Tag 62: Agilköy bis Yenisarbademli

Heute haben wir einige Höhenmeter vor uns. Genauer gesagt über 1000.
Ein Stück des Weges verfolgt uns eine neugierige Hundefamilie. Die vier Welpen sind zum knuddeln süß. Mutter und Vater sindLes mer
Heute haben wir einige Höhenmeter vor uns. Genauer gesagt über 1000.
Ein Stück des Weges verfolgt uns eine neugierige Hundefamilie. Die vier Welpen sind zum knuddeln süß. Mutter und Vater sind erstaunlich entspannt, obwohl die Kleinen mehrfach die Straße wechseln und uns ziemlich nahe kommen. Diese Art der Hundebegegnungen sind doch schön.
Der Weg ist traumhaft! Grüne Berglandschaften, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel. Obwohl es sehr anstrengend ist, lohnt sich jeder Höhenmeter. Um den Kopf etwas frei zu bekommen hören wir beide Hörbücher an. Auch gestern haben wir bei heftigem Gegenwind mal ab und an etwas gehört, damit wir uns nicht zu sehr darauf konzentrieren, wie man gefühlt nicht voran kommt.
Der Gipfel ist erreicht! 1830 m, ganz schön frisch hier oben.
Jetzt geht es runter. Wir nehmen uns nach 60 km eine Unterkunft, die für uns mithilfe des halben Dorfes organisiert wird. Einer kann Deutsch, weil er eine Weile in Krefeld gewohnt hat, der sagt dem nächsten Bescheid jemand dritten anzurufen. Wir haben zwar keine Ahnung was vor sich geht, aber kurz darauf hält ein Auto neben uns und wir bekommen die Unterkunft aufgeschlossen. Ein Zimmer wie in einer Jugendherberge für 15 € zu zweit. Wir können uns nicht beschweren.
Durch die Kilometer und Höhenmeter der letzten Tage merken wir beide wieder ziemlich unsere Muskeln und Knie. Gut, dass wir ab morgen keinen Zeitdruck mehr haben, wenn wir erstmal Beysehir erreicht haben.Les mer
Nach gemütlichem Frühstück auf dem Zimmer machen wir uns auf, die letzten 55 km bis Beysehir zu fahren. Weil wir die letzten Tage jeweils mehr als 80 km gefahren sind ist es heute nicht mehr viel.
Mit deutlich weniger Höhenmetern (es geht zwischendurch mal 200 Hm hoch, was für einen Karlsruher schon enorm ist :D) geht es durch herrliche Landschaft.
Kurz vor unserem Ziel legen wir noch eine kurze Pause ein, dann sind wir auch schon in der Stadt. Da unser Host und seine Familie leider über die Feiertage nicht da sind (was wir ja eigentlich gehofft hatten), werden wir von ihnen zu einer Nacht im Hotel eingeladen. Alle Einwände dagegen werden abgewiesen, wir sind ja schließlich Gäste. Da wir das Hotel nicht gleich finden, frage ich einen jüngeren Mann (in der Hoffnung, dass er etwas Englisch kann), der mit seinem Vater gerade ein Haus betritt. Bei ihm, Hakan, einem Englischstudenten, bin ich an der richtigen Adresse gelandet. Er deutet uns den Weg zum Hotel an und kommt uns anschließend sogar noch nachgelaufen, um uns zu fragen, ob wir irgend etwas benötigen bzw. ob wir uns vielleicht mal treffen wollen, um zu reden und weil er gerne sein Englisch verbessern will. Kurz darauf sprechen zwei zehnjährige Jungen auf Türkisch auf uns ein. Sie wollen wissen woher wir kommen und wo wir schlafen, dann werden wir in das Hotel gebeten. Die Fahrräder dürfen wir im ungenutzten Treppenhaus abstellen. Aus irgendeinem Grund haben wir zwei Zimmer bekommen mit insgesamt 5 Betten. Irgendwo ist da wohl ein Fehler aufgetreten.
Wir duschen, geben für 2,50€ unsere Wäsche ab und machen dann ein kleines Mittagsschläfchen, wir sind schließlich schon um 14 Uhr angekommen.
Danach machen wir uns auf und gehen noch etwas einkaufen. Mir ist etwas schwindelig, weshalb wir uns nicht mehr mit Hakan treffen, sondern stattdessen noch auf dem Balkon mit unserem Gaskocher etwas kochen.Les mer
Heute wird es spannend! Mustafa, unser WarmShowers Host, der uns in das Hotel eingeladen hat, hat ebenfalls einen Kollegen beauftragt uns die Traditionen des Ramadan Eid zu erklären und zu zeigen. Außerdem sollen wir Fahrraduniformen bekommen und damit Bilder machen. Mal schauen was das wird.
Erstmal geht es runter zum Frühstück. Dort wird uns ein Büffet serviert mit Ekmek, dem typisch länglichen Weisbrot hier, verschiedenen Aufstrichen, Tomaten, Gurke, Salat, Schafskäse mit unterschiedlichen Kräutern und Gewürzen, Oliven, Peperoni, Eiern, Pommes, Kaffee und Tee.
Um 11 Uhr checken wir aus, fahren in den 100 m entfernten Park und machen dort erstmal noch ein wenig "Büroarbeit", wie wir unsere medialen Pflichten liebevoll nennen.
Um 13 Uhr sind wir am "Ofisi", einer Außenstelle des Touristen-Office, in dem Mustafa arbeitet und in dem wir die nächste Nacht schlafen werden. Dort treffen wir Durmus, den Kollegen unseres Hosts und Melike, eine Freundin von ihm. Durmus ist 28 Jahre alt und Melike 23 und studiert in Polen soziale Arbeit. Sie holen direkt Trikots des Beysehirer Fahrrad-Vereins heraus und schenken uns zusätzlich noch ein Headtuch. Verglichen zu den Kopfkissenbezügen zwei sehr nützliche Dinge auf so einer Tour.
Dann werden erstmal Bilder gemacht.
Anschließend fahren wir mit den Rädern zu Durmus' Familie. Wir denken uns immer wieder, wenn wir das hier überleben, dann kann uns nichts mehr schocken. Rote Ampeln, Fahren auf der Gegenfahrbahn und einige Kollisionen der beiden mit dem Bürgersteig sind ganz normal.
Bei seiner Familie angekommen lernen wir seine beiden Tanten, seinen Onkel, seine Cousins und Cousine kennen.
Dank des Übersetzers fragen wir einiges über die Religion, deren Traditionen, natürlich auch Fußball und die Lebensweise. Sehr freundlich werden wir hier empfangen!
Danach geht es weiter (wieder riskant durch den Verkehr) zu einer ca 800 Jahre alten Moschee, die wir betreten dürfen.
Anschließend fahren wir beim Hauptquartier des Touri-Offices vorbei und geben dort die Fahrräder der beiden ab, die sie nur ausgeliehen hatten. Zufälligerweise treffen wir eine Freundin von Melike. Gemeinsam gehen wir im Café nebenan Tee trinken. Wir sprechen dank des Übersetzers viel über unsere Familien, unsere Reise, Traditionen und was sonst noch so anfällt.
Weil wir dann doch etwas länger sitzen bekommen wir Hunger und gehen noch Pide (türkische Pizza) essen. Wieder wird abgelehnt, dass wir bezahlen und wir werden fast schon gekränkt angeschaut bei dem Vorschlag. Mit etwas schlechtem Gewissen gehen wir zurück zu unserer Unterkunft, dem Office.
Leider mussten wir noch etwas feststellen: Lukas' Fahrradrahmen ist unterhalb des Gepäckträgers gebrochen. Vermutlich durch das schwere Gepäck. Also müssen wir erstmal einen Schweißer aufsuchen. Wegen des Ramadan könnte sich das aber auch noch etwas ziehen. Zum Glück können wir problemlos bei Mustafa weiter unterkommen und er ist außerdem sehr gut vernetzt und kann uns wahrscheinlich jemanden organisieren.Les mer
Heute haben wegen des Ramadans keine Fahrradläden offen, deshalb gehen wir den Tag gemütlich an. Wir schlafen aus, essen und nutzen den Tag um mein Fahrrad in Gang zu bringen. Ich ändere die Griffposition, weil meine rechte Hand immer wieder einschläft, wechsle die Bremsbeläge und verstelle den Sattel etwas. Während ich an meinen Bremsen verzweifle (diese wieder richtig einzustellen vermag einer Meisterleistung) geht Lukas schonmal etwas für unser Mittagessen einkaufen. Im Bim, quasi dem türkischen Aldi, passiert gleich mehreres. Während er alles Nötige zusammen sucht, wird er stetig von einem Verkäufer umschwärmt, der ihm alle möglichen Rabatte andrehen will und schon fast sauer wird, als Lukas ablehnt. Draußen trifft er noch zwei belgische Radfahrer (die ersten Tourenradler in der Türkei), die von der albanisch-griechischen Grenze gestartet sind und bis nach Kirgisistan wollen. Lukas erzählt ihnen von unserer Unterkunft.
Gegen Nachmittag kommen Mustafa, seine Tochter Sude (die perfektes Englisch spricht) und ihre Mutter von ihrer Tour in die Heimat zurück. Wir schildern ihnen unser Problem mit dem Fahrrad. Generell sind sie sehr freundlich und hilfsbereit. Sie kennen schon einen passenden Mann, der uns morgen helfen kann.
Bald darauf setzt Regen und kurz danach sogar Hagel ein. Wir sind zum Glück gut unter.
Dann taucht plötzlich Mustafa nochmal auf und zeigt ins eine Mail der Belgier, die Mustafa wegen des Regens über WarmShowers kontaktierten. Während wir noch nicht ganz die Situation begriffen hatten, winkt Mustafa einen Radfahrer von der Straße rein, Alex aus Manchester. Auch er hat Mustafa scheinbar kontaktiert.
Verrückt! Da trifft man wochenlang niemanden und dann gleich drei an einem Tag!
Es werden noch ein paar Bilder mit Alex im Fahrrad-Trikot gemacht, dann verabschiedet sich Alex zu dem Hotel, das auch ihm eine Nacht gezahlt wird.
Am Abend gehen wir dann noch mit Alex "Etliekmek" (die türkische Pizza) und Baklava (eine Süßigkeit) essen und wir erfahren, dass er von Israel gestartet und über Jordanien gefahren ist und noch bis in die Schweiz will, eventuell auch weiter bis England oder ans Nordkap. Je nachdem, ob das Schengen-Visum reicht, etwas worüber wir uns keine Gedanken machen mussten.
Von den Belgiern hören wir nichts mehr.Les mer
Mustafa hat uns die Lage eines Fahrradladens zugeschickt und wir machen uns gleich auf den Weg. Ehrlich gesagt glauben wir nicht so recht daran, dass ein Fahrradladen das richten kann. In welchem Fahrradladen wird schon geschweißt. Wir schieben Lukas' Rad durch ein paar kleinere Gässchen durch und finden dann tatsächlich den Laden. Beim Betreten haben wir schon ein besseres Gefühl. Während rechts einige Fahrräder zum Verkauf stehen und ein Regal mit vielen Ersatzteilen, ist die linke Seite eine Werkstatt mit Werkbank und allem drum und dran. Ismail kommt auf uns zu und Lukas erklärt mit dem Übersetzer das Problem.
Dann geht alles recht schnell. Das Fahrrad ist umgedreht und das Schweißgerät angeschaltet. Ohne Probleme wird der Rahmen geschweißt. Da wir schonmal da sind, fragt Lukas gleich noch nach dem Fahrradständer. Weil an seinem Fahrrad nötige Anbringungsmöglichkeiten fehlen, scheitern auch die Standard-Fahrradständer. Also bleibt nur eine Möglichkeit: Den alten irgendwie reparieren.
Daraufhin folgt eine etwa eineinhalbstündige Szene, die schon fast filmreif wäre: Zunächst probiert Ismail (den wir unter uns als Fahrrad-Frank bezeichnen, weil er zu allem eine Lösung und dazu das nötige Werkzeug zu haben scheint) ein wenig herum. Dann kommt ein anderer Mann (für uns der Fahrrad-Olli) neugierig herein. Beide überlegen eine Weile. Nach und nach kommen immer mehr Türken aus der Nachbarschaft herein, grübeln, geben ihre Ideen preis und beteiligen sich mehr oder weniger an der Reperatur. Zwischenzeitlich stehen mal 5 Türken um das Rad herum, sehr interessiert, wie es ausgeht. Letztendlich können Fahrrad-Frank und Fahrrad-Olli den alten Fahrradständer etwas verlängern, die alte, abgebrochene Schraube aus dem Gepäckträger herausboren und den Ständer recht stabil anbringen. Natürlich gibt es zum Abschluss noch einen Cay (Tee) für jeden. 5 € möchte Ismail danach für seine Arbeit haben. Wir geben ihm diese und noch ausreichend Trinkgeld dazu. In Deutschland wäre so eine Aktion unbezahlbar gewesen und zudem auf diese Weise nie vorgekommen.
Guter Dinge packen wir unsere Sachen und fahren noch zu Mustafas Office. Dort treffen wir auch Durmus wieder. Wie erfahren, dass sein Heiratsantrag, den er gestern seiner Freundin (eventuell auch nur Bekannten) gemacht hat, abgelehnt wurde. Außerdem wollte er, dass ich mal mit ihr (die ich nicht kenne und die 600 km entfernt wohnt) spreche und sie davon überzeuge, zu ihm zu ziehen. Wir hätten nie gedacht, dass wir so tief in private Dinge einbezogen werden würden. Besonders hat mich auch verwundert, dass er dies mir so offen dargelegt hat.
Nach unserer Verabschiedung fahren wir noch etwa 30 km und schlagen dann unser Zelt oberhalb einiger Wiesen auf.Les mer
Auf der Weiterfahrt bekommen wir immer wieder Cay (Tee) von der anderen Seite der Autobahn angeboten. Etwas schwierig durch den Verkehr und über die Mittelleitplanke zu kommen, also lehnen wir ab.
In Konya, einer der größten Städte der Türkei, beginnt direkt mal ein ausgebauter Fahrradweg. Perfekt, denken wir. Nur um kurz darauf festzustellen, dass er schon wieder aufhört.
Konya ist eine ordentliche, recht moderne Stadt. Kleine Gässchen ziehen sich im Stadtkern durch die Häuser. Als wir an einer Moschee die außenstehende öffentliche Toilette nutzen, werden wir von ein paar älteren Männern angesprochen. Mit ein paar Worten Englisch ihrerseits und ein paar Worten Türkisch von uns können wir immerhin erzählen, dass wir Stahlräder haben und dass Lukas' Fahrrad knapp 60 kg wiegt. Der Rest sind Daumen hoch und unsererseits eine Geste von schmerzenden Beinen. Damit ist alles gesagt.
Ein anderer Mann erklärt uns auf Hölländisch ein bisschen etwas über sich. Er hat dort eine Zeit lang gelebt und kann daher die Sprache ein wenig. Wir verstehen ihn zwar nicht allzu gut, aber ein bisschen was können wir uns zusammenreimen.
Wir schieben etwas weiter und werden von einem Mann in quasi perfektem Englisch angesprochen. Er ist Teppichhändler und lädt uns zum Tee ein. Auch seine Tochter setzt sich dazu, die gerne ein bisschen Englisch lernen will und auf Grundschullehramt studiert. Wir erzählen über die Türkei und können einiges fragen.
Vor einer Moschee fragen wir kurzerhand zwei auf uns zukommende Polizisten, ob sie von uns ein Bild machen können. Während der eine gleich ein Selfie mit uns macht, zeigt uns der andere ein Bild aus Facebook. Zwei Europäer sitzen in einem Wohnzimmer auf der Couch. Moment, das sind wir! Auf der Seite von Beysehir veröffentlicht und direkt erkannt in einer Stadt knapp 90 km von dort entfernt.
Lukas schaut noch in die Moschee rein, dann geht es weiter. Wir gehen noch eine Kleinigkeit essen, was wieder auf "Etliekmek" (türkische Pizza, in etwa wie Flammkuchen) hinausläuft. Dann fahren wir aus der Stadt hinaus und auf eine Hochebene. Und wenn ich sage "Ebene", dann meine ich das auch. Soweit das Auge reicht kein einziger Hügel, nichts, nur flach und eine Straße, die kerzengerade vor uns liegt. Um nicht ganz verrückt zu werden, hören wir beide ein Hörbuch auf dem Handy.
Um 19:30 Uhr bauen wir dann unser Zelt zwischen ein paar Bäumen auf. Heute haben wir 104 km zurückgelegt.Les mer
Nach angenehmer Nacht (wenn sie auch ein bisschen laut war, wegen der vorbeifahrenden Autos auf der nahegelegenen Schnellstraße) geht es weiter. Unser Zelt konnten wir nach der ewigen Hochebene auf ein paar Hügeln aufbauen, die dann doch noch aufgetaucht sind.
Zunächst geht es noch einige Meter hoch, dann wieder hinunter. Und danach folgen nochmal knapp 80 km auf einer weiteren Hochebene. Zum Glück wird diese bei der Hälfte durch den Ort Sultanhani unterbrochen.
In diesem Ort stehen noch heute die Überreste einer alten Karavanenstadt. Früher kamen hier Reisende für bis zu drei Tage kostenlos unter und bekamen neben Tee und Kaffee auch Nahrungsmittel gestellt. Im großen Innenhof gab es damals außerdem einen Schmied, einen Medicus und weitere kleine Geschäfte, um den Reisebedarf zu decken.
Wir gehen nochmal Essen, weil es auch nicht mehr kostet, als sich im Supermarkt für ein Mittagessen einzudecken, und für mich gibt es mal wieder "Etliekmek".
Dann geht es weitere 40 km in der Hochebene entlang, bis wir die Stadt Aksaray erreichen. Von da an geht es von der Hauptstraße ab und auf einer Nebenstraße ein wenig die Berge hoch. Komisch, nach so einer langen Zeit im flachen. Aber endlich ändert sich die Landschaft. Aus den umliegenden Feldern werden leicht rötlich bzw gelbliche Berge. Herrlich! Allerdings fahren hier manche Autofahrer wie die Gestörten. Ein französisches Wohnmobil fährt langsam an uns vorbei und sie winken freundlich. Die restlichen Autofahrer fahren entweder einfach vorbei, hupen, weil aus Freundlichkeit, aber so, dass wir erschrecken, oder hupen, damit wir ihnen Platz machen. Diese Straße gefällt uns nicht so sehr.
Auf einer weiteren, etwas hügeligeren hnd deutlich interessanteren Hochebene angekommen müssen wir uns so langsam einen Zeltplatz suchen. Leider gibt es hier direkt nicht wirklich geeignete Orte. Wir haben uns ein etwas höhergelegenes Plateau ausgeguckt und fahren zwischen den Häusern dort hin.
Hundegebell und zwei Hunde die sich uns nähern. Aus einem Haus kommen ein paar Leute auf uns zu und, täuschen wir uns oder ruft uns einer ein "Hallo" entgegen.
Tatsächlich! In fast aktenzfreiem Deutsch spricht er uns an, fragt ob eir Deutsche sind und erzählt dann, dass er auf Heimaturlaub ist, aber eigentlich in Coburg wohnt.
Wir fragen ihn, ob wir etwas oberhalb unser Zelt aufschlagen dürfen. Dem wird direkt zugestimmt, in einem zweiten Satz wird uns allerdings angeboten, dass wir auch im Haus schlafen können.
Wir zögern erst (wir wollen ja niemandem Umstände machen), dann stimmen wir zu und werden von Abdullah gleich ins Haus gebeten. Er zeigt uns, wo wir schlafen können und fragt ob wir mit zum Essen dazu kommen wollen.
Dann folgt ein Abend, den man sich so nicht vorstellen kann. Wir beide sitzen mit (in der Reihenfolge auf dem Bild, von links nach rechts:) Abdullahs Mutter, seinem Cousin (und dessen Sohn, der das Bild macht), einem Nachbarn, seinem Vater, Abdullah und seinem Bruder zusammen. Es gibt alle möglichen Gemüsesorten aus dem Garten (Frühlingszwiebeln, Tomaten, Gurke, Petersilie, Paprika) als Salat und Fisch dazu. Natürlich darf auch das Ekmek (typisches Brot) nicht fehlen. Es schmeckt lecker und wegen des Nachbarn komme ich auch nicht drum herum ebenfalls Fisch zu essen. Er, etwas aufgedreht, steckt uns einfach ein Stück in den Mund.
Da ich neben dem Vater sitze, werde ich von ihm während des gesamten Abends durchgehend versorgt. Ist ein Gurkenstück leer, wird mir das nächste auf den Teller gelegt. Alle paar Minuten bekomme ich noch etwas Petersilie und Frühlingszwibeln, Brot und Fisch auf den Teller. Der Fisch wird auch nach und nach immer wieder mit Zitrone beträufelt.
Zum Nachtisch gibt es noch Kompott aus dem Garten und natürlich Cay.
Mit Abdullah können wir uns super über alles unterhalten, wodurch wir auch an so manche Abläufe herangeführt werden.
In einem Augenblick taucht Abdullah dann noch mit einem Schoko-Osterhasen auf, als "Trostgeschenk", weil wir ja Ostern ein wenig verpasst hatten.
Wir erfahren noch einiges über Abdullahs Job als selbstständiger Restaurantbesitzer eines italienischen Restaurants in Coburg und lachen viel gemeinsam. Auch wenn wir nicht alles verstehen, manche Gesten sind dann doch sehr eindeutig.
Nach den heutigen 116 km und einem sehr netten, traditionelleren und völlig unverhofften Abend gehen wir dann etwas später als sonst ins Bett.Les mer
Frühstück mit Abdullah und seinen Eltern. Es gibt Ekmek, eine Art Wrap, Eier, selbstgemachte Marmelade, Honig vom Nachbarn, Kopfsalat und Petersilie aus dem Garten, Käse, Butter aus dem Dorf, Pommes mit Fleisch und natürlich Cay. Es ist wieder köstlich und Lukas bekommt Nachhilfe in Dürüm (Yufka) rollen.
Den ganzen Morgen hat es schon geregnet und es scheint sich auch nicht zu bessern. Außerdem ist noch Gewitter gemeldet. Abdullah lädt uns ein noch eine Nacht zu bleiben, was wir gerne annehmen. Er möchte uns ein bisschen was aus der Gegend zeigen und sich weiter austauschen.
Zunächst muss Abdullah nach Aksaray zum Zahnarzt. Wir machen uns nach einer kurzen Pause auf den Weg zu einem kleinen Spaziergang, als mal kurz die Sonne heraus kommt. Sein Vater möchte uns begleiten, ob deshalb, um uns die Gegend zu zeigen oder um die Touris zu beschützen, wir wissen es nicht.
Also läuft der 76 Jährige munter voraus und ebnet uns sogar noch den Weg, indem er ein paar kleinere Steine zur Seite kickt und größere weg hebt.
Wir kommen an Felsen mit alten Felswohnungen vorbei und treffen sogar eine Schildkröte an, die nicht kleiner als ein DIN A4 Blatt ist.
Auf dem Rückweg kommt uns Abdullahs Mutter entgegen. Sie sammelt Pilze (vermute ich mal).
Es geht zurück ins Haus, es fangt wieder an zu regnen und wir werden von den beiden mit Baklava, Süßigkeiten, Kürbis, Keksen, Cay und Yaprak Sarmasi (in Weinblätter gerollter Reis) versorgt. Wir versuchen es immer wieder mit dem Handy ein Gespräch zu generieren, aber lange hält es nicht an. Dennoch ist es schön beisammen zu sitzen.
Nach einer Weile verabschieden wir uns nach oben, um uns auszuruhen und um den beiden nicht das Gefühl zu geben, sich um uns kümmern zu müssen.
Gegen halb 6 kommt Abdullah (auch Abu genannt) vom Zahnarzt zurück. Wir fahren mit dem Auto los in Richtung eines Stausees, von dem er uns oft erzählt hat. Es ist bedrückend zu sehen, wie traurig er bei dem Anblick wird, als er sieht, dass die ganzen grünen Flächen neben dem Flusslauf zerstört und für riesige Wasserleitungen aufgebaggert wurden.
Anschließend fahren wir zu einem Restaurant. Abdullah kennt hier noch viele, auch wenn er nur etwa zwei Wochen im Jahr in seinen Heimatort zurück kommen kann.
Wir essen gemeinsam (ich esse Pommes, Salat, Fladenbrot und gegrillte Pilze; Lukas isst Kotlett) und unterhalten uns lange über verschiedene Themen wie Schule, Gastronomie, Reisen und das allgemeine Leben auch während der Pandemie und erfahren, wie schwer es generell für Abdullah ist, ein Restaurant zu leiten, welche Bestimmungen in Deutschland alle vorliegen und was alles zu beachten ist. Es ist super interessant und gibt dem Tag einen schönen Abschluss.Les mer
Es gibt wieder ein leckeres Frückstück mit in Wraps eingewickeltem Käse, eine Menge Salat, der trocken zu allem dazu gegessen wird, Eiern, Kartoffeln, Ekmek, Oliven und Frühlingszwiebeln. All das essen wir heute auf dem Wohnzimmerboden nach alter Tradition. Das heißt auch, auf den Knien hockend oder im Schneidersitz. Die Ungelenken, also Abdullah und Lukas, bekommen zur Unterstützung noch ein Kissen.
Im Gespräch mit Abdullah erfahren wir, dass seine Eltern beide nicht bzw. nur kaum lesen und schreiben können, es aber um alles in der Welt gerne könnten.
Wir packen unsere Sachen und verabschieden uns dann herzlich von Abdullah und seinen Eltern.
Das Wetter könnte echt besser sein. Immer wieder regnet es leicht.
Wir fahren tiefer in das Tal hinein und so langsam tauchen immer mehr in Fels gehauene Höhlenräume und kegelförmige Felsen auf.
In Selime fahren wir, immer den Blick Richtung Felshöhlen, an einer Grundschule vorbei, bei der gerade große Pause ist. Der Rektor spricht uns an und fragt woher wir kommen. Als er dann hört, dass wir beide Lehrer sind, bittet er uns in die Schule hinein.
Die Kinder sind hochauf begeistert und packen alles Englisch aus, was sie gelernt haben. Die Klassenzimmer sehen aus wie in Deutschland, die Einmaleinsreihen hängen an den Wänden, ein Geburtstagskalender und ein paar Plakate.
Mit dem Handy erklären wir, was wir vorhaben bzw wie weit wir schon gekommen sind. Die Kinder stehen aufgeregt dicht gedrängt um uns und lauschen jedem Wort, das aus dem Übersetzer kommt.
Plötzlich wird es etwas unruhiger und die Kinder beginnen sich zu verabschieden. "Wir haben Mittagessen, also 'Tschüss'!". Zumindest eines haben doch alle Kinder gemeinsam: Wenn es um die Pause oder das Essen geht, sind die gerade noch allzu spannenden Fremden nicht mehr ganz so interessant. :D
Während die Kinder mit dem Rektor in den Ort laufen, werden wir noch zu einem Kaffee eingeladen. Für Lukas und mich ist dies der erste Kaffee im Lehrerzimmer und das in der Türkei! :)
Wir erfahren, dass an der Schule 50 Kinder sind, 5 Lehrerinnen und Lehrer arbeiten, sie quasi die selben Fächer haben und sie vier Jahre studiert haben, um unterrichten zu dürfen.
Als Abschluss machen wir mit den zurückgebliebenen Kindern und Lehrkräften noch ein Bild. Dann geht es in immer stärker werdendem Regen zu einer in den Fels gehauenen Kirche, bzw. angrenzenden ehemaligen Wohnräumen.
Zu unserem Glück werden wir in ein Touri-Café mit Souvenierverkauf gebeten, um uns am Ofen wieder zu trocknen und aufzuwärmen.
Dort treffen wir zum einen auf einen Amerikaner, der Backpacking macht und auf zwei Holländer. Sie arbeitet im Konsulat in Ankara und gemeinsam sind sie auf einer kleinen Urlaubstour über das Wochenende.
Wir warten noch eine gute Weile und besichtigen dann die Höhlenräume. Wahnsinn, was Menschen früher schon geschaffen haben!
Wir fahren weiter Richtung Ihlara, wo wir uns noch ein Tal anschauen wollen. Das Problem: Es gibt nur ein Kombiticket für die Höhlenkirche und das Tal und das Ticket ist nur einen Tag gültig. Damit wir nicht nochmal zahlen müssen, wollen wir also heute noch ins Tal.
Wir kommen, ein wenig nass, kurz vor 18 Uhr in Ihlara an und nehmen uns dort ein Zimmer, weil wir keine Lust haben nass ins Zelt zu gehen. Wir stellen schnell unsere Taschen ab und fahren dann zum Eingang des Tals.
Das Tal haben wir quasi für uns alleine, was zum einen an der Uhrzeit, zum anderen aber auch an dem stetig stärker werdenden Regen liegen könnte. Im Tal finden sich erneut Höhlenräume und einige Kirchen, in denen noch alte Wandzeichnungen zu sehen sind.
Im Dunkeln geht es schließlich durch das Tal zurück zu unseren Rädern und dann zum Hotel, wo wir noch gemütlich ein bisschen Brot essen.Les mer
Es schneit. Äh, Moment was? Ja tatsächlich. Ein bisschen schneit es draußen, und das Ende April in der Türkei! Das hätten wir echt nicht erwartet.
Für 200 TL gönnen wir uns ein Frühstück, mit Schafskäse, Ekmek, Gemüse und verschiedenen Aufstrichen. Draußen schneit es derweil etwas weiter.
Da wir gestern Abend, gutgläubig wie wir waren, einen tragbaren Heizkörper abgelehnt haben, ist es nach dem Frühstück doch recht kalt, als wir zusammen packen.
Zwei Paar Handschuhe, Fleece und Jacke an und die Kapuze auf, dann geht es los. Es hat aufgehört zu schneien, aber auf den Bergen um uns herum liegt hauchdünn der Schnee.
Wir fahren nach Derinkuyu, essen dort eine Kleinigkeit und besuchen dann die unterirdische Stadt, wie es in dieser Region etliche gibt. Wir müssen uns erstmal an die vielen Touris gewöhnen, die mit uns durch die engen Gänge ziehen. Ab und an bekommen wir auch mit, wie die ein oder anderen leichte Panikattacken bekommen, weil sich die Gänge immer tiefer und immer schmaler werdend in den Fels hineinziehen.
Die unterirdischen Städte wurden zu einer Zeit errichtet, in der häufige Plünderungen stattfanden. Deshalb konnten sich die Bürger bei einem Überfall hier hinunter zurück ziehen.
Es gibt einige Tränken für Tiere, kleine Räume, Gräber und sogar einen Frischluftschacht.
Auch Lukas bekommt nach ein paar Gängen leichte Probleme mit der Enge, bei meiner Größe machen mir die Gänge eher weniger aus.
Wir haben uns in den Kopf gesetzt heute noch nach Kappadokien zu fahren und dort möglichst so zu zelten, dass wir von dem Platz aus die Heißluftballons beobachten können, die dort täglich starten. Da schon 17 Uhr ist und wir noch knapp 40 km vor uns haben, müssen wir uns etwas beeilen.
In leichter Dämmerung erreichen wir dann Uchisar, ein Ort, von dem aus man auf das berühmte Tal blicken kann. Da es immer dunkler wird, sehen wir zwar die kegelförmigen Felsformationen noch nicht, dafür aber die leuchtenden Orte vor und hinter uns. Wir radeln noch ein Stück, mitlerweise ist es stockdunkel, und schlagen dann unser Zelt oberhalb des Ortes Göreme auf, der als Zentrum von Kappadokien bezeichnet werden kann.
Nach ein paar Bildern gehen wir dann ins Zelt, (im Ort hören wir die Hunde bellen) essen noch eine Kleinigkeit und sind dann bereit zum schlafen. So der Plan!
Aber Pläne ändern sich. Denn statt dass die Hunde nun unten im Ort bellen, kommen sie auf die Bergkuppe hoch, auf der wir campen und führen (dem Gebell nach zu beurteilen) Revierkämpfe.
Nach einer Weile beruhigt sich die Lage wieder, die Revierherren haben sich durchgesetzt und wir können endlich schlafen.
Wieder falsch!
Denn jetzt bellt uns ein Hund unaufhörlich an. Wir nennen ihn liebevoll "Holger". Das geht noch eine Weile so, bis auch er aufgibt und uns relativ ungestört ein wenig schlafen lässt.Les mer