulären Landschaft Meter für Meter dem Ziel in Yolosa entgegen.

    Für uns war kaum vorstellbar, unter welchen Strapazen die paraguayanischen Kriegsgefangenen während dem Chaco-Krieg diese Strasse bauen mussten. Bereits während dem Bau in den 1930er Jahren starben hier viele Menschen. Wie gefährlich diese Strasse war, davon zeugen auch heute noch die unzähligen Kreuze und Gedenktafeln, welche den Wegrand säumen. An all diesen Stellen stürzten Menschen in den Tod. Viele der Fahrzeuge konnten aufgrund des unwegsamen Geländes nie geborgen werden. Das wohl schlimmste Unglück ereignete sich 1983, als ein Reisebus mit 100 Fahrgästen den Abhang hinunter stürzte. Nachdenklich blickten wir an der Absturzstelle in die Tiefe.

    Obschon die Abfahrt mit dem Mountain Bike als relativ sicher gilt, muss man trotzdem gut aufpassen. Das musste auch einer unserer beiden holländischen Velokollegen schmerzlich feststellen. Bei hohem Tempo verlor er in einer Kurve die Kontrolle über sein Rad und stürzte bergseitig in die Büsche. Wäre er auf die andere Seite gestürzt, hätte das ganze nicht so glimpflich geendet 🤕🩹. Nicht nur der Temporausch führt auf dem Camino de la Muerte zu Unfällen, sondern auch altes und schlecht gewartetes Material. Einer der Argentinier musste alle paar Kilometer diverse Schrauben nachziehen, Martina fing sich einen Platten ein, weil der Pneu schon von Anfang an komplett durch war und Danis rechtes Bremskabel löste sich während der Fahrt plötzlich aus der Halterung🔧🪛🧰. Letzteres hätte an einer anderen Stelle der Strasse gehörig in die Hose gehen können...

    In Yalosa angekommen, schmerzte uns allen der Po und die Hände, denn Velohosen und -Handschuhe hatte selbstverständlich niemand mit dabei. Linderung versprach dafür das kühle Bier, welches im Restaurant praktischerweise gleich in Literflaschen verkauft wurde 🍻🤪.
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