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  • E1-25-D-Diemelsee (24km)

    July 4, 2015 in Germany ⋅ ⛅ 35 °C

    Bei Hitze und Gewitter durch das Sauerland (1/2)

    Diese 2-tägige Tour führt durch das östliche Sauerland. Hügelige Landschaften, Wälder, der Diemelstausee und das Skigebiet von Willingen prägen den Weg über die Sauerland-Waldroute, den Diemel- und den Uplandsteig.
    Seit Tagen ist der Sommer da. Es ist heiß. Wandern will ich trotzdem. In Maßberg schlägt mir morgens schon die Hitze entgegen, als ich aus dem Zug steige. Vom Bahnhof geht es die Fußgängerzone entlang, kurz darauf den steilen Pfad zum Obermarsberg hinauf. Das Gehen fällt schwer, aus allen Poren dringt Schweiß, durchnässt ist mein Shirt. Die ersten zwei Kilometer fühlen sich viel weiter an als sie es sind. Dann ist endlich das Plateau erreicht und eine Bank im Schatten lädt zur ersten Pause ein. Sie steht auf einem Friedhof, zwischen Gräbern bewegen sich langsam einige Grabbesucher. Sie bringen frisches Wasser in großen Kannen zu dürstender Grabbepflanzung. Auch meine Kehle verlangt nach kühlem Nass, die mitgebrachte Wasserflasche ist schnell geleert. Vorsorglich fülle ich sie wieder auf. Auch im Schatten ist es zu warm, erst der Rundgang durch die nahe Stiftskirche bringt etwas Kühlung.
    Kraftsparend trotte ich weiter, hinter dem Friedhof liegt die Stadthalle von Obersberg, davor fingert ein junger Mann in grauer Uniform an einer kleinen Kanone herum.
    „Was machen Sie denn da?“, frage ich ihn interessiert.
    „Ich lade Pulver in die Kanone. Gleich wird’s hier ganz mächtig rumsen. Überall auf dem Berg stehen meine Kameraden an den Kanonen bereit. Punkt zwölf werden wir sie gleichzeitig zünden. So wird bei uns jedes Jahr das Schützenfest eingeläutet, so ist es üblich hier.“ Er gibt wirklich bereitwillig und ausführlich Auskunft und seine Augen leuchten, während er spricht. Ich dagegen denke: „Schnell weiter“. Ich bin bereits aus Obersberg heraus, da hallt der versprochene Knall herüber. Doch das war erst der Anfang. Bald knallt es überall. Von den Bergen höre ich den Widerhall. So kann das Volksfest denn beginnen! Aber ohne mich, denn ich wandere weiter.
    Am Kalvarienberg bleibe ich stehen, genieße den Blick hinab ins grüne Tal. Und in der Ferne ist immer noch der eckige Turm der Stiftskirche in Obermarsberg zu sehen. Was wäre es für ein schöner Weg, wenn er nur etwas mehr Schatten böte. Es ist so heiß, dass mein Körper sich nach Kühlung sehnt. Kilometer an Kilometer reiht sich in sengender Hitze, der Weg scheint endlos. Diese Etappe wird mörderisch werden.
    Fragen entstehen: Warum geht es immer bergauf? Das ist so anstrengend! Warum habe ich ausgerechnet heute diese bergige Strecke gewählt? Doch eigentlich steht hinter allem nur: "du meine Güte, ist das heiß heute!"
    Alle Fragen sind nutzlos und Antworten gibt es keine. Irgendwann schiebe ich sie fort, ergebe mich in den Weg und nehme einen Schluck aus der Wasserflasche.
    Den Weg kreuzt die Diemel, doch eine Brücke fehlt. Vor mir versucht eine Familie eine Furt zu durchqueren, das Wasser der Diemel reicht knapp über ihre Knie.
    „Wenn sie es schaffen, dann kann ich das auch“, denke ich und schnüre die Wanderschuhe auf. Barfuß wate ich ins kühle Nass, jede Hand einen Wanderstiefel haltend und auf dem Rücken den Rucksack geschultert. Belustigte Kinderaugen schauen mir zu, wie ich wackelig über spitze Steine balanciere. Jetzt nur nicht ausrutschen und hinein klatschen! Wohlbehalten komme ich drüben an.
    Hinter einer Biegung kann ich zwei Zwiebeltürme sehen. In diese Gegend passen sie nicht, finde ich. Sie müssen zur Barockkirche in Padberg gehören. Sie will ich mir ansehen. Ich trete ein und die Kühle im Kirchenschiff tut dem dampfenden Körper wohl. Doch kaum ist er abgekühlt, verlangt er nach mehr. Eine kalte Schorle wäre jetzt recht. Ob es sie im Gasthof gibt? So sehe ich nicht allzu viel vom Innern dieser Kirche, der Wunsch nach dem kühlen Getränk ist größer als es die Kirche ist. Ich verlasse sie eilig. So kommt es, dass von der Kirche St. Maria Magdalena nichts in meinem Gedächtnis haften bleibt, nur das Gefühl vom Durst, den ich dort verspürte. Doch welch arge Enttäuschung! Der Gasthof hat geschlossen. Das warme Wasser aus meiner Trinkflasche rinnt durch meine Kehle und kann doch meinen Durst nicht stillen. Kein Tropfen bleibt übrig. Und das wird schlimm wiegen, denn der Durst wird für den Rest des Tages mein übler Begleiter sein.
    Weiter geht es hinauf, und wieder ist kein Schatten zu finden. Stattdessen flirrt die Hitze, von oben brennt gnadenlos die Sonne vom blauem Himmel herab. Die weiten Blicke hinunter ins Tal lindern etwas die Qual.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit ist der Diemelstausee erreicht. Wegen seiner vierzig Meter hohen Staumauer komme ich her, doch im Augenblick interessiert mich das Wasser, das der See beherbergt. Ich könnte es saufen bis auf den Grund - in einem Zug. So groß ist mein Durst, doch ich tue es nicht. Kein Kiosk ist in der Nähe, kein kühles Getränk. Oh, je.
    Die Wanderlust vergeht mir allmählich, den geplanten Aufstieg zum Diemelseeausblick lasse ich sausen, gehe stattdessen die Straße am See entlang. Bald kommt das Seehotel, mein heiß ersehntes heutiges Etappenziel, in Sicht. Doch der Weg ist weiter, als er scheint, denn er folgt sämtlichen lang gestreckten Buchten. Doch was des einen Pein, ist des anderen Lust. Während ich durstig um die Kurven schleiche, ziehen Motorradfahrer ihre schicken Maschinen schneidig durch die Kurven.
    Schweißgebadet erreiche ich endlich das Seehotel und Kühlung tut Not. Das bringt bald ein erfrischendes Bad im See, meine Badehose habe ich dieses Mal nicht vergessen. Voller Wonne schwimme ich im blaugrünen Wasser herum, und langsam kehrt der Körper auf Betriebstemperatur zurück. Dem Bad folgt prompt der Hunger. Ein leckeres Abendbuffet ist bereits gerichtet und die Terrasse hinter dem Hotel bietet einen herrlichen Blick über den Stausee. Das sind gute Voraussetzungen für einen entspannten Abend. Doch die Sonne brennt immer noch vom Himmel. Erst als sie glutrot hinter den Hügeln auf der anderen Seite des Sees versinkt, nimmt sie die Hitze mit. Endlich wird der Abend angenehm.
    „Es war wohl der heißeste Tag des Jahres“, weiß der Ober zu berichten. Doch die 38°C reichten nicht ganz, um den lokalen Temperaturrekord zu brechen. Ich bestelle noch ein Glas eiskalten Wein und genieße die kühle Brise, die vom See herauf steigt. Diese Momente machen das Leben herrlich.
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