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  • Day 104

    ATV-Trail - Alta

    September 11, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 13 °C

    Um 05.00 Uhr werde ich wach. Draußen ist ein wunderschöner Sonnenaufgang. Es ist richtig frisch draußen und ich sehe meinen Atem. Es geht fast kein Wind. Die Stimmung draußen ist traumhaft. Ich mache ein paar Fotos und eile dann zurück in den warmen Schlafsack. Dann mache ich Frühstück. Das Anziehen der klammen Wandersachen erfordert heute wieder besondere Überwindung. Um halb acht bin ich abmarschbereit.

    33 Kilometer stehen heute auf dem Programm. Der Rucksack ist mittlerweile deutlich leichter, obwohl ich heute sogar meine schwereren Wanderschuhe im Rucksack habe und mich mit den Laufschuhen auf den Weg mache. Da ich nur auf dem festen ATV-Trail unterwegs bin und später auf der Straße, will ich meinen Füßen heute etwas Abwechslung bieten. Gestern hat der linke Fuß wieder laut gemeckert. Mittlerweile weiß ich aber, dass nach dem Meckern nicht viel kommt und mache mir deswegen nicht mehr so große Sorgen, dass das nochmal zu einem richtigen Problem werden könnte. Die ersten Kilometer gehe ich zügig. Heute will ich einfach so schnell wie möglich ankommen. Ich freue mich so sehr auf ein richtiges Bett und ein eigenes Bad. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich das zum letzten Mal vor dreieinhalb Wochen in Sulitjelma hatte. Dazwischen hatte ich einmal das schreckliche fensterlose Zimmer und zwei Ruhetage im Zelt. Dagegen erwartet mich in Alta jetzt richtiger Luxus.

    Ich bin getrieben. Dabei ist es perfektes Wanderwetter. Wenig Wind, Sonnenschein. Die Landschaft in all ihren Farben ist einfach wundervoll. Nach 13 Kilometern mache ich eine erste Pause, aber nicht lang. Nach 17 Kilometern habe ich die Straße erreicht und einige Zeit später mache ich eine Pause am Straßenrand. Ich bin wirklich schnell unterwegs. Es ist gerade Vormittag und ich habe fast 20 Kilometer geschafft. Ich tausche einige Sprachnachrichten mit Stanley aus. Auch er ist jemand, der gerne alleine ist und ich glaube, er kann besonders gut nachempfinden, was diese Reise für mich bedeutet. Eigentlich wollte ich die Straße entlang nach Alta gehen. Aber diese ist stark befahren und es gibt so gut wie keinen Platz neben dem Begrenzungsstreifen. Komoot führt mich über Wege abseits der Straße. Es scheinen Loipen zu sein, die im Sommer als Wanderwege dienen. Alle paar Meter steht eine Laterne, dass man hier in der dunklen Jahreszeit trotzdem Sport machen kann. Nach jeder kurzen Pause fällt mir das Weitergehen schwer. Ich brauche jeweils ein paar Meter, dass ich wieder halbwegs rund laufe. Zu Beginn ist es mehr ein humpeln. Eigentlich wäre jetzt eine lange Pause gut, aber ich will ankommen. Kurz bevor ich das Straßennetz von Alta erreiche, führt mich Komoot über einen kleinen Pfad, der eine Abkürzung zu sein scheint. Nach wenigen Metern versinke ich mit beiden Schuhen um vollgesogenen Moos. Das hätte es jetzt wirklich nicht mehr gebraucht, zumal ich aktuell nur über ein Paar Socken verfüge. Als ich wieder festen Untergrund habe, ziehe ich die Schuhe aus und wringe die Socken aus.

    Dann habe ich noch knapp 3,5 Kilometer Straße vor mir. Die ziehen sich, aber ich beiße. Ein Hotelbett in Sicht ist heute eine hervorragende Motivation. Dann habe ich es gehen 15.00 Uhr geschafft. Etwas mehr als 33 Kilometer waren es heute. Die Hoteltür ist verschlossen und ich lese etwas von Self-Checkin. Oh ne. Ich war von einer echten Rezeption ausgegangen. Ich habe ja nicht mal konkret gebucht. Das Hotel hatte mir vor einigen Tagen geantwortet, dass sie meine Ankunftszeit flexibel halten. Ich wähle die Nummer, die am Eingang steht. Es ist eine Art Hotline. Erst muss ich die Sprache wählen, dann den Grund. Ich kann das Canyon Hotell auswählen, dann meldet sich ein Mann. Ich erkläre mein Anliegen und so richtig verstehen tut er mich nicht. Ich könnte morgen einchecken. Ich erkläre, dass ich vor dem Hotel stehe und heute einchecken muss. Das wurde mir schließlich zugesagt. Dann erzählt er irgendwas von Upgrade und ich würde eine SMS mit Zugangsnummer bekommen. Diese Art des Selbstcheckins erinnert mich an mein fensterloses Zimmer in Abisko und meine Laune geht Richtung Keller. Dann frage ich, wo ich meine Pakete bekomme, die ich hierher geschickt habe und erkläre, dass mir nicht bewusst war, dass es hier keine Rezeption gibt. Ich solle in den dritten Stock kommen, dort gibt es eine Rezeption und dort sei auch er. Er hätte mich auch einfach direkt nach oben bitten können. Aber egal. Der erste Eindruck vom Hotel innen ist viel besser als erwartet. Allerdings hat meine Erinnerung an Abisko meine Erwartungshaltung ziemlich niedrig gesetzt. Aber das hier scheint ein vollwertiges Hotel zu sein. Im dritten Stock begrüßt mich der Mitarbeiter sehr herzlich umd hat beide meiner Pakete bereitliegen. Ich erzähle ihm, dass ich hier einen Ruhetag mache, den ich dringend nötig hätte. Dann sei es ja super, dass ich ein Upgrade bekommen hätte, sagt er. Tatsächlich ist mein Zimmer deutlich größer als meine Zimmer bislang. Ich breite all meinen Kram im Zimmer aus und setze mich auf‘s Bett. Ich bin fix und fertig. Und unfassbar zufrieden, jetzt hier zu sein. Was für ein Luxus!! Dann dusche ich, lege mich auf‘s Bett und schlafe ein. So ein komatöses Wegdösen, bei dem man immer mal kurz wach wird und dann gleich wieder einschläft. Boah, tut das gut!

    Danach mache ich mich auf den Weg in die Mall, die 50 Meter entfernt ist. Alta ist die erste richtige Stadt seit Røros, wo ich Mitte Juli Christel und Raimund getroffen habe. Seither gab es maximal Orte mit einem Supermarkt. Alta hat 12.000 Einwohner und einen Flughafen. Von hier werde ich auch zurück nach Oslo und dann nach Deutschland fliegen. In der Mall gibt es Peppes Pizza, wie es auch in Geilo eine Filiale gab. Für rund 20 EUR gibt es eine große Cola und das Pizzabuffet. All you can eat! Erst nehme ich mir vor, die Kette durch übermäßigen Pizzakonsum in den Ruin zu stürzen. Aber nach sechs großen Stücken bin ich fertig und ich vermute, Peppe wird sich von meinem Besuch recht schnell erholen. Danach schlendere ich noch etwas durch die riesige Mall. Eigentlich ist das nicht mein Ding. Aber hier geht es überall entspannt zu. Keine Musik, nicht viele Leute. Es gibt mehrere Sportläden, Elektronikläden und zig andere Läden, die mich nicht interessieren. Hier werde ich alles bekommen, was ich benötige. Aber erst morgen. Heute gehe ich nur noch in den Supermarkt, um mich mit Saft, Cola und Bier einzudecken. Dazu Chips und Schokolade. Und zwei Smoothies für mein Gewissen.

    Im Hotel liege ich auf dem Bett und lasse es mir gut gehen. Teilweise beschäftige ich mich schon mit Themen wie der weiteren Strecke, was ich morgen einkaufen muss und so weiter. Aber dann lasse ich es gut sein. Für heute reicht‘s und bald mache ich das Licht aus.

    P.S.: Mit meiner Ankunft in Alta hat meine Spendenaktion die 10.000 EUR Marke geknackt! Vielen Dank an alle Unterstützer. Dass das ganze 5-stellig wird, hätte ich mir nicht träumen lassen. Geilo Alta!!
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