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  • Day 123

    Unhappy

    June 3, 2019 in Australia ⋅ ☀️ 16 °C

    Ich fühle mich verloren. Ich komme irgendwie nicht richtig an. Ich habe Tage gehabt, an denen fühlte ich mich ziemlich down. Ich war nur müde, matschig im Kopf, antriebslos und total unmotiviert. Nichts konnte mich reizen oder begeistern. Wie eine Depression. Ich bin unzufrieden, weil ich ständig an Gewicht zulege, mir fehlt eine Routine, meine sportliche vor allem. Es ist schwer, sowas beizubehalten bei den ständigen Orts - und Zeitzonenwechseln. Nicht schwer dagegen ist, alles leckere zu essen... Außerdem musste ich feststellen, dass ich graue Haare kriege. Fängt an den Schläfen an. Trägt auch nicht grad zu guter Stimmung bei.

    Es ist schwerer als in Kapstadt, Kontakte zu knüpfen, obwohl ich im Hostel bin. Das Klientel ist hier anders und geprägt von Post-Abiturienten, die meist in Gruppen auftreten. Deutsche mit Deutschen, Engländer mit Engländern. Manchmal sehe ich sie von morgens bis abends im Aufenthaltsraum auf den Sofas rumhängen. Oder es sind Reisende der älteren Generation, die ein bißchen seltsam sind. Jedenfalls ist die allgemeine Stimmung nicht so offen wie in anderen Hostels. Bin also meist für mich.

    Naja und dann sind da noch andere Gedanken, die mich beschäftigen. Sie kreisen wie schon bei der Einreise um den Ex. Dass er vor mir hier war, quasi schon seine Spuren hinterlassen hat. Oft denke ich und frage mich, ob er an diesen Orten auch gewesen ist. Es ist wie vergiftet dadurch. Als hätte er mir diese Reise gestohlen. Es fühlt sich an, als wäre er der Gewinner. Er war zuerst da, ich bin zu spät und hinke nur so hinterher, getrieben von dem Trotz, es dennoch machen zu wollen. Aber hilft mir das weiter, quasi unbedingt daran festhalten zu wollen? Vielleicht habe ich zu hohe Erwartungen gehabt, zu viel in dieses Land rein interpretiert.

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich an einem bestimmten Bild festhalte, dass ich mir im Kopf ausgemalt habe. Ob ich bestimmte Sachen mache, weil ich das innere Bedürfnis habe, sie zu tun oder ob ich diesem Bild folge und nur „abhake“. Um vielleicht sagen zu können, ich war da, ich habs gemacht. Schwer zu erklären. Gerade habe ich keine Antwort bzw. Lösung parat. Aber das zeigt mir wieder, wie schnell man (oder ich) in so ein „Du-musst-Denkmuster“ verfällt. Ich bin jetzt in Australien, also „muss“ ich zum Ayers Rock, ich „muss“ zum Great Barrier Reef, etc. Ohne darauf zu achten, wie es mir dabei geht. Oder mir vielleicht auch einzugestehen, dass meine gefühlte Realität sich anders entpuppt als ich es erwartet hatte und dann entsprechend zu justieren. Zu überlegen, was ich denn wirklich sehen und erleben möchte oder eben auch nicht.

    Oder sogar in Betracht zu ziehen, dass für mich diese Orte derzeit (es muss ja nicht für immer so bleiben) zu vergiftet sind mit diesen blöden Gedanken. Und es besser wäre, zu diesem Zeitpunkt mich nicht zu zwingen, trotzdem weiter zu machen. Aber wäre das klein beigeben? Ihm quasi das Feld überlassen? Es ist schon paradox, ich könnte physisch nicht weiter von zuhause entfernt sein als jetzt, und trotzdem bin ich gedanklich so mit dem Thema beschäftigt wie lange nicht. Man kann also bis ans andere Ende der Welt reisen, die Gedanken reisen leider immer mit. So ist das.

    (P.S.: meinen Host habe ich übrigens bei workaway gemeldet und ihnen die Situation dort geschildert, zum Glück hatte ich den Emailverkehr mit ihr noch und Bilder von den To-Do-Listen gemacht. All das habe ich eingereicht. Ihr Eintrag bei workaway ist nun erstmal gesperrt und die Beteiber kümmern sich.)
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