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  • Day 38

    Ein ehrliches Stimmungsbild

    March 10, 2019 in Namibia

    Ich schreibe diesen Blog, um euch an meinen Erlebnissen auf meiner Reise teilhaben zu lassen. Und natürlich berichte ich eher über die spannenden, aufregenden und lustigen Dinge. Ich will aber nicht so tun, als wäre alles immer nur toll.

    In der Gesamtsicht ist es hier auf der Farm schon ganz gut. Ich sage „ganz gut“ und nicht supertoll, klasse, einmalig o.ä. Unsere Gastgeber sind sehr locker, wir haben hier quasi alle Freiheiten, teilen uns die Arbeit mit den Pferden selber ein und haben völlig freihe Hand. Manchmal stößt mir das allerdings auch etwas komisch auf. Denn andererseits hat sich keiner dafür interessiert, ob und wie gut wir überhaupt reiten können, und wie wir mit den Pferden arbeiten. Das ist scheinbar egal. Die Weitergabe von Informationen und die Kommunikation seitens unserer Gastgeber mit uns empfinde ich ebenfalls als unzureichend.
    Sie erzählen uns so gut wie nichts. Wir erfahren erst, dass sie das Wochenende wegfahren, als sie ins Auto steigen, keine Info wann sie wiederkommen. Wir erfahren nicht, dass wir mittags zum Lunch wegfahren, bis quasi die Abfahrt ansteht. Margo ist heute geflogen und sie haben sich nicht von ihr verabschiedet und auch die Fahrt zum Flughafen war nicht organisiert. Wir fahren in die Stadt und erfahren nur durch Zufall, als wir bereits auf dem Weg dorthin sind, dass wir eine neue Volontärin abholen. Wir sitzen also im Auto und nichtmal da informiert man uns, wo wir hinfahren.

    Bei meiner Anreise gab es ein kurzes Händeschütteln. Dann wurde ich mir selbst überlassen. Unterhaltungen kommen äußerst selten zustande. Sie fragen nichts über uns, erzählen aber auch nichts über sich. Wenn ich mal versuche, zb mit Loise ein Gespräch anzufangen, antwortet sie nur einsilbig und stellt auch keine weiteren Fragen. Die Gespräche untereinander finden auf Afrikaans statt, sodass wir am Mittags- oder Abendbrottsich meist schweigend daneben sitzen. Heute nach ihrer Rückkehr fragte ich Callie, wie denn die Feier war, ich bekam nur ein „nice“.

    Und dann war da noch der Streit mit Margo. Wir sind allein von der Persönlichkeit her so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Es gab immer wieder mal Situationen, in denen wir ein wenig aneinander geraten sind und neulich eskalierte das in einen handfesten Krach. Das hat mich sehr belastet und dazu geführt, dass ich mich zeitweise nicht sehr wohl gefühlt habe. In der letzten Woche sind wir uns hauptsächlich aus dem Weg gegangen. Das hat meine Erwartungen an diese Workaway Erfahrung etwas enttäuscht. Ich war mit der Einstellung hergekommen, dass wir uns schon alle gut verstehen würden, schließlich haben wir eniges gemeinsam. Wir reisen als Frauen alleine, teilen ein gemeinsames Hobby. Das sollte eigentlich eine gute Grundlage sein. Dass es anders gekommen ist, trübt meine Zeit hier etwas. Margo ist zum Glück heute abgereist. Gestern wäre es fast nochmal zu einer weiteren Auseinandersetzung gekommen.

    Ich vermisse außerdem dieses Gefühl, dass ich genau hier gerade sein will und genau das tun wil, was ich gerade tue. Ich vermisse die Begeisterung. Ja, es ist schön hier aber ich fühle mich irgednwie so gleichgültig. Ich habe das schon anders erlebt. Wenn ich einen Reiseführer in die Hand nahm, hab ich einen Drang verspürt, all das sehen zu wollen, jede neue Seite brachte noch mehr mögliche Ziele zutage. Und jetzt?
    jetzt ist es eher so naja, kann man, muss man aber nicht. Ich weiß nicht, warum das so ist. Es ist, als hätte es seinen Reiz verloren. Und das macht mich ein wenig unsicher. Weil ich nicht weiß, woher diese Gefühle kommen bzw die anderen, die ich erwartet hatte, nicht da sind.

    Am 14. März geht es erstmal weiter, dann fliege ich nach Walvis Bay, bleibe dort zwei, drei Tage und ab dem 18. März gehe ich für zwei Wochen mit einer Organisation auf einen Treck, die zum einen Daten über die Wüstenelefanten sammelt und zum anderen Wasserstellen der Einheimischen durch das Errichten von Mauern vor der Zerstörung durch die Elefanten schützt: http://www.desertelephant.org/

    Ich halte also zunächst an meinen Plänen fest, werde aber beobachten, wie es mir dabei so geht und wenn sich nichts ändert, muss ich halt überlegen, was das für mich bedeutet.

    Die Bilder sind gestern bei einem gemütlichen Ausritt entstanden. Ohne Sattel, da tat mir das Steißbein hinterher weh!
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