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  • E1-46-D-Neckargemünd (31km)

    June 5, 2016 in Germany ⋅ 🌧 18 °C

    Donnerwetter! Durch's Rheintal und den Odenwald (6)

    Kumpel steht schon gepackt und wartet im Zimmer auf seinen Einsatz, während ich Punkt acht Uhr als erster Gast im Frühstücksraum auftauche. Müsli und Kaffee geben die notwendige Kraft für den heutigen langen Wandertag, der bevor steht und mich an den Neckar führen soll.
    Die nette Wirtin wünscht mir beim Verabschieden viel Spaß, doch es dauert nicht lange, da gilt es schon wieder, Höhenmeter zu machen. Und das wird heute so bleiben. Mal geht es rauf, mal runter. Der heutige Wandertag wird sich zwischen zwei- und vierhundert Höhenmeter bewegen. Ich bin halt im Odenwald.
    In Gorxheim überquere ich den Grundelbach, der hier zu einem kleinen See aufgestaut wird. Den ersten steilen Aufstieg und nachfolgenden Abstieg habe ich hinter mir. Ich bin schon müde, und dabei liegen erst fünf Kilometer hinter mir. Ich lasse mich auf einer Bank am See, zu dem der Grundelbach hier aufgestaut wurde, nieder und genieße einen Energieriegel in der Hoffnung, er bringe neue Kraft. Ich ziehe meine Karte heraus und schaue, wie es weiter geht. Auf dieser Wanderung benutze ich neben Komoot auch klassische Wanderkarten von <Kompass> und ich bin froh, dass ich die Karten, die das Wandergebiet abbilden, mitgenommen habe. Doch bringen die drei Karten 450g zusätzliches Gewicht in den Rucksack. Und hier an diesem See habe ich die erste Karte "abgelaufen". Mit einem guten Gefühl lasse ich sie in dem Mülleimer neben der Bank zurück.
    So, nun soll's weiter gehen, aber Else Komoot weiß nicht, wohin. So irre ich etwas herum, bis wir gemeinsam den Weg finden. Und gleich geht es wieder bergan, stetig steige ich immer höher in den tiefen Odenwald hinein.
    Hinter Steinklingen habe ich bei 350 Metern den vorläufig höchsten Punkt für heute erreicht und trete aus dem Wald. Vor mir liegt kein erfreulicher Anblick, denn in der Ferne türmen sich dunkle Wolken hoch und höher, während hinter mir der Himmel weiterhin unschuldig blau ist. Schon grummelt und rumort es, ein Gewitter scheint heran zu ziehen. Ich hoffe, auch heute verschont zu bleiben, denn bisher habe ich nur über die Nachrichten von den Unwettern erfahren, die in dieser Region derzeit ihr Unwesen treiben.
    Doch es erwischt mich dieses Mal mitten im Wald. Es beginnt mit harmlosen Regen, der allmählich stärker wird. Erst grummelt es, dann donnert es, es folgen Blitze, die in den dunklen Wolken nur als helles Leuchten auszumachen sind. Ich suche Schutz unter die Bäume, wohl wissend, dass man es nicht soll. Es könnte gefährlich sein, sofern ein Blitz in der Nähe einschlägt. Das Gewitter kommt dicht und dichter, schließlich ist es direkt über mir. Es blitzt und donnert gleichzeitig. Kumpel wird es unheimlich, ich muss ihn beruhigen - und er mich. Aus einem von Sackis Videos (https://www.youtube.com/watch?v=NTUhV3SVKM0) erinnere ich, wie man sich bei Gewitter zu verhalten hat: Kein Metall am Körper. Ich habe das Bild vor Augen, wie er seinen Rucksack wegschleudert. So stelle ich Kumpel auf die eine Seite des Weges, decke ihn mit seinem Cape ab, während ich mich auf der anderen Seite des Weges unter einen nicht allzu hohen Baum stelle. Doch das Blätterdach gewährt keinen Schutz mehr, der Regen ist zu heftig. Ich werde nass bis auf die Haut. Kumpel dagegen bleibt unter seinem Cape trocken.
    Dann ist es plötzlich vorbei. Während der Regen von den Blättern tropft, schultere ich Kumpel und gehe weiter. Nun geht es nicht mehr über Wege, sondern durch Bäche, die talwärts stürzen. Doch die neuen Wanderstiefel halten dicht, auch wenn sie von außen völlig durchnässt sind.
    Dann kommt die Sonne wieder hervor und verdampft das Wasser. Im Wald entsteht durch die Nebelschwaden eine gespenstische Stimmung.
    Nach vielen Kilometern erreiche ich den Neckar. Die Sonne scheint immer noch, es ist warm geworden und meine Planung, heute auf einem Campingplatz zu übernachten, scheint aufzugehen. Ich habe mir den Campingplatz Haide, der hochwassersicher zwischen Heidelberg und Neckargemünd liegt, für die heutige Nacht ausgesucht.
    Und tatsächlich, er hat offen und der nette Campingwart lässt mich selbst einen Platz suchen. Damit lasse ich mir Zeit, denn er soll ja möglichst trocken sein. Das ist nicht leicht, aber schließlich ist er gefunden. Bei herrlichem Sonnenschein baue ich mein kleines Zelt auf. Nebenan baut bereits jemand an seinem wesentlich größeren Zelt, unterbricht aber seine Arbeit, als er sieht, wie klein mein Zelt ist und kommt rüber. Gleich reicht er mir ein Bier und stellt sich vor. Jörg kommt wie ich aus Hamburg, welch ein Zufall. Wir verabreden uns für später auf ein weiteres Bier und werkeln erst einmal weiter an unseren Zelten. Während ich mein 1-Mann Zelt errichte, baut er sein 5-Meter Zelt auf, in dem er dann alleine schläft. Jedem das Seine.
    Ich ziehe mir noch einen dicken Holzklotz heran, der mir als Campingstuhl dienen soll. Denn heute soll es mal was Richtiges aus der Campingküche geben und dafür möchte ich gemütlich sitzen. Ich angle mir eine Packung Rindfleisch Stroganoff mit Reis von Trek'n Eat aus den Vorräten. Einhundertsechzig leckere Gramm, die Kumpel bis hierher geschleppt hat. Genau das Richtige nach einer so langen Wanderung. Heißes Wasser drauf, neun Minuten warten, fertig. Und tatsächlich - es schmeckt lecker. Vielleicht ist es auch nur der Hunger...
    Danach noch einen heißen Tee.
    Kaum bin ich fertig, ziehen neue Wolken über den blauen Himmel. Da kommt das nächste Unwetter. Ich verziehe mich in mein kleines Zelt und schon geht es los. Der Regen trommelt auf das Zeltdach und der Donner klingt so nah, als wäre ich mitten drin. Ich kuschle mich in meinen Daunenschlafsack und finde es gemütlich. Das Zelt hält dicht, alles bleibt trocken. Es steigert mein Vertrauen in meine Minibehausung.
    In einer Regenpause schlüpfe ich zum Zähneputzen noch mal kurz aus dem Zelt, dann kuschle ich mich wieder in den Schlafsack und bin bald eingeschlafen. Gute Nacht.
    Das Biergelage mit Jörg gibt es dann vielleicht morgen.
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