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  • Day 14

    Indigenes Paralleluniversum Chamula

    January 23 in Mexico ⋅ ⛅ 22 °C

    Nach einer etwas erholsameren Nacht geht es heute mit einer Tour in zwei indigene Örtchen in der Nähe - San Juan Chamula und Zinacantán. In diesen Orten gibt es keine Polizei und keine Seguridad Nacionale, hier gelten die Regeln der indigenen Bevölkerung und wer sie bricht, wird auch von ihnen bestraft. Beispielsweise darf an bestimmten Orten nicht fotographiert werden, wenn man es trotzdem tut, erwartet einen eine Geldstrafe, die Einheimischen zerstören die entsprechende Kamera oder das Handy und es kann sein, dass man für einige Tage verhaftet wird. Um nicht versehentlich verhaftet zu werden, entscheide ich mich somit dafür den Ausflug mit einem Guide zu machen.
    Zuerst geht es nach San Juan Chamula, alle Menschen die hier leben sind Indigene, andere Menschen werden hier nicht akzeptiert. Somit wäre es für unsereins unmöglich sich ein Haus zu kaufen.
    Die Stadt selbst ist unspektakulär, nicht besonders schön und viele der Menschen wirken hungrig. Laut unserem Guide gibt es auch indigene Millionäre, alles Geld, was hier jedoch in der Stadt steckt, komme von Drogen. Laut dem Guide gibt es hier nur wenig Rechte für Frauen, es sei weiterhin üblich, dass ein Mann mehrere Frauen habe und die Frau steht hierarchisch so weit unter ihm, dass es ihr nicht erlaubt ist ein paar Schritte vor ihm zu gehen.
    Das Besondere nun an dieser Stadt ist ihre Kirche, eine katholische Kirche, in der täglich Rituale und Opfergaben stattfinden. Unser Guide scherzt, dass wir uns keine Sorgen machen sollen, denn Touristen werden nicht geopfert. Dafür aber neben Getränken wie Posh und Coca Cola lebendige Hühner. Das Ganze gestaltet sich blutfrei, je nach Ritual wird das Huhn lebendig in die Kirche gebracht und während der Zeremonie wird ihm mit bloßen Händen das Genick gebrochen, hiervon werden wir im Inneren der Iglesia de San Juan Chamula auch Zeuge. Leider ist das Innere der Kirche einer der Orte, an denen keine Fotos erlaubt sind, was schade ist, denn es ist beeindruckend. Der Boden ist bedeckt mit Piniennadeln, denn diese stehen in der Maya-Kultur für die himmlische Welt, es brennen Tausende von Kerzen überall, auf Tischen zu beiden Seiten, aber auch im mittleren Gang auf dem Boden, an beiden Seiten finden sich unendlich viele Blumengestecke und Abbildungen von Juan Baptista, Jesus und Maria, überall hocken, knien und stehen Einheimische und halten ihre Rituale ab, manche entzünden auch kleine Feuer auf dem Boden, opfern Hühner (wobei die Hühner zum Teil geduldig zwischen den Familien hocken und auf ihre Opferung warten), Blumen oder Getränke wie Coca Cola oder Posh (=Schnaps aus - wie könnte es in Mexiko anders sein - Mais). Beide sind auch für die Rituale notwendig - so wird zuerst Cola getrunken, um aufzustoßen und hierbei alle negativen Energien loszuwerden, anschließend wird Posh getrunken, um zu heilen. Durch die Luft wabert der Rauch der unzähligen Kerzen und es ist ganz schön trubelig. Ziemlich verrückte Stimmung für eine katholische Kirche. Scheinbar gibt es hier auch keinen Priester, es komme nur gelegentlich mal einer aus San Cristóbal vorbei, und der Bischof hat zwar auf dem Papier etwas zu sagen, in Wahrheit jedoch nicht. Man würde meinen solche Zeremonien wären durch die katholische Kirche verboten, doch scheinbar fehlt auch denen hier die Handhabe.
    Im Anschluss geht es nach Zinacantán, um das Weberhandwerk feministischer, indigener Frauen zu bestaunen. Diese haben irgendwann angefangen zu arbeiten und sich somit wirtschaftliche Unabhängigkeit erschaffen. Die hergestellten Textilien sind richtig schön, bunt mit grellen landestypischen Verzierungen und ihre Herstellung dauert zum Teil Monate. Hier erfahren wir noch etwas über die traditionelle Kleidung der Tzotzil und bekommen schließlich Tortillas und Kaffee frisch vom Feuer. Dann dürfen wir etwas Geld ausgeben und zurück geht es nach San Cristóbal. Ein verrückter Ort.
    Abends treffe ich dann Jorien wieder und wir gehen in eine Weinbar für Tapas und Wein. Ziemlich lecker. Außerdem entdecke ich hier den Posh Cacao für mich (im Übrigen liebe ich den Namen - Posh bzw. eigentlich ja Pox geschrieben) und heile hiermit einen kleinen Anflug von Halsschmerzen.
    Und so ist auch Tag 14 posh überlebt!
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