Allemagne
Sulzbrunn

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Voyageurs à cet endroit
    • Jour 20

      Fokus

      17 avril 2021, Allemagne ⋅ ☁️ 5 °C

      Wir sitzen im nachmittaglichen Sonnenschein vor der Villa. Es liegt noch einiges an Weiss und die Luft ist so frisch und kalt, dass wir uns alle Decken geschnappt haben. Der leichte Wind treibt den schmelzenden Schnee vom Hausdach als feinen, prickelnden Nieselregen über unsere Köpfe. Gespannt blicken alle Emil an, der gerade etwas in sich geht, um Kathrins Frage nach Forschungs- und Experimentierräumen nachzugehen. Räume um sich selbst, die Welt und alle Interaktionen dazwischen zu beleuchten. Wie können sie entstehen? Welche bestehen schon? Ist es dafür förderlich unterwegs zu sein oder ist es besser den Austausch in einer festen Gruppe an einem Ort zu organisieren um gemeinsam vorwärts zu kommen?
      Emil möchte zu allererst seinen ganz persönliche Art in diesem Feld zu Lernen aufzeigen. Er hatte eines Tages die Idee, seinen ganz eigenen Studienweg zu erschaffen, indem er diesen in Gedanken benannt und erschaffen hat. Welche Fächer würde er beinhalten? Wie würde das Lernen aussehen? Was würde mich wirklich von ganzem Herzen interessieren und entflammen? Ausgehend von dieser Idee suchte er sich daraufhin Orte, Menschen und Mitstudierende, die sich ebenfalls genau für diese Fragen interessierten. Dafür gab es für ihn zum Schluss zwar kein offizielles Diplom, aber die innere Gewissheit, genau das zu tun und seine Zeit mit jenen Dingen zu verbringen, die er sich wünscht. Was würde geschehen, wenn wir uns jeden Tag Raum geben jene Dinge zu erforschen, für die wir wirklich brennen? Wie würde sich solch ein Leben anfühlen?

      Ihr mögt nun vielleicht denken, dass diese Vorstellung zwar äusserst verlockend klingen mag, aber mit der Realität wenig gemeinsam hat. Dass das Leben immer auch mühsame und schwere Dinge mit sich bringt. Ich für meinen Teil, dachte früher auch so und tue es zeitweise noch heute.
      All jenen Zweifler/innen sei gesagt: Emil ist inzwischen für sehr viele Menschen in Deutschland ein Begriff, die sich eine andere Welt wünschen. Er hat eine vielzahl von Projekte gegründet, Menschen begleitet und inspiriert. Sein Wirken hat erstaunlich viel verändert, obwohl er stets nicht den einfachen und konventionellen Weg gewählt hat. Er z. B. der Mitbegründer des Wandererhauses, der Gestaltzeit, der Weltenwandererwoche und war Gründer und erster Student der Wanderuni.
      Mit seinem selber ausgebauten Bauwagen hat er bereits ein Eigenheim ohne dass er sich dafür verschulden oder mühselig abrackern musste. Er weiss sehr oft sehr genau was er will und braucht und besitzt eine Neugier und Offenheit, die mich immer wieder überrascht und Bewunderung in mir auslöst. Er zeigt mit seiner Lebensweise, dass es auch ganz anders geht und unterstützt daneben sehr viele Menschen auf ihren eigenen Wegen. Das macht Emil zu einer der bemerkenswertesten Personen, die ich in meinem Leben kennenlernen durfte.

      Auch Inca, die seit einigen Tagen hier vor Ort ist, war in den letzten Jahren auf ähnlichen Pfaden unterwegs. Sie hat immer wieder nach innen gefühlt und sich die Frage gestellt, welche Frage gerade in ihr brennt. Dieser Spur ist sie dann über Menschen, Orte und Bücher gefolgt, bis eine andere Frage aufgetaucht ist. Sie ging dabei kreative Wege. Über die Natur, hin zu Gedichten, Tanz, Fachliteratur, Seminaren aber auch persönliche Gespräche mit den Autor*innen zahlreicher Werke.

      Emil nennt derweil noch einige Tools, die ihm nützlich waren. Darunter die Gestaltausbildung, die "Heldenreise oder die KörperlICH Woche in Witten. Damit hat sich Kathrins Frage fürs erste geklärt

      Zoran, der hier vor Ort sein Studium in Theologie und Wirtschaftsethik absolviert, fragt Emil, wie er dieses integrativer unterbringen könnte. Er tut sich schwer in zwei Realitäten zu leben. Seinem Studium und der Villa. Zwei Menschen zu sein. Emil erzählt, dass er oft daran forscht für sich eine passende Tagesstrukur zu finden. Dass z. B. das Wetter bei Ihm sehr viel damit zu tun hat, welchen Schwerpunkt und welchen Fokus er setzt. Mal locker, mal sehr zielgerichtet. Er lädt Zoran aber auch ein, seine Inhalte mit uns zu teilen. Sein Studium als Lernfeld für die Menschen hier zu öffnen, geht er doch vielen Fragen nach, die auch uns beschäftigen.

      In mir kingt die Frage mit dem Fokus lange nach. Die Frage, wie ich meine Zeit hier verbringen möchte. Wie meine Struktur aussieht oder ob ich mir erlaube keine zu haben.
      Ich gehe derzeit keinem spezifischem Thema nach und bekomme doch täglich so viele Impulse wie sonst in mehreren Wochen. Es ist ein mitfliessen ohne Wissen wohin mich der Fluss trägt. Ich frage mich: Passt das gerade für mich?
      Ich höre auch eine Leise Stimme die sagt, dass ich ohne klare Richtung nicht weiterkommen kann. Doch stimmt das? Oder dehne ich mich vielleich gerade in alle Richtungen aus? Ich erkenne in dieser Stimme auch eine Konditionierung aus der Vergangenheit. Im Leistungsgedanken, der sich immer und in allem messen will. Vielleicht hat diese Stimme aber auch recht. Ich nehme mir auf alle Fälle vor, mir diese Frage in den nächsten Tagen öfters zu stellen.
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    • Jour 21

      Der Wanderer im Kokon

      18 avril 2021, Allemagne ⋅ ☁️ 7 °C

      Gestern Abend habe ich durch Inga einen Abschnitt in einem Buch entdeckt. Das dazugehörige Werk zieht hier im Haus grosse Kreise, ist viel unterwegs und zumeist nicht auffindbar. Ich muss auch zugeben, dass es eigentlich sehr wenig mit den Büchern gemeint hat, die ich sonst den Weg in meine Hände finden. Meine Neugier wird aber durch zwei spannend Verknüpfungen geweckt.
      Ich habe mich vor einigen Tagen mit Juli, über das Schreiben unterhalten. Darüber, welche Bedeutung Worte für mich haben und wie wichtig und befreiend die Fähigkeit ist, mich ausdrücken zu können.
      Er hat mir daraufhin die Geschichte von Pierre Lischke erzählt, der mit einer Schreibblockade in die Wanderschaft aufgebrochen ist und nach langer Zeit hier in der Villa seinen Abschluss gefunden hat. In diesem Haus hat sich seine Blockade nur ein Tag nach Mary Olivers Tod aufgelöst und er hat viele Tage damit verbracht alles aufgestaute und gesammelte, das sich in ihm wie Wasser in einem Damm angesammelt hatte, aus auf Papier fliessen zu lassen. In dieser Zeit sind drei Bände entstanden. Einer davon heisst "Wandern im Kokon". Ein Zufall?

      Das Buch welches vor einigen Tagen, den Weg in meine Hände gefunden hat, trägt den schönen Titel "Natur und Menschenseele".
      Ich bin ziemlich sicher, dass Pierre einst ebenso darin geblättert und gelesen hat, heisst doch das Kapitel, dass auf die Lebensphase der meisten Menschen hier zutrifft "Der Wanderer im Kokon"
      So begegnet mir sowohl bei Pierre wie auch in diesem Buch abermals Die Geschichte über die Entwicklung des Schmetterlinges.

      Es ist spannend was hier steht, trifft es doch tatsächlich einen wahren Kern. Das zurücklassen einer scheinbar gefestigten Struktur. Das bewusste aufgaben seines Platzes in der Gesellschaft, den wir uns vielen Jahren mühselig aufgebaut habe. Der Wunsch einen anderen, authentischeren Weg zu finden und den bisherigen Pfad zu überprüfen oder zu überwinden. In unserer westlichen Kultur löst ebendies manchmal ein heftiges Kopfschütteln aus. Vorallem dann, wenn diese Phase erst sehr spät eintritt. Wieso einen Platz aufgeben der Sicherheit und Status geboten hat? Der ein ruhiges, von Existenzängsten überschattetes Leben ferngehalten und eine materielle Fülle ermöglicht kann? Wieso buchstäblich wieder auf Feld 1 zurückzukehren?

      Das Buch äussert dazu etwas, dass ich auch schon in mit gespürt habe. Dieser alte Weg, den ich nun verlassen möchte ist ein Konstrukt aus gesellschaftlichen Glaubenssätzen und Erwartungen. Es entspricht dem, was ich "vernünftig" genannt hätte und hat seine Wurzeln im Verstand, der Ratio und nicht in Herz.

      Mein bisheriges Leben ist vergleichbar mit einem Nest. Es war warm, es bot einiges Unterstützt von aussen. Ich war nie allein war dadurch aber es war auch vielen Einflüssen und Prägungen ausgesetzt. Es war begleitet und ich hatte einen klaren Platz, eine klare Struktur, die durch die Gesellschaft bereits gegeben war.

      Eines Tages spüren wir den starken Drang, dieses Nest zu verlassen. Und damit taucht die Frage auf: Wer bin ich eigentlich? Und wo ist mein Platz? Uns wird mehr und mehr bewusst, dass wir uns im Nest nicht selber erkennen können. So spinnen wir uns ein und lösen uns Stück für Stück von unserer alten Form. Wir spüren Angst vor dieser Auflösung. Was ist es, dass wirklich bleibt? Wir werden flüssig und erkennen erschreckt, wie wenig wir von dem kennen, was wir tatsächlich sind. Wir spüren aber auch, dass eine solch verflüssigte Form eine grosse Chance ist. Dass sie die Möglichkeit bietet fast alles zu werden. Wir entdecken dabei unser eigenes kleines Universum.

      Die Frage die uns dabei immer wieder durch den Kopf geht lautet: Werden wir den Weg finden?
      Wir, in unserem Kokon alleine auf uns gestellt, entdecken Welten und Wunder, aber auch Schrecken und Schatten. Wir können uns für dieser Reise auch neue Gefährt*innen suchen, die am selben Punkt stehen. Aber manchmal sind wir gar ganz alleine.

      Diese Suche macht mag so manche Angst, Trauer und Verzweiflung mit sich bringen, aber auch Freiheit, Kreativität und Selbstvertrauen.
      Wir ergründen die Andeutung verschiedener Wege, die uns einmal ganz diffus, mal klarer erscheinen. Ein wispern im Wind, ein leuchtender Kiesel im dunklen Wald. Unsere innere Reise birgt viele Wunder und ein tieferes Verstehen von uns selbst. Wir entdecken Neugier noch einmal neu, spüren eine Fülle an Lebendigkeit und möglichen Abenteuern in uns. Bis wir eines Tages jene Spur finden, jenen Funken erkennen, bei dem wir bis in unserer tiefstes inneres spüren, dass es jener sein wird, der uns in unsere Form führt. Dann packen wir unseren Wanderstock fest mit unseren Händen und durchbrechen die Seidenhülle, die uns umgibt, in der Gewissheit und im absoluten Vertrauen, nun zumindest die Richtung zu kennen, in die es uns zieht.
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    • Jour 22

      Unsere Ressourcen nutzen

      19 avril 2021, Allemagne ⋅ ☁️ 5 °C

      Es ist erstaunlich und berührend, wie wenige Worte einen Raum und die Menschen, die sich darin befinde verändern können. Wie Verstocktes ins Fliessen kommen kann, wenn der angestaute Druck an einer Stelle entweichen kann. Wie ein Aufatmen stattfindet und Platz schafft für Kreativität und Träume.

      Sich den eigenen Ressourcen bewusst zu werden bemächtigt und verlangt manchmal auch viel Vertrauen. Seine Ressourcen anzubieten, sei es Wissen, Zeit oder Geld ist auch mit einem loslassen der derzeitigen eigenen Machtposition, des Ungleichgewicht, verbunden. Jedes Mal wenn wir diesen Schritt hin zum Vertrauen gehen, wird es einfacher. Wieviel von dem was ich an eigenen Ressourcen besitze ist wirklich mein? Hat uns nicht im umfassenderen Sinne die Gesellschaft und unser Umfeld zu diesem Ressourcen verholfen? Sind sie also nicht ein Stück Allgemeingut zu verstehen? Auf alle Fälle können wir, wenn wir ein Bewusstsein dafür entwickeln und lernen unsere Ressourcen in einem grösseren Kontext zu sehen, Menschen befähigen ihre Lebenstäume zu leben und ihnen ermöglichen eigene Ressourcen aufzubauen. Es der Anstoss um die Hügelkuppe zu erreichen, die dann die Energie einer Talfahrt freisetzt.

      Gleichwohl ist es in unserer Welt immer ein Wagnis und nicht frei von Risiko, die eigene vorteilversprechende Position aufzugeben. Es braucht Vertrauen und einen etwas anderen Blick auf die Welt, der auf Verbindung statt Konkurrenz baut. Wer einem schmalen Bergpfad wandert um diese neuen Perspektiven zu finden, kann im unbekannten Gelände leicht abrutschen und ist vor Verletzungen nicht sicher.
      Doch was ist Erfolg und Misserfolg überhaupt? Wir lernen auf unserem Bildungsweg und in unserem Alltag oft das Sieger erfolgreich sind und Verlierer scheitern. Wie oft wird heute damit geworben eine freie "Fehlerkultur" zu leben? Und wie oft wird diese tatsächlich gelebt?
      Damit wirklich ein stabiler Baum einer neuen Kultur, ein tiefes Verstehen daraus erwachsen kann, bedarf es einer tiefen Wurzelbehandlung und nicht nur dem übermalen des Stamms und der Blätter mit neuen Farben. Eine solch tiefgreifende Veränderung braucht Zeit, viele kleine positive Erfahrungen und viel Reflektionsarbeit.

      Scheitern ist schlecht. Scheitern heisst versagen. Versagen heisst ein Verlierer zu sein. Scheitern bedeutet eine Verschwendung von Energie und Ressourcen. Bedeutet stagnieren. Das jedenfalls habe ich all die Jahre durch Bildung und die kulturelle Prägung tief verinnerlicht. Es oberflächlich zu behandeln und mit schnörkligen Worten zu überdecken ändert nichts an den tiefen Wurzeln dieses Glaubenssatzes. Und es fällt mir ernstlich schwer, mich von diesem tief eingekerbten Denkmuster zu befreien.
      Es stellt sich in diesem Prozess die grundlegende Frage, ob unsere bisherigen Definitionen von Erfolg und Scheitern dafür nicht komplett ausgetauscht werden müssten, da sie unweigerlich mit diesem alten Glaubenssätzen verwoben sind.

      Etwas zu neues wagen, also flüssig zu werden, bedeutet immer die eigene Konfortzone zu verlassen, mich meinen Ängsten und meiner Geschichte zu stellen. Das kann schmerzvoll oder zumindest sehr unangenehm sein, aber ich kann daraus auch einiges Neues über sich selbst erfahren. Hat etwas Altes aufzugeben nicht immer auch eine sehr befreiende und lösende Komponente?
      Wer aus Intention der Angst handelt, etwas verlieren zu können, hat aus meiner Erfahrung nicht die selbe Energie und Ausstrahlung wie eine Mensch, der in der Fülle und im Vertrauen handelt. Angst blockiert und schafft einen sehr engen Blickwinkel, der keine Kreativität und Leichtigkeit zulässt. Handlungen, die aus Angst entstehen fühlen sich oft eng an und berauben uns unserer Lebendigkeit und Freude. In wievielen meiner täglichen Handlungen werde ich von Angst geleitet oder getrieben? Wie oft fühle ich mich zu etwas gezwungen, dass mir eigentlich wiederstrebt aber fühle mich zugleich ohne Alternative? Wie oft bin ich wirklich im Vertrauen?

      Ich freue mich auf alle zukünftigen Chancen mit meinen Ressourcen Räume der Möglichkeit zu schaffen, eigene Erfahrungen des Vertrauens zu sammeln und andere auf ihrem Weg zu unterstützen. Damit lasse ich zugleich meine Wurzeln für meine neue Art des Denken wachsen. Ich möchte mein Bewusstsein darauf schärfen, die Intention meiner Handlungen besser zu verstehen und mehr und mehr auf Vertrauen statt Angst zu bauen. Ganz ohne dabei die Weitsicht zu verlieren und kritische Gedanken ausszuschliessen, sondern auch ihnen einen ehrlichen Platz im Prozess zuzuweisen.

      Auf diese Weise können wir unsere Rolle als aktive/r Spieler/in erfahren und uns aus der passiven Rolle des Spielballs befreien, in der wir uns so oft im globalen Kontext überwältigt und entmutigt fühlen.
      Ein Schritt, der die Basis bilden kann für all die Veränderungen, die auf dieser Welt gerade unweigerlich anstehen, sofern wir uns selbst als Menschheit eine zukünftige Existenz ermöglichen wollen.
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    • Jour 25

      Gestaltausbildung

      22 avril 2021, Allemagne ⋅ ⛅ 10 °C

      Ein Vibrieren liegt in der Luft, durchtränkt den ganzen Raum und jede Pore in mir. Meine Sinne sind gebannt auf das rote. Quadrat in unserer Mitte gerichtet, dem Zentrum der Blicke, dem magischen Stuhl der Transformation. Schon sehr bald wird jemand von uns auf diesem Kissen sitzen und von neuem wird sich ein inneres Universum vor uns entfalten. Eine Welt voller Wünsche, Hoffnungen aber auch beseelt mit Geistern der Vergangenheit und Strudeln aus Schmerz. Hier finden sich glitzernde Schätze, seidene bunte Flügel, die Freiheit und Leichtigkeit versprechen, aber auch beängstigende Schatten und Abgründe des Ekels und Schams. Pulsierende Wunden, die nie verheilt sind und immer noch eitern, die uns Stück für Stück vergiften und unserer Kräfte berauben. An diesem magischen Ort liegt alles was in uns verborgen ist offen und ehrlich vor. Ohne Schmuck und Tand. Aus Schatten wird Licht und so manches Licht wirft im Angesicht der Bewusstheit auch Schatten. Illusionen fallen ab, lösen sich wie Morgennebel auf, wenn wir danach greifen, bersten und legen frei, was wir so lange vor uns selbst versteckt haben. Nur wenn wir hinschauen, wenn wir wachsen, wenn wir zu verstehen beginnen, dann kann Heilung beginnen.
      Wir blicken in Dämonenfratzen und erkennen uns eigenes Gesicht. Wir schneiden ab und würgen aus, was wir dachten, es wäre unser eigens. Wie oft haben wir in der Vergangenheit Dinge geschluckt und integriert die uns schaden, die nicht uns selbst entsprechen, konnten nicht anders, in blindem Vertrauen? Wie oft haben Diener beschworen, die uns alsbald zu Plagegeistern geworden sind? Wie oft stehen wir vor scheinbar massiven Wänden und entdecken dann, dass sie nur aus Nebel bestehen? Fühlen wir uns klein und hilflos und sehen nicht, dass wir es selbst sind, die dem Wachstum entsagen?

      Ich entdecke an diesem Ort, dass das Ich und das Du sich gegenseitig bedingen und dass wir uns so oft und in so vielem ähneln. Das unsere Wunden, Ängste und Sorgen aus dem selben Stoff geschneidert und unsere Geschichten ähnliche Lieder sind. Im erkennen, dass wir damit nicht alleine sind, liegt eine grosse Kraft. Ich sehe Menschen über Schatten steigen, die mir selbst zu gross und zu hoch erschienen. Es erfüllt mich mit Mut und Kraft. Und mehr und mehr fühle ich mich bereit, sie ebenfalls zu erklimmen.
      So viele Fesseln haben wir uns selber angelegt oder breitwillig anlegen lassen. So vielen Ideen und Vision entsagt, weil uns andere klein machen wollten, weil sich andere selber klein sehen und sich verboten zu träumen. Wir haben Regeln aufgesaugt, was sich gehört und Anleitungen gelesen, nach was wir streben sollen, was ein gutes Leben ausmacht und Glück bringt.
      Wie schmerzlich muss ich jetzt erkennen, dass alles nur Kulisse war. Trugbilder, deren Goldschicht schon bei näherer Betrachtung abblättert, wenn wir nur hinsehen und hinfühlen. Das Licht der Ehrlichkeit macht mir Angst, lässt meine Welt in seinem Fundament erbeben und zerbröseln. Wo kann ich mich noch festhalten, wenn meine Welt zergeht, weich wird wie Wachs? Ich entschwebe in einen leeren Raum, wirble umher, weiss weder oben noch unten. Alles ist schwarz im Raum des Todes (oder der Geburt?). Dann endet der Tunnel und Licht bricht durch die Dunkelheit. Ich habe mich durch einen Trichter gequetscht, der immer enger geworden ist, bis ich dachte, ich müsste stecken bleiben. Nun wird alles weit und gross. Eine neue Welt entfaltet sich vor meinen Augen. Sie ist erfüllt von Düften, Farben und Gerüchen, von Leben und von Freiheit. Die Welt in mir ist weiter und grösser geworden, ist ein Stück in Richtung Unendlichkeit gerückt. Diesmal fühlt sich echt an, blättert nicht ab. Und ich erkenne: Es gibt sie, die Welt hinter den Illusionen der Gesellschaft und Kultur. Sie liegt in uns. In jedem von uns. Und sie war schon immer und wartet geduldig darauf von uns entdeckt zu werden. Doch dafür müssen wir uns verpuppen und der Dunkelheit und den Scherzen stellen. Es gibt kein Weg, der daran vorbei führt, wenn wir in diese neue Welt gelangen wollen.
      Sei mutig Wanderer und nimm die Fackel der Erkenntnis auf. Denke daran: Du kannst diesen Weg Schritt für Schritt gehen. Pausen machen, so oft und so lange Du willst. Du musst ihn nicht gehen, es steht Dir frei. Aber Du kannst, wenn Du willst. Und ich verspreche Dir aus tiefstem Herzen, dass die Welt dahinter, die Du findest, jedes Leiden und jeden Schmerz wert ist. Das sich der Preis lohnt, ja sich oft sogar als Geschenk entpuppt. Und wenn Du im Morast zu versinken drohst, wenn Du im Angesicht der Angst fast vergehst, dann bist nahe am Ende des Tunnels. Dann rufe laut, denn da werden Gefährten sein, die Dich stützen, die Dich ermutigen, die Dir Kraft und Trost spenden. Wir müssen unseren Weg zwar auf unseren eigenen Füssen gehen, Schritt um Schritt, aber wir sind dabei nicht alleine. Und wenn wir den Weg einmal gegangen sind, so können wir Beleiterinnen werden, für unsere Gefährten. Dann werden wir die Ängste und Schatten als das erkennen, was sie sind und können in ihrem Angesicht aufrecht stehen und Kraft und Mut spenden. Bis irgendwann alle den Weg in die neue Welt gefunden haben.
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    • Jour 28

      Gedankengefängniss

      25 avril 2021, Allemagne ⋅ ⛅ 13 °C

      Da ist etwas in mir, dass sich gross anfühlt, wie ein gefüllter und dennoch wolkig leichter Raum unter meiner Haut. Ich spüre eine sanfte Bewegung, ein sich umwälzen, ein wirblen und gleiten. Dieses Etwas in mir ist aufmerksam und wach, nimmt jede Schwingung, jede Veränderung im Raum und verwandelt sie in Empfindungen und Erleben, in Lebendigkeit. Mir ist fast so, als hätte ich einen Schieber entdeckt und hätte diesen in einem Moment der bewussten Wahrnehmung und Neugier nach oben geschoben. Was mag nun geschehen?

      Alles fühlt sich intensiver an. Ich spüre kontaktlose Berührung, ein wohliger Schauer der mich weckend, fast elektrisierend durchfährt. Ich fühle mich frei und wirklich. Als hätte ich ein Stück Realität entdeckt, dessen fehlen mir nur im Fühlen bewusst war. Als hätte sich mein Leben um eine Farbpalette erweitert, als wäre ich zu ungeahnten Tiefen hinabgetaucht, in der sich nun ganz neues Universum für mich erschliesst. Ein Gefühl der Sanftheit ist in mir spürbar und ganz deutlich, als hätte sich ein Nebelschleier gelegt, als hätte sich der Kontakt zu mir verfestigt und würde nun klarer und stärker fliessen. Wieviel deutlicher liegen meine Bedürfnisse nun vor mir. Ich nehme wahr, wenn ich etwas bewusst intensivierte oder unterdrücke aber auch wenn etwas mich überfordert oder überstimmuliert. Ich spüre die Freude und Herzlichkeit, welche andere Menschen umgibt, die Liebe und das Mitgefühl, das sie ausstrahlen. Es lässt mir Tränen in die Augen steigen. Nicht der Trauer, sondern der Berührtheit und der Schönheit, die ich in diesen Gaben und Geschenken verspüre.

      Auch der Weg, der noch vor mir liegt, ist für mich deutlicher zu erkennen, leuchtet fast wie ein Weg aus hellem Kieselstein in einer klaren Vollmondnacht. Es schwingt ein Ja in mir dafür, wie ich hier gerade bin.
      Ein Ja, wie ich es mein Kopf nicht erschaffen könnte, ein Ja ohne Zweifel, ein Ja das sich ganz und vollkommen anfühlt, bedingungslos ist und aus tiefstem Herzen an die Oberfäche dringt. Ich bin hier an diesem Ort, zur richtigen Zeit, mit den Themen die genau jetzt anstehen und den Menschen, die mich darin unterstützen können. Auch fühlen sich die Themen, die oft so verschüttet und schwer erscheinen, etwas leichter an. Als hätte sich der Raum gestreckt und es mir nun möglich macht, sie ausgraben und anschauen zu können. Ich fühle mich wie ein Heisslauftbalon, der noch am Boden ist, aber dessen Gewichte glockert und teilweise abgeworfen wurden, der ein Bedürfniss verspürt zu fliegen.
      Ich sehe deutlicher als sonst, dass auf meinem Weg noch einiges an Balast vorhanden ist, entdecke immer wieder neue Fragmente davon, die angeschaut, integriert, akzeptiert oder abgeworfen werden wollen, die sich bisweilen vor mir versteckt und doch belastet haben. Dass noch einiges an Trauer, Wut, Angst aber auch Freude auf meinem Weg liegt, der mich von den Teilen meiner Vergangenheit befreit, die mich fesselt und hemmt. Dass all diese Teile dazu beitragen, mich selber besser zu spüren und zu verstehen und mich darin bestärken weiter zu wachsen und zu suchen. Sie sind wie ein dunkler Spiegel, in dem ich mich, sofern ich den Mut aufbringe in anzusehen, selbst erkennen kann. Sie sind Schloss und Schlüssel zugleich.

      Mein Kopf ist die Tage ganz still und leer. Er wird für das, was ich hier tue nicht gebraucht. Wie oft war ich in seinem Bann gefangen, war seiner ununterbrochenen Strom hilflos ausgesetzt, wurde überschwemmt von Gedanken, die mir eigentlich nicht dienlich sind und Kreise drehen. Er sollte Werkzeug sein. Wie lange habe ich mich als Sklave gefühlt und nicht erkannt, dass er eigentlich Diener ist. Ich bin mir sicher, dass diese Stimme bald wieder da sein wird, sich aufschwingt und ich mich wieder mit Mühe schwimmend über einen Ozean der Gedanken bewegen werde, dass dieser Zustand der Klarheit und Leichtigkeit verblassen wird. Ich werde diese Fesseln noch oft sprengen, meine neue Rolle noch oft wiedererkennen und wieder verlieren müssen, um am Ende wirklich bei mir sein zu können. Doch nun kenne ich seinen Duft, die Farbe der Tür, die diesen Zugang ermöglicht, kenne das Gefühl und die Möglichkeit einer Welt, in der es anders ist. Ich werde mich daran erinnern. Und es immer und immer wieder versuchen. Ich bin zur Freiheit geboren. Und die Frage ist nicht ob, sondern viel eher wann ich sie mir gänzlich nehmen und erlauben werde.
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    • Jour 126

      Der Preis von Bildung

      1 août 2021, Allemagne ⋅ ⛅ 11 °C

      Stell Dir vor eines Tages würde die Polizei vor deiner Türe stehen und deine Kinder mitnehmen. Sie würden Dir sagen, sie seien hier um ihnen Bildung ermöglichen. Du siehst sie fortan noch einmal im Jahr und jedes mal, haben mehr Mühe sich auszudrücken. Eines Tages, bei ihrer Rückkehr verstehst Du sie gar nicht mehr, den sprechen mit anderer Zunge. Ihnen sind nun auch deine Bräuche fremd und sie Verhalten sich auf ganz andere Weise. Es mag vielleicht sogar ein Jahr kommen, da kehren nicht mehr alle heim.
      Diese oder ähnlich Geschichten entstammen keinem Film. Es ist die Realität für jährlich mehr als zwei Millionen Kinder.
      Lange war ich naiv im Glauben, dass Bildung immer mit Respekt und Verständnis angeboten wird und zu Autonomie, Perspektiven und einem Ausstieg aus dem Kreislauf der Armut führt.
      Was ist aber mit all jenen, denen sie aufgezwungen wird? Deren Kultur seit langer Zeit intakt ist und ohne fremde Hilfe funktioniert?

      Die Bilder und Texte, die ich in den letzten Tagen gesehen und gelesen habe erzählen Geschichten aus der ganzen Welt. Peru, Indien, Botswana, Australien und Canda um nur einige zu nennen. Ich lese von offen gelebtem Rassismus und einem kulturellen Genozid, der auf erstaunlich wenig Wiederstand stösst.
      Von entwurzelten und entfremdeten Kindern, aussterbenden Kulturen und Sprachen, physischen und psychischen Gewalt, Misshandlung und sexueller und körperlichen Ausbeutung. Von einerbso hoher Sterblichkeitsraten, dass diese "Schulen" eigene Friedhöfe besitzen.

      Es klingt für mich wie Fabriken, die Kinder verschlingen, ihnen unsere westliche Kultur indoktrieren und sie orientierungslos und ohne Wurzeln wieder ausspucken. Mit einer absoluten Gleichgültigkeit, was mit ihnen nun geschehen mag. Fabriken, deren Idee es ist sie zu "nützlichen" Menschen und "braven Steuerzahlern" zu machen. In eine Form zu pressen, die unserer "modernen" Kultur entspricht. Paradoxerweise ziemlich erfolglos aber mit unglaublich traumatisierenden Folgen.
      Diese Kinder verlieren die Fähigkeiten und das Wissen, das sie zum überleben und zur Erhaltung ihrer Kultur brauchen. Weisheiten, Rituale und Handwerk gehen für immer verloren. Und auch auf ihre Lebensweise, vorallem dann, wenn sie nomadisch oder teilnomadisch aufgewachsen sind.

      Das alles geschieht nicht in der Vergangenheit sondern täglich. Nicht verdeckt die sondern offen. Mit klaren Ansagen und Zielen der jeweiligen Regierungen. Die Zahl in der Tendenz steigend. Überall auf der ganzen Welt, an Orten, an denen derzeit noch indigene Menschen leben.
      Es ist eine perfide, perverse und äusserst aggressive Form des westlichen Kolonialismus. Es lässt Kinder ihre Eltern und Eltern ihre Kinder verlieren. Es passiert still aber äusserst beständig.

      Mich hat das Thema dazu bewogen, dass ich mir nun viel mehr Gedanken mache, welche Art von Bildung ich überhaupt unterstützen möchte. Und auch, was Bildung für mich bedeutet. Dass sie enorme Macht hat und auch beeinflusst wie und mit wem wir Kommunizieren können. Sie beeinflusst auch die Art und Weise, wie und was wir Denken. Ihr liegt die Erhaltung unseres ganzen derzeitigen Systems zugrunde. Sowohl wirtschaftlich, sozialer wie auch politischer Natur. Ihr entspringt jede Freiheit und Autonomie, die wir besitzen und sie ist eine entsprechende Schlüsselposition für den globalen Wandel. Wir sollten deshalb sehr Achtsam sein, wem wir diesen Schlüssel anvertrauen...
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    Sulzbrunn

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