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  • Day 90

    Tornesvasslia - Innset Huskyfarm

    August 28, 2023 in Norway ⋅ ⛅ 13 °C

    Eine Nacht, in der ich nur mittelmäßig geschlafen habe. Das ist ein Erfolg! Als ich in der Nacht wach war, habe ich hin und wieder den Kopf aus dem Zelt gesteckt, da leicht erhöhte Chancen für die Sichtung von Polarlichtern bestanden. Hier muss ich weiter hoffen, dass es noch Gelegenheiten gibt. Aber eigentlich geht es mit der Saison ja gerade mal langsam los. Erst um halb sieben stehe ich auf. Aufstehen bedeutet hier meist nur, dass ich mich auf den linken Unterarm stütze, um mit dem rechten Arm den Gaskocher zu bedienen. In der Nacht hat der Wind teilweise richtig zugelegt. Aber das Zelt hat eine hervorragende Figur gemacht. Jetzt ist es etwas weniger windig und ich koche mir meinen Kaffee. Ich lasse mir deutlich mehr Zeit als in den letzten Tagen. Beim Kaffee suche ich noch Bilder raus, die ich dem Redakteur vom OVB zur Verfügung stellen möchte.

    Um halb zehn mache ich mich dann auf den Weg. Die Sonne kommt teilweise durch, aber es ist deutlich wolkig und teilweise ganz schön dunkel. Der Weg führt weiter hoch ins Fjell und ich genieße es, endlich wieder in dieser Landschaft alleine unterwegs zu sein. In hundert Meter Entfernung sehe ich ein paar Rentiere mit riesigen Geweihen. Nach einiger Zeit komme ich in eine Art Hochtal. Die Sonne ist mittlerweile ganz weg. Eigentlich hatte der Wetterbericht für heute trocken bis sonnig vorhergesagt. Aber die Wolkenbasis senkt sich stetig, was kein gutes Zeichen ist. Ich überquere einen Fluss. Hier treffe ich eine Wanderin, die gerade Pause macht. Aber ich grüße nur kurz und gehe direkt weiter. Mir ist nicht nach Small Talk. Die ersten Tropfen fallen. Zunächst gehe ich davon aus, dass es bald wieder aufhört. Als es aber mehr wird, halte ich an und ziehe die Regensachen an. Zum Glück. Denn dann geht es richtig los. Der Wind zieht an und es regnet, sicher eine Stunde lang.
    Kurz fluche ich. Aber dann lasse ich mir die Laune nicht weiter verderben und nehme es so wie es ist. Nach zehn Kilometern habe ich eine weitere Anhöhe erreicht. Ab hier soll es laut Höhenprofil 15 Kilometer bergab gehen. Ich brauche langsam eine Pause. Aber bei dem Wetter gehe ich lieber weiter. Ich wundere mich, dass der Wetterbericht so krass daneben liegt. So weit ich schauen kann ist es dunkel und regnerisch. Eigentlich sollte es ab Mittag sogar sonnig werden. Ich folge dem Weg, der mich Stück für Stück bergab bringt. Dann wird es ein wenig heller und ein paar Minuten später hört der Regen ganz auf. Der Wind bleibt aber. Nach ein paar weiteren Minuten scheint die Sonne und das ganze Hochtal strahlt in sattem gelbgrün. So schnell kann es also gehen. Nachdem ich einen weiteren Fluss gequert habe, mache ich endlich eine Pause. Mit meinen Regensachen lege ich mich einfach auf den Bauch ins Gras. Fast 15 Kilometer bin ich heute bis zur ersten Pause gewandert. Nach einer viertel Stunde gehe ich aber weiter. Ich merke zunehmend, dass mir Schlaf fehlt und die Augen werden schwer. Drei Kilometer weiter lege ich mich wieder an den Wegrand und lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen.

    Noch acht Kilometer sind es, bis ich die Huskyfarm Innset erreiche. Als ich nach der Pause weitergehe, kann ich im Tal schon ungefähr erahnen, wo ich hinmuss. Die Farm liegt nicht direkt auf meinem Weg, sondern drei Kilometer abseits. Der deutsche Bjørn Klauer hat sie vor vielen Jahren gegründet und nun wird die Farm von seinem Sohn Morten geführt. Ich folge dem mittlerweile breiten Schotterweg weiter Richtung Tal. Ich habe wieder Handynetz und als ich Nicole eine Sprachnachricht schicke, ruft mein Vater an. Ich glaube, das letzte Mal haben wir telefoniert, als ich ungefähr bei der Hälfte der Gesamtstrecke war. Wir unterhalten uns richtig gut und nach ein paar Metern setze ich mich einfach an den Wegrand in die Sonne. Hier ist es endlich windstill. Wir quatschen fast eine halbe Stunde, dann gehe ich weiter. Ich biege in die breite Schotterstraße ab, die ab hier drei Kilometer zur Huskyfarm führt. Die Straße zieht sich. Von hinten höre ich ein Auto, ein alter Bus, der direkt neben mir hält. Es ist ein alter Mann, der mich fragt, ob ich mitfahren möchte. Ich überlege nicht lange. Das hier ist eh abseits der Strecke. Die letzten zwei Kilometer sind also geschenkt. Der Mann setzt mich direkt auf dem Hof der Farm ab.

    Ich bin erstmal erleichtert, dass hier keine Hunde frei herum laufen. Grundsätzlich mag ich Hunde, aber fremde Hunde auf einen fremden Grundstück, da bin ich vorsichtig. Ich klopfe am Haupthaus. Ein Hund bellt innen. Der Mann, der mich hierher gefahren hat, wartet noch und sagt, ich solle einfach reingehen. Aber das mache ich nicht. Es fühlt sich falsch an. Nicht nur wegen des bellenden Hundes. Ich gehe um das Haus. Nebendran wird gerade ein weiteres Haus gebaut. Ich frage einen der Arbeiter, wo ich den Inhaber finde. Der sei hinter dem neuen Haus. Ich gehe herum und finde zwei Männer. Beide unterhalten sich auf deutsch. Einer von beiden ist Morten, der Sohn von dem Gründer der Farm. Gemeinsam gehen wir zu einem anderen Haus, wo mein Paket gelagert ist. Das finden wir schnell. Ich frage, ob sie ein Zimmer vermieten. Ich überlege nämlich, hier einen Ruhetag zu machen. Aber weil gerade gebaut wird, sind alle Zimmer voll mit Arbeitern. Aber ich könne mein Zelt hier aufstellen. Morten zeigt auf eine Ecke des Geländes, wo schon zwei Zelte stehen. Daneben im Gebäude würde ich ein Bad mit Dusche finden. Eine Übernachtung sei für NPLer kostenlos. Das freut mich natürlich!

    Noch bevor ich zu der Ecke mit den Zelten gehe, frage ich, ob ich um die Hunde herum gehen soll oder einfach mittendurch. Bestimmt 20 Hunde sind hier mit einer Leine an einer zugehörigen Hundehütte befestigt. Die sind ganz lieb, sagt Morten. Also wage ich es und gehe mitten hindurch. Die Hunde schauen nur interessiert, aber machen keine Anstalten, mich anzubellen oder an mir hochzuspringen. Schnell habe ich das Vertrauen zu den Hunden gewonnen. Hinter den zwei Zelten ist eine Art Grillhütte. Als ich meinen Rucksack abstelle, kommt jemand heraus. Den kenne ich doch von Fotos! Es ist Daniel, ein anderer NPLer. Er ist schon Mitte Mai losgegangen und zu Beginn habe ich häufiger mal in seinen Blog geschaut, um Infos über die Schneelage zu bekommen. Dann kommt noch jemand aus der Hütte. Es ist Daina. Von ihr hatte Nadja vor ein paar Tagen erzählt. Auch sie läuft Norge på langs. Ich freue mich total und habe gar keine Lust, mein Zelt aufzubauen, da der Austausch mit den beiden gerade viel spannender ist. Auch hier stellt sich schnell heraus, dass wir alle mit den gleichen Themen zu arbeiten haben. Dass wir uns zu viel in unseren Versorgungspaketen geschickt haben, oder zu wenig von dem, was wir gerne hätten. Erst quatschen wir noch in der Sonne. Nachdem alle geduscht haben, gehen wir zum Abendessen in die Hütte. Hier ist es richtig gemütlich. Nach dem Essen gibt es bei Kerzenschein noch einen Kaffee und wir tauschen uns über die vor uns und hinter uns liegenden Abschnitte aus. Um halb zehn gehe ich ins Bett. So lang war ich schon lange nicht mehr auf.
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