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  • E1-39-D-Bad Schwalbach (30km)

    October 10, 2015 in Germany ⋅ ☁️ 11 °C

    Ungeduldig unterwegs auf dem Aar-Höhenweg und durch den Taunus (2/3)

    Um neun Uhr schon bin ich in dem kalten, feuchten Morgen wieder unterwegs. Es geht einen Feldweg entlang, das Getreide auf den angrenzenden Feldern ist längst abgeerntet. Nackter, lehmiger Boden, darüber die Weite des graue Himmels. Ob heute noch die Sonne rauskommen wird? Es sieht nicht danach aus.
    Bald geht es abwärts, zurück zur Aar. Unterwegs stoße ich auf den E1, der hier den Höhenweg ein Stück begleitet, aber bald wieder Richtung Osten abbiegt. Er strebt nach Frankfurt, macht wie üblich seine Schleifen. Der Aar-Höhenweg führt direkter nach Süden. Deshalb habe ich mich in der Taunusregion gegen den E1 entschieden. Erst im nächsten Jahr werde ich wieder auf ihn treffen und ihm dann vermutlich bis zum Bodensee folgen. So jedenfalls habe ich es geplant.
    Kaum bin ich zurück an der Aar, schraubt sich der Höhenweg wiederum in die Höhe. Er heißt ja auch nicht umsonst so. Mehr noch als gestern folgt er heute dem Lauf der Aar, windet sich Kilometer für Kilometer am Fluss entlang, so dass ich manchmal das Gefühl habe, überhaupt nicht voran zu kommen. Ein schöner Rastplatz mit großer Bank nahe am felsigen Abhang lädt zum Verweilen ein. Ich breite aus, was mein Rucksack an Proviant hergibt und genieße den herrlichen Ausblick auf die gegenüber liegende Burg Hohenstein, deren Ruinen von ihrer Zerstörung im dreißigjährigen Krieg zeugen. Vor einem halben Jahrhundert wurde sie zum Hotel- und Gaststättengebäude umfunktioniert, der angrenzende Hotelkomplex wirkt klotzig.
    Links oberhalb der Burg rotieren ein paar Windkrafträder. Eines aber steht still. Ich sinniere, warum es sich nicht dreht und fordere das Unerhörte heraus. Es ist nur so eine Idee, doch ich frage mich, ob die Kraft meiner Gedanken ausreichen würde, dieses Windrad in Gang zu setzen. Ich starre das Windrad an und denke konzentriert: "bewege dich!". Es ist nur ein Spiel, aber was soll ich sagen - kurz darauf beginnt es sich zu drehen! Erst nur langsam, dann immer schneller. Oh, war ich das jetzt oder geschah das zufällig?
    Bunter Blätterwald umgibt mich. Der Weg folgt weiter der Aar, windet sich um einen Hügel herum. Allmählich werde ich ungeduldig, es geht mir viel zu langsam voran. Da scheint eine Abkürzung durch das Unterholz möglich, nach Karte wäre eine Einsparung von einem Kilometer drin. Also ab ins Unterholz, den Hügel hinab. Aber so einfach, wie ich es mir das vorgestellt hatte, geht es nicht. Unten angekommen, stoppt ein Bach meinen Vorwärtsdrang. Hier geht es nicht weiter. Zurück? Nein, niemals zurück! So transformiert der Wanderer schnell mal zum Abenteurer, der sich ein paar Steine schnappt, sie ins Bachbett schmeißt, eine schmale Furt formt und den Bach trockenen Fußes überquert. So dachte ich es mir jedenfalls. Doch die andere Uferseite entpuppt sich als feuchte und schlammige Fläche. Das hatte ich so nicht kalkuliert. Als ich die andere Uferseite betrete, versinken die Stiefel im Morast. Ein Zurück geht jetzt wirklich nicht mehr, auch wenn ich wollte. Doch die Stiefel versinken nicht völlig, die Füße bleiben trocken. Den Gore-Tex Stiefeln sei Dank! Jetzt schnell den Hang hinauf, schon bin ich zurück auf dem Weg. Trotz der dreckigen Stiefel - das hat Spaß gebracht. Und eine Abkürzung war es tatsächlich.
    Am Nachmittag erreiche ich Bad Schwalbach. Wie üblich zum Ende eines Wandertages treibt mich der Gedanke an Kaffee und Kuchen. Dieses Mal werde ich in einem REWE Supermarkt fündig. Ein älterer Herr macht mir Platz mit den Worten: "Da soll sich der Wandersmann mal 'ne richtige Ruhepause gönnen." Nett von ihm, aber sehe ich so fertig aus? Schon möglich, es liegen dreißig Kilometer hinter mir.
    Nach der Pause geht es durch den Ort. In der Fußgängerzone stoße ich auf ein bemerkenswertes Fachwerkhaus. Während die eine Seite im historischen Stil originalgetreu restauriert wurde, versah man die andere mit einer modernen Fassade aus Glas. Hier ist es gelungen, das Alte mit Modernem zu vereinen. Es ist ein Gasthaus daraus geworden, das sinnigerweise den Namen Glas-Werk (Glas und Fachwerk) trägt. Spontan bleibe ich zum Abendessen.
    Zur heutigen Herberge, dem Malepartus, was "Wohnung des Fuchses“ -also Erdloch- bedeutet, ist es nun nicht mehr weit. Ganz so schlimm wie der Name suggeriert, ist das Hotel zwar nicht, aber es scheint- wie der ganze Ort - in die Jahre gekommen zu sein. Ein Investitionsstau ist nicht zu übersehen, auch wenn hier und da schon renoviert wurde.
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