Namibia
Hochfeld

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Travelers at this place
    • Day 13

      Next stop: Namibia

      February 13, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 28 °C

      Namibia empfängt uns mit über 30 Grad im Schatten. „Uns“, damit meine ich ich Margo und mich, wir sind beide zusammen als Volontäre auf der Farm, und Stevie. Er ist Farmer aus Südafrika und wird auf der Farm des Bruders von unseren Gastgebern arbeiten. Dieser heißt Jakoub und holt uns vom Flughafen ab.
      Die beiden Männer beginnen eine angeregte Unterhaltung auf Afrikaans über Viehhaltun und Zucht und „Slachtprais“, eines der wenigen Wörter, die ich verstehe.
      Margo und ich sind derweil erstmal gespannt, die Landschaft Namibias zu sehen. Die Farm, auf der wir die nächsten vier Wochen verbringen werden, liegt in Hochfeld. Etwa 1,5h Fahrt entfernt und auch nur in der Zeit schaffbar, wenn man wie Jakoub die Schotterpisten mit bis zu 150kmh nimmt.
      Denn geteerte Straßen sind hier selten, die meisten sind plattgewalzte Schotterstraßen, auf denen es sich aber recht gut fahren lässt.

      Und was soll sich sagen, auf der Fahrt zur Farm sehen wir unzählige Warzenschweine, Gnus, Antilopen, sogar Affen und Sträuße. Mehr als ich bisher im teuer bezahlten Nationalpark gesehen habe! Die Viecher stehen auch gern mal auf der Piste, dann wird ein paar Mal gehupt und sie trotten davon.

      Auf der Farm nimmt uns Ines, die dritte Volontärin, in Empfang und führt uns ein wenig herum. Ich teile mir ein Zimmer mit Margo. Als Volontäre bewohnen wir drei einen kleinen Anbau neben dem Haus mit eigenen Bädern.
      Wir haben aber kaum Zeit um groß auszupacken, denn es steht ein Geburtstags-Sundowner an.
      Gemeinsam mit unseren Gastgeber Carl und Loïse und den zwei Kindern fahren wir zu einer Grillparty hinterm Maisfeld des Nachbarn. Alle fahren hier stilecht Pickups und Geländewagen. Da passen natürlich auch praktischerweise alle Grillutensilien rein.

      In Namibia isst man generell sehr viel Fleisch. Auch bei uns direkt gegenüber ist eine Rinderzucht und täglich rollen hier die Viehtransporter an.
      Die Farmen sind fast ausschließlich von Weißen bewirtschaftet, die Schwarzen arbeiten auf den Feldern, im Haushalt oder Garten. Die Rollen sind also sehr klar verteilt und die Ansichten der Farmer sind glaube ich für unser europäisches Empfinden ziemlich krass. Aber man hat hier kein Problem damit, offen seine Meinung über die Schwarzen zu äußern, im Gegenteil. Alle sind sich da sehr einig, wie mir scheint.

      Afrikaans ist hier unter den Weißen die Alltagssprache, in der sie auch untereinander kommunizieren. Es gibt sogar den ein oder andern Älteren, der kein Englisch spricht. Die Schwarzen wiederum sprechen auch ihre eigene Sprache und teilweise kein Englisch.
      Gut, dass es zumindest den Pferden egal ist, wie ich sie anspreche!

      Neben den Pferden gibt es noch vier Hunde, Gänse, Katzen, Milchkühe, Ziegen und Hühner.
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    • Day 17

      Lagerfeuer im Busch

      February 17, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 28 °C

      Margo und ich thronen auf unseren Lieblingssitzen auf der Ladefläche des Pickups und lassen uns den Fahrtwind um die Nase wehen.
      Wir sind - wie kann es anders sein - wieder unterwegs zum Braai. Ein bißchen wundern wir uns, wir haben nämlich grade erst Mittag gegessen und nun schon wieder die Autos mit Kühlboxen und reichlich Vorräten beladen und sollen gleich schon wieder essen?

      Wir verlassen die „Straße“ und biegen ab ins Gelände, folgen zunächst einer ausgefahrenen Spur und dann gehts richtig in den Busch. Wir steuern eine freie Stelle zwischen den Bäumen, Gräsern und Sträuchern an, parken die Pickups und sammeln etwas trockenes Holz zusammen.
      Der Plan: Feuer machen und in zwei gusseisernen Töpfen Schaf und Hähnchen schmoren. Dazu Reis, Nudeln und Gemüse.
      Die ganze Prozedur dauert drei bis vier Stunden und jetzt wird uns klar, warum wir vorher schon was gegessen haben!

      In der Zwischenzeit trudeln die anderen Familien ein, jeder packt sein Campingequipment aus und es werden Drinks gemixt, Musik gehört und geredet. Leider reden die wirklich alle nur Afrikaans miteinander, sodass ich meist nix verstehe. Die meisten können zwar auch gut Englisch, aber tatsächlich nicht alle.

      Wir verbingen einen entspannten und schönen Nachmittag dort im Busch und Margo und ich sind uns einig, dass wir solche Erlebnisse nicht hätten, würden wir in einem Hotel übernachten. So kriegen wir doch schon so einiges vom namibischen Way of Life mit.
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    • Day 27

      Viehauktion

      February 27, 2019 in Namibia ⋅ ☀️ 31 °C

      Auf der Farm war heute Viehauktion. Seit Tagen schon rumpelten zu fast jeder Tag- und Nachtzeit die Viehtransporter auf den Hof und luden ihre Tiere ab. Die Farmer bringen ihr zu versteigerndes Vieh zur Auktion, andere Farmer kaufen es, um es entweder zu schlachten oder nach Südafrika zu transportieren und dort groß zu füttern bis zur Schlachtreife.
      Nicht nur die Transporter haben Lärm gemacht, die ca. 1.200 Viecher auch!
      Ein einziges Muh-Konzert seit Tagen... bis zur Auktion stehen sie in ihren Verschlägen draussen auf dem Hof. Und auch jetzt noch dringen ihre Rufe beständig herüber. Wie soll ich demnächst bloß ohne Kuhlärm schlafen können?

      Wir drei Volontärinnen haben uns das Treiben jedenfalls angeschaut. Und hinter uns saß eine kleine Gruppe Farmer, die Deutsch sprachen! Ich habe sie angesprochen und wir sind ins Gespräch gekommen. Sie sind in Namibia geboren und aufgewachsen, sprechen tatsächlich einwandfreies, nicht von unserem zu unterscheidendes Deutsch.
      Einer hat in München seine Metzgerausbildung gemacht. Die meisten haben Verwandte in Deutschland. War irgendwie ulkig, dass sie Deutsch sprachen.

      Zum Abschluss der Auktion - wie kann es anders sein- gab es Braai, also Fleisch vom Grill.
      Mittlerweile hängt es mir doch zum Hals raus, mal ist ja ganz nett aber das wird hier ungelogen fast jeden Abend gemacht. Und das dauert immer ewig, sodass vor 22 Uhr eigentlich nie gegessen wird, war auch schonmal 23:30 Uhr... nicht meine Zeit. Und Ziege ist jetzt vom Fleisch her auch nicht so mein Ding.

      Neulich gab es liebevoll hergerichtete Fleischpäckchen: Schafsleber in Schafsmagenfett verpackt. Ich konnte mich nicht überwinden, zu probieren, es stank schon bei der Zubereitung ziemlich heftig. Meistens gibt es aber ganz leckere Beilagen, an die ich mich dann halte.
      Bis auf vorgestern, da gab es Fleisch mit Wassermelone als Nachspeise.
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    • Day 38

      Ein ehrliches Stimmungsbild

      March 10, 2019 in Namibia

      Ich schreibe diesen Blog, um euch an meinen Erlebnissen auf meiner Reise teilhaben zu lassen. Und natürlich berichte ich eher über die spannenden, aufregenden und lustigen Dinge. Ich will aber nicht so tun, als wäre alles immer nur toll.

      In der Gesamtsicht ist es hier auf der Farm schon ganz gut. Ich sage „ganz gut“ und nicht supertoll, klasse, einmalig o.ä. Unsere Gastgeber sind sehr locker, wir haben hier quasi alle Freiheiten, teilen uns die Arbeit mit den Pferden selber ein und haben völlig freihe Hand. Manchmal stößt mir das allerdings auch etwas komisch auf. Denn andererseits hat sich keiner dafür interessiert, ob und wie gut wir überhaupt reiten können, und wie wir mit den Pferden arbeiten. Das ist scheinbar egal. Die Weitergabe von Informationen und die Kommunikation seitens unserer Gastgeber mit uns empfinde ich ebenfalls als unzureichend.
      Sie erzählen uns so gut wie nichts. Wir erfahren erst, dass sie das Wochenende wegfahren, als sie ins Auto steigen, keine Info wann sie wiederkommen. Wir erfahren nicht, dass wir mittags zum Lunch wegfahren, bis quasi die Abfahrt ansteht. Margo ist heute geflogen und sie haben sich nicht von ihr verabschiedet und auch die Fahrt zum Flughafen war nicht organisiert. Wir fahren in die Stadt und erfahren nur durch Zufall, als wir bereits auf dem Weg dorthin sind, dass wir eine neue Volontärin abholen. Wir sitzen also im Auto und nichtmal da informiert man uns, wo wir hinfahren.

      Bei meiner Anreise gab es ein kurzes Händeschütteln. Dann wurde ich mir selbst überlassen. Unterhaltungen kommen äußerst selten zustande. Sie fragen nichts über uns, erzählen aber auch nichts über sich. Wenn ich mal versuche, zb mit Loise ein Gespräch anzufangen, antwortet sie nur einsilbig und stellt auch keine weiteren Fragen. Die Gespräche untereinander finden auf Afrikaans statt, sodass wir am Mittags- oder Abendbrottsich meist schweigend daneben sitzen. Heute nach ihrer Rückkehr fragte ich Callie, wie denn die Feier war, ich bekam nur ein „nice“.

      Und dann war da noch der Streit mit Margo. Wir sind allein von der Persönlichkeit her so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Es gab immer wieder mal Situationen, in denen wir ein wenig aneinander geraten sind und neulich eskalierte das in einen handfesten Krach. Das hat mich sehr belastet und dazu geführt, dass ich mich zeitweise nicht sehr wohl gefühlt habe. In der letzten Woche sind wir uns hauptsächlich aus dem Weg gegangen. Das hat meine Erwartungen an diese Workaway Erfahrung etwas enttäuscht. Ich war mit der Einstellung hergekommen, dass wir uns schon alle gut verstehen würden, schließlich haben wir eniges gemeinsam. Wir reisen als Frauen alleine, teilen ein gemeinsames Hobby. Das sollte eigentlich eine gute Grundlage sein. Dass es anders gekommen ist, trübt meine Zeit hier etwas. Margo ist zum Glück heute abgereist. Gestern wäre es fast nochmal zu einer weiteren Auseinandersetzung gekommen.

      Ich vermisse außerdem dieses Gefühl, dass ich genau hier gerade sein will und genau das tun wil, was ich gerade tue. Ich vermisse die Begeisterung. Ja, es ist schön hier aber ich fühle mich irgednwie so gleichgültig. Ich habe das schon anders erlebt. Wenn ich einen Reiseführer in die Hand nahm, hab ich einen Drang verspürt, all das sehen zu wollen, jede neue Seite brachte noch mehr mögliche Ziele zutage. Und jetzt?
      jetzt ist es eher so naja, kann man, muss man aber nicht. Ich weiß nicht, warum das so ist. Es ist, als hätte es seinen Reiz verloren. Und das macht mich ein wenig unsicher. Weil ich nicht weiß, woher diese Gefühle kommen bzw die anderen, die ich erwartet hatte, nicht da sind.

      Am 14. März geht es erstmal weiter, dann fliege ich nach Walvis Bay, bleibe dort zwei, drei Tage und ab dem 18. März gehe ich für zwei Wochen mit einer Organisation auf einen Treck, die zum einen Daten über die Wüstenelefanten sammelt und zum anderen Wasserstellen der Einheimischen durch das Errichten von Mauern vor der Zerstörung durch die Elefanten schützt: http://www.desertelephant.org/

      Ich halte also zunächst an meinen Plänen fest, werde aber beobachten, wie es mir dabei so geht und wenn sich nichts ändert, muss ich halt überlegen, was das für mich bedeutet.

      Die Bilder sind gestern bei einem gemütlichen Ausritt entstanden. Ohne Sattel, da tat mir das Steißbein hinterher weh!
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    • Day 15

      Jagd auf Schakale

      February 15, 2019 in Namibia ⋅ ☁️ 23 °C

      Jeder braucht ein Hobby.

      An die Hingabe zum Braai (Grillen) habe ich mich fast schon gewöhnt. Dass hier jeder in seinem Haus so einen Indoor Braai hat, auch.
      Auch meine Gastfamilie hat gestern ihren riesigen Braai angezündet und kiloschwere Steaks gegrillt. Und ich muss zugeben, dass das Fleisch wirklich sehr gut war.
      Ich war nach dem Essen dann auch recht müde und geschafft vom reiten und dachte mir, dass ich dann gleich wohl ins Bett verschwinden würde.Es kam aber anders.

      Plötzlich herrschte Aufbruchstimmung. Die Männer hatten ihre Gewehre raus geholt und versuchten, noch direkt aus dem Garten die Schakale in einigen hundert Metern Entfernung zu schießen. „Wollt ihr mit auf Jagd? Wir jagen Schakale.“
      Klar wollten wir und kletterten hinten auf den Pickup, den ich bis dahin als ein Fahrzeug für Safaris gehalten hatte, da er ebenfalls silch erhöhte Sitze hinten drauf hat. Jetzt weiß ich es besser...

      Loïse hinterm Steuer, wir drei Mädels und die beiden Männer hinten drauf. In der einen Hand einen Scheinwerfer, Whisky Cola in der anderen. Wir steuerten als erstes die Rindergehege an und tatsächlich hielten sich dort einige Schakale in unmittelbarer Nähe auf. Schakale als auch die Geparden hier stellen eine Gefahr für die Vieh- und auch Pferdeherden dar. Immer wieder reißen Geparden nachts Fohlen oder Kälber. Schakale, so wurde es uns erklärt, jagen nicht, sondern stürzen sich auf schwache oder wehrlose Tiere und fressen ihnen bei lebendigem Leib das Fleisch von den Knochen. Zum Beispiel wenn eine Kuh kalbt oder krank ist und auf dem Boden liegt. Das klingt grausam, aber ich frage mich, warum die Natur das so eingerichtet hat? Ich unterstelle den Schakalen keine willentliche Grausamkeit, dazu sind nur wir Menschen in der Lage. Die Natur hat sie so erschaffen, aber ich verstehe nicht, warum.

      Ich war also ein wenig hin und her gerissen. Einerseits verstehe ich den Gedanken, das Vieh zu schützen und so natürlich auch monetäre Verluste zu vermeiden. Andererseits hatte ich auch Mitleid mit den Schakalen. Einen ersten hat es direkt dort beim Vieh erwischt. Stevie hat ihn herangeholt und ihn uns gezeigt. Eine recht große klaffende Wunde hatte er in der Brust. Ich dachte, dass so ein Schuss kaum sichtbar wäre am Körper. Wenigstens war er sofort tot. Angeblich kommen irgendwann andere Schakale und fressen ihn auf.

      Mit dem Auto fuhren wir weiter, und Ines und Stevie leuchteten mit den Suchscheinwerfen links und rechts die Umgebung ab. Man sieht von den Tiere nur die Reflektion der Augen und dann vielleicht noch das sich bewegende Tier. Für mich war es sehr erstaunlich, dass die Männer die Tiere lediglich an den Augen erkennen konnten und dann jeweils wussten, ob es sich nur um einen Hasen, Kudu, Antilope, Steinbock etc hielt.

      Sie erzählten, dass sie ungefähr im Alter von 4 bis 5 Jahren mit dem Jagen und Schießen beginnen. Sie können auch die Rufe der Schakale perfect imitieren. Wobei ich mir immer ein wenig das Grinsen verkneifen musste, wenn diese recht beleibten Männer auf ihrem Thron so komische Laute von sich gaben.
      Wir fuhren noch ca zwei Stunden die Gegend ab. Trotz eines leicht bewölten Himmels hat der Mond hier eine immense Strahlkraft und wirft sogar Schatten. Ich fand es sehr spannend, hinten auf dem Pickup zu sitzen und durch die namibische Nacht zu fahren. Sowas würde ich nicht erleben, wenn ich in einem Hotel wäre. Es war schon etwas Besonderes und hatte etwas Lebendiges, trotz der Tatsache, dass wir ja eigentlich Leben beenden wollten auf dieser Fahrt.

      In dieser Nacht blieb es bei zwei erlegten Schakalen und einer bereits toten Kobra auf der Straße. Tote Kobra riecht übrigens ziemlich unangenehm!
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    • Day 23

      Lustige Tierwelten

      February 23, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 32 °C

      Was ist an Afrika so faszinierend? Natürlich die wilden Tiere.
      Als erstes denkt man dabei meist an die großen Vertreter wie Löwen, Elefanten, Giraffen etc. Aber auch im kleineren Format sind sie sehr interessant und bringen durchaus erstaunliches zustande.
      So wie beispielswiese die riesigen Termintenhügel überall in der Landschaft. Ich kann es nicht genau sagen, aber schätze sie so 3 bis 4 Meter hoch. Hab mich als Vergleich daneben gestellt 😊

      Dann hatten wir gestern abend Besuch von einer kleinen Fledermaus im Badezimmer, die sich mit ihren Füßchen an die Decke hängte und uns interessiert beobachtete. Ach, und eine Kobra habe ich auch schon angefasst - sie war schon tot und meine Finger stanken danach ein wenig nach verwester Schlange.
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    • Day 35

      Flaschenkind

      March 7, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 26 °C

      Cathrin ist jetzt etwa einen Tag alt, sie hat lange braune Wimpern, und Beinchen dünn wie Streichhölzer, auf denen sie kaum allein stehen kann. Seit heute bin ich ihre Teilzeitziehmama. Cathrin ist ein kleines Kälbchen. Die Kleine wurde zu früh geboren und ist zu schwach, um selber aufzustehen und zu trinken. Jetzt wohnt sie beim Nachbarn im Wohnzimmer, wird von den Hunden adoptiert und von uns abwechselnd alle zwei Stunden mit der Flasche gefüttert.

      Dazu hält man erst mit den Fingern das Mäulchen auf und schiebt den Nuckel rein, hält die Schnauze zu und dann trinkt sie meist von allein. Sie ist noch so zart und nur Haut und Knochen, die Haut wirft Falten, weil noch nix dran ist an dem Tier. Wenn sie muht, hört sich das eher wie das Meckern einer Ziege an. Als ich sie heute morgen gefüttert habe, wollte sie aufstehen, dazu muss man sie noch stützen, denn die Beine sind viel zu schwach und auch die Hufe sind noch so weich und werden erst in den nächsten Tagen hart werden.
      Jedenfalls hat sie dann genüsslich in ihr Bettchen gepinkelt, während ich sie abgestützt hab 😂 und nachmittags hat sie mir dann sogar auf meine Klamotten geschissen... nicht sehr fein von ihr, aber immerhin funktioniert die Verdauung. Hansi, einer der Hunde, kümmerte sich auch auch sofort hingebungsvoll darum, die Sauerei direkt am Ausgangsort aufzulecken. Alles Natur, aber echt eklig.

      Leben und Tod sind hier nah beeinander. Während wir tagsüber das Kälbchen aufpäppeln, schießen die Männer abends eine Kuh auf der Wiese nahe des Hauses. Sie hat immer Ärger gemacht, indem sie die Zäune ramponiert hat und war nun seit drei Monaten das erste Mal wieder in der Nähe aufgetaucht. Sie haben sie mit einem gezielten Schuss aus etwa 200 Meter Entfernung zwischen die Augen erlegt. Anschließend sind wir alle mit den Hunden im Schlepptau zu der toten Kuh gelaufen. Mit einem Messer schnitten sie ihr die Kehle auf, damit sie ausblutet. Wenn man das nicht macht, wird das Fleisch ranzig. Die Hunde waren jedenfalls völlig aus dem Häuschen, einer der Staffords verbiss sich noch in die Nase der bereits toten Kuh und begann den Kopf wie wild zu schütteln. Tötungsinstinkt. Dann machten sie sich gierig über das auslaufende Blut her. Ich habe die Kuh noch angefasst. Demnächst wird sie wohl auf unseren Tellern liegen.
      Ich denke, es gibt kaum eine bessere Art, ein Nutztier zu halten und zu schlachten. Bis zum Moment seines Todes hat es auf den weiten Wiesen gelebt, musste keinen Transport und kein Schlachthaus erleben. Auch wenn das Erlebnis gewöhnungsbedürftig ist, es stellt die Verbindung zu unserer Nahrung hier her.
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      Update einen Tag später: das Kälbchen hat es leider nicht geschafft... ist letzte Nacht gestorben.
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    • Day 37

      Es ist Schlachtfest

      March 9, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 28 °C

      Seit dem späten Nachmittag legt sich ein durchdringender, blutiger Geruch über das Haus und den Garten. Ich kann ihn zunächst nicht zuordnen, es passiert ab und an, dass es faulig riecht hier. Aber nicht so langanhaltend und intensiv.
      Mir wird klar, woher der Gestank kommt, als ich den Arbeitsraum betrete: es ist ein Gemisch aus rohem Fleisch, Blut, Gedärmen und Knochen.
      Der am Vortag geschossene Bulle plus eine geschossene Oryxantilope werden gerade in ihre Einzelteile zerlegt.
      Der Raum hat sich in eine hauseigene Schlachterei verwandelt. Auf dem Tisch in der Mitte steht ein Fleischwolf, den Franco und Gerard bedienen. Franco dreht das Fleisch durch die Mühle, Gerard zieht den Darm auf und formt die Würste, die in eine große Kiste fallen. Loïse sortiert etwas, das wie meterlange dünne weiße Fäden aussieht - der Darm für die Würste. Callie steht am Waschbecken, friemelt mit seinen kräftigen Fingern eine Öffnung und pustet Luft in den Darm, um ihn anschließend mit Wasser auszuspülen. Das macht ihn wieder weich und für die Wurstproduktion verwendbar.

      Die Frauen packen kiloweise Gehacktes in Plastikbeutel, alles wird später eingefroren. Die Kinder spielen nebenan, Die Hunde treiben sich herum, in der Hoffnung, dass für sie etwas abfällt. Auf dem Boden verteilen sich Fleischrrste, in den Kisten schwimmen Fett, Blut und Flesichbröckchen. Es ist faszinierend und abstoßend zugleich.

      Die Nachbarn haben sich eingefunden, es fließt natürlich der Alkohol und es wird eine regelrechte Fleischparty gefeiert. Anders, so sagt Loïse, wäre es auch nicht so gut auszuhalten. Ich schaue mir das Treiben zunächst mit ein wenig Abstand an, und esse dabei mit Käse und Gurke belegtes Toast - kein Flesich.

      Kurze Zeit später werden aus den Würsten große Schnecken gerollt und man bittet uns um Hilfe. Es kostet mich ein wenig Überwindung und ich ziehe mir zuerst Schuuhe an, bevor ich mich dazu geselle. Wir rollen die meterlangen Wurstschläuche zu Schnecken auf, schneiden sie ab und verpacken sie ebenfalls zum Einfrieren in Tüten. Aber länger als ne halbe Stunde halte ich nicht durch. Ich fühl mich etwas eklig, weil überall dieser blutige Saft klebt und schon der Geruch so unangenehm ist. Der Bulle alleine würde ja wahrscheinlich noch gut schmecken, aber es muss dieses Oryx sein, dass so einen strengen schafsähnlichen Geschmack hat. Ich probiere ein bißchen von der gegrillten Wurst und stelle fest, dass ich es überhaupt nicht mag.

      Trotz allen Ekels finde ich es gut, was hier passiert. Wer kann schon selber sein eigenes Fleisch und seine eigene Wurst produzieren? Frischer und natürlicher geht es nicht. Und die Leute wachsen hier damit auf, für sie ist es völlig normal. Für uns ist es nur so seltsam, weil uns Flesich nur noch als sauber abgepacktes Brustfilet in der Kühltruhe begegnet. Die ganze Drecksarbeit kriegen wir ja gar nicht mit. Hier wird alles verwertet. Schmeckt mir zwar nicht, aber das Prinzip finde ich gut. Übrigens habe ich neulich dann doch das Lebepäckchen in Magenfett probiert - bäääh!
      Konsistenz geht ja noch, aber der Gechmack... Ich bin allerdings die Einzige, der es hier so geht. Bis auf Clara, die neue Volontärin, sie ist Vegetarierien...
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    • Day 26

      Schwarz und Weiß

      February 26, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 30 °C

      Ein Thema, das hier in Afrika unumgänglich scheint, ist die Beziehung zwischen schwarzer und weißer Bevölkerung. Auch wenn die Apartheid offiziell seit Jahren beendet ist - sie existiert weiter.

      Bereits in Johannesburg ist mir einiges aufgefallen, was für mich ungewöhnlich und teilweise unangenehm war, hier aber völlig normal zu sein scheint.
      So haben die Häuser in den eingezäunten Estates oftmals ein sog. staff quarter, einen eigenen kleinen Anbau für die Hausangestellte. Die sind ausnahmslos schwarz. Sie tragen auch entsprechende Arbeitskittel, sodass man sie als Haushälterin erkennen kann.
      Sie wohnen dann unter der Woche dort und führen den Haushalt, waschen, putzen, räumen auf und kochen. Und das häufig, während ich oder wir auf dem Sofa saßen, Fernsehen, uns unterhalten. Und darauf warten, dass das Essen fertig ist. Die in Johannesburg angestellte Haushälterin hat selber zwei Kinder, die sie eben einfach dann tagelang nicht sieht und sich stattdessen um die Kinder ihrer Arbeitgeber kümmert.

      Es wurde auch noch viel gebaut in dem Estate um uns herum und es waren alle Bauarbeiter ausschließlich schwarz. Sie mussten sich jeden morgen am Gate registrieren lassen mit Fingerabdruck und abends ebenfalls das Verlassen des Geländes bestätigen. Ich habe mich gefragt, wie es ist, tagsüber für die Reichen die schönen Häuser zu bauen und abends zurück ins Township in die Blechhütte zurück zu kehren.

      Ihre Fahrten organisieren die Schwarzen mit den Minibussen, für die sie einen guten Teil ihres Einkommens aufbringen müssen. Weiße fahren damit nicht. Einmal war ich zum Feierabend mit Abi in einer der vielen Shoppingmalls innerhalb eines Bezirks dieses riesigen Geländes. Die Straßen waren voll mit den Angestellten, die sich an dem Abholort für den Minibus sammelten. Man sah sie in ihren Hauskitteln oder Gärtneruniformen während wir in dem Cafe saßen und auch hier von schwarzen Serviceangestellten bedient wurden.
      Im Service arbeiten meiner Erfahrung nach nur Schwarze. Die Kunden hingegen sind größtenteils weiß.

      Hier in Namibia wird die Kluft aber noch viel deutlicher. Ich versuche es anhand meiner Beobachtungen und meiner Wahrnehmung zu beschreiben.

      Meine Gastgeberfamilie ist eine weiße, wohlhabende Farmerfamilie mit großem Haus. Und es fühlt sich an wie zu Kolonialzeiten. Allein im Garten und im Haus sind bestimmt ein Dutzend Schwarzer angestellt. Sie erscheinen morgens und räumen das Chaos vom letzten Abend auf.
      Und das ist wirklich so! Schmutziges Geschirr wird in die Spülküche gestellt, damit die Haushälterin es am nächsten Tag abwaschen kann. Oder der Tisch wird gar nicht abgeräumt. Ist die Milch alle, gebe ich die leere Kanne ebenfalls einer der Haushälterinnen und bitte sie ums Auffüllen. Meine Wäsche lege ich ihr ebenfalls hin zum Waschen. Heute ist Milch auf den Boden gelaufen, den Großteil haben die Hunde aufgeleckt und der Rest bleibt für morgen zum wischen übrig.
      Die beiden schwarzen Hausangestellten kümmern sich auch um das Baby, tragen es herum während die Mutter sich z.B. nachmittags vor dem Fernseher ausruht. Hier ist man scheinbar so aufgewachsen und empfindet es als normal.

      Ich habe anfangs versucht, die Angestellten mit einem Lächeln und einem Good Morning how are you? zu begrüßen. Habe aber schnell festgestellt, dass das auf wenig Intersse stößt. Man beachtet einander möglichst nicht. Die Frauen reden in ihrer eigener Sprache, lächeln tun sie nie und mit mir reden sowieso nicht. Auch die Männer im Garten vermeiden meist jeglichen Blickkontakt, sodass erst gar keine Situation, in der man sich grüßt, entsteht. Und so laufe ich nun auch jeden morgen am Gärtner vorbei zu den Ställen und bleibe stumm. Und fühle mich irgendwie allein durch meine Hautfarbe schuldig.

      Als ich vor einigen Tagen mit Margo in der nächstgelegegen Stadt war (nur am Rande die Anmerkung: 1,5h Fahrt nur geradeaus), mussten ich eine Weile vorm Supermarkt auf Callie, unseren Gastvater warten. Dabei fiel mir auf, dass viele Kunden am Ausgang vom Sucherheitspersonal auf den Inhalt ihrer Tüten und die Übereinstimmung mit dem Kassenbon geprüft wurden. Kontrolliert wurden nur Schwarze, von Schwarzen. Wir konnten unseren Großeinkauf unkontrolliert vorbei schieben.

      Und dann ist da noch die generelle Haltung der weißen Farmer, die ich hier kennengelernt habe, zu den Schwarzen. Einer unter ihnen ist ein Extrembeispiel. Er hat Margo gefragt, wie man in Belgien die Schwarzen nennt und verwendet seitdem nur noch das Wort Makaken.
      Er bringt Sprüche wie „ Habt ihr schon gehört, was die Makaken heute wieder angestellt haben? Sie haben es geschafft den Traktortank zu schrotten“. Oder als wir durch die Felder gefahren sind und wir auf- und abspringen mussten um Weidetore zu öffnen: „dafür nimmt man normalerweise einen Makaken mit.“
      Bei einem Ausritt schwärmte er von schwarzen Pferden, schob aber gleich hinterher, dass das das einzige schwarze sei, was er möge.
      Er vertritt zudem die Theorie, dass nur die Weißen mit noch nicht zusammen gewachsenen Schädelplatten geboren werden. Die Schwarzen nicht, daran könne man ihre Abstammung vom Affen und die biologiscche Verschiedenheit der Rassen wissenschaftlich belegen. Dies sind nur mal einige Beispiele.
      Eine Mischung der Ethnien findet hier jedenfalls so gut wie gar nicht statt. Jeder bleibt unter sich.

      Nun kann ich natürlich daherkommen und das alles aus meiner deutschen oder europäischen politisch korrekten Sozialisierung heraus verurteilen. Ich glaube aber, dass ich mir damit auch etwas anmaßen würde, was ich selber nicht wirklich beurteilen kann. Meine Beobachtung ist, dass schwarz und weiß tatsächlich sehr unterschiedliche Verständnisse von Arbeitstempo, Pünktlichkeit sowie selbstständigem und mitdenkendem Arbeiten haben. Ich erlebe es ja nur mit den beiden Pferdepflegern. Man muss sich sehr genau verständlich machen, was man möchte und vor allem wann man zb die Pferde braucht. Und dann bestellt man sie am besten eine Stunde früher ein und dann ist die Wahrscheinlichkeit gut, dass man sie zur vereinbarten Zeit im Stall hat. Muss aber auch nicht.

      Vor einigen Tagen haben wir die Sattelkammer aufgeräumt, Halfter, Trensen und Longen sortiert und an Haken aufgehängt. Inzwischen bin ich jeden Tag wieder aufs Neue dabei, die sorglos irgendwo abgelegten Longen etc an ihren Platz zu verstauen. Putzen wir die Pferde oder wie heute das Lederzeug, werden wir dabei ungehemmt vom Stallburschen beobachtet, der dann halt einfach so im Stall in der Gegend rumsteht. Und in dieser Haltung erlebe ich ihn des Öfteren.
      Also von daher glaube ich ein wenig nachvollziehen zu können, woher die Spannungen und die Konflikte herrühren.

      Uns wurden Geschichten erzählt, in denen Farmen von Weißen enteignet wurden und an die schwarze Bevölkerung übertragen. Nach einem Jahr war alles runtergewirtschaftet und die Farm verlassen. Ehrlich gesagt, kann ich mir das sogar vorstellen. Es sind einfach ganz andere Herangehensweisen und Denkweisen.

      Ich finde die Situation irgendwie schwierig, denn bei mir ruft sie Unsicherheit, ein diffuses Schuldgefühl und manchmal aber auch Ärger und Unverständnis hervor. Unsicherheit, weil ich nicht weiß, wie ich mich korrekt verhalten soll. Unsicherheit in der Form, dass ich mich allein durch meine Hautfarbe als potentielles Angriffsziel wähne. Schuldgefühl als eine Art per se Kollektivschuld der Weißen in Afrika. und Ärger und Unverständnis, wenn in der Zusammenarbeit Absprachen nicht eingehalten werden, Dinge für mein Empfinden viel zu umständlich erledigt werden oder eben auch gar nicht, aus mir nicht erklärbaren Gründen. Und genau darin besteht wahrscheinlich das große Konfliktpotenzial bzw rührt die von Missmut und Herablassung geprägte Meinung der Farmer her. Die Sichtweise der Schwarzen kenne ich nicht und so, wie ich es bisher erlebt habe, wird auch keiner von ihnen mit mir über das Thema reden.

      Es fühlt sich für mich hier so an, dass die Kolonialzeit weiterlebt.
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    You might also know this place by the following names:

    Hochfeld

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