Einen Tag durch das UNESCO Biosphärenreservat auf der Ostseite der Mittelelbe südlich von Magdeburg zu radeln, ist für mich ein ganz besonderer Tag. Denn ich habe Claudi dabei, die fast bei jedem Vogelpiepen, -klappern, -kreischen, -rufen....ganz kurz und knapp sagt: ein Storch, ein Rotschwänzchen, ein Falke, ein...., um dann kurz darauf begeistert auszurufen: guck mal, ein Grünspecht, ein Wasserhuhn, eine Schnepfe....Und nichts anderes geschieht beim Passieren einer blauen Blume (Immgergrün), einer gelben (Bocksbart)..., Franz und ich hören nur staunend zu und sind irgendwie stolz auf sie.
Kurz nach Magedeburg kommen wir erstmal nicht weiter. Eine riesige Schafsherde versperrt uns den Weg über den Deich. Wir kommen uns vor, wie im Bilderbuch. Der Schäfer mit langem wetterfesten Mantel, seine zwei Hütehunde, die kurzen knappen Befehle an sie, alles wirkt so "wie früher".
Franz ist dann derjenige, der uns mutig einen Weg durch die Herde bereitet. Und, oh Wunder, die Tiere lassen sich kaum stören.
Weiter geht es an einem in unmittelbarer Ufernähe brütenden Schwan vorbei durch wunderbar blühende Obstbäume zum "salzigen Jungbrunnen" in Schönebeck. Dort entdeckte der Arzt Dr. Tolberg zum ersten Mal die Ähnlichkeit der Salzsode mit dem Seewasser, baute 1801 das erste Gradierwerk und gründete damit die Solebadkultur Deutschlands. Er sah darin eine Möglichkeit ,"für ungeduldige Kranke,...welche die modische, physische und moralisch schwächende Lebensart hervorbringt" Linderung zu schaffen.
Wir radeln weiter dahin, quatschen, lachen und keiner achtet auf den Weg. Verfahren. Und so landen wir am Pretziener Wehr, einer ingenieurtechnischen Meisterleistung, die bei der Pariser Weltausstellung 1889 (neben dem Eiffelturm) die Welt verblüfft haben soll. Die Nieten waren es wohl, die faszinierten! Beide Stahlkonstruktionen werden bis heute durch unzählige Nieten zusammengehalten. Den goldenen Nieten, den die Pretziener als Anerkennung für ihr Bauwerk auf der Weltausstellung erhielten, haben wir allerdings nicht gefunden. Und dieses alte Wehr hat es tatsächlich geschafft, dass Magedeburg bei dem Elbhochwasser 2002 relativ verschont blieb.
Die Überquerung der schmiedeeisernen Elbbrücke bei Barby ist dann nicht ganz so einfach. Mit fast letzter Kraft schiebe ich mein vollbeladenes Bike nach oben, werde dann aber mit dem Blick auf eine faszinierende alte Eisenbahnbrücke belohnt. Holprig und nicht ganz vertrauenserweckend erreichen wir die andere Seite (zumindest die alten Eisenbahnbohlen wirken schon sehr sehr alt und sehr brüchig...).
Noch ein kurzer Stopp im Zerbster Land, der Heimat von Katharina der Großen, und wir erreichen Aken und damit das Gut Lorf, unsere heutige Herberge. Und wie es so sein soll, lernen wir den jetzigen Gutsherren kennen...einen schweizer Investor. Er berichtet von der abwechslungsreichen Geschichte des Grunds, auf dem das Herrenhaus steht (um 800 eine Burg) und deren Besitzern. So ließen sich Anfang des 20. Jahrhunderts die in Amerika lebenden Eigentümer mit einem Zeppelin hierher bringen....Ist schon spannend ihm zuzuhören. Und er kann stolz auf das sein, was er hier geschaffen hat. Aus einer zerfallenen Bruchbude hat er ein Kleinod der Geschichte wieder aufgebaut.Read more