• Etappe 2 – eine gute Entscheidung

    August 11 in France ⋅ ☀️ 19 °C

    11.8.

    5:50 Uhr: Ich habe verschlafen! Aber das ist nicht schlimm, denn heute habe ich eine Etappe vor mir, die relativ unabhängig von der Sonne ist.

    Heute Nacht habe ich mich daran erinnert, was meine Physiotherapeutin gesagt hat: Guter Schlaf ist wichtiger als Fuß hoch (Lymph-Fluss) und habe mich dann doch entschieden, mit dem Kopf hangauf zu schlafen.

    6:49 Uhr: Es gibt Leute, die sich mit den Schuhen auf die Toilettenränder stellen, da wo sich andere vielleicht hinsetzen. Rein technisch würde ich sagen, dass es Frauen sein müssen.

    7:21 Uhr: Nach einem relativ anstrengenden Anfang über tja, was war das, ein Geröllhang? Nein, irgendwas mehr in Richtung ausgetrocknetes Flussbett oder sowas, auf jeden Fall mit vielen großen Steinen, komme ich jetzt in den Wald. Die Temperatur ist äußerst angenehm. Trotzdem friere ich nicht. Also soll heißen, ich bin schon ordentlich am Schwitzen.

    Das Geräusch, wie der Wind durch die riesigen Kiefern streicht, ist unbeschreiblich schön.

    7:50 Uhr: Das erste Mal uriniert, so soll es sein. Und wer sich an dieser Stelle wundert: Hydrierung ist für die Muskeln extrem wichtig, und wenn man viel schwitzt und es so heiß ist, kann das durchaus zu einem Problem werden.

    Die Quelle für diese Weisheit ist angeblich eine Studie der israelischen Armee und die werden es bestimmt wissen. Ist fast noch besser als „schwedische Wissenschaftler“. Schon eine leichte Dehydrierung kann zu 20% Leistungseinbruch führen. Sage ich mal so.

    Zwischendurch ist der Waldboden immer mal wieder komplett auf ca. 10 m² aufgerissen, so als wären schwere Maschinen im Einsatz gewesen. Die Steine sind umgewühlt und so weiter, aber das Einzige, was sein kann, ist, dass es Wildschweine waren oder wilde Hausschweine – schon ziemlich krass.

    8:00 Uhr: Ich erreiche einen Fahrweg. Naja, zumindest ist er so breit wie ein befahrbarer Fahrweg, befahrbar ist er aber nicht wirklich, also gar nicht.

    Das mit dem Fahrweg war nur eine temporäre Erscheinung. Aber der Weg wird durchaus angenehmer. Bis hierhin (ca. 3 km) war es so, wie es sich ein Physiotherapeut ausgedacht haben könnte, der jemanden mit einer Prellung oder Zerrung der Außenbänder auf die Probe stellen will – aber ich habe auch dank der Stöcke alles gut überstanden.

    8:10 Uhr: Nach 3,4 km überquere ich einen kleinen Bach und danach beginnt tatsächlich so etwas wie ein Fahrweg. Das ist jetzt nicht so, dass man hier mit einem normalen Auto fahren würde, aber mit einem geländegängigen Fahrzeug mit 8 Rädern oder so… Und entsprechend ist es auch für die Fußgelenke immer noch anspruchsvoll.

    8:25 Uhr: Die ersten noch sehr sanften Sonnenstrahlen berühren mich. Sie passen irgendwie zum Gezwitscher im Wald und zum Plätschern des Baches. Was für eine herrliche, friedliche Stimmung.

    9:01 Uhr. Ich mache an einer Badegumpe Pause, um meine Füße etwas zu kühlen.

    9:21 Uhr: Weiter geht's. Ich habe zwar nur schnell meine Füße gekühlt, aber mit Abtrocknen und vor allem mit den langen Kompressionssocken dauert das etwas…

    Tatsächlich fühlen sich meine Unterschenkel und Knöchel sehr erfrischt an.

    Lustiger Weg: Passagen aus blankem Stahlbeton wechseln sich ab mit extrem ausgewaschenem, ziemlich schwierig zu gehenden Steinweg.

    10:14 Uhr: Ich erreiche die Auberge de la Forêt. Jetzt erst mal schön frühstücken. Das Frühstück ist jetzt nicht total aufwändig (Baguette, Käse, Schinken, Naturjoghurt und Kaffee satt ) aber kostet dafür auch nur 8€.

    10:35 Uhr: Und weiter geht's. Ich lasse die Zivilisation hinter mir und schalte auch mein Mobilgerät wieder in Flugmodus.

    5 km und 720 Höhenmeter liegen jetzt vor mir. Hier unten ist es schon ziemlich warm. Ich hoffe, dass der Weg einigermaßen im Schatten läuft.

    11:30 Uhr: Ich habe noch zweieinhalb Kilometer und 460 Höhenmeter nach. Ich tippe darauf, dass ich noch so 2 Stunden brauchen werde, inklusive einer Pause an der Badegumpe. Mal gucken, ob ich richtig liege.

    Der Anstieg ist natürlich sehr anstrengend, und ich bin wieder komplett nass. Meine Haut glänzt vor Feuchtigkeit bis in die Fingerspitzen, aber der Weg geht bisher größtenteils im Schatten. Es ist also eher die Anstrengung, die den Schweiß treibt.

    11:40 Uhr: So einen schönen Weg aus Steinen geht man am effizientesten, indem man von einem großen Stein zum nächsten schreitet oder hüpft. Man muss dabei natürlich darauf achten, dass diese fest liegen, und eigentlich geht man fast nur auf Zehenspitzen. Wenn man gut geübt ist, schafft man das auch mit schwerem Rucksack und ohne Stöcke. Ich brauche aktuell noch beide Stöcke, um das Gleichgewicht zu halten. Und ich glaube nicht, dass man es schafft, nebenbei Pokémon GO zu spielen. ;-)

    11:45 Uhr: Ich mache eine kleine Pause für meine Füße an einem Bach.

    12:02 Uhr: weiter geht‘s

    Der frische Kick hält bei den Temperaturen und vor allem der Steigung leider auch nur für wenige Minuten an. Jetzt ist es 12:19 Uhr und ich fühle mich eigentlich so wie vorher. Trotzdem lohnt sich der Aufwand, weil so weiß man zumindest, dass es kein Dauerzustand ist, also das Durchgeschwitzen sein.

    12:51 Uhr. Ich bin noch an einem kleinen Bach angehalten. Diesmal waren nicht die Füße, sondern nur die Hände, Unterarme und das Gesicht dran. Boah, war das erfrischend.

    13:04 Uhr: Angekommen!

    Ich habe ein schönes Zelt gefunden, das im Schatten liegt, und nach dem obligatorischen Omelette habe ich schnell geduscht und dann einen kleinen Nap genommen.

    Nachmittag und Abend waren wieder sehr nett. Außer den bereits bekannten Deutschen habe ich noch zwei Baher kennen gelernt, Vater 58 und Sohn 18 – beide sehr sportlich unterwegs. Vor allem habe ich mich hinter Herbert unterhalten, der deutlich jünger als seine 62 Jahre aussieht und schon sehr viel in den Bergen unterwegs war (weltweit). Ich weiß gar nicht, wo die zwei aus London abgeblieben sind, die habe ich heute nicht gesehen aber es ist auch recht voll hier.

    13,9 km, Gesamtzeit: 6:23h; in Bewegung: 4:20h Durchschnittsgeschwindigkeit, während ich gelaufen bin: 3,2 km/h 700 m Aufstieg, 990 m Abstieg
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