Dauphiné - Bike and Hike

June - July 2020
A 17-day adventure by Bert Read more
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  • Endlich wieder Reisen

    June 19, 2020 in Germany ⋅ ☁️ 22 °C

    Seit März hat Rike also wieder ein Motorrad. Nach zwanzig Jahren Pause. Geübt haben wir auch schon ein wenig, im Oberbergischen und in der Eifel. Da kann es am Montag losgehen in Richtung Süden. Genauer gesagt in die französischen Westalpen. Womit die Rollen klar verteilt sind: Rike kümmert sich um Kommunikation und französische Lebensart, ich konzentriere mich auf die Streckenplanung und werde zum fröhlichen französischen Geplapper ein freundliches Gesicht machen und wie immer viel zu lange brauchen, um meine mühsam zusammengekramten Vokabelreste ins Gespräch einfließen zu lassen . Oder haben die Franzosen während des Lockdowns vielleicht Englisch gelernt?

    Nach den Wochen der häuslichen Isolation ist die Vorfreude auf diese Reise besonders groß. Wenngleich das Ziel "Dauphiné" (irgendwo hinter Grenoble) auf den ersten Blick bescheiden anmutet. Lohnt sich ein Reiseblog, wenn es "nur" in die Alpen geht? Wir werden sehen. Immerhin: Die Zielregion Dauphiné scheint uns nicht zu den Hotspots der Alpen zu gehören, was den Reiz des Erkundens erhöht. Und das Motorradfahren soll nur einen Teil der Reise ausmachen: Bike and Hike lautet das Motto, denn ein wenig eigene (und nicht nur benzinbefeuerte) Bewegung soll auch dabei sein.

    Begleitet uns, wenn ihr Lust habt. Eure Kommentare sind - wie immer - willkommen.
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  • Day 1

    Warum ist es am Rhein so schön? (Heino)

    June 22, 2020 in Germany ⋅ 🌙 17 °C

    Das Wetter ist trübe. So haben wir es mit dem Tourstart nicht eilig. Der Kater wird ein letztes Mal intensiv gekrault, und das mit der Heckenschere am Vortag durchtrennte Stromkabel könnte auch noch repariert werden. Rike ist der Auffassung , dass man meine Reparaturbemühungen unbedingt einem Test unterziehen sollte und steckt das Kabel schon einmal in die Steckdose. Vielleicht ein wenig früh. Zwar soll die Reise - wie man so schön sagt - unsere Batterien wieder aufladen, aber die 220 Volt ohne Vorwarnung sind doch etwas viel. Gleichwohl: Um 10.30 starten wir, ich für meinen Teil voller Energie (Kalauer, hahaha), und entscheiden uns weder für Eifel noch Hunsrück, sondern steuern durch das Siebengebirge an die vermutlich deutscheste aller deutschen Straßen, nämlich die B42 entlang des Rheins. Musikalisch empfiehlt es sich, ab hier die Heino-Version von "Warum ist es am Rhein so schön" parallel zur weiteren Lektüre laufen zu lassen.

    Wir folgen dem Strom rechtsrheinisch flußaufwärts und beobachten, wie er zuerst die Mosel und dann die Lahn schluckt. Burg Lahneck lädt zum ersten Stopp ein, und eine Schautafel bildet uns mit Goethes Geistesgruß:

    Hoch auf dem alten Turm steht
    Des Helden Edler Geist,
    Der wie das Schiff vorübergeht,
    Es wohl zu fahren weiß.
    Sieh, diese Senne war so stark,
    Das Herz so fest und wild,
    Die Knochen voll von Rittermark,
    Der Becher angefüllt.
    Mein halbes Leben stürmt ich fort,
    Verdehnt die Hälft in Ruh,
    Und du, du Menschenschifflein dort,
    Fahr immer, immer zu.

    Der Geisteshunger ist somit gestillt, doch nicht der leibliche. Ein schöner Streetfood-Container in Osterspai erledigt dies jedoch gründlich. Wenig später gelangen wir zum Loreley-Felsen, der nicht weiter spektakulär ist, doch unterhalb desselben sind zwei Holländer in Not: Ihr eigenes Motorrad ist in Reparatur, und die niegelelnagelneue geliehene 850er BMW will ihnen partout nicht verraten, wieviel Benzin noch im Tank ist. Wunderwelt der digitalen Displays, nach einigem Herumdrücken spuckt der Screen die noch verbleibende Reichweite aus, wodurch die Oranje-Welt wieder in Ordnung ist.

    Wir nehmen die Fähre von Lorch nach Niederheimbach. Ein Kreuznacher Fährpassagier findet - nachdem er uns gründlich studiert hat - wir würden miteinander nett aussehen. Das wiederum finden wir sehr nett, immerhin ist morgen unser dreißigster Hochzeitstag.

    Abends nehmen uns Pia und Harald in Bad Kreuznach auf das Herzlichste auf, versorgen mich mit einer Zahnbürste (irgendetwas fehlt immer), und wir verbringen einen lustigen gemeinsamen Abend. Danke, Ihr zwei!
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  • Day 2

    Weinbergpfirsich

    June 23, 2020 in France ⋅ 🌙 18 °C

    362 Einwohner sind nicht viel. Aber Rodern im Elsaß hat mit dem "Peche de Vigne" ein wirklich hübsches kleines "Hotel". Wir erfahren, dass das Hauptgebäude aus dem 17. Jahrhundert stammt. Alles ist schief und verwinkelt, aber eben genau deshalb charmant. Unsere Bikes bekommen herrlichen Parkplätze im pittoresken Innenhof. Allein, es mangelt an Optionen für das Abendessen. Ein 20-Minuten-Spaziergang durch die Weinberge ins nahegelegenen St. Hyppolyte lässt uns nicht nur Weinbergpfirsiche live erleben, sondern löst vor allem unser Hungerproblem. Wir genießen die französische Esskultur auf der Terrasse des Hotel Alsace als einzige deutsche Touristen. Einige wenige französische Gäste gibt es auch, aber noch hängt die gedämpfte Corona-Stimmung über Frankreich.

    Der Tagesstart in Bad Kreuznach soll nicht unerwähnt bleiben. Das Alsenztal in Richtung Rockenhausen und dann weiter nach Kaiserlautern ist ein wunderbarer Spielplatz für Motorradfahrer, zumal wir es an diesem Dienstagvormittag für uns alleine haben. Weiter geht es nach Pirmasens und dann bald nach Frankreich, bonjour La Grande Nation, alles ganz ohne Grenz- oder Covidkontrolle. Die nördlichen Vogesen sind landschaftlich abwechlunsreicher als gedacht und warten zur Mittagszeit mir einem willkommenen Höhepunkt auf: Die Citadelle in Bitche thront als wunderbarer Aussichtspunkt in verschiede Täler erhaben und trutzig auf einem Hügel. Und eine erste Quiche Lorraine gibt es in der Patisserie Antoine.
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  • Day 3

    Chez Monique

    June 24, 2020 in France ⋅ 🌙 21 °C

    Monique ist kein fashion victim. Grünes T-Shirt, blaues Blumenblüschen, dunkelblaue Sommerhose (kurz, uff), Kniestrümpfe in Sandalen. Sie ist auch kein Marketinggenie, aber immerhin: Das Werbeschild für ihr Restaurant tut seinen Dienst und führt uns in ihr Minilokal am Straßenrand. Heute ist das Mittagsgericht "scharfe Wurst mit grünen Bohnen", das scheint uns bei knapp 30 Grad allerdings etwas schwer. Wir weichen auf Baguette mit Pastete aus, schließlich kooperiert Monique mit der kleinsten Boucherie der Welt, die unmittelbar an ihre Gaststube anschließt. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit kann sich sehen lassen und wird begleitet von einer Orangina, deren USP mit "fast ovale Blasen" angegeben wird. Da hat die Marketingabteilung nun wirklich einen rausgehauen.

    Unsere heutige Tagestour führt uns durch die Hochvogesen. Rike fängt somit an, erste Cols zu sammeln: Col de Bagenelles, Col du Bonhomme, Col de la Schlucht ... alle werden bezwungen. Die Route de Crete auf gut 1.000 Höhenmetern kühlt uns auf etwas unter 20 Grad ab, aber bis Besancon erwärmt sich der Planet auf 32 Grad. Wie in Bitche dominiert auch hier eine Zitadelle das Stadtbild und wird hufeisenförmig von einem Fluß umspült. Besancon macht dabei einen hübschen und sauberen Eindruck. Vielleicht auch deshalb, weil es hier Schilder gibt, die dazu auffordern, durchgekaute Kaugummis auf Marienkäfer zu kleben.

    Unser Hotel ist im Übrigen den mittelalterlichen Mauern der Wehranlage nahe und befindet sich in einem ehemaligen Kloster. Dennoch (oder deswegen?) heißt es "Le Sauvage", und wild ist auch die Anfahrt durch ein enges Gassenlabyrinth. Gleichwohl: Lage und Ausstattung bekommen von uns eine 10 auf Booking.
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  • Day 4

    On fait plouf

    June 25, 2020 in France ⋅ 🌙 22 °C

    "On fait plouf". Eine schöne Redewendung, die wir von Maud und Julien lernen. Sie könnte übersetzt werden mit "mal eben ins Wasser springen", plouf ist der Spritzer. Und "fait plouf plouf" heißt soviel wie "husch husch machen".

    Die Abkühlung wartet auf uns im französischen Jura in Form des Lac de Lamoura. Es ist zwar mühselig, sich aus den Motorradklamotten herauszuschälen, aber wenn man dann im Wasser ist, sagt mich sich eigentlich immer gegenseitig: Hat sich gelohnt. So auch heute angesichts der knapp 30 Grad, und das in über 1.000 Meter Höhe. Ansonsten stellen sich die Alpes de Jura als schön anzuschauendes, sanft geschwungenes Vorgebirge dar, dessen Skizirkus die besten Tage hinter sich hat. Es erinnert etwas an das Sauerland. Immerhin finden wir an einem ältlichen Schlepplift eine schöne Sonnenterrasse, die uns (fast) ganz alleine gehört und mit dem Nötigsten versorgt. Eine kleine Wanderung um die Gorges de la Langoutte ist dem vorangegangen.

    Abends wohnen wir bei den oben erwähnten Maud und Julien in ihrem liebevoll umgebauten, 200 Jahre alten Haus "La Colonie" in Collonges. Bei schönem Wetter könnte man den Mont Blanc sehen. Wir müssen ihn uns vorstellen, denn es ist etwas dunstig.
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  • Day 5

    Völkerverständigung im Regen

    June 26, 2020 in France ⋅ ⛅ 28 °C

    Auf den Spuren der Tour de Frances wäre die Gipfelfahrt zum Grand Colombiers reizvoll gewesen, doch der Himmel verdunkelt sich. Wir retten uns in die Moorlandschaft "Marais de Lavours" und sind für eine Stunde vor einer überdachten Infotafel Gefangene des einsetzenden Regens. Zu uns gesellt sich ein Paar aus der Auvergne und erzählt uns heiter aus ihrem Leben. Rike wird wie immer ob ihres guten Französisch gelobt, und wir gehen mit Abschlussselfie auseinander. (Kleiner politischer Einschub: Wir sollten die französisch-deutsche Freundschaft pflegen, denn es gibt keine Alternative zu einem starken Europa!)

    Von der Infotafel schaffen wir es bis zu einer Vogelbeobachtungsstelle, glücklicherweise ebenfalls überdacht, denn erneut fängt es an zu schütten. Sollte in dieser weiteren Stunde ein Tier zu sehen gewesen sein (was unwahrscheinlich ist), wir hätten es nicht observieren können, da wir beide selig einnicken.

    Chanaz, nur ein paar Kilometer weiter, bringt uns mit Cafe wieder auf Trab. Das Örtchen hat sich herausgeputzt (zwei-Fleuri-Punkte). Außerdem liegt es an einem Kanal, der Rhone und Lac du Bourget verbindet. Noch suchen die Schiffer vergeblich nach Fahrgästen, aber in einer Woche wird es losgehen, dann beginnen in Frankreich die Sommerferien. Einstweilen macht nur das Infocenter mit uns einen kleinen Umsatz, denn Rike erwirbt ihren ersten Toursticker und sorgt dafür, dass ihre neuen Motoradkoffer nicht mehr ganz so nackt aussehen.

    Weiter geht es durch die Savoyen zu unserem heutigen Zielort Aix-les-Bains. Wir steuern das Hotel L'Iriko an, das mir aus einer früheren Reise mit den Motorradkumpels bekannt ist (wann war das Jungs, 2008?). Es zeichnet sich zwar nicht durch ein herausragendes Interieur aus, wohl aber durch seine unübertreffliche Lage direkt am See. Wir beschließen, zwei Nächte zu bleiben und uns und den Bikes Morgen eine Auszeit zu gönnen. Denn bislang war relativ viel Bike und wenig Hike ...
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  • Day 6

    Ile flottante aux pralines

    June 27, 2020 in France ⋅ 🌙 25 °C

    Ein Dessert, das nach Kirmes und Kindergeburtstag schmeckt und ebenso aussieht: Ile flottante. Es enthält vermutlich nichts, was der Körper brauchen könnte. Die Wikipedia-Übersetzung "Schneeeier" (mit drei e) ist absolut uncharmant, wir wollen es lieber bei "schwimmende Inseln" belassen. Wie dem auch sei: Mit dieser Nachspeise endet, was mit Austern begann: Unser Abendmenu an der Promenade von Aix-les-Bains, das seinem Slogan "Riviera des Alpes" mehr als gerecht wird.

    Die Bikes haben Ruhetag und wir spazieren morgens am See entlang nach Brison-Saint-Innocent. Am stolzen Rathaus vorbei (in Frankreich scheint im Übrigen jedes Dorf ein solches zu haben) geht es 400 Höhenmeter bergauf zur Feengrotte. Wenige Schritte neben der Höhle gibt es einen schönen Aussichtspunkt über den See Bourget. Wir kommen einmal mehr zum Ergebnis, dass sich die Franzosen ein wirklich besonders schönes Stück dieses Planeten ausgesucht haben.
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  • Day 7

    Dauphiné

    June 28, 2020 in France ⋅ ⛅ 14 °C

    Nun haben wir es - nach etwa 1.200 km Fahrstrecke - ins Herz der Dauphiné geschafft. Dabei handelt es sich um eine historische, jedoch keine geographische Gebietsbezeichnung. Im Grunde finden sich hier drei Departments: Isere, Drome und Haut Alpes. Und im Hinblick auf die Gebirgszüge gliedert sich das Ganze in Vercors, Drome, Buech und Devoluy.

    Wir übernachten heute und morgen in Gresse-en-Vercors. Das Dörfchen liegt südlich vom aristokratischen Grenoble auf einer Hochebene (1.200m), die festungsartig im Halbkreis vom Vercors-Massiv eingerahmt wird. Aus dem Hotelzimmer blicken wir auf den Grand Veymont, beachtliche 2.341 m hoch. Gresse selbst bemüht sich offensichlich vergeblich um Wintersportler, denn das an den alten Ortskern angrenzende Ski-Feriendorf wirkt verlassen und heruntergekommen. Die typisch französische Bettenburg beherbergt ein Kino, das nur noch einmal in der Woche einen Film zeigt, und die meisten früheren Lokale stehen leer. Der historische Ortskern selbst hat sich hingegen mit einigen rosenbewachsenen alten Häusern und eifrig bewirtschafteten Gemüsegärten herausgeputzt. Passend zum ländlichen, wenig mondänen Ambiente gibt es heute - als Kontrastprogramm zum üppigen Abendessen gestern in Aix-les-Bains - Baguette, Thome und Rotwein.

    Die Fahrt hierher führt uns am Vormittag durch das Chartreuse-Gebirge. Liebe Freunde, wie Ihr wisst, schätzen wir den gleichnamigen hochprozentigen Kräuterlikör durchaus, egal ob in grün oder gelb. Aber wo er genau herkommt, das war uns bislang eigentlich nicht klar. Vielleicht war es uns auch irgendwie egal. Aber nun wissen wir es eben.

    Noch ein Wort zum Verkehr: Zwar ist im Vergleich zu beispielsweise den Dolomiten weiterhin nicht viel los auf den Straßen, aber ganz alleine sind wir auch nicht. Vielmehr teilen wir uns die Pässe mit Radsportlern, Langläufern auf Rollenski, Selbsthilfegruppen mit Eseln und einem Rudel Vespa-Fahrern. Aber wir wollen uns keineswegs beklagen, denn man kann hier wirklich hervorragend Motorrad fahren.
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  • Day 8

    Umrundung des Unbegehbaren

    June 29, 2020 in France ⋅ 🌙 16 °C

    Wandertag! Schon um 7.30 stehen wir am Käsestand des Marktes in Gresse, denn wir brauchen Proviant für die für heute geplante Umrundung des Mont Aiguille. Rike steht nicht im Verdacht, verschwenderisch einzukaufen, aber es werden aus irgendeinem Grund 800 Gramm Käse aus der Region. Diese Menge könnte eine hungrige Schulklasse ernähren. Wir sind aber keine Schulklasse, weshalb ein nicht unerheblicher Teil unserer Käsevorräte heute gut 20 km über 1.000 Höhenmeter und etwa 7 Stunden lang um die markante Felsnadel getragen wird.

    Los geht´s etwa 7 km südlich von Gresse in Les Pellas. Wir erreichen das Örtchen um 9 Uhr bei wolkenverhangenen Himmel. Es geht auf den Col de l'Aupet auf der Westseite des Aguilles. Oben angelangt treffen wir auf zwei nicht mehr ganz junge, aber kernig aussehende französische Kletterer, die schon wieder auf dem Rückweg sind. Man hätte nur eine Seillänge gemacht, es wäre zu kalt, ob wir Glühwein dabei hätten. Tatsächlich ist es vormittags noch recht frisch, doch von Stunde zu Stunde bessert sich das Wetter und irgendwann geben die Wolken den Berg auch zum Fotografieren frei.

    Der Rother Wanderführer erklärt uns, dass die schroff aufragende Bergformation lange Zeit als unbegehbar gilt. 1492 jedoch schickt ein französischer König einige seiner Soldaten hinauf, um klarzustellen, wer das Sagen hat. Das Unterfangen gelingt, und bis heute ist das Massiv bei Kletterern beliebt. Beeindruckend, wozu Menschen fähig sind.

    Uns genügt die Tour drumherum vollkommen. In Trezanne warnt ein selbstgebastelten Straßenschild vor freilaufenden Kindern, die hier endende Straße hat aber vermutlich seit langem kein Auto mehr gesehen. Genausowenig wie die Boulebahn Spieler, und auf dem Friedhof gibt es nur vier verschiedene Namen.

    Ein liebevoll restaurierter Bauernhof ("La Grange aux Loups") am Zielort versorgt uns schlußendlich mit Kaffee, Gartenromantik und einem letzten herrlichen Blick auf den "Mont Inaccessible". Wir rollen zurück nach Gresse, ausnahmsweise in nicht ganz kompletter Schutzkleidung.
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  • Day 9

    Auf dem Podest

    June 30, 2020 in France ⋅ ⛅ 15 °C

    Alpe d´Huez ist wahrlich kein schöner Ort. Aber da wir heute an dieser Retortenstadt quasi zwangsläufig vorbeikommen, nehmen wir die 20 Haarnadelkurven in Angriff und klettern dort hinauf, wo üblicherweise eine Tagesetappe der Tour de France endet. Rike steigt sogar noch etwas weiter, nämlich auf das vorbereitete Podest, und das völlig zu Recht: Nach zwanzig Jahren Motorradpause muss man hier erst einmal hochkommen.

    Doch der Reihe nach: Von Gresse aus starten wir in Richtung Westen und queren - mit noch etwas wandermüden Knochen, aber dafür heute bequem auf den Bikes sitzend - das Ecrins-Massiv. Am Col d'Ornon bietet uns die Auberge le Chamois mit fragwürdigen Maketingmethoden ihre Dienste an, weshalb wir uns für den Selfservice aus den Motorradkoffern entscheiden. Ihr wisst ja, wir haben noch beachtliche Käsevorräte ... Der Col du Lautaret lässt uns später auf 2.000 m steigen und gibt herrliche Blicke auf schneebedeckte Gipfel frei, die im Ecrins 4.000 m überschreiten können.

    Unser Zielort Briancon hat eine hübsche, festungsbewehrte Altstadt. Fünf Täler laufen hier zusammen, was Frankreichs höchstgelegene Stadt einst bedeutsam machte. Wie so oft in Frankreich wurde Herr Vauban mit dem Festungsbau beauftragt, was Briancon zu einer besonderen Mischung aus Ski- und Wanderort einerseits und historischem Verteidigungsbollwerk andererseits macht. Hinzu kommt ein fast mediterranes Klima, begleitet von entsprechender Lebensart. Wir folgen der Empfehlung des Lonely Planet und übernachten im Hotel Edelweiss, dessen Name so gar nicht hierher passen will, das aber wohl schon seit 1890 so heißt und - soweit wir das beobachten und beurteilen können - von einigen jüngeren Inhabern peu a peu auf aktuelles Niveau gebracht wird. Insofern es der Cashflow erlaubt.

    Vor dem Abendessen in der Rue Central stolpern wir per Zufall in die Bar "Le Tonneau". Das Fass entpuppt sich als Treffpunkt einer lokalen Szene, die wir irgendwo zwischen Kommune 1 und Kletterfreaks verorten. Das Bussi-Bussi Schauspiel lässt Cororna vergessen und wir meinen, in einem der Kommunarden Rainer Langhans wieder zu erkennen. Aber vielleicht geht hier nur unsere Panaché- und Pastis-befeuerte Phantasie mit uns durch.
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